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Kolumne

Ein simpler Vergleich offenbart die Zauberformel für ein starkes Europa

Die Vielfalt Europas ist seine Stärke. Dafür braucht es nicht unbedingt die große Vision, meint ­Felix ­Schwenzel in seiner Kolumne für Irrelevanz. Manchmal genügt auch ein einfaches Bild: Europa als Mischwald.

Von Felix Schwenzel
3 Min.
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(Bild: Shutterstock / uzhursky)

Auch unter Präsident Trump lautet das ­offizielle Motto der USA: „Aus den Vielen das Eine.“ So steht es seit 1776 (in Latein) im Staatswappen: „E Pluribus Unum.“ Die folgenden knapp 250 Jahre amerikanischer Geschichte zeigen, dass sich dieses Motto als eine Art Zauberformel für wirtschaftlichen und politischen Erfolg bewiesen hat.

Vielfalt ist Stärke

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Diese Zauberformel, Stärke durch Einheit und Vielfalt, ist ein universelles Prinzip. Komplexe, diverse Ökosysteme funktionieren stabiler als Monokulturen; Staatsgebilde, die offen, pluralistisch und integrativ organisiert sind und Gemeinsamkeiten betonen, sind stärker – und innovativer – als solche, die Vielfalt zu ersticken versuchen.

Nationalisten, Protektionisten und Spalter haben nie verstanden, wie ­Stärke entsteht: nicht durch Gleichschaltung, Ordnung, Trennung, Reinheit oder Entschlossenheit, sondern im Gegenteil durch Vielschichtigkeit, kontrolliertes, kreatives Chaos und das richtige Maß an Unordnung und Freiheit.

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Eine der Stärken der Vereinigten ­Staaten von Amerika war und ist ihre Fähigkeit zur Integration. Nur zur Erinne­rung: Elon Musk wurde in Südafrika geboren, Nikola Tesla war Österreicher, Steve Jobs war der Sohn eines syrischen Politikstudenten, Sergey Brin stammt aus Moskau und einer der erfolgreichsten ­Investoren der Digitalökonomie, ­Peter Thiel, kam in Frankfurt am Main zur Welt. Auf anderer Ebene hat auch China diese Fähigkeit zur Integration: Dort hat man es geschafft, ausländische Technik und Technologie so gut zu integrieren, dass das Land zu einem unverzichtbaren Teil industrieller und digitaler Liefer­ketten geworden ist. In China adaptiert man Technologie und Technik schneller, als ein deutscher Minister das Wort Strukturwandel auch nur aussprechen kann.

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Die Integration von Fremden und Fremdem, gepaart mit einer ausgeprägten Willkommenskultur, die Fähigkeit, aus vielem eines zu machen – ohne die Vielfalt zu zerstören –, dürfte eine der wichtigsten Antworten auf die Frage sein, wie Europa im weltweiten Wett­bewerb mit den USA, China und Russland bestehen kann.

Weg mit der Denkblockade!

Das größte Hindernis auf dem Weg zu so etwas wie den Vereinigten Staaten von Europa ist allerdings die Überwindung einer Denkblockade: Der Glaube, dass wir verlieren (Identität, Sicherheit), wenn wir uns Fremdes und Veränderungen zu eigen machen und integrieren. Aber das Gegenteil ist der Fall, wie die jüngere Geschichte der bisher eher zaghaft verlaufenden europäischen Einigung zeigt. Wissen­schaftliche Erfolge wie die ESA oder das Cern, wirtschaftliche Erfolge wie Airbus oder politische Erfolge wie innereuropäische Grenzöffnungen und lang anhaltender Frieden werden allzu schnell zu Selbstverständlichkeiten.

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Die Skepsis gegenüber grundlegenden Veränderungen sitzt tief in uns ­allen, weshalb immer wieder nach ­neuen, besseren, mitreißenderen Visionen für ­Europa und die europäische Einigung gerufen wird. Aber vielleicht reicht ja schon ein bildlicher Vergleich, zum ­Beispiel Europa als Mischwald. Ein gesunder Mischwald ist nicht sehr übersichtlich, bietet aber auch zarten Pflanzen Raum, genauso wie großen Bäumen. Und auch umgefallene Bäume sind keine Katas­trophe, sondern bilden weitere Nischen, in denen Neues und Frisches entstehen kann. Auch ein Mischwald muss gehegt und vor allzu invasiven Arten geschützt, also reguliert werden. Aber anders als ein reiner Fichten­forst ist ein Mischwald viel robuster und kann auch mal ein paar ­Jahre lang sich selbst überlassen werden.

Vielfalt als Wert schätzen und schützen

Erstaunlicherweise ist die Förderung von Mischwäldern inzwischen ­sogar ein politisches Ziel im multikulturell eher skeptischen Bayern. Wer sich vorstellen kann, dass eine Eiche auch in einem ­Mischwald keinesfalls ihre Eichen­identität verliert, sondern im Gegenteil viel bessere Lebensbedingungen in der Vielfalt vorfindet, müsste sich doch eigentlich auch mit der Idee eines vereinten Europas anfreunden können: ein Europa, das aus vielen eines schafft und die Vielfalt als Wert an sich schätzt und schützt.

Wenn wir wirtschaftlich, digital, sozial und weltpolitisch erfolgreich sein wollen, müssen wir uns, um es mit Konrad Adenauer zu sagen, aus der Enge und Kleinheit Europas „herausdenken“.

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So wie ein Wald mehr ist als die Summe der Bäume, ist auch Europa mehr als die Summe der europäischen Staaten und Regionen – und funktioniert doch dann am besten, wenn es genau eins ist.

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[An dieser Stelle stand ein Kommentar, der gegen unsere Community-Richtlinien verstößt. Wir haben ihn gelöscht.]

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Felix Schwenzel

[An dieser Stelle stand ein Antwort-Kommentar, den wir auf Wunsch des Autoren gelöscht haben.]

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