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Kolumne: Business as social

Heute möchte ich mit Ihnen über ein Phänomen sprechen, das mich schon viele Jahre meines Lebens beschäftigt: Menschen, die vor ihren Ladengeschäften stehen. Im Eingang. Rauchend. Wahrscheinlich mit Gedanken wie: „Kommt ja eh keiner.“ oder „Was glotzt der Typ mich so an, der soll gefälligst was kaufen.“ Was passiert eigentlich, wenn so jemand nun auf „Social Business“ setzt?

3 Min. Lesezeit
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Geschäftsmann Willi B.: „Das Leben könnte so schön sein, wenn nur die Kunden nicht wären.“ (Bildnachweis: primavera/photocase)

Seien wir mal ehrlich: Der Begriff „Social Business“ ist doch im Grunde seines Herzens ein Oxymoron, also „eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander (scheinbar) widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen“, wie wir in der Wikipedia erfahren. Beispiele für ein Oxymoron sind „pünktlicher Zug“, „Diät-Experte Ottfried Fischer“ oder „fehlerfreie Software“.

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Denn Business ist doch so einiges, aber nicht „social“. Und ich muss jetzt gar nicht erst tief in die Kapitalismuskritik einsteigen, um meinen Punkt zu machen. Also von wegen Unterdrückung der Arbeiterklasse und so weiter. Nein, lassen wir den Marx im Regal und schauen wir einfach in den Alltag.

Wir alle kennen diese Situationen in Geschäften, wenn wir uns für unsere bloße Anwesenheit entschuldigen möchten. Einmal ging ich in einem recht kleinen Laden an die Kasse, während sich der Mitarbeiter direkt daneben mit einem Freund unterhielt. Mit einiger Verzögerung fiel ihm auf, dass da jemand stand und fragte: „Willste was?“ In solchen Momenten fällt einem die schlagfertige Antwort ja nie ein. Ich hätte natürlich auf die Produkte verweisen können, die ich in offensichtlicher Kaufabsicht in der Hand hielt (an der Kasse stehend wohlgemerkt). Ich hätte sie ihm auch an den Kopf werfen können (es war nichts Schweres oder Scharfkantiges dabei). Stattdessen meinte ich: „Ich würde das hier gern bezahlen.“ Immerhin: Nach kurzem Augenrollen wurden meine Produkte eingebongt und mir mein Geld abgenommen. Spitze.

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Das Phänomen des misanthropischen Einzelhandelfachverkäufers (m/w) ist mir schon gelegentlich begegnet und hat mich immer wieder vor Rätsel gestellt. Aber gut, nicht jeder Lebensweg verläuft gerade und nicht jeder Mensch landet in seinem Traumberuf. Akzeptiert. Abgehakt.

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Wesentlich interessanter und unverständlicher wird es, sobald der Ladenbesitzer selbst in der Tür seines Geschäfts steht – am besten mit verschränkten Armen, die Straße herauf- und herunterschauend. Wenn ich etwas in dieser Art gesehen habe, wusste ich immer: Der macht’s nicht mehr lange. Also der Laden. Und in der Regel stimmte das auch.

Im Internet sollte das nicht mehr vorkommen, könnte man denken. Hier läuft schließlich alles automatisch: Shopsystem einrichten, Produkte einstellen, läuft. Kein Kontakt mehr mit Menschen oder dessen grässlicher Steigerung: dem „Kunden“.

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Weit gefehlt. Auch hier kann man es als Verkäufer schaffen, seine Abneigung zu demonstrieren. Die Äquivalente zum unfreundlichen Verkäufer oder dem Ladenbesitzer, der seinen Eingang bewacht, sind zahlreich: schlecht funktionierende Suchfunktionen, fehlende Beschreibungstexte, irrsinnige Versandkosten, umständliche Zahlarten, Kaufen nur nach Anmeldung. Besonders wichtig: schlechtes Beschwerdemanagement. So passierte es mir gerade dieser Tage mit einem recht bekannten Online-Händler (nein, nicht Amazon), dass die Lieferung versemmelt wurde. Mich traf keine Schuld, aber die Waren haben mich nie erreicht. Die Nachfrage beim Support ergab, ich solle doch einfach noch einmal bestellen. Aha. Äh. Nein. Vielen Dank für die Auskunft. Letztlich habe ich dann gemerkt, dass ich die bestellten Waren im Grunde doch nicht so dringend brauchte. Auch gut.

Aber zurück zum Vor-dem-Laden-Steher. Ihn kann man nämlich gerade im Social Web ausgezeichnet erkennen. Zum Beispiel an Twitter-Accounts, die nur aus Links auf den eigenen Shop bestehen, die ohne Retweets auskommen und die Anfragen logischerweise ignorieren. An Facebook-Fanpages, die seit Wochen unangetastet vor sich hinschimmeln und auf denen Kunden vergeblich Anfragen stellen. An brachliegenden Blogs voller Pressemitteilungen. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Da sage ich immer: Wenn man partout nicht will, am besten gar nicht erst anfangen.

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Mir wäre das Gezeter von Kunden ja auch zu viel. Deshalb habe ich konsequenterweise keinen Onlineshop. Zum Glück für beide Seiten.

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9 Kommentare
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Dein t3n-Team

Hudini

Der Artikel trifft es auf den Punkt, leider bekommt man diese Sichtweise oft nicht in den Kopf eines Auftraggebers…

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L

A propos „misanthropischer Einzelhandelfachverkäufer“ – ich kann da die britische Serie „Black Books“ sehr empfehlen.

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Oliver Springer

Das beschriebene Verhalten würde ich mit „den Eingang bewachen“ bezeichnen. Es kommt aber darauf an, was man daraus macht. An der Tür zu stehen kann ja eine Chance sein, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, um sie in den Laden zu locken.

Ergänzen lässt sich für das Internet: Pressebereiche, für die man sich erst registrieren muss. Presseinformationen (auch wenn es sich um Fotos handelt), sind ja keine Geheimdokumente, von denen die Öffentlichkeit oder umherirrende potenzielle Kunden nichts erfahren dürfen. Also sollten sie ohne irgendeine Hürde zugänglich sein. Wer mit Bildern und Logos Unsinn machen möchte, kopiert sie sich einfach von der Website und ist dafür nicht auf den Pressebereich angewiesen.

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Busi ness as

Wegen schlechter Onineshops: Die Qualität von Softwareanbietern könnte besser sein. Die Inhaber können normalerweise wohl eher kein PHP und sind froh, wenn überhaupt jemand bezahlbar die Computer am laufen hält. Meine Forderung, die Universität bzw. Ausbildung an den Shop dranschreiben zu müssen und dann gigantische Checkbox-Systeme (wikidata-mäßig) „Pizzerien im Umkreis 5 km die Paypal akzeptieren und Tofu haben“ „Nicht barrierefrei“ „xss-Angriffe möglich“ „php veraltet“… interessiert PHPler anscheinend eher wenig.

Wie oft ruft eine Bäckerei einen Elektriker oder Klempner und wie oft den „Computer-Fuzzi“ ? Und was ist wichtiger und hat größeren Anteil am Produkt ? Na also. Computerbetrieb ist oft leider vermutlich überproportional teuer.

Und wenn man für Onlineshops oder Restaurant-Bestellungen damit rechnen muss, irgendwelche Trivialpatente zu verletzen, lässt man es auch lieber.
Ich würde ja gerne eine wahre Lohnstatistik als Umfrage veröffentlichen aber wenn man abgemahnt wird, verzichte ich darauf. Damit wäre klar, wieso manche Leute „ungern“ arbeiten. Deutschland wird m.W. vorgeworfen, niedrige Löhne zu haben.

Antworten
Schlien Schürmann

Interessant, das gleiche wie Oliver dachte ich auch erst. Eigentlich wäre das vor dem Laden Stehen – natürlich nur in freundlich aufgeschlossener Art – im Grunde ja sogar der gelebte Social Business Gedanke auf der Straße. Mit Leuten ins Gespräch kommen, noch bevor sie im Laden sind, von sich reden machen, anpreisen. Selbst das Plakat sein im eigenen Marketingkonzept.
Aber hier zeigt sich eben ein wichtiger Punkt: Wer auf der Straße nicht mit Menschen kann, der kann das wahrscheinlich auch nicht im Internet. Gut nur, dass der fehlende Servicegedanke noch nie jemanden wirklich weit gebracht hat und sich am Ende des Tages eben doch Freundlichkeit, Kreativität und der Wille zur Kommunikation durchsetzen.
Alle anderen sollen doch dann gleich IM Laden rauchen. Kommt eh keiner. Siehe Schlecker.

Und Oliver, auch mit den Presseportalen muss ich dir absolut recht geben.

Antworten
Roland Hötzinger

Der Artikel hat mir den Morgenkaffee versüßt. Hahaha…. schön auf den Punkt getroffen! Da gibt es auch nicht mehr viel zu ergänzen, außer dass ich eher die englische Serie Black Adder empfehlen würde, sie gewährt einen schönen Einblick über die Abgründe der menschlichen Seele!
Ach ja. nach einigen Jahre als Gastronomieunternehmer und -berater. De Beobachtungen lassen sich bestens auf die Gastronomie übertragen. Vor allem zu Zeiten vor dem Rauchverbot. Rauchende Kellner oder noch besser Besitzer vor der Türe des Lokals….. ein gerne und oft gesehenes Bild. Und komisch…. auch das Ergebnis war nach kurzer Zeit deckungsgleich!

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Ed Wohlfahrt

schon mal daran gedacht, dass dieser alte, vor seinem Laden stehende Mann Präsenz zeigt? Wenn die alte Dame mit Hut vorbeigeht „Gute Morgen Frau Mittermeier“ sagen kann (das kann er nicht, wenn er sich im Laden verschanzt). Und wenn Frau Mittermeier dann von ihrer Dauerwelle zurückkommt, kauft sie vielleicht doch bei ihm ein. Es gibt dieses Bewachen, ja. Es ist aber auch eine Form des Präsent-, des Sichtbar-Seins, wie ich finde. Es ist bzw. es kann auch ein Angebot zur Interaktion sein. Und noch was: Das Bild ist offensichtlich in Italien entstanden, wo die Uhren nochmals andes ticken. Vor allem für uns Ösis oder Piefkes schwer begreifbar. Wir können von Italienern und ihrer Art Business zu machen, ich halte diese übrigens für überaus „social“, noch viel lernen.

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Viktor

Es gibt noch die andere Seite. Die steht dann vor dem Laden und schreit nach Marktschreier Manier: „Leute Leute, kaufen kaufen, alles billig, alles gut!“ – da mach ich persönlich immer einen großen Bogen drum, auch wenn die Sachen vielleicht wirklich interessant sein könnten.

Die Verpflichtung allein, evt. etwas kaufen zu müssen – egal ob bei so oder so einem – lässt auf meinem Rücken ein Schauder hinaufschießen.

Von beiden möchte und kann ich mich im Netz nicht freisprechen und danke herzlichst für diesen Schubser durch diesen wunderbaren Artikel!

Antworten
Arne

Zum Thema „misanthropischer Einzelhandelfachverkäufer“, das fällt mir überwiegend in Deutschland auf, nach dem Motto „schon wieder jemand, der etwas kaufen möchte“ oder „Kunde droht mit Auftrag“.

Wer einmal in den USA war wird hier erschreckend mit einem (zugegeben oberflächlichen) „hi, how are you“ oder „may i help you“ überrascht. Zugegeben, das kann auch nervig sein, aber ähnliche Erfahrungen habe ich auch in Spanien, Österreich, England oder Tschechien machen dürfen.

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