Scrum und Kanban für alle! Cloud-Lösungen für agiles Projektmanagement
In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Softwarehersteller für die agile Entwicklung als eine flexible Organisations- und Arbeitsmethode entschieden, um ihre Projekte erfolgreich zum Ziel zu führen. Die starke Verbreitung der agilen Leitsätze hat dazu geführt, dass Projekt-Manager und Entwickler heute aus einem breiten Spektrum agiler Konzepte und Lösungen wählen können. Dabei haben sich insbesondere zwei Vorgehensmodelle in der Praxis bewährt: Scrum und Kanban.
Ursprünglich kommt die Scrum-Methode aus der Software-Entwicklung, baut aber auf den Prinzipien der „schlanken Produktion“ (Lean Production) auf, die sich in der japanischen Automobilindustrie entwickelt und durchgesetzt hat. Flache Hierarchien, eine verstärkte Zusammenarbeit und die Automatisierung von Geschäftsabläufen sollen eine bessere Wertschöpfung sichern. So besagt auch eines der wichtigsten Scrum-Prinzipien, dass Teams sich selbst organisieren und ohne einen klassischen Projektleiter auskommen sollen.
Scrum verkörpert gleichzeitig die Werte der agilen Software-Entwicklung, die das agile Manifest 2001 festlegte. Demnach sind Menschen und Interaktionen wichtiger als Prozesse und Tools, funktionierende Software hat Vorrang vor einer umfassenden Dokumentation, die Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der ursprünglich formulierten Leistungsbeschreibung und das Eingehen auf Veränderungen ist relevanter als das starre Festhalten an einem Plan.
Du möchtest Scrum besser kennenlernen und verstehen? Unsere Videokurse zeigen dir, wie es geht!
Die Agile Arbeitsweise
Das Kanban-System ist ebenfalls in Japan entstanden. Der Automobilhersteller Toyota entwickelte es bereits in den 1940er Jahren als eine effiziente Methode der Produktionsprozesssteuerung, die die Produktivität im Betrieb drastisch erhöhen sollte. Im Vergleich zu Scrum, das als umfassendes Framework spezifische Rollen (Scrum Master, Product Owner), Artefakte (Product Backlog, Sprint Backlog) und Aktivitäten (Daily Scrum, Sprint Review etc.) vorgibt, ist Kanban extrem simpel. Ein so genanntes „Kanban-Board“ visualisiert sämtliche Aufgaben in mehreren Spalten, zum Beispiel „To-do“, „In Bearbeitung“ und „Erledigt“.
Das Kanban-Board ist eine Art horizontale To-do-Liste, über die das Team Aufgaben nicht nur auflistet, sortiert und irgendwann abhakt, sondern auch von einer Spalte zur nächsten verschiebt und so den aktuellen Status einer Aufgabe anzeigt. So kann jeder Projektbeteiligte den Workflow besser planen, überwachen und steuern sowie den Fortschritt einzelner Aufgaben und des gesamten Projektes im Blick behalten.
Anwendungen für das Agile Projektmanagement
Nachdem sich die innovativen Produktivitätskonzepte rund um Scrum und Kanban in der Software-Industrie schnell durchsetzen konnten, kommen beide Modelle heute auch jenseits der IT-Abteilungen zum Einsatz. Immer mehr Projektmanagement-Lösungen wenden sich gezielt an agile Teams in unterschiedlichen Fachabteilungen, etwa im Personalwesen, im Marketing oder in der Buchhaltung.
Jira
Der australische Collaboration-Spezialist Atlassian, der im Dezember 2015 erfolgreich an die Börse ging, bietet mit Jira eine umfangreiche Projektmanagement-Plattform, die sowohl bei Startups als auch bei namhaften Unternehmen wie der Nasa, Twitter und Ebay zum Einsatz kommt. Das erste Release der Software erschien im Jahr 2002 und wendete sich an Entwickler. Inzwischen gibt es Jira in drei Versionen: Jira Software, Jira Service Desk und Jira Core, das speziell für Business-Teams konzipiert ist.
Die Software ist eine funktionsreiche und gleichzeitig flexible Alternative, die sowohl Scrum- als auch Kanban-Boards unterstützt und mit mehr als 150 Funktionen alle zentralen Aspekte des agilen Projektmanagements in der Software-Entwicklung abdeckt – von Bug- und Issue-Tracking über Aufgaben-, Code- und zentrale Projektverwaltung bis hin zu detaillierten Berichten und Analytics-Werkzeugen, die dem Team Einblicke in die Projektprozesse liefern. Hinzu kommen mehr als tausend Add-Ons und Plug-ins von Drittanbietern, die die Jira-Funktionen erweitern und über den Atlassian Marketplace zu haben sind.
Pivotal Tracker
Pivotal Labs hat sich ebenfalls auf agile Lösungen spezialisiert. Das 2012 durch den Enterprise-Software-Riesen EMC übernommene Unternehmen bietet mit Pivotal Tracker eine Plattform, die unter agilen Software-Teams sehr beliebt ist. Sie vereint die wichtigsten Konzepte rund um Scrum und Kanban, etwa „Backlog“, „User Stories“, „Sprints“ oder „Epics“ mit modernen Werkzeugen für die Zusammenarbeit, die für einen reibungslosen Informationsaustausch unter den Projektbeteiligten sorgen sollen.
Auf dem Web-Dashboard können Nutzer Stories (Funktionen, Bugs, Releases) im Produkt-Backlog anlegen und gemeinsam mit dem Team online verwalten. Wer, ähnlich wie bei Twitter, einer Aufgabe folgt, erhält per Kommentare und Ereignisse automatisch Nachrichten zum Verlauf. Aktivitäts-Streams, wie man sie aus sozialen Netzwerken für Unternehmen wie Yammer her kennt, zeigen relevante Projekt-Updates übersichtlich an und sorgen dafür, dass jedes Team-Mitglied stets auf dem Laufenden bleibt. Ebenfalls praktisch: Das funktionsreiche Reporting-Modul verfügt über vorgefertigte Berichte, die dem Management einen Überblick über den Projektfortschritt und die Leistung der einzelnen Projektmitglieder geben.
TargetProcess
TargetProcess ist eine weniger bekannte, aber dennoch nennenswerte Alternative zu Jira und Pivotal Tracker. Der Cloud-Dienst bietet auch Unterstützung für Kanban und Scrum und muss den Vergleich mit den Lösungen der Marktführer nicht scheuen – ganz im Gegenteil. Punkten kann TargetProcess vor allem mit einem umfassenden Feature-Set, das sämtliche Aspekte des agilen Arbeitens berücksichtigt.
Das Backlog, die Kanban-Boards sowie die Projekt- und Teamübersichten gehören dabei zu den zentralen Programmmodulen. In Sachen Reporting überzeugt das Werkzeug ebenfalls durch zahlreiche vorgefertigte Berichte. Zu den weiteren zentralen Vorteilen der Lösung zählen die professionell umgesetzten Mobile-Apps für iOS und Android, eine umfangreiche und gut dokumentierte API sowie weitere Integrationsmöglichkeiten mit zahlreichen Online-Services.
Assembla
Assembla ist eine umfassende All-in-one-Plattform, die sich vor allem im Enterprise-Sektor durchsetzen konnte. Zu den Hauptfunktionen der Software zählen neben den üblichen Funktionen für das Projekt- und Aufgaben-Management unter anderem auch solche für Diskussionen, Chats und Kommentare, Issue Tracking, Dokumentation, Portfolio-Management sowie nützliche Deployment-Werkzeuge für die Versionsverwaltungssysteme Git und Subversion.
Hinzu kommen weitere nützliche Produktivitätswerkzeuge wie Wikis, File Sharing und eine integrierte Zeiterfassung. Was das Interface-Design angeht, macht das Produkt allerdings einen etwas veralteten Eindruck. Die Benutzeroberfläche erinnert eher an die klassischen Anwendungen aus der Web-2.0-Ära. Dafür ist Assembla in Sachen Funktionalität und Flexibilität kaum zu überbieten. Dies macht die Lösung gerade für größere Unternehmen attraktiv, die komplexe Geschäftsabläufe abdecken müssen.
Axosoft
Auch Axosoft verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Neben dem zentralen Scrum-Modul, mit dem Anwender das Produkt-Backlog, User Stories, Sprints und so weiter gemeinsam im Browser verwalten können, stehen weitere interessante Module bereit. Dazu zählen zum Beispiel ein integrierter Bug-Tracker, um Programmfehler systematisch zu verwalten, ein Wiki für die Projekt- und Software-Dokumentation, professionelle Help-Desk-Tools und ein interessantes Reporting-Modul, mit dem Projekt-Manager wichtige Key-Performance-Indikatoren (KPIs) visualisieren können.
Den Unterschied macht Axosoft mit Extras: etwa dem Modul „Daily Scrum“, das alle Informationen für die kurzen, täglichen Team-Besprechungen bereitstellt. Projekt-Manager sollten aber auch einen Blick auf Alternativen wie Taiga.io, Version One, SprintGround oder Sprintly werfen.
Sprintly
Sprintly stellt die Zusammenarbeit von Software-Entwicklern und Management-Teams, etwa aus den Bereichen Marketing, Produkt-Management oder Vertrieb, in den Fokus. Praktisch sind die täglichen E-Mail-Berichte, die den Fortschritt des Teams grafisch visualisieren und dem Management einen Überblick über die erledigten Aufgaben der letzten 24 Stunden geben.
Ein weiterer Pluspunkt: Das Programm kommt in einem modernen, optisch ansprechenden Interface daher, das in Verbindung mit dem durchdachten Funktionsangebot zur hohen Usability der Software beiträgt. Dank der nahtlosen Integration mit der Versionierungssoftware GitHub lassen sich Issues zudem bequem in Sprintly verwalten – ein Feature, das auch Zube und ZenHub anbieten.
Visuelles Projektmanagement: Alles auf einen Blick
Wenn es darum geht, agile Management-Methoden für den Otto-Normal-Anwender schmackhaft zu machen, müssen sich alle Lösungen wohl an einem Online-Dienst messen: Trello. Den 2011 gestarteten Cloud-Service hat die Firma Fog Creek Software aus New York entwickelt, die sich mit Entwicklerlösungen wie dem Frage-Antwort-Portal Stack Overflow einen Namen machte. Heute, nur fünf Jahre später, hat Trello mehr als zehn Millionen Nutzer.
Dabei ist dem Anbieter etwas gelungen, was nur wenige Productivity-Apps – etwa Slack oder Dropbox – geschafft haben: sich im Consumer- und im Business-Bereich erfolgreich zu positionieren. Dass Menschen heute ihre Hochzeiten, Hausrenovierungen oder Urlaubsreisen mit Kanban-Boards organisieren, liegt sicher an Trello. Es stellt Aufgaben nach dem Kanban-Prinzip als interaktive Karten dar. Darin können Nutzer Checklisten anlegen, Kommentare posten und Dateien anhängen. Somit speichert Trello Diskussionen und Projektdokumente zentral, Anwender können sie über die Suchfunktion leicht wieder finden.
Nach dem Erfolg von Trello sind zahlreiche Lösungen auf den Markt gekommen, die auf Kanban basieren. Hierzu zählen LeanKit, KanbanTool, Kanbanchi, SwiftKanban, KanbanFlow und SmartQ, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Mit Preisen, die schon bei fünf Euro pro Nutzer und Monat anfangen, modernen Werkzeugen für die Zusammenarbeit und einem starken Fokus auf Benutzerfreundlichkeit adressieren sie in erster Linie kleinere Business-Teams, die ihre Projekte größtenteils noch mit einfachen Office-Programmen oder altmodischen Business-Anwendungen aus der PC-Ära managen.
Für größere Unternehmen, die komplexere Prozesse abbilden müssen, kommen umfangreichere Plattformen wie Projectplace in Frage. Seit dem ersten Release im Jahr 1998 hat sich die Lösung aus Schweden kontinuierlich weiterentwickelt. Heute präsentiert sich Projectplace im modernen Flat-Design und wartet mit einem umfassenden Funktionsangebot auf, das Kanban unterstützt und alle zentralen Aspekte des Projektmanagements rund um Planung, Kommunikation, Zusammenarbeit und Reporting abdeckt.
Fazit
Egal ob Software-, IT- oder Business-Teams: Heute kann eigentlich jeder von agilen Projektmanagement-Methoden wie Scrum und Kanban profitieren. Dass das Interesse seitens der Unternehmen groß ist, zeigt sich an der Vielfältigkeit und Breite des derzeitigen Angebots. Von schlanken und günstigen Startup-Tools bis hin zu umfangreichen All-in-one-Lösungen der etablierten Anbietern ist für jeden etwas dabei.
Entwickler, die auf Nummer sicher gehen möchten, sollten sich für eines der führenden Systeme wie Jira, PivotalTracker, Axosoft oder Assembla entscheiden. Beim agilen Projektmanagement für Laien gibt Trello den Ton an, bekommt in letzter Zeit aber immer mehr Konkurrenz. Unternehmensanwender könnten bei schlanken Startup-Werkzeugen wie LeanKit, KanbanFlow oder SmartQ oder bei umfangreicheren Lösungen wie Projectplace oder Sprintly fündig werden. Eine universelle Lösung, die zu jedem Team passt, gibt es aber wahrscheinlich nicht. Jeder Projekt-Manager sollte sich vielmehr für eine Software entscheiden, die sich seinem Arbeitsstil anpassen lässt und die besten Erfolgsaussichten für sein Team verspricht. Das heißt, dass die Anwender sie akzeptieren und gerne jeden Tag benutzen.