Dienstleister und Tools für Amazon: Garanten für den Marktplatzerfolg
Der Amazon-Marktplatz hat sich zu einem komplexen Ökosystem entwickelt, das weit mehr als die eigenen, vielfältigen Geschäftsbereiche wie Cloud, Logistik und Werbevermarktung umfasst. Kein Wunder, dass sich innerhalb dieses Ökosystems ein eigener, zunehmend wichtiger Bereich entwickelt hat: ein vielfältiges Geflecht an Amazon-Tools und Dienstleistern. Amazon ist damit sogar mehr Biosphäre als Ökosystem.
Amazon-Dienstleister sind Unternehmen, die selbst nichts verkaufen, aber trotzdem vom Handel auf Amazon leben: Spezialisierte Unternehmen, die Händler oder Vendoren auf Amazon mit Tools, SaaS-Lösungen, Dienstleistungen und Consulting unterstützen. Das Wachstum dieses Segments ist beachtlich, aber weitgehend unbemerkt geschehen – jedenfalls außerhalb der sogenannten Private-Label-Szene. Diese meist kleinen Marken und Importeure bieten ihre Produkte oft nur auf Marktplätzen an und sind, gerade in den Anfangszeiten der neuen Amazon-Dienstleister-Branche eine bevorzugte Zielgruppe gewesen. Mittlerweile wird die Luft dünner und das Geschäft härter, daher zielen immer mehr Dienstleister nun auch auf Marken, große Händler und Hersteller ab. Doch auch für kleine Händler sind immer noch jede Menge Dienstleister und Freelancer am Markt tätig. Das Wachstum der Branche ist alles andere als abgeschlossen: Hier schlummert noch jede Menge Potenzial für SaaS-Startups, Agenturen und Dienstleister.
Für viele Prozesse im Unternehmen, vor allem wenn sie diverse Vertriebskanäle abdecken oder von mehreren Abteilungen genutzt werden, bieten sich zwar nach wie vor Lösungen an, die nicht ausschließlich auf Amazon spezialisiert sind. Während es bei Systemen wie ERP, Warenwirtschaft oder Multichannelsoftware empfehlenswert ist, mehrfach und übergreifend einsetzbare Lösungen zu nutzen, ist bei allen spezifischeren Aufgaben ein Amazon-Spezialist aktuell hilfreicher. Die Marktplatzwelt ist sehr eigen – und jeder Wissensvorsprung der spezialisierten Dienstleister ist im Zweifelsfall ein Wettbewerbsvorteil. Eine Marketingagentur beispielsweise, die auf Google Adwords spezialisiert ist, kann sich zwar in die Eigenheiten der Amazon-Marketing-Services einarbeiten, das Lehrgeld zahlt dann aber der Kunde. Die Pay-per-Click-Strategien und -Logiken unterscheiden sich je nach Plattformen zum Teil enorm, der Amazon-Algorithmus tickt völlig anders als der Google-Algorithmus. Dieses Beispiel lässt sich für viele Bereiche fortführen, denn es gibt aktuell kaum ein Feld, für das kein spezialisierter Amazon-Dienstleister existiert.
Analyse und Angebotsmanagement
Klassische Multichannelsoftware ist meist gut in der Lage, Angebote bei Amazon einzustellen und Bestellungen zu verarbeiten, dazu ist kein Amazon-Spezialist nötig. Die Lage verändert sich, wenn es um Wettbewerbsanalyse, Produktrecherche und Verwaltung der Angebote geht: Dazu werden spezielle Tools benötigt. Das Analysetool Amalyze hat beispielsweise über vier Millionen Produkte indiziert und bietet historische Daten zu vielen Faktoren wie Bestsellerränge, Umsätze oder Preisentwicklungen von Produkten. 32 Millionen Keywords geben zusätzlich Auskunft über die Beliebtheit bestimmter Suchbegriffe. Ähnliches leisten auch Tools wie Sellerlogic, Amalytix oder Uberseller. Business-Intelligence-Funktionen haben die meisten Tools in unterschiedlichem Umfang zu bieten. Aber auch hier gibt es spezialisierte Anbieter wie Am-Visor, ein Reporting-Tool, das wesentliche Key-Performance-Indikatoren im Blick behält und auf Knopfdruck auswertet. Für den Einstieg sind günstige Analyselösungen wie Amz-Check eine Möglichkeit. Die anderen Anbieter haben aber meist auch kostenfreie Testphasen oder kleinere Pakete im Angebot.
Viele zeitaufwendige Aufgaben im Alltagsgeschäft lassen sich mittlerweile komplett automatisieren. Preisvergleiche mit dem Wettbewerb, um Marktpreise zu realisieren, bieten Tools wie Sellerlogic oder Logicsale an – aber auch Amazon hat einen einfachen, regelbasierten Repricer im Angebot.
Über die Bereiche Analyse und Angebotsmanagement hinaus bieten viele der Tools am Markt noch weitere Funktionalitäten. Amalytix und Sellic beispielsweise überwachen eingehende Verkäuferbewertungen und Produktrezensionen und weitere Faktoren wie die Buybox, oder berechnen FBA-Lagerreichweiten und automatisieren das Bestellwesen. In einigen Tools sind auch schon Funktionen zur Automatisierung von Amazon-Werbekampagnen zu finden, für Pay-Per-Click-Kampagnen in der Sellercentral oder für Amazon-Marketing-Services. Ein Punkt, der für Händler immer wichtiger wird – deshalb bildet sich auch hier eine eigene kleine Branche.
Ad-Management
Amazon bietet sowohl Händlern als auch Marken und Lieferanten Werbeformate mit Pay-per-Click-Abrechnung (PPC) zur aktiven Bewerbung von Amazon-Artikeln im Amazon-Onlineshop: Sponsored Products (SP), Headline Search Ads (HSA) und Product Display Ads (PDA). Außerdem bietet das Unternehmen über die Amazon-Advertising-Plattform (AAP) Programmatic Advertising an, beworben werden können dort Amazon-Produkte, Android-Apps und externe Websites. Theoretisch lässt sich mit den am Markt befindlichen Tools nahezu der gesamte Ablauf der Werbekampagnen realisieren, von der Keywordrecherche bis zum Gebotsmanagement der Klickpreise. Grundsätzlich sollten Keyword- und SEO-Strategien zu Beginn nicht automatisiert werden, da eine individuelle Marktanalyse für die Erstellung einer Strategie nötig ist. Das erarbeitete Set an Keywords und Regeln dann automatisiert umzusetzen, ist hingegen sinnvoll – sollte aber trotzdem manuell überwacht werden.
Über die offizielle Amazon-API ist bisher nur das Format Sponsored Products komplett steuerbar, die Formate HSA und PDA werden von den Anbietern entweder über Contentscraping auf der AMS-Website umgesetzt oder noch nicht angeboten. Der Marketingspezialist Intelliad ist mit E-Pwr einer der ersten klassischen Ad-Tech-Anbieter, die auf dem Amazon-Markt agieren. Sellics, Metoda, Bid-x und Uberseller bieten Ad-Management-Tools, die große Amazon-Agentur Factor-A hat mit Amabid auch ein Ad-Management-Tool im Portfolio.
Einige weitere Marketingagenturen setzen zur Optimierung und Verwaltung von Amazon-Kampagnen selbst entwickelte Software ein, die dem Händler aber nicht immer als Self-Service-Tool zur Verfügung stehen.
Marketing
Amazon-Marketing-Agenturen sind keine Werbeagenturen, sondern in der Regel Fullservice-Agenturen, die sich um die Optimierung und Überwachung von Inhalt, Werbung, Bewertungen und Business-Analyse kümmern. Hier werden Produktlistings verkaufsfördernd optimiert, Amazon-SEO-Maßnahmen durchgeführt, Bewertungen verwaltet und auch Sortimente verbessert oder neu geschaffen. Die Berater verfügen oft über Softwarelösungen oder können zumindest das richtige Softwaresetting für den Amazon-Händler oder Vendor empfehlen.
Das Angebotsspektrum reicht dabei von Freelancern über kleine Agenturen wie Amaklick bis hin zu Fullservice-Agenturen wie Reamazing, Intomarkets oder Factor A. Aber auch breit aufgestellte E-Commerce-Marketingagenturen wie Finc3 haben eigene Amazon-Abteilungen aufgebaut.
Steuer und Buchhaltung, Finanzen und Personal
Für den Finanzsektor gibt es verschiedene Anbieter. Besonders die komplexe Abrechnung und Überwachung der Umsatzsteuerabrechnung über die verschiedenen Amazon-Marktplätze und europaweiten Logistikzentren ist eine hohe Hürde. Amazon bietet dazu in Zusammenarbeit mit Avalara einen eigenen Umsatzsteuerregistrierungs- und Steuererklärungsdienst. Als unabhängiger Anbieter kümmert sich darum auch die Lösung Taxdoo, die neben Amazon auch Ebay mit diversen ERP-Systemen verbindet. Für Händler, die lieber ausschließlich den Steuerberater mit solchen Problemen belasten, bietet Jera mit fibu-schnittstelle.com entweder eine direkte Anbindung von Amazon oder eine Anbindung für den Steuerberater über eine Datev-Schnittstelle an. Aber auch außerhalb der normalen Buchhaltung steckt noch Optimierungspotenzial in marktplatzeigenen Kostenfallen: Sellerlogic beispielsweise bietet mit „Lost & Found“ ein Reportingtool an, das automatisiert FBA-Prozesse überwacht und Gebührenerstattungsansprüche an Amazon aufdeckt.
Nicht nur die Kostenüberwachung ist ein Problem, auch Warenbestände über die Hausbanken zu finanzieren, ist für viele Marktplatzhändler nicht einfach. Den Banken fehlt oft das Verständnis für das Marktplatzgeschäft. Die Finanzierungslücke wollen hier sogenannte „Finetrading-Unternehmen“ schließen. Für Amazon-Händler bieten unter anderem Amacash und Vaitrade Einkaufsfinanzierungen an.
Und schließlich existiert mit Amazingjobs schon ein erster, auf Amazon spezialisierter Personalvermittler. Gegen eine erfolgsbasierte Gebühr stellt der Dienstleister den Kontakt zu qualifiziertem Personal her, das über spezifische Amazon-Erfahrungen verfügt. Die beiden Amazon-Händler, die hinter dem Dienst stehen, vermitteln Freelancer, Festangestellte und virtuelle Assistenten.
Logistik, Sourcing und Import
Amazon hat sehr spezielle Anforderungen für verschiedene Logistikanwendungsfälle, sowohl in Form von detaillierten Vorschriften für die Anlieferung von Produkten in ein Amazon-Logistikzentrum für Fulfilment by Amazon (FBA), als auch für den Bereich Fulfilment by Merchant. Theoretisch können beliebige Logistiker diese Kriterien erfüllen, aber auch hier kann die Zusammenarbeit mit Spezialisten Wettbewerbsvorteile bringen und Kosten reduzieren. Spätestens, wenn Amazon eine Lieferung wegen minimaler Abweichungen in den Palettenabmessungen abweist oder der Prime-Status in Gefahr gerät, hilft ein Wissensvorsprung weiter. Fulfilment für Amazon-Händler bieten zum Beispiel Lufapak oder Servantful.
Auch bei der Einführung von neuen Produkten stehen Dienstleister helfend zur Hand: Die Dienstleistungen reichen von der Herstellerauswahl und dem Lieferantenaudit über die Qualitätssicherung und Produktakkreditierung bis hin zum Import nach Deutschland. Im asiatischen Raum ist mit Kw-Logistics eine Tochter des erfolgreichen Marktplatzhändlers Kw-Commerce tätig, auch Amzpro.io hilft in diesen Bereichen weiter.
Potenziale jenseits von Amazon
Für viele Händler und ihre Produkte ist Amazon mittlerweile nahezu unverzichtbar geworden – zu viele Kunden werden fast nur noch über den Branchenprimus erreicht. Doch trotz der wirtschaftlichen Notwendigkeiten, die eine Nutzung des Marktplatzmarktführers notwendig machen, sollten sich Händler nicht ausschließlich auf Amazon konzentrieren. Für einen gesunden Wettbewerb und gute Marktbedingungen ist es unerlässlich, auch andere Marktplätze zu stärken. Das hält das Gleichgewicht bei Gebühren und Werbepreisen aufrecht und sorgt dafür, dass die Marktplatzbetreiber weiter gezwungenermaßen das Wohl der Händler im Auge behalten. Hinzu kommt, dass auf Marktplätzen wie Ebay, Real, Otto oder Rakuten abhängig von der Kategorie noch längst nicht derselbe Konkurrenzdruck herrscht wie beim Branchenprimus. Es geht bei der Entscheidung über die Nutzung weiterer Marktplätze also auch um konkrete Absatzchancen für die Zukunft.
Trotzdem kann es, je nach Produkt und Kategorie, gerade für den Start eine gute Entscheidung sein, zunächst nur auf Amazon zu setzen. Je länger und intensiver mit einem Marktplatz zusammengearbeitet wird, desto größer werden die positiven Effekte aus dem Wissensvorsprung, den eine Spezialisierung mit sich bringt. Und genau diese Spezialisierung ist es auch, die die vorgestellten Tools und Dienstleister zu nützlichen Helfern auf dem Weg zum Amazon-Erfolg macht.