Durch Zufall zum Shop: Designstraps aus Frankfurt im Portrait
Es ist für Shopbetreiber immer von großem Vorteil, wenn sie sich auch privat mit den von ihnen angebotenen Produkten identifizieren können. Das ist bei Anne Evertz und Christina Stambula von Designstraps aus Frankfurt am Main definitiv gegeben. Die jungen Frauen bezeichnen sich selbst als passionierte Fotografinnen, sodass sie die Bedürfnisse ihrer Kunden selbst sehr gut kennen und einschätzen können. Der Ansatz von Designstraps ist allerdings ein anderer als jener, den viele andere Online-Shops für Fotozubehör verfolgen. Zwar spielt die Funktionalität der Produkte auch bei den beiden Frankfurterinnen eine wichtige Rolle, das Hauptaugenmerk liegt allerdings auf dem Design der Kameragurte und angebotenen Fototaschen.
Die Philosophie des Shops: Form vor Funktion
Wer auf der Suche nach Objektiven, Blitzen oder Lichtanlagen ist, ist bei Designstraps an der falschen Adresse. In der Auslage des Shops findet sich vor allem Foto-Zubehör, das nicht technischer Natur ist: Taschen, Rucksäcke, Gurte, Kamerabänder und Stative. Anne und Christina haben mit den Kameragurten angefangen und schnell gemerkt, dass auch die Nachfrage nach schicken Fototaschen riesig ist. Beide Produktkategorien sollen sich von Vergleichbarem abheben und ein Gegengewicht zum breiten Markt bilden. Die Kameragurte und Taschen von Designstraps sind zwar auch funktional, aber sie schaffen es nur ins Sortiment, wenn sie auch schön aussehen. Besonders die Taschen und Rucksäcke sehen überhaupt nicht nach Kameraequipment aus. Ein Umstand, der laut den Shopbetreiberinnen beim Kunden sehr gut ankommt.
„Die Design-Gurte kamen so gut an, dass die Shop-Gründung ein No-Brainer war“
Designstraps wurde nicht auf dem Reißbrett entworfen. Anne und Christina haben eigentlich auch einen ganz anderen Hintergrund, denn die beiden lernten sich während ihres Studiums der BWL und des Tourismus kennen. Während Anne nach ihrem Abschluss projektbasiert in einer Agentur arbeitete, machte sich Christina erst mal auf Weltreise. Anne stolperte zu dieser Zeit in einem Magazin aus den USA über einen Design-Kameragurt von Capturing Couture, der sie sofort ansprach: „Ich fand die Idee so toll, dass ich direkt ein Exemplar bestellte und weitere zu Weihnachten verschenkte.“ Die beiden heutigen Shopinhaberinnen gründeten auf dieser Basis im Januar 2011 ihr Unternehmen – anfangs nebenher und in erster Linie mit vielen kleinen Designmärkten als Testballon. „Die Design-Gurte kamen so gut an, dass die Shop-Gründung ein No-Brainer war. Da sich das Online-Business so gut entwickelte, wurden wir schnell mit dem Europavertrieb von Camera Couture betraut. Allerdings sind wir relativ blind an die ganze Sache gegangen“, geben die beiden Inhaberinnen zu. „Wir hatten nie wirklich einen Businessplan, sondern das Geschäftsmodell ist organisch gewachsen.“
Nachdem Design-Gurte von weiteren kleinen Herstellern dazu kamen, erweiterten Anne und Christina ihr Angebot um Taschen. Zuerst überlegten sie, ob sie diese aufgrund der immensen Nachfrage nach stylischen Taschen nicht selbst produzieren könnten. Aus Kostenüberlegungen setzten die beiden dann doch ausschließlich auf Taschen von einigen Designern – was bis heute gut klappt. Dabei spüren sie Designer aus aller Welt auf und bieten ihnen eine Plattform für ihre Produkte. „Wir sehen unsere Spezialisierung nicht im eigenen Design, sondern im Kuratieren existierender Designs“, erklären Anne und Christina.
Wenn die Wohnung als Lager nicht mehr reicht
Das erste Jahr wurde der Shop komplett ohne Mitarbeiter aus dem Homeoffice betrieben. Dazu gehörte auch, dass alle Produkte in der heimischen Wohnung in der Innenstadt von Frankfurt lagerten. Dort verpackten die beiden Gründerinnen auch die Pakete und versendeten sie. Die beiden mussten alle abverkauften Produkte aus dem dritten Stock in ihr Auto tragen, um sie zum Zoll zu bringen. Danach ging es zurück zur Wohnung, die Treppen rauf in den dritten Stock, um die verzollten Produkte dort für den Versand vorzubereiten.
Als sich irgendwann noch Fototaschen zu den Kameragurten gesellten, wurde das Lagervolumen so groß, dass es logistisch nicht mehr aus der Wohnung funktionierte. Zu diesem Zeitpunkt gründeten Anne und Christina in eine GmbH um und entschlossen sich für die Zusammenarbeit mit einem Fulfillment-Dienstleister. Seit Ende 2013 lagert die Ware extern und die beiden Gründerinnen arbeiten Vollzeit zu zweit aus ihrem Büroraum in Frankfurt. Aus heutiger Sicht würden die beiden Frauen die komplette Logistik viel früher optimieren.
Die gelebte 4-Hour-Workweek: „Nicht ganz so leicht“
Auch wenn die Shopbetreiberinnen keine festen Mitarbeiter beschäftigen, stemmen sie die anfallende Arbeit nicht allein. Stattdessen setzen sie projektbezogen auf einen Stamm freier Mitarbeiter. Den beiden Frauen war es wichtig, ein flexibles Unternehmen zu führen, das sich je nach anfallenden Aufgaben das nötige Personal dazuholt. Das Team besteht demnach aus den zwei Gründerinnen und einem ganzen Hub an Menschen, die jederzeit dazugezogen werden können – beispielsweise, wenn eine Vielzahl neuer Produkte im Shop angelegt werden muss. So können die beiden auf ein Netzwerk aus Programmierern, Grafikern, Beratern für die Warenwirtschaft und andere externe Mitarbeiter zurückgreifen. Aufgaben wie die Logistik, die Verzollung und die Einpflege der Produkte werden komplett extern abgewickelt.
Die Entscheidung für dieses eher ungewöhnliche Modell erklären Anne und Christina damit, dass es ihnen wichtig ist, nebenbei auch an anderen Projekten arbeiten zu können. Die Inspiration lieferte Autor Timothy Ferris mit seinem Buch „The 4-Hour Workweek“, in dem ebenfalls das „Outsourcen“ möglichst vieler Aufgaben empfohlen wird, um mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu haben. „Ganz am Anfang wollten wir super erfolgreich werden, aber wir haben schnell gemerkt, dass uns das überhaupt nicht glücklich macht. Jetzt ist es so, dass sich unser Unternehmen an unser Leben anpasst und nicht umgekehrt“, erklären die beiden Gründerinnen. „Im Buch von Timothy Ferris klingt zwar alles fancy und leicht, aber im Laufe der Zeit haben wir gemerkt, dass es so leicht dann doch nicht ist. Aber wir haben immer an dem Grundgedanken festgehalten und stets so flexibel wie möglich agiert.“ Das zahlt sich voll aus, denn beide Frauen reisen gern und betreuen neben ihrem Shop auch andere Projekte. Die von Anfang an etablierte Flexibilität erleichtert nach Aussage der Gründerinnen auch die Kombination von Familie und Beruf, sodass auch die aktuelle Schwangerschaft einer der beiden Frauen kein Problem für die Geschäftsabläufe darstelle.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Die Shopsoftware
Menschen, die selbst einen Onlineshop gründen wollen, möchten Anne und Christina ans Herz legen, sich bereits vor dem Start Gedanken darüber zu machen, welche Anforderungen sie besonders in Bezug auf Warenwirtschaft und Wachstum haben und welches Shopsystem diese Anforderungen erfüllen kann. Im Fall von Designstraps hätten sie sich nämlich von einem komplett veralteten System überzeugen lassen und seien zudem ohne Warenwirtschaftssystem gestartet und hätten alle Listen händisch geführt. Bereits ein Jahr nach Gründung mussten die beiden einen Relaunch hinlegen.
„Wir haben uns alle technischen Aspekte angeeignet, weil wir die Prozesse trotz Outsourcing selbst verstehen wollten – von Google Analytics über SEO bis hin zu Social-Media-Marketing. Die Erfahrungen, die wir in dieser Zeit gemacht haben, kommen uns heute zugute, denn wenn wir mit externen Partnern sprechen, können wir die richtigen Fragen stellen.“
Mittlerweile läuft Designstraps auf Shopware und die beiden Inhaberinnen sind damit sehr zufrieden. Vor allem die Bedienfreundlichkeit des Systems erlaube es auch technisch weniger versierten Nutzern, die Software zu bedienen. Die Modularität des Systems und die niedrige finanzielle Hürde dank der Community Edition sind zwei weitere Aspekte, die von den beiden sehr geschätzt werden.
Frauen sollten im Tech-Bereich besser zusammenhalten
Das Vernetzen mit Gleichgesinnten sei unerlässlich für den erfolgreichen Start in das eigene Online-Business. Anne und Christina würden sich in diesem Zusammenhang besonders wünschen, dass Frauen im Tech-Bereich besser zusammenhalten. Ihrer Erfahrung nach war es durchaus eine Herausforderung, in der technischen Domäne Fuß zu fassen. Allerdings habe dabei auch ihr Alter eine Rolle gespielt, denn anfangs wurden die beiden insbesondere von älteren Menschen, die eigentlich als Berater für sie tätig sein sollten, nicht ernst genommen. Die Probleme, denen sich Gründerinnen gegenüber sehen, hätten sich zwar mittlerweile etwas gebessert, aber als die beiden ihr Unternehmen aus der Taufe hoben, sei es für Frauen im E-Commerce noch wesentlich schwieriger gewesen.
Bis heute kennen die beiden Frauen keine anderen Shopbetreiberinnen persönlich. Die Shopbetreiber, mit denen sie vernetzt sind, sind Männer oder im besten Fall ein Team von Gründern, bei dem auch eine Frau dabei ist. Im Startup-Bereich gäbe es mittlerweile viele Gründerinnen, die sich auch untereinander vernetzen und für die Belange von anderen Frauen in ihrem jeweiligen Bereich einsetzen und sich gegenseitig unterstützen. Allerdings sei diese Entwicklung bei den Onlineshops noch nicht angekommen, so die beiden Frankfurterinnen. Das ist schade, denn immerhin bietet der E-Commerce potenziellen Gründerinnen die Möglichkeit, Berufung und Familie sehr gut miteinander zu vereinbaren – da sind sich Anne und Christina sicher. Die beiden Frankfurterinnen sind jedenfalls der lebende Beweis dafür.
Eckdaten von Designstraps | |
Shopsystem | Shopware |
Payment-Anbieter | PayPal, Sofortüberweisung, Kreditkarte, Vorkasse |
Hosting | Profihost |
SEO | extern |
Warenwirtschaft | Plentymarkets |
Logistik | Convar |
Mitarbeiterzahl | 2 |