Wird das Pariser E‑Scooter-Verbot eine Signalwirkung auf deutsche Städte haben?

Am 2. April wurde in Paris das Verbot von Leih-E-Scootern beschlossen. Wir haben bei Lime und Tier nachgefragt, was die Entscheidung für sie bedeutet – und ob deutsche Städte dem Beispiel folgen werden. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist kein Fan von E-Scootern. Nach der Bürgerbefragung am 2. April, bei der sich 89 Prozent für die Verbannung von elektrischen Mietrollern von den Pariser Straßen ausgesprochen hatten, zeigte sie sich äußert zufrieden mit dem Ergebnis und nannte den Wahlausgang einen „guten Tag für die Demokratie“. „Die Bürger:innen haben sich klar gegen die E-Scooter ausgesprochen“, sagte Hidalgo nach der Abstimmung im Pariser Rathaus. „Ab dem 1. September gibt es keine Leihroller mehr in Paris.“ Obwohl sich nur 7,46 Prozent der rund 1,3 Millionen in die Wählerlisten eingetragenen Einwohner:innen an der Abstimmung beteiligt hatten, betrachtet die Pariser Regierung das Ergebnis als bindend. Aus für 15.000 E-Scooter Während Hidalgo triumphiert, bedeutet das Wahlergebnis einen Rückschlag für die drei privaten Rollervermieter Lime, Dott und Tier, die in der französischen Hauptstadt mit ihren E-Scootern aktiv sind. Jedes Unternehmen hat insgesamt 5.000 E-Scooter im Umlauf. [crosslinks ids="1509624,1516573,1523770"] „Wir sind enttäuscht, dass die Stadt auf diese Weise eine sichere, emissionsfreie Alternative zum Auto, auf das mehr als eine Million Pariserinnen und Pariser angewiesen sind, infrage stellt“, äußert sich Sarah Schweiger, Pressesprecherin von Lime, am 3. April per Mail. Auch Florian Anders, Head of Corporate Communications von Tier Mobility, ist enttäuscht. Er bezeichnet das Verbot von Sharing-Scootern als Rückschritt. Laut Anders seien E-Scooter aus dem urbanen Mobilitätsmix nicht mehr wegzudenken. Er kritisiert zudem, dass sich das Verbot lediglich auf Leihroller bezieht, nicht aber auf E-Scooter in Privatbesitz, die in Frankreich kaum reguliert seien. Wie umweltfreundlich sind E-Scooter wirklich? Doch Moment: Sind die Roller wirklich „emissionsfrei“, wie Schweiger schreibt? Die kurze Antwort lautet Nein. Einer Pariser Studie zufolge liegt der Schadstoffausstoß eines E-Scooters bei einem Drittel von dem eines Autos. Doch ein E-Scooter der zweiten Generation soll immer noch sechsmal mehr CO₂ pro Kilometer ausstoßen als die U-Bahn. Interessant ist das vor allem, da E-Scooter größtenteils Fahrten mit weniger umweltschädlichen Verkehrsmitteln ersetzen, nicht aber – wie die eigentliche Idee – Fahrten mit Auto, Taxi oder Bus. Der Großteil der Treibhausgasemissionen stammt dabei aus der Herstellung der Roller. Neben den Emissionen, die im Lebenszyklus dann eben doch nicht bei null liegen, stellen E-Scooter für viele Kommunen ein großes Müllproblem dar. Oft werden Roller in Flüsse oder Seen geworfen, wo sie verrosten, was zur Verschmutzung der Gewässer mit giftigen Substanzen führen kann. Zwar seien die Batterien in wasserdichte Gehäuse eingebaut, doch laut Expert:innen gebe es keinen perfekten Schutz. „Uns fehlen Studien darüber, wie diese Batterien rosten, wenn sie in die Umwelt gelangen“, sagt Jérôme Gaillardet, Professor an L’institut de physique du globe de Paris gegenüber Euronews. „Wahrscheinlich sind Metalle wie Nickel, Blei und Quecksilber, die […] in diesen Batterien vorkommen, am gefährlichsten für die Umwelt.“ Nicht zu vernachlässigen sei zudem die Entstehung von Nanopartikeln, kleinen Teilchen, die Metalle mit sich führen, die von fast jedem Lebewesen aufgenommen werden und die gesamte Nahrungskette verseuchen können. Signalwirkung für andere Städte? Lime, Dott und Tier bleiben in Paris ab September nur noch ihre E-Bikes. „Wir werden weiterhin in Paris mit unseren 5.000 E-Bikes tätig sein und eng mit den anderen über 80 Städten und Kommunen im Umland von Paris zusammenarbeiten, in denen wir E-Scooter und E-Bikes betreiben, um den Einwohner:innen und Tourist:innen ein praktisches, erschwingliches, sicheres und vor allem umweltfreundliches Verkehrsmittel anzubieten“, schreibt Anders. Sowohl Anders als auch Schweiger befürchten nicht, dass die Entscheidung der Pariser:innen eine Signalwirkung auf deutsche Städte haben könnte. „Wir blicken optimistisch auf die Zukunft der Shared Mobility. Die Entscheidung in Paris wird keine Auswirkungen auf unseren Betrieb in anderen Städten haben“, so Schweiger. Die Priorität von Lime sei nun, die Zukunft der Mitarbeiter:innen in Paris zu sichern.