Outsourcing für Startups: So funktioniert Gründen mit Komponenten
Spätestens seit der Entrepreneurship-Professor Günter Faltin in seinem Buch „Kopf schlägt Kapital“ die netzwerkartige Unternehmensgründung mit Komponenten empfiehlt, ist das Thema für viele Startups präsent: „Aus vorhandenen Komponenten gründen, statt alles selbst aufzubauen“, bringt Faltin diesen Ansatz auf den Punkt. Gründer können dabei zum Beispiel mehrere externe, spezialisierte Unternehmen per Cloud-Software miteinander vernetzen. Der Solopreneur oder das Gründerteam werden dadurch in die Lage versetzt, sich auf ihre Kernbereiche zu konzentrieren.
Faltin hat dieses Konzept nicht im Elfenbeinturm entwickelt, sondern selbst praktiziert. Vor rund 30 Jahren gründete er die Teekampagne. Die Idee: Darjeeling-Tee per Direktimport beziehen und in großen Packungen mit kleinen Preisen an Endverbraucher versenden. Die Teekampagne hat weder eine eigene Logistik noch ein Auftrags-Management. Diese sind an Partner ausgelagert. Faltin wurde so zum weltgrößter Darjeeling-Tee-Importeur.
Das Komponenten-Startup
Ähnlich hat es sein ehemaliger Mitarbeiter Rafael Kugel gemacht. Für sein Startup RatioDrink hat er sich einen schwer zugänglichen Markt ausgesucht: Die Saftbranche. Nicht allein, dass etablierte Marken sowie die Handelsmarken den Markt dominieren. Kugel hatte zum Start außer seiner Geschäftsidee keine Infrastruktur.
Dennoch gelang es ihm, in wenigen Jahren ein Unternehmen in einer Marktnische als feste Größe aufzubauen. Sein Produkt: Saftkonzentrat in Vorratspackungen. Das Besondere: RatioDrink hat weder Produktionsstätten noch Logistik – das erledigen externe Dienstleister. Ein Hersteller liefert das Saftkonzentrat zu einem Abfüllbetrieb, der es in Bag-in-Box-Verpackungen abfüllt. Von dort gehen die Boxen über einen Versanddienst an die Kunden.
Aufträge der Kunden bearbeitet RatioDrink auch nicht selbst – er leitet diese automatisiert an einen Bürodienstleister, der sie in ein Warenwirtschaftssystem eingibt. Für jeden Bereich des Workflows hat Kugel also die Leistungen professioneller Partner zu einem Gesamtkonstrukt zusammengefügt. Er selbst hat so den Rücken frei für’s Marketing und erweitert nach und nach sein Produktsortiment um neue Getränkesorten.
Die Komponenten-Gründung basiert letztlich auf einem uralten ökonomischen Prinzip: der Arbeitsteilung. Das Outsourcing einzelner Unternehmensfunktionen war allerdings lange Zeit eine Domäne größerer Unternehmen. Gründer und Selbstständige fühlen sich dagegen oft verpflichtet, alle Leistungen selbst zu erbringen. Doch damit bremsen sie sich selbst aus. Günter Faltins Bestseller dürfte hier für ein Umdenken gesorgt haben. Auch das wachsende Ökosystem aus Dienstleistern, die ihr Angebot auf die Bedürfnisse kleiner Unternehmen ausrichten, macht die Komponenten-Gründung leichter und interessanter.
Flexible Bausteine
Das Outsourcing hat Vorteile: Startups und Solopreneure können sich in kurzer Zeit neue Leistungen aneignen. Das macht sie extrem flexibel, was gerade in der Anfangszeit – in der die Position eines Unternehmens im Markt keineswegs gefestigt ist – von Bedeutung ist. Für Tim Chimoy – der mit seinem Solo-Startup Tuscheteam einen CAD-Service für Architekten anbietet und als Digitialnomade kein festes Büro hat – ist es ein klarer Vorteil, dass er „Komponenten auch wieder abstoßen“ kann. Niemand könne schließlich mit Gewissheit sagen, ob das im Business-Plan skizzierte Bild aus Leistungen, Zielgruppe und personellen Kapazitäten auch tatsächlich so hinhaue. Nicht selten müssen Gründer nach den ersten Erfahrungen im Markt ihren Kurs anpassen. Dabei können selbst aufgebaute Kapazitäten schnell zum (finanziellen) Ballast werden.
Durch die Komponenten-Gründung können Startups und Solopreneure zudem gut auch Schwankungen in der Auslastung ausgleichen. Zieht beispielsweise im Weihnachtsgeschäft die Auftragslage stark an, würden kleine Teams schnell an ihre Grenzen kommen, während größere Partner das problemlos abfedern.
Günstiger und schneller
Vor allem, wenn Startups per Bootstrapping – also ohne externes Kapital – durchstarten wollen, kommt ihnen der Ansatz entgegen: Investitionen in Personalaufbau, Maschinen oder andere kostspielige Bereiche fallen weitgehend weg, da sich die Outsourcing-Partner meist nutzungs- oder mengenabhängig bezahlen lassen.
Auch Schnelligkeit ist ein Trumpf der Komponenten-Denkweise: Startups können mit minimalem Personal in kurzer Zeit zu komplexen und leistungsstarken Unternehmen werden. Das sollten Gründer bei Komponenten von Anfang an berücksichtigen. Chimoy hatte etwa schon zum Start den Telefonservice ebuero als feste Komponente integriert und über die Freelancer-Börse Elance erste Freiberufler beauftragt.
Auch RatioDrink-Gründer Rafael Kugel setzte von Anfang an auf Komponenten: „Nach der Entwicklung der ersten Idee habe ich die Prototypen unserer Produkte bereits bei einem Dienstleister als erste Komponente produzieren lassen“, erklärt er. „Nach einem ersten Markttest habe ich mir mit einem Abfüller und Verpackungshersteller weitere Komponenten gesucht“. Weiter ging es bei RatioDrink mit Komponenten für die Lagerung, Konfektionierung und Bestellabwicklung.
Professionelle Partner
Die auf einen Bereich spezialisierten Outsourcing-Partner garantieren jungen Solopreneuren und Startups zudem die Professionalität, die sie als kleines Team oder gar One-Man-Show niemals so schnell und umfassend aufbauen könnten. „Ich konnte von Anfang an auf hoch professionelle Experten zurückgreifen und musste nicht jeden Anfängerfehler selbst machen“, ist Rafael Kugel überzeugt.
Ähnlich geht es auch dem Komponenten-Gründer Maik Pfingsten: Er bietet eine bestimmte Art von Lastenheften für die Automobil-Industrie an, die er mit persönlich geschulten, aber externen Mitarbeitern nach einem klar definierten Schema umsetzt. Sein Marketing betreibt er hauptsächlich über einen Podcast, in dem er Einblicke in seine Erfahrungen als Troubleshooter gewährt. Für die Podcast-Produktion hat er mit dem Unternehmen „Make My Podcast“ wiederum Profis engagiert: „Die Jungs nehmen mir mittlerweile die komplette Post-Produktion ab. Ich muss nur den Roh-Content liefern“, erklärt er.
Strategie und Marketing
Komponenten gibt es gerade für Online-Startups zuhauf. Klassischerweise ist hier eine Online-Plattform der Kern des Unternehmens – es können Aufgaben anfallen wie Auftragsabwicklung, Produktion, Lagerung und Versand, Buchhaltung und auch das Marketing, das Gründer an spezialisierte Partner abgeben können. Welche Aufgaben ein Entrepreneur besser auslagert oder nicht, muss jeder individuell entscheiden.
Aus Rafael Kugels Sicht gibt es jedoch „Aufgaben, die man nicht abgeben kann“. Dazu gehört in erster Linie die strategische Unternehmensentwicklung. Dennoch: Der Kern an eigenen Aufgaben bleibt für den Gründer überschaubar, sein Startup kann wachsen. „Ich kann mich auf die Systematisierung der Prozesse, die Verbesserung der Qualität und auf das Marketing fokussieren“, meint etwa Maik Pfingsten.
Pfingsten sieht darin vor allem einen Zeit- und Qualitätsgewinn: „Egal, ob Dienstleistung oder Web-App – die Komponenten sind besser und schneller als ich. Und ich kann auch mal für ein paar Wochen professionell die Füße hochlegen und unabhängig von Ort und Zeit arbeiten.“ Zeitweises Loslassen ist also auch ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Komponenten-Strategie – das hat auch schon der mittlerweile legendäre Timothy Ferris in seinem Bestseller „Die 4-Stunden-Woche“ festgestellt.
Nachteile der Komponenten
Mit der Professionalität geht allerdings oft auch eine gewisse Standardisierung von Leistungen einher, ohne die ein Outsourcing-Partner nicht zahlreiche Kleinkunden parallel bedienen könnte. „Die Standardisierung geht zu Lasten der Flexibilität“, gibt Kugel zu bedenken. „Ich muss als Startup meine Prozesse stark an den Prozessen meiner Komponenten orientieren“, erklärt er.
Dadurch kann es im Laufe der Unternehmensentwicklug immer schwieriger werden, schnell und flexibel neue Ideen umzusetzen. Kugel empfiehlt daher, sich eine Art Sandkasten zu bauen, in dem man losgelöst vom Tagesgeschäft neue Dinge ausprobieren kann. Perfektionistisch veranlagte Gründer müssen also Abstriche machen, da sie die absolute Individuallösung in der Regel nicht bekommen. Zudem muss man häufig auf einen direkten Kontakt zu operativen Mitarbeitern verzichten.
Intransparenter Markt
Da jedes Startup unterschiedliche Partner braucht, ist es schwierig, eine umfassende Übersicht über die möglichen Outsourcing-Partner zu geben. Startups und Solopreneure müssen also viel recherchieren und ausprobieren. Maik Pfingsten meint, dass vor allem im digitalen Bereich „die Amerikaner um Jahre voraus“ sind.
Er findet es manchmal extrem schwierig, Komponenten zu finden, die für digitale Solopreneure hilfreich sind. Das hat seiner Meinung nach zum Teil politische Gründe: Die Politik nehme zu wenig wahr, dass sich in Deutschland immer mehr Menschen jenseits der klassischen industriellen Arbeitsformen unternehmerisch betätigen. „Stattdessen dominieren Themen wie Scheinselbstständigkeit, Künstlersozialkasse oder Gema“, kritisiert er.
Viermal Outsourcing
1. Virtuelle Assistenz
Assistenz-Dienstleister wie „Strandschicht“ oder „Mein virtueller Assistent“ können Unternehmern jede Menge Fleißarbeit abnehmen: Online-Recherchen, einfache Textarbeiten, wiederkehrende Social-Media-Aufgaben oder andere klassische Sekretariatsarbeiten. Meist erfordern diese Aufgaben keine anspruchsvolle Einarbeitung und lassen sich daher durch ein einfaches Briefing delegieren. Eine in allen Belangen verlässliche Qualität der Arbeit sollten Gründer jedoch nicht immer erwarten. Chimoy hat zum Beispiel auch mal „nicht so gute Erfahrungen“ gemacht und setzt für solche Aufgaben mittlerweile lieber auf persönlich empfohlene Assistenten.
2. Mietservices
Zu den Mietservices gehören alle, die ihre Leistungen nutzungsabhängig oder per Monatspauschale abrechnen, etwa Telefonannahme oder Textarbeiten. Unternehmen wie „ebuero“ oder „Phonea“ beschäftigen jeweils ganze Teams, die Anrufe entgegennehmen, Auskünfte geben und Gesprächsinfos weiterleiten.
Ruft ein Kunde jedoch zwei Mal an, kann es gut sein, dass er zwei unterschiedliche Assistenten an die Strippe kriegt. Das ist zwar immer noch besser als ein Anrufbeantworter, zeigt jedoch, dass die Abgabe des Kundenkontakts auch zu Irritationen führen kann. Dazu kommt, dass die Assistenten zwar Standardanfragen beantworten, aber keine tiefergehende Auskünfte geben können.
3. Freelancer
Für deutlich anspruchsvollere Aufgaben eignen sich Freelancer – etwa die Gestaltung von Logos oder Briefpapier sowie die Programmierung spezieller Funktionen für die Website. Freiberufler können Gründer in der Regel gut über Projekt- oder Freelancer-Börsen finden, in denen sie nach Profilen und Kompetenzen suchen oder auch eigene Projekte ausschreiben können. Eine Liste mit entsprechenden Freelancer-Portalen im Netz findet sich auf t3n.de.
4. Strategische Partner
Kernprodukt von Rafael Kugels RatioDrink ist zweifelsohne das Saftkonzentrat, dennoch hat das Startup mit der Produktion, die ein größerer Hersteller übernimmt, nichts zu tun. Solche Partnerschaften, über die das Startup umfangreiche oder komplexe Leistungen in seinen Workflow integriert, lassen sich nur durch strategische Partnerschaften bewerkstelligen.
Ein kurzfristiger Wechsel ist dabei schlicht nicht möglich, da die Integration ein hohes Maß an Abstimmung erfordert. Gerade bei der Herstellung physischer Produkte oder bei komplexen Dienstleistungen, bei denen teure Maschinen und spezialisiertes Personal zum Einsatz kommen, kann eine solche langfristig ausgerichtete Partnerschaft für Startups und Solopreneure sinnvoll und entscheidend sein.
Fazit
So unterschiedlich die Geschäftsmodelle von Gründern sind, so verschieden sind auch die möglichen Konstellationen von Outsourcing-Komponenten. Professionelle Partner zu integrieren lohnt sich auf jeden Fall, um als Gründer den Rücken für strategische Arbeit freizuhalten. Klar ist, dass Entrepreneure die gewonnene Flexibilität erkaufen, indem sie sich auf Standards anstelle von Individuallösungen einlassen. Dennoch kann die Komponenten-Gründung der entscheidende Schlüssel zum Wachstum sein.
Gerade wenn man am Anfang steht sind Outsourcing, bzw. professionelle Unterstützer, sehr wichtig. Es fängt schon bei grundlegenden Dienstleistern an, wie dem Steuerberater. Als Gründer und Startup war es uns wichtig von Beginn an den Kopf für das eigene Tagesgeschäft frei zu haben und uns nicht selbst um die Buchhaltung zu kümmern.
Aufgaben abzugeben war eines der wichtigsten Learnings.
Die vier besten Tipps, die wir von einem Vortrag von Prof. Faltin mitgenommen haben, haben wir hier zusammengefasst: http://www.elseno.at/der-weg-in-die-selbststaendigkeit/
Ich arbeite in einem Start-up-Unternehmen und bin der Meinung, dass Outsourcing eine optimale Idee für einige Dienstleistungen wie z.B. Steuerberatung ist. Für Warenwirtschaftssystem, Lager, Versand usw. besser wäre eine Komplettlösung mit einem guten Support-Team aussuchen. Wir hatten einen Dienstleister gehabt, bei dem sehr oft technische Störungen auftraten, sodass wir auch viele Kunden verloren haben, weil unser Dienstleister nicht rechtzeitig uns unterstützen konnte. Auch hatten wir nicht alle Komponenten in unserem ERP System, z.B. Kasse und Schnittstellen zu Frachtführer gab es nicht. Jetzt testen wir einen Monat ERP Komplettlösung von http://www.reybex.com , die CRM, Lager, Kasse usw. hat. So wollen wir mit so einem cloud basierten System mehr Aufgaben in unserem kleinen Start-up-Team lösen, wobei von der professionellen Unterstützung in Marketing und Steuerberatung verzichten wir auch nicht.
Mit freundlichen Grüssen
M. Sommerfeld