Besonders für kleinere Studios ist es noch immer ein großes Ärgernis: raubkopierte Videospiele. Auch wenn nicht jedes illegal erworbene Spiel einen verlorenen Kauf bedeuten muss – wenn für ein Game kaum Geld ausgegeben wird, weil kostenlose Kopien im Internet die Runde machen, dann kann das zu großen Verlusten führen.
2017 hat ein Indie-Entwickler bekannt gegeben, dass 52 Prozent der User:innen sein Spiel raubkopiert hätten. Und dann ausführlich dargelegt, wie er damit umging: „Ich entschied mich für einen positiven Ansatz – dankte den Piraten fürs Spielen und bat sie, in Betracht zu ziehen, mich zu unterstützen.“ Erkannt wird eine Raubkopie meistens dann, wenn das Spiel sich mit einem Server verbindet. Hier können Seriennummer und andere Identifikationsmerkmale geprüft werden.
Andere Studios aber gehen einen deutlich anderen Weg, wenn es darum geht, Gamer:innen mit Raubkopien zu sanktionieren. Da Entwickler:innen in ihrem Beruf sowieso oft sehr kreativ sein müssen, lassen sich einige von ihnen direkt äußerst amüsante Aktionen einfallen, um zu trollen. Wir haben sechs solcher Fälle zusammengetragen.
„DaWindci“ ist ein Mobile-Game, in dem es gilt, einen Luftballon per Touch-Steuerung durch verschiedene Level zu navigieren. „Je nach Phase hatten wir 25-75 Prozent Raubkopien“, sagt Johannes Roth, Gründer von Mimimi Games, die das Spiel entwickelt haben, im Gespräch. Also habe man sich eine Mechanik überlegt, die dem entgegenwirken kann.
„Ein paar Level konnte man normal spielen. Dann fror plötzlich die Zeit im Spiel ein und es wurde ein Popup angezeigt, dass man das Spiel doch bitte kaufen solle“, sagt er. Daraufhin öffnete sich der App-Store mit der entsprechenden Produktseite. Dieser Automatismus konnte die Raubkopierer jedoch nicht lange aufhalten. „Der Kopierschutz wurde später geknackt. Das konnten wir sehen, da die Piraterie-Zahlen in China massiv schrumpften, ohne dass es dort aber mehr Verkäufe gab“, sagt Roth. Daraus konnte das Studio schließen, dass die Crack Detection, die eigentlich erkennen soll, ob ein Spiel raubkopiert wurde, ausgehebelt worden war. Aber einen Versuch war es wert.
„Die Sims“ gehört zu den erfolgreichsten Videospiel-Reihen. Fast 200 Millionen Mal konnten sich Spiele dieser Franchise schon verkaufen. Gespielt haben sie aber sicherlich deutlich mehr – dank Raubkopien. Denn gerade PC-Spiele werden besonders oft illegal vervielfältigt.
2014, zur Veröffentlichung von „Sims 4“, das noch heute mit DLCs erweitert wird, entschied sich Electronic Arts, zu einer kreativen Maßnahme zu greifen, um den Raubkopierer:innen den Spaß zu verderben: Jedes Mal, wenn ein Sim im Spiel ein Kleidungsstück ablegt – und das passiert oft – wird ein Teil des Bildschirms verpixelt. So lange, bis schließlich der gesamte Bildschirm verschwommen und vom Spiel kaum noch etwas zu erkennen ist.
Diese Verpixelung sahen freilich nur Menschen, die keine Original-Version des Spiels besaßen. Auf Reddit und in Gaming-Forum gab es sofort Beschwerden: Das Spiel sei defekt. Diejenigen, die sich beschwerten, machten jedoch nur eines deutlich: Sie hatten das Spiel raubkopiert.
Wie bei so vielen Spielen gibt es auch in „Cricket 22“ eine Reihe von Unbelehrbaren, die Wege suchen, um das Game kostenlos zu zocken. Big Ant Studios, die das Spiel entwickelt haben, greifen daher zu sehr kreativen Maßnahmen, um die raubkopierenden Gamer zu trollen.
Unter anderem wird sichergestellt, dass sie 100 Prozent der Münzwürfe vor Beginn einer Partie verlieren oder Fehlermeldungen bei der Controller-Verbindung angezeigt werden, von denen jeder weiß, wie nervig sie sein können. Ein besonders kreativer Einfall ist der des plötzlichen Wetterumschwungs. Ist der eigene Spieler an der Reihe, fängt es so heftig an zu regnen, dass das Match abgebrochen werden muss, was beim Cricket auch in echt hin und wieder passiert. Getreu dem Motto: „Kauf oder Spielabbruch“.
„Ich denke, wenn die Leute das Spiel stehlen, können wir genauso gut Spaß auf ihre Kosten haben“, schreibt Ross Symons, der CEO, bei Twitter. Und der Spaß lohnt sich sogar: Seit der Aktivierung der Anti-Piraterie-Maßnahmen sind die Verkäufe von „Cricket 22“ um 300 Prozent gestiegen. Für alle, die noch nicht auf die kostenpflichtige Version umgestiegen sind, hat Symons sogar ein entgegenkommendes Angebot. Sie dürfen die Speicherstände der Raubkopie mitnehmen, sodass kein Fortschritt verloren geht, wenn sie sich für das „echte“ Game entscheiden.
„The Talos Principle“ ist ein ziemlich intelligentes Spiel. Die Spielenden übernehmen die Rolle eines Androiden. Mit diesem erkunden sie unterschiedliche Welten, die von Rätseln gespickt sind. Doch vor allem geht es in dem Spiel um philosophische Fragen zum menschlichen Bewusstsein und der Frage nach dem Leben – auch für nicht lebendige Wesen.
Intelligent ist in dem Spiel aber auch der Umgang mit Raubkopierer:innen. Denn um voranzukommen, müssen die Spieler:innen einen Aufzug benutzen, der sie in ein neues Gebiet bringt. Wer jedoch eine Raubkopie benutzt, bleibt stecken – wortwörtlich. Der Aufzug kann zwar betreten und aktiviert werden. Er stellt dann aber plötzlich seinen Betrieb ein und bleibt stehen. Die Spieler:innen befindet sich dabei noch im Aufzug. Der einzige Ausweg: Das Spiel beenden.
Mit dem Cape durch die Lüfte zu fliegen, gehört wohl zu den elementarsten Eigenschaften von Batman. Wie sonst sollte der Mann im Fledermaus-Kostüm die vielen Bösewichte fangen? Und wie sonst sollten sich die Spieler:innen in „Batman: Arkham Asylum“ elegant durch die Open World bewegen?
Exakt! Ohne geht es nicht. Und darum haben Rocksteady Games, das Studio hinter dem Spiel, sich eine besonders gelungene Bestrafung für Raubkopierer:innen ausgedacht: Sie können kurzum nicht mehr fliegen. Statt majestätisch zu gleiten, klatschen die Spieler:innen auf den Boden, wenn sie keine originale Version des Spiels haben. Und somit ist schon direkt am Anfang des Spiels kein Weiterkommen möglich. Denn nur wer gleiten kann, hat eine Chance, die weiter entfernten Teile der Spielwelt zu erreichen.
In einem Meta-Spiel wie „Game Dev Tycoon“ muss natürlich auch der Piraterie-Schutz meta sein. Wie der Titel schon sagt, geht es in dieser Arbeits-Simulation darum, sein eigenes Spiel zu entwickeln und erfolgreich zu vertreiben. Neue Spielideen müssen erkundet und neue Technologien erfunden werden. Schlussendlich geht es aber darum, Geld zu machen in der Videospiel-Industrie.
Wer jedoch eine raubkopierte Version des Spiels hat, wird sein Studio niemals zum Erfolg führen können. Denn inmitten des Spiels wird eine Nachricht aufploppen: Zu viele Menschen raubkopieren das eigene Spiel. Die Einnahmen stürzen ab, es muss Insolvenz angemeldet werden.
Auf diese Weise möchte das Studio hinter dem Spiel, Greenheart Studios, den Spieler:innen auf spielerische Art beibringen, wozu der illegale Erwerb von Videospielen führen kann. Nämlich dazu, dass gerade kleinere Studios nicht überleben können.