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Startups & Economy

Von Datenschutz, mobilem Hype und dem Trend zur Lokalität: Startup-Kolumne: Total lokal

Erfahrungsgemäß ist die Jahreswende eine Zeit der Besinnlichkeit. Man besinnt sich, lässt alles noch einmal Revue passieren und zieht Bilanz. Ist das vergangene Jahr erst einmal analysiert, stehen die guten Vorsätze für das kommende Jahr ins Haus. Wenn gar ein neues Jahrzehnt vor der Tür steht, ist der Erwartungsdruck umso höher.

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Auch die Webszene hat sich für 2010 vieles vorgenommen, brachte sie doch im Krisenjahr 2009 einiges hinter sich. Zum Ende des Jahres war es besonders das Thema Datenschutz, das sich noch einmal nachhaltig im Gedächtnis der Nutzer einbrannte. Den meisten und stärksten Wind in dieser Angelegenheit bekam Suchmaschinenriese Google ab. Von einer Bundesregierung, die ohnehin den Ruf eines Verfechters der Netzkontrolle genießt, wird vor allem Googles ambitioniertes Buchprojekt scharf kritisiert, bei dem Google-Gründer Larry Page davon träumt, „alle Bücher der Welt einzuscannen“. Der entsprechende Umgang mit Urheberrechten ist hier zum Teil recht „liberal“ gehalten.

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Hatte man sich in der Bundesrepublik erst einmal auf Google eingeschossen, folgte gleich eine ausgiebige Debatte über Google Streetview, das nächste Großprojekt, bei dem Google Straßenzüge in ganz Deutschland fotografiert, die zur Grundlage einer eigenen Navigationssoftware werden sollen. Schnell griff die Angst um sich, Passanten könnten zu erkennen sein, Persönlichkeitsrechte verletzt oder sonstige brisante Eindrücke gewonnen werden.

Doch nicht nur amerikanische Großkonzerne gerieten im letzten Jahr in die Kritik. Auch die bei Jugendlichen so beliebten Sozialnetzwerke der VZ-Gruppe erfuhren einen PR-Supergau. Eher aus Spaß hatte ein jugendlicher Hacker durch eine automatisierte Auslesung zahlreiche Profile des Schülernetzwerks SchülerVZ ergattert und stellte die Berliner damit bloß. Besonders durch den Umstand des jungen Alters der Zielgruppe stand für das VZ-Netzwerk viel auf dem Spiel. So hatte der Hacker auch die eigentlich als nicht einsehbar geltenden Daten ausgelesen.

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Google Streetview sieht alles – auch private Ausflüge, die man lieber verheimlicht hätte...

Google Streetview sieht alles – auch private Ausflüge, die man lieber verheimlicht hätte…

Was folgte, war ein kleines Drama: Plötzlich war von Erpressung die Rede. Der Jugendliche wurde inhaftiert und nahm sich daraufhin im Gefängnis das Leben. Weitere Brisanz erlangte das tragische Ende der Hacking-Aktion, als Chatprotokolle auftauchten, in denen ein Mitarbeiter des Unternehmens über die Datenherausgabe verhandelte.

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Von Mobiltelefonen und Lokalität

Auch wenn allerorts von Krise die Rede ist, war es also weniger die finanzielle als vielmehr die Datenkrise, die das Online-Land zuletzt beschäftigte. Doch soviel zum Gestern. Es soll ja weiter gehen und krisengebeutelt will die Startup-Branche lieber nach vorne gucken. Mund abputzen und weiter geht’s.

Hoffnung für eine ganze Sparte machte hier eben jener so harsch kritisierte Suchmaschinenriese von jenseits des Teichs. Mit der Übernahme des Mobile-Advertising-Networks AdMob machte Google auch der deutschen Mobile-Szene große Hoffnung auf einen Erfolgsschub.

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Während der Erfolg von Werbung auf mobilen Endgeräten zunimmt, konnten auch andere Anbieter des Segments zum Ende des letzten Jahres Finanzierungen ergattern. So etwa Hiogi, das einer breiteren Masse vor allem durch seine Service-Community „440044“ bekannt sein dürfte. Hier können Nutzer per SMS Fragen einsenden, die dann vor einer Community beantwortet werden. Auch Smaato, das wie AdMob als Vermittler zwischen Werbekunden und mobilen Anwendungen dient, erhielt eine Finanzierung von insgesamt 4,5 Millionen US-Dollar. Natürlich sollte man neben verschiedenen Finanzierungsrunden auch den durchschlagenden Erfolg des iPhones nicht vergessen. Das Gerät animierte hunderte von Startups, Apps zu programmieren und schuf ganz neue Zweitindustrien.

Also alles in Butter in der Handywelt? Nun, zumindest nicht so, wie es sich die Branche wünscht. Schon seit langem wird der Mobile-Bereich als nächster Boom-Markt gehypt. Auch wenn ein Aufbruch in Sicht ist, stellt Deutschland noch kein Eldorado für Startups im Mobile-Bereich dar. Aufgrund hoher Preise ist das mobile Internet in Deutschland immer noch ein Tabuthema für viele Nutzer. In anderen europäischen Ländern wie Italien oder Großbritannien sind die Märkte schon wesentlich weiter.

Und die Tatsache, dass sich die beiden Handy-Barcode-Scanner Barcoo und Woabi zusammenschließen mussten, zeigt, dass es sich um einen schweren Markt handelt, in dem man nur mit klarem Fokus und guter Monetarisierung überlebt. Dabei finden sich selbst US-Unternehmen wie das frisch finanzierte Smaato in einem sehr kleinen, sehr kompetitiven Markt wieder.

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Groupon-Mania in Deutschland

Startups wie Groupon bieten ihren Nutzern lokale Rabatte.

Startups wie Groupon bieten ihren Nutzern lokale Rabatte.

Ein Trend verbindet sich dennoch mit der aufstrebenden Mobile-Branche: Die zunehmende Wichtigkeit von Lokalität. Denkt man etwa an Foursquare oder Gowalla, die ihr Geld mit Location-Based-Social-Gaming verdienen, also Spielen, die sich an der eigenen Position orientieren, wird deutlich, dass die Anonymität der Masse sowohl mobil als auch im Internet wieder der Bedeutung des Umfelds weicht. Dienste wie Aka-aki, wo befreundete Nutzer die Position ihrer Online-Kontakte auf dem Handy sehen können, bestätigen dies.

In eine ähnliche Richtung geht auch das Geschäftsmodell von Groupon, einer Deal-of-the-day-Website mit Sitz in den USA, welche in Deutschland zurzeit die Webszene beherrscht. Der Name des amerikanischen Vorbilds vom November 2008 geht auf „group“ und „coupon“ zurück und spiegelt damit anschaulich das Geschäftsmodell wider: Das Städteportal bietet Liveshopping-Angebote mit starkem lokalen Bezug, auf die man Rabatte bekommt. Wenn sich genug Nutzer für einen Deal zusammenfinden, ist es so beispielsweise möglich, ein Mittagessen für vier Personen zum Preis von 40 statt zuvor 80 US-Dollar zu erhalten. Kommt allerdings nicht die vorher festgelegte Mindestzahl an Nutzern zusammen, scheitert auch der Deal.

Groupon begann in den USA mit Chicago, gefolgt von Boston und New York und bedient mittlerweile rund 40 Städte. In Deutschland gibt es bereits viele Nachahmer. Fast zeitgleich sind Heimatpreis, Coupomania, DailyDeal und Mycitydeal gestartet und haben so den ohnehin nicht sehr großen Markt beinahe schon unter sich aufgeteilt.

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Dabei ist das Modell recht schwer: Branchenkenner und Business-Angel Lukasz Gadowski gibt zu bedenken, dass in Deutschland keine Coupon-Kultur herrscht wie in den USA. Hinzu kommt, dass ein unglaublicher Akquise-Aufwand notwendig ist – und Akquise ist bekanntlich teuer. Vor allem, da es darum geht, ein extrem ausgeprägtes lokales Know-how aufzubauen.

Spannend sind an diesem Trend im Wesentlichen zwei Dinge: zum einen die Tatsache, dass die Durchdringung des Internets dazu führt, dass jenseits des Sparwunsches auch Lokalität zusehends ein Thema wird. Facebook und Twitter zeigen ebenso wie die erwähnten Aka-aki, Foursquare oder Gowalla, dass das persönliche Umfeld und die Nähe zum eigenen Alltag wieder an Bedeutung gewinnen. Der Globalisierung im Wirtschaftsverkehr folgt die Personalisierung im Internetverkehr.

Zum anderen ist interessant, wer sich hinter den gegründeten Startups versteckt, weil sich deren Erfolgschancen an der wirtschaftlichen Ausstattung bemessen. Zwei Startups trumpfen hier mit potenten Unterstützern auf: Hinter Mycitydeal stecken Sebastian Jost und Albert Schwarzmeier, die die Gründung von Rocket Internet – dem Inkubator der Jamba-Brüder Alexander, Marc und Oliver Samwer – zum Erfolg führen sollen. Zumindest bei einer anderen Rocket-Gründung ist den beiden dies nicht gelungen: Beautydeal war eine Kosmetikseite, die im Dezember letzten Jahres abgeschaltet wurde, weil der allzu günstige Hauptlieferant des Portals auf Druck von verschiedenen Markenproduzenten wegfiel.

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Mit nur minimal verändertem Namen und nur kurze Zeit später startete dasselbe Team eine neue Gründung: Das Duo wurde von Rocket Internet auf Mycitydeal umgelegt, während der externe Co-Investor DuMont Venture eine größere Abschreibung vornahm. Hinter Mycitydeal steckt also ein potenter Investor mit professionalisiertem Geschäftsaufbau, der allerdings auch wenig Geduld aufweist, wenn ein Startup nicht so recht fliegen will. So wurde der Reiseclub Dreambookers schon nach zwei Monaten durch Rocket Internet vom Netz genommen.

Neben Mycitydeal konnte kurz darauf DailyDeal drei bekannte Seed-Investoren gewinnen: Mit Michael Brehm, Stefan Glänzer und Jochen Maaß sind potente Unterstützer am Start. Michael Brehm ist der Szene vor allem durch seine Aktivitäten bei StudiVZ in guter Erinnerung und Stefan Glänzer, unter anderem bekannt als Investor von Last.fm, bringt sein E-Commerce-Know-how ein, das er in der Vergangenheit bei Ricardo.de sammelte. Jochen Maaß dürfte für DailyDeal nicht nur durch sein Investment und sein Know-how wertvoll sein, sondern auch durch seine Kenntnisse im Bereich Suchmaschinenoptimierung (SEO), die er mit Artaxo seit den 1990er Jahren professionell kultiviert.

DailyDeal und Mycitydeal haben also die größten Chancen unter den Städteportalen. In diesem Markt sind vor allem ein schnelles Wachstum ebenso wie eine starke Penetration lokaler Märkte wichtig für den dauerhaften Erfolg. Der Prognose folgend, dass der kostenintensive Aufbau Kriegsopfer fordert, werden es die anderen, kleineren unter den Nachmachern wohl schwer haben. Aber wer auch immer als Verlierer hervorgehen wird – die jungen Gründer können anschließend ja wieder pitchen und den nächsten XYZ-Deal an den Start bringen. Denn an neuen Ideen scheint es im „Land der Ideen“ zumindest im lokalen Segment noch zu fehlen – herrscht doch nach wie vor die Copycat-Kultur vor.

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