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Weniger verschwenden: Die Smart Food Factory macht unser Essen besser

In Lemgo entsteht eine neue „Smart Food Factory“, die von EU-Geldern finanziert wird. Hier soll zukünftig unser Essen digital überprüft werden. Das Ziel: Lebensmittel effizienter produzieren, weniger Nahrung verschwenden.

5 Min. Lesezeit Anzeige

Bald ist die neue Smart Food Factory in Lemgo fertig. Dr. Andrea Davis freut sich auf den Einzug. (Foto: Marion Durand)

Die Welt kann ganz schön widersprüchlich sein. In weiten Teilen des Planeten leiden die Menschen an Hunger, in anderen Regionen lebt man dagegen im Überfluss. Weltweit werden rund ein Drittel aller Lebensmittel weggeschmissen, bevor sie überhaupt bei den Verbraucher:innen ankommen. Auch in den EU-Ländern werden große Mengen an wertvollen Lebensmitteln einfach entsorgt. Diese ungleiche Verteilung von Lebensmitteln verschärft sich nun noch weiter. Russland und die Ukraine gehören zu den größten Weizenexporteuren weltweit. Besonders in Nordafrika sind arme Länder von dem Getreide als Grundnahrungsmittel abhängig. Sie importieren einen Großteil ihres Weizenbedarfs aus Russland und der Ukraine. Der Krieg verhindert nun Export und Produktion, sodass in vielen Ländern eine Hungersnot droht.

Eigentlich gäbe es genug Lebensmittel, um alle Menschen auf dieser Welt ernähren zu können. Doch ein falscher Umgang mit der verfügbaren Nahrung und ineffiziente Produktionsprozesse machen die Verteilung von Nahrung so unausgewogen, wie es heutzutage weltweit der Fall ist.

Intelligente Lebensmittelherstellung fördern

Für eine Verbesserung der Lage braucht es Forschungsprojekte, die eine intelligente Lebensmittelproduktion vorantreiben. Genau das soll zukünftig in Lemgo passieren. Unter der Federführung der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) entsteht auf dem Campus in Lemgo die Smart Food Factory – eine Firma für intelligente Lebensmitteltechnologie. Ganz unter dem Motto „Where food meets IT“, zu Deutsch „wo Nahrungsmittel auf Computertechnik treffen“, soll hier ab kommendem Herbst geforscht werden. Noch ist das Gebäude im Bau, es wird jedoch bereits im Sommer fertiggestellt.

Das Projekt wurde mit zehn Million Euro vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. Der Bau des Laborgebäudes, die Ausstattung und einige Versuchsanlagen für die ersten Projekte sind in der Fördersumme enthalten.

Projektleiterin Dr. Andrea Davis führt durch die entstehende Smart Food Factory in Lemgo auf dem Campus der TH OWL. (Foto: Marion Durand)

Unter der Lupe: Nachhaltigkeit, Qualität, Wirtschaftlichkeit

Die Factory soll dabei keine Lebensmittel in großen Massen herstellen, sondern unser Essen anhand von Demonstratoren und Versuchsanlagen digital untersuchen. Es wird eine Industrieanlage im kleinen Maßstab. Die Smart Food Factory wird sich dann je nach Forschungsbedarf bei Forschungsprojekten bewerben. Die Ergebnisse sollen in erster Linie Wissen im Bereich der Lebensmitteltechnologie generieren. Besonders interessant wird die Forschung jedoch für Lebensmittelunternehmen sein, die sich an den Projekten beteiligen können. Sie werden die Möglichkeit haben, ihre eigenen Produkte überprüfen und benchmarken zu lassen.

„Gemeinsam mit unseren Projektpartnern werden wir Lebensmittel und ihre Produktion unter die Lupe nehmen. Nachhaltigkeit, Qualität, Lebensmittelsicherheit, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit stehen dabei besonders mit Mittelpunkt des Forschungsinteresses“, sagt Dr. Andrea Davis. Sie ist die Projektleiterin der neuen Smart Food Factory und führt begeistert über die Baustelle, kennt jede Ecke ganz genau.

„Wer will schon, dass die Milchpackung zu einem spricht?“

Das Foyer der Factory wird ein heller, gläserner Eingangsbereich, der schon als Rohbau sehr offen wirkt. „Besonders wichtig ist es für uns, die Forschungsprojekte für die Öffentlichkeit transparent und zugänglich zu machen“, sagt Davis. Zukünftig seien hier Workshops, Vorträge, Infoveranstaltungen und Co-Working-Spaces geplant. „Wenn Verbraucher etwas von intelligenter Lebensmittelproduktion hören, werden sie oft skeptisch. Intelligente Lebensmittel? Wer möchte schon, dass die Milchpackung später zu einem spricht? Wir wollen den Interessierten zeigen, dass eine smarte Lebensmittelproduktion unabdingbar für die Zukunft ist. Das schaffen wir nur, wenn wir die Menschen einladen“, so Davis weiter. Das gesamte Gebäude ist mit großen Grasflächen versehen. Auch die Werkhalle, in der später die Forschung stattfinden wird, ist von außen einsehbar. Hier kann jede:r einen Blick reinwerfen.

In der großen Werkhalle wird Dr. Davis konkret. „Heute wirft man bei der Lebensmittelproduktion meistens Rohstoffe vorne in eine Maschine hinein und am Ende erhält man ein Produkt. Das wollen wir ändern. Wir wollen Lebensmittelproduktionsprozesse vom ersten bis zum letzten Produktionsschritt überwachen und verstehen“. Das solle überwiegend durch Sensoren passieren, die den Zustand von Rohstoffen und verarbeiteten Lebensmittel zu jedem Zeitpunkt erfassen. Der Grund: Rohstoffe sind Naturprodukte und sind bei jeder Produktionscharge anders. Wenn es Abweichungen gibt, kann das so gravierend für die Produktqualität sein, dass ganze Chargen entsorgt werden müssen. So können Produktionsvorgänge noch während der Verarbeitung angepasst werden. Nur so können Firmen ressourcenschonender werden. Man erhalte quasi ein digitales Abbild eines Herstellungsverfahrens, verstehe das Produkt besser und könne so auf einem ganz anderen Niveau mit ihm arbeiten und smart produzieren, konkretisiert Davis.

„Wir müssen anders mit der Mindesthaltbarkeit umgehen“

Überwacht werden beispielsweise die Temperatur oder die Anreicherung bestimmter Enzyme in den Lebensmitteln. Des Weiteren können auch Sensoren eingesetzt werden, die Gase wahrnehmen, um den Verderbungsprozess eines Lebensmittels zu erfassen. Das kann Rückschlüsse auf die Haltbarkeit eines Lebensmittels liefern. „Die Haltbarkeit wird ein sehr wichtiger Teil unserer Forschung sein. Wenn zukünftig weniger Lebensmittel weggeschmissen werden sollen, müssen wir anders mit Mindesthaltbarkeitsdaten umgehen. Und wenn wir Lebensmittel haltbarer machen können, ist auch der Transport einfacher. Bessere Transportmöglichkeiten ermöglichen uns dabei auch die Versorgungssicherheit von Menschen auf anderen Kontinenten zu verbessern, da sie einfacher zu beliefern sind. Sie sehen, da hängt vieles zusammen.“

Zwischen schweren Baumaschinen und fleißigen Handwerker:innen erklärt uns Dr. Andrea Davis konkrete Forschungsprojekte, die bald in Lemgo einziehen werden. Da wäre beispielsweise die kontinuierliche Brauanlage. Von der Maische bis zum Lagertank wird hier jeder Produktionsschritt des Bieres digital überwacht. Interessant für Braumeister und ihr Handwerk.

Hier wird gebaut! Das Bauprojekt wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. (Foto: Marion Durand)

Sensoren für Reifegrad und Verfall

Auch gesellschaftliche Trends werden in der Smart Food Factory berücksichtigt. „Wir werden uns besonders für die effiziente Herstellung von Milch- und Fleischersatzprodukten interessieren und diese verbessern“, erläutert Andrea Davis. Bereits jetzt gebe es an der TH OWL dazu Forschungen, die die Pflanzenmilchherstellung aus Hafer, Soja und Erbsen untersucht. „Bei der Pflanzenmilchherstellung stellen wir uns die große Frage, wie wir Proteine effizient und auf pflanzlichem Wege herstellen können. Das kann beispielsweise über die Blätter der Zuckerrübe erfolgen. Da wollen wir noch mehr herausfinden.“ Das gilt laut Davis auch für Fleischersatzprodukte, da auch hier die Nachfrage enorm steigt.

Aber auch echte Fleischprodukte werden in der Smart Food Factory untersucht. „Wir haben einen gefliesten Raum, in dem man, wie im Schlachthof, ein ganzes Schwein zerlegen könnte“, erzählt Dr. Davis schmunzelnd. Ein anderes Forschungsprojekt beschäftigt sich mit dem Reifegrad von luftgetrockneten Wurstwaren. „Mit Ultraschallwellen können wir zukünftig ermitteln, wie reif ein Stück Hinterschinken ist. Ein edles Produkt, das bei der Auslieferung perfekt sein muss. Auch hier eine Frage der Ressourceneffizienz. Ein extravagantes Hotel schmeißt schnell mal solche Fleischprodukte weg, die nicht einwandfrei sind.“

Lemgo ist schon bald ein attraktiver Wissenschaftsstandort im Bereich der intelligenten Lebensmitteltechnologie. Die ist unabdingbar für einen nachhaltigen und ressourceneffizienten Umgang mit Lebensmitteln. Besonders in einer Zeit, in der Lebensmittel weltweit knapp und teuer sind.

Marion Durand, Gunnar Hollweg

 


Dieser Artikel entstand im Rahmen des Wettbewerbs Union Is Strength, der von Slate.fr mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union organisiert wird. Der Artikel spiegelt die Meinung seiner Autor:innen wider; die Europäische Kommission kann nicht für den Inhalt oder die Verwendung des Artikels verantwortlich  gemacht werden.

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