Wiederkehrende Zahlungen im Abo-Modell: So funktionieren Abrechnung und Verwaltung

So funktionieren Zahlungen im Abo-Modell.
Das Konzept, Kunden gegen eine monatliche Gebühr den regelmäßigen Bezug von Waren anzubieten, ist nicht neu: Zeitschriften-Abonnements oder Handy-Verträge sind bekannte Modelle aus der „analogen“ Welt. Auch die „digitale“ Welt bietet unzählige Anwendungsbeispiele für Abonnements, darunter Streaming-Dienste, Online-Spiele, SaaS- oder Download-Angebote – aber auch für den regelmäßigen Versand von physischen Gütern wie Zahnbürsten, Socken oder frischen Lebensmitteln. Doch wie genau kann die Abwicklung wiederkehrender Zahlungen technisch abgewickelt werden? Und welche Anbieter kommen für einen solchen Service in Frage?
Subscription oder Soft-Subscription?
Das klassische Abonnement (Subscription-Modell) bindet den Kunden durch Mindestlaufzeiten oder Kündigungsfristen, die Abrechnung erfolgt dabei in festen Intervallen und Beträgen. Im Gegensatz dazu lässt das Soft-Subscription-Modell dem Kunden Freiheiten bei den Lieferintervallen, Kündigungsfristen und Laufzeiten. Die Abrechnungsformen können unterschiedliche Ausprägungen annehmen: feste (Fixed Billing) oder verbrauchsabhängige (Metered Billing) Beträge, die aufgrund von Umfang, Dauer oder Menge der Nutzung bestimmt werden. Abrechnungsformen lassen sich auch kombinieren, zum Beispiel eine feste monatliche Grundgebühr mit einer verbrauchsabhängigen Komponente. Daneben gibt es noch das Trial- oder Probe-Abo sowie ein Freemium-Modell, bei dem eine kostenlose Basis-Dienstleistung durch Premium-Dienstleistungen erweitert werden kann.
Für die Realisierung eines Abo-Commerce-Angebots gibt es verschiedene Möglichkeiten. Für welche Variante man sich entscheidet, hängt vom gewünschten Funktionsumfang ab. Die Ausstattung teilt sich auf in Frontend und Backend, wobei Frontend für das Shopsystem oder die E-Commerce-Site des Händlers steht und Backend für das System des Abo-Commerce-Dienstleisters. Abgesehen von Full-Service-Anbietern, die komplette E-Commerce-Plattformen anbieten, besteht an ein Shopsystem meist die Anforderung, dass verbrauchsabhängige Tarifbestandteile vom System des Händlers erfasst und an den Abo-Commerce-Anbieter weitergeleitet werden. Für manche Shopsysteme, wie zum Beispiel Magento und Shopware, existieren deshalb Erweiterungen speziell für den Abo-Commerce.
Den passenden Anbieter finden
Unterschiedlichste Anbieter können einem Online-Händler den Weg zum Geschäftsmodell Abo-Commerce ebnen. Die Entscheidung für den Dienstleister hängt vom eigenen Produkt und der gewünschten Tarifstruktur ab. Für eine einfache Abwicklung von wiederkehrenden Zahlungen wird der Service eines Payment-Service-Providers (PSP) in der Regel ausreichen. Offeriert man hingegen eine SaaS-Anwendung mit fester Monatsgrundgebühr und will sich die Tür noch für eventuelle komplexere Tarifstrukturen offenhalten, sollte man auf einen Recurring-Billing-Provider zurückgreifen. Einige Anbieter sind besonders gut für Download-Produkte geeignet, wickeln dafür aber keine Zahlungen für physische Produkte ab.
Die verschiedenen Anbieter-Kategorien und ihre Aufgaben sind in der Tabelle am Ende des Artikels differenziert aufgeführt. In der Realität sind die Grenzen zwischen den Kategorien fließend, wie der Anbieter-Übersicht zu entnehmen ist.
Recurring-Billing-Provider
Ein Recurring-Billing-Provider wie Pactas, Reskribe oder Fastbill bietet ein Abrechnungs- und Verwaltungssystem an, mit dem alle notwendigen Arbeitsschritte zur Abonnementverwaltung, dem so genannten Subscription-Handling, automatisiert werden können. Das System verarbeitet dabei im Idealfall die komplette Tarifstruktur des Händlers, rechnet vom Kunden getätigte Tarifänderungen, Gutschriften und Aufpreise während der Laufzeit um – dies jedenfalls sollte zur Minimalausstattung gehören. Weitere Funktionen betreffen die Fakturierung und Rechnungsprüfung, das Erstellen und Versenden der Rechnung oder Mahnung für den Endkunden per E-Mail oder Post und die erneute Abbuchung von Zahlungen bei fehlgeschlagenen Zahlungseinzügen.
Die Anbindung an die Systeme des Online-Händlers erfolgt über eine Software-Schnittstelle, die API, oder über Bibliotheken, die eine Integration von Funktionalitäten direkt in der eigenen E-Commerce-Site ermöglichen. Zum Beispiel wenn der Billing-Provider zusätzlich einen Kunden-Self-Service anbietet, bei dem Kunden unter anderem Tarifwechsel vornehmen und ihre Zahlungsdaten aktualisieren können. Der reine Recurring-Billing-Provider nutzt zur Zahlungsabwicklung einen oder auch mehrere Payment-Service-Provider (siehe Tabelle).

Mit dem Recurring-Billing-Provider Reskribe können Händler alle notwendigen Arbeitsschritte zur Abonnementverwaltung automatisieren.
Full-Service-Provider: Rundum-Paket
Full-Service-Provider bieten mehr als nur Verwaltung und Abrechnung von Verträgen. So gehört auch oft die Berechnung anfallender Steuern zu den Aufgaben dieser Systeme, was im Bereich Digital-Content bis zur automatischen Abführung der Steuer ans jeweilige Finanzamt reichen kann. Zudem gibt es auch Anbieter, die eigene Payment-Gateways betreiben, also die Funktion des Payment-Service-Providers übernehmen, sowie eine auf Abo-Commerce ausgerichtete E-Commerce-Plattform anbieten. Dienstleister wie Cleverbridge, Digital River, Recurly oder Paymentwall sind meist auf Download-Content spezialisiert, für physische Produkte ist keine solche Komplettlösung am Markt bekannt. Zusätzlich können Online-Händler zum Beispiel bei Full-Service-Providern wie Avangate oder Adyen noch Vermarktungsmöglichkeiten nutzen, die gelegentlich auch bei „einfachen“ Recurring-Billing-Anbietern unterstützt werden: Verwaltung von verschiedenen Vertriebskanälen, Resellerfunktion mit Provisionsabrechnung für angeschlossene Vertriebspartner, Anbindung an Affiliate-Netzwerke (manche Provider unterhalten eigene Affiliate-Netzwerke), Rabatt- sowie Coupon-Angebote oder auch E-Mail-Marketing-Funktionen.

Der Recurring-Billing-Provider Cleverbridge ist auf die Abwicklung von Download-Content spezialisiert. Es gibt auch Recurring-Billing-Provider, die die gesamte Palette an digitalen Abonnements abdecken.
Internationaler Verkauf und Download-Produkte
Sollen Produkte international vertrieben werden, muss der beteiligte Full-Service-Provider je nach Land unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Das Mindestmaß sollte die Bereitstellung lokaler Zahlungsmethoden sowie eine Check-out-Seite in der Landessprache sein. Im europäischen B2B-Binnenhandel muss zusätzlich die Überprüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Kunden gewährleistet sein, sonst können Steuer-Nachforderungen entstehen, falls sich der Kunde nicht als vorsteuerabzugsberechtigt erweisen sollte. Für Länder, in denen eine eigene Niederlassung erforderlich ist, um handeln zu können, unterhalten einige Provider zu diesem Zweck eine entsprechende Zweigstelle. Einfaches Beispiel ist der US-Markt: Hier existieren Kreditkarten, die nur innerhalb der USA funktionieren und nur von Händlern mit einem US-Firmensitz abgewickelt werden können.
Für Download-Produkte sind zusätzliche Dienstleistungen nötig: Dazu zählen die Lizenzverwaltung, das Digital-Rights-Management (DRM) und das Hosten der entsprechenden Dateien. Die Vorhaltezeit der Dateien spielt eine wesentliche Rolle, denn Kunden sind es gewohnt, erworbene Dateien auch zu einem späteren Zeitpunkt erneut herunterladen zu können. Einige Full-Service-Provider ergänzen solche Dienstleistungen um ein Backup-Angebot in der Cloud oder auf einem Speichermedium, das der Endkunde direkt zugesandt bekommt.
Auf die Spitze treiben lässt sich das Modell des Full-Service-Providers, tritt dieser als Reseller auf: Der Händler verkauft an den Provider und dieser verkauft als Reseller weiter an den Kunden. So konzentriert sich der Abo-Commerce-Anbieter auf seine Kernkompetenzen und überlässt die komplette Kauf-Abwicklung, angefangen beim „Kaufen-Button“, dem Full-Service-Provider.

Payment-Service-Provider: Die Zahlungsabwicklung
Auch Payment-Service-Provider (PSP) wie Expercash oder Sage Pay oder einfache Payment-Provider wie Paymill und ClickandBuy unterstützen wiederkehrende Zahlungen, die entweder über eine API übergeben oder vom Händler einmalig manuell angelegt werden. Abrechnung und Vertragsverwaltung finden hier nicht oder nur rudimentär statt. Die Zahlungsabwicklung kann die Prüfung der Zahlungseingänge, erneute Abbuchung bei fehlgeschlagenen Zahlungen, die Erstattung von Zahlungen und die Beantwortung von Kundenanfragen zur Zahlung enthalten. PSPs unterstützen mehrere Länder und bieten so auch nationale Zahlungsverfahren, die nur im jeweiligen Land unterstützt werden. Die Dienstleistungen werden abgerundet durch das weitere Angebotsspektrum eines Zahlungsdienstleisters: Risikomanagement, Betrugsschutz sowie die Absicherung gegen einen Forderungsausfall durch eine Zahlungsgarantie oder Factoring.
Bei einer Zahlungsgarantie werden geplatzte Zahlungen erst ab einer bestimmten prozentualen Quote an den Händler weitergereicht. Beim Factoring wird gegen eine Gebühr pro Transaktion ein Forderungsankauf vereinbart. Alle Forderungen werden vom Dienstleister beglichen, der dann im zweiten Schritt die Forderung beim Kunden abbucht oder eintreibt – von der Zahlungserinnerung bis zum gerichtlichen Mahnverfahren. Die Anbindung des Zahlungsablaufs an die Website des Händlers erfolgt entweder über eine Hosted-Payment-Page, wobei der Check-out-Prozess sozusagen ausgelagert wird, oder über eine Schnittstelle. In jedem Fall bietet der ausgelagerte Zahlungsprozess den Vorteil, dass alle Zahlungsdaten der Kunden sicher nach Vorschrift der so genannten PCI-DSS-Zertifizierung ausgelagert sind. Um zu vermeiden, dass der Kunde seine Zahlung erneut bestätigen muss, werden dem Händlersystem hier so genannte Tokens zur Verfügung gestellt, die eine Art technischer Platzhalter oder „Verweis“ auf die beim Zahlungsdienstleister hinterlegten Zahlungsdaten des jeweiligen Kunden sind.
Fazit
Das Thema Abo-Commerce ist komplex, es geht um wesentlich mehr, als nur jeden Monat einen bestimmten Betrag einzuziehen. Um umfangreiche Tarifmodelle für digitalen Content oder SaaS-Anwendungen zu realisieren, vom Tarifwechsel bis zur verbrauchsabhängigen Berechnung, sind hochspezialisierte Anbieter nötig. Manche Angebotsformen lassen sich auch „nur“ mit einem Shopsystem, einem Payment-Provider und der passenden Erweiterung für das Shopsystem abbilden. Für welchen Variante man sich entscheidet, hängt maßgeblich vom Geschäftsmodell ab und sollte deshalb gut bedacht werden. Den passenden Anbieter zu finden, sollte jedoch kein Problem mehr darstellen: Die Anbieter-Landschaft in Deutschland ist zwar teilweise noch recht jung, aber mittlerweile existiert ein vielfältiges Angebot.
Durch einen Klick auf den unten stehenden Ausschnitt gelangt ihr auf die große Ansicht der Vergleichstabelle zu den Anbietern.
reskribe gibt’s nicht mehr!
http://www.deutsche-startups.de/2014/05/27/liquid-labs-beerdigt-reskribe-kreddible/
Der Artikel kommt gerade zur richtigen Zeit!
Für Händler mit Sitz aus Deutschland und der Schweiz haben wir vor kurzem Liquid Payment (http://liquid-payment.com/) gelauncht. Vielleicht mögt Ihr uns in die Liste mit aufnehmen.
Bietet eine der genannten Lösungen einen Subscription Button, wie es Paypal in den USA anbietet?
Wir haben seit einiger Zeit den Dienst Billingmaker Payment gestartet. Darüber können auch sehr bequem wiederkehrende Zahlungen abgewickelt bzw. aufgenommen werden.
Unter anderem via PayPal, Kreditkarte und SEPA Lastschrift ;)