Erfolgsmessung im Social Web: Harte Arbeit, karger Lohn?
Grundsätzlich unterscheidet sich die Erfolgsmessung im Social Web nicht von anderen Erfolgsmessungen. Zuerst werden Ziele definiert, an denen man den Erfolg später misst; der anschließend entwickelte Maßnahmenkatalog wird bemessen, die Messinstrumente werden etabliert. Nun kann es losgehen: Die Maßnahmen werden durchgeführt und die Messung läuft. Im letzten Schritt wird an den Stellschrauben gedreht, um die Kampagne zu optimieren.
Konversion zur Monetarisierung von Social Media notwendig
Die Schwierigkeit beim Social-Media-Controlling ist, dass sich der „Return“ des Social-Media-Investments nicht kurzfristig messen lässt. Bei Adwords-, Affiliate- oder E-Mail-Kampagnen sieht das anders aus, da sich der Traffic auf der Webseite direkt einstellt. Social Media ist ein mittelfristiges Investment in Inhalte, Kundenkontakte und Netzwerke. Erst durch eine starke Positionierung in diesen Bereichen kann Traffic auf der eigenen Plattform erzeugt werden. Hier entsteht letztendlich bei den meisten Geschäftsmodellen die Konversion, also die Umwandlung des Interessenten in einen Kunden, und damit die Monetarisierung der Social-Web-Aktivität.

Social Media ist ein mittelfristiges Instrument, um Traffic auf der eigenen Seite zu erzeugen. Monetärer Erfolg stellt sich erst hier durch Konversionen ein.
Zur Bestimmung eines Return-On-Investments (ROI) im Social Web sind zwei Schritte zu beurteilen:
- Aktivität und Image (Reichweite + Inhalt = Investment)
- Monetarisierung (Ergebnis = Return)
Starke Netzwerke sind gefragt
Um Botschaften viral zu verbreiten, gilt es, Multiplikatoren zu identifizieren. Das können stark frequentierte Blogs, Facebook-Seiten und -Gruppen, Twitterer sowie Foren sein, die sich mit der Thematik des eigenen Produkts oder der eigenen Dienstleistung beschäftigen. Nur wer ein starkes und relevantes Netzwerk aufbaut, hat auch die Möglichkeit, eine große Zielgruppe zu erreichen und Traffic auf die eigene Seite zu lenken.
Neben der quantitativen Beurteilung der Leserschaft gilt es zudem auch, die Relevanz zu beurteilen: Was nutzen schon 100 Pferdefreunde, wenn ich Kühe verkaufe? Dieser Punkt bedarf anfangs einer Menge Recherche, sorgt aber für einen guten Marktüberblick und zeigt, was die Konkurrenz bereits im Social Web macht. Sind die wichtigsten Autoren und Kanäle erfasst, geht es ans Eingemachte: Mit Gastbeiträgen, hilfreichen Kommentaren und kostbaren Insider-Informationen im eigenen Blog erarbeitet man sich einen Expertenstatus und wird in der Szene wahrgenommen.
Quantitativ bestimmt sich der Einfluss der Autoren/Blogger/Twitterer des eigenen Netzwerks durch die Anzahl der Fans oder Follower, Vorkommen in Blogrolls, Rankings in Social-Bookmark-Diensten oder Seitenzugriffszahlen. Weitere wichtige Datenquellen rund ums Social-Media-Controlling findet man im Wiki des Measurement-Camps [1]. Für den deutschen Markt sind außerdem Twingly Top100 [2], Lesercharts [3], Blogoscoop [4], die interne Facebook-Suche, Twittercrawl [5] und die Google-Blog-Suche empfehlenswert. Eine Beispielrechnung zur Quantifizierung und Qualifizierung aller Kanäle und Autoren findet sich unter [6].
Wie man in den Wald ruft …
Für die Erfolgsmessung im Social Web ist es unerlässlich, zuzuhören. Schließlich wird der Traffic auf der eigenen Seite nur steigen, wenn das Unternehmen in einem positiven Licht steht. Um zuzuhören, macht man sich bestenfalls mehrere Monitoring-Webseiten zu Nutze, deren RSS-Feeds man in einem Feed-Reader oder auch direkt in Outlook abonniert. So hat man alle Inhalte aus Blogs, Mikroblogs und Foren im Blick und kann gezielt darauf reagieren. Reagieren sollte man vor allem auf kritische Stimmen, um Präsenz zu zeigen und dem Kunden zu signalisieren, dass er ernst genommen wird.
Für die Erfolgskontrolle ist hingegen eine vollautomatische Lösung nicht möglich. Zwar gibt es bereits kostenfreie Werkzeuge wie SocialMention [7], die versuchen, Tonalitäten aus Benutzerkommentaren herauszulesen, doch zum einen sind die Ergebnisse nicht immer korrekt, und zum anderen sind die Werkzeuge meist nicht für die deutsche Sprache gemacht. Wer die Kosten einer professionellen Social-Media-Controlling-Lösung scheut, kommt um eine händische Analyse und Kategorisierung von Gut-Mittel-Böse-Inhalten also nicht herum. Ziel ist es stets, möglichst viele gute Kommentare und Erwähnungen zu erlangen.
Twittercrawl durchsucht den Mikroblogging-Dienst in Echtzeit und zeigt neben passenden Ergebnissen auch eine Zeitleiste an.
Benutzerdefinierte Berichte in Google Analytics geben die Möglichkeit, die Anzahl an Konversionen aus verschiedenen Social-Media-Quellen miteinander zu vergleichen.
Zudem gilt es, ins Bewusstsein der Zielgruppe vorzudringen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Um diese Faktoren zu messen und Fortschritte durch Aktivität aufzuzeigen, wird das Engagement des Kunden mit den Inhalten des eigenen Unternehmens betrachtet. Als Kennzahlen können etwa die Anzahl an Empfehlungen (Like-Button, „Invite a friend“-Funktion, …), die „Kommentare pro Post“-Rate, die Anzahl an Social Bookmarks, Tweets oder Retweets, der Prozentsatz aktiver Mitglieder (Forum, Fan-Page, …), Eventbeteiligungen, Bewertungen der eigenen Seite oder von Elementen der Seite und Tags oder Blog-Posts über die eigene Seite verwendet werden. Frei verfügbare und exportierbare Daten für Facebook und Twitter bietet zum Beispiel die neue Social-Media-Controlling-Lösung ThinkUp [8]. Ein Datenbeispiel befindet sich ebenfalls in der zur Verfügung gestellten Excel-Datei [6].
Konversionen oder Konversionsrate |
Welche Faktoren sind bei der Bestimmung des ROI ausschlaggebend? Ein Zahlenbeispiel:Ein SEO-Unternehmen vergibt unter allen Facebook-Fans eine kostenfreie Website-Optimierung (Kosten: 150 €). Das bringt 100 neue themeninteressierte Fans. Am zweiten Tag wird auf Twitter unter allen Followern eine Irlandreise (Kosten: 150 €) verschenkt, was 1.000 neue Follower bringt. Am dritten Tag wird auf Facebook und Twitter ein Link mit einem kostenlosen SEO-Guide-PDF veröffentlicht, die Downloadseite enthält eine Newsletter-Anmeldung. 5 von Facebook kommende Besucher und 10 von Twitter kommende Besucher |
… so schallt es heraus
Je mehr man sich mit dem Aufbau eines Netzwerks und den Problemen und Interessen der Zielgruppe beschäftigt, umso größer wird die Reichweite der Nachrichten. Denn Social Media ist ein Sprachrohr und viraler Besucherfänger. Die Konversion der Zielgruppe in einen Kunden geschieht hingegen nicht im Social Web, sondern auf der eigenen Webseite. Die Faktoren Reichweite und Engagement in der Zielgruppe sind lediglich notwendige Vorstufen der Konversion. Nur wer konsequent sein Netzwerk pflegt und in regem Kontakt mit seiner Zielgruppe steht, der kann den Kanal Social-Media nutzen, um Konversionen zu erzielen. Insofern kann Social-Media-Marketing nie ein kurzfristig angelegtes Investment sein, da Zeit vergeht, bis der notwendige Grad an Aufmerksamkeit und Engagement beim Konsumenten erreicht ist.
Was bringt Social Media?
Um diese Frage zu beantworten, unterscheidet man zwischen einem monetären und einem nicht-monetären Return. Das Investment in ein Netzwerk und ein positives Image innerhalb der sozialen Medien ist nicht leicht quantifizierbar, hat aber positive Effekte wie geringere Support-Kosten, höhere Kundenzufriedenheit, besseres Suchmaschinen-Ranking und mehr Traffic über externe Quellen. Diese Auswirkungen resultieren mittel- bis langfristig in monetärem Erfolg, der als zentrale Kennzahl für den Return-On-Investment herbeigezogen wird.
Das monetäre Ergebnis entsteht in den meisten Fällen auf der eigenen Webseite, etwa durch Verkäufe, Anmeldungen für den Newsletter oder das Anlegen eines Kundenkontos. Um den Effekt der Social-Media-Aktivität auf die Konversionen zu messen, muss der direkte Traffic der Webseite vom indirekten abgegrenzt werden. Der indirekte Traffic (jemand erfährt durch Facebook von einem Produkt, gelangt aber über eine Suchmaschine auf die Seite) ist nicht vollständig messbar und kann somit nur zum Teil der Social-Media-Aktivität zugeordnet werden. Dazu verbreitet man beispielsweise Links per bit.ly, verteilt exklusive Gutscheincodes oder präpariert spezielle Landing-Pages mit Gratis-Downloads für Fans und Follower. Zudem kann man den Besucher vor Abschluss einer Konversation schlicht fragen, wie er auf das Angebot aufmerksam geworden ist. Alle Besucher der Landing-Page, Nutzer der Gutscheincodes, Besucher der bit.ly-Tracking-URL und die, die es offen angeben, sind der Social-Media-Aktivität zuzurechnen.
Einfacher ist die Auswertung beim direkten Traffic. Google Analytics bietet mit „Zielen“ und der „Benutzerdefinierten Berichterstellung“ ein ideales Werkzeug zum Bestimmen des ROI: Zuerst wird die „Konversion erfolgreich“-Seite als Ziel in Analytics hinterlegt. Im zweiten Schritt liefert ein benutzerdefinierter Bericht, angelegt mit „Konversionen erfolgreich“ und aufgeschlüsselt nach „Quelle/Medium“, eine Übersicht darüber, welcher Social-Media-Kanal die meisten Konversionen bringt. Rechnet man nun noch den indirekten Traffic und die Konversionen aus indirektem Traffic hinzu und multipliziert diese Zahl mit dem durchschnittlichen Wert einer Konversion, hat man einen (unteren) Wert für den Return aus Social-Media-Investment (Listing 1).
Listing 1: Berechnung des Social-Media-ROI:
(Direkter Traffic + Indirekter Traffic) × Konversionsrate × Durchschnittswert pro Konversion = Social-Media-Return (Social-Media-Return – Social-Media-Investment) : Social-Media-Investment = Social-Media-ROI
Fazit
Die gezeigte Kalkulation stellt einen unteren Wert für den Social-Media-Return dar. Der eigentliche Wert ist nur teilweise abgedeckt, da einerseits nicht der gesamte indirekte Traffic, der durch Social-Media-Aktivität entsteht, erfasst werden kann, und andererseits viele weitere Vorteile durch die Aktivität entstehen, die sich nur indirekt im Unternehmensergebnis widerspiegeln (Suchmaschinen-Ranking, Kundenbindung, sinkende Supportkosten, Kundenzufriedenheit, …). Zudem verschwimmen auf lange Sicht die Grenzen zwischen Einsatz und Ergebnis. Durch das vorgestellte Controlling behält man einen Überblick über das eigene Unternehmen im Social Web und kann konsequent vordefinierte Ziele verfolgen. Die verwendeten Erfolgskennzahlen für Reichweite und Inhalte sind letztendlich individuelle Werte, die durch ein konsequentes Monitoring und Controlling zur Optimierung des Marketing-Mix genutzt werden können. Wer sich weiter mit dem Thema Social-Media-Measurement auseinandersetzen möchte, dem sei außerdem das Modell von Chris Murdough dringlich ans Herz gelegt [9].