Mobile Commerce: Mit dem Handy auf Shoppingtour
Das mobile Internet ist erwachsen geworden. Im Alltag vieler Menschen nimmt das Mobiltelefon der neueren Generation durch den technischen Fortschritt, schnellere Datenübertragungsraten und erschwingliche Tarife zusätzliche Funktionen als Informations- und Transaktionskanal ein. Nahezu überall und zu jeder Zeit ist der Zugang zu Produktdetails und Preisvergleichen von Online-Shops möglich.
Im Bereich mobiler Hardware ist Apples iPhone derzeit klar der Spitzenreiter. Doch schon zur Mitte dieses Jahres haben die großen Konkurrenten, nicht zuletzt angetrieben von Googles mobilem Betriebssystem Android, Geräte angekündigt, die dem iPhone in nichts nachstehen sollen. Diese Konkurrenzsituation wird zu einem Preissturz für die Hosentaschencomputer und zur endgültigen Marktdurchdringung des mobilen Internets führen. Eine Studie von comScore bestätigt es: Die Anzahl der Menschen, die täglich mobil online gehen, hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt [1].
Mobiles Shopping: Eine Frage der Technik
Ob sich dieser Trend direkt auf Online-Shops und Produktportale übertragen lässt, ist derzeit noch eine Frage der Technik. Durch die Vielzahl von Geräten mit ihren unterschiedlichen Hardwareanforderungen, Betriebssystemen, Browsern und Bedienelementen ergeben sich zahlreiche Besonderheiten für die Applikationsentwicklung. Zu den speziellen Anforderungen mobiler Applikationen und Webseiten zählen neben technischen Anpassungen aber auch konzeptionelle Methoden, die vor allem der Verbesserung der Benutzbarkeit dienen.
Technische Anforderungen:
- Anpassung an Screengrößen
- Anpassung an Internet-Browser
- Anpassung an Bedienungselemente
- Anpassung an Bandbreite
- Gewährleistung sicherer Verbindungen
- Integration von Zahlungssystemen
Konzeptionelle Anforderungen:
- Komprimierung grafischer Inhalte
- Textverkürzungen
- Verzicht auf Features und Funktionalitäten
- Vermeidung unnötiger Benutzereingaben
- Verkürzung des Check-Out-Prozesses (1-Click-Checkout)
- Verwendung von Vorschlagselementen (z. B. Ortsangaben per GPS)
Für den klein- bis mittelständischen Shopbetreiber lohnt sich der Einsatz mobiler Varianten des Shopsystems derzeit noch nicht, da einerseits die Masse der mobilen Online-Shopper noch zu gering ist und andererseits Anpassungen für mobile Endgeräte noch zu aufwendig sind. Ausnahmen, wie beispielsweise die Weinhandelsgruppe Hawesko, die bereits 40-50 tägliche Zugriffe auf die mobilen Webseiten ihres Online-Shops verzeichnen kann, bestätigen da die Regel [2].
Beispiele für mobiles Shopping heute
Dennoch gibt es einige Shops und Produktportale, die unterschiedliche Varianten ihrer Portale anbieten. Bekannte Größen wie beispielsweise amazon.de, otto.de und billiger.de setzen auf schlichte mobile Webseiten, bei denen lange Texte, große Grafiken und unnötige Features abgespeckt wurden.
Gerade für Preisvergleich-Plattformen entsteht durch die mobile Nutzung ein echter Mehrwert, da sich so Produktpreise im Ladengeschäft schnell mit denen hunderter Online-Shops vergleichen lassen. Für die Entwicklung derartiger Templates existieren heute schon gute Beispiele. So gibt es für Online-Shops, die auf dem neuen Shopsystem Magento laufen, seit kurzem ein eigens entwickeltes mobiles Template [3], das sich dem Online-Shop hinzufügen lässt und dem Online-Shopper einen mobilen Kaufprozess ermöglicht. Weitere Shopsoftware-Hersteller werden sicherlich in Kürze nachziehen.
Neben mobilen Websites, die auf mobilen Internet-Browsern laufen, haben renommierte Smartphone-Hersteller auch Plattformen für die Entwicklung eigener Applikationen geschaffen, die als eigenständiges Programm laufen. So hat Amazon kürzlich eine Applikation entwickelt, die sowohl in Apples Appstore (US-Version) als auch im Blackberry Application Center verfügbar ist. Damit hat der Amazon-Kunde nahezu vollen Zugriff auf sein persönliches Produktsortiment und kann sogar einen 1-Click-Checkout durchführen, der in puncto Usability derzeit kaum zu schlagen ist. Ein besonderes Feature der Amazon-Applikation ist die Integration der Kamera in den Produktauswahlprozess.
Ein durchführbares Szenario ist zum Beispiel folgendes: Sie fotografieren die Turnschuhe des Sitznachbarn in der Bahn, laden diese in die Amazon-Applikation hoch und bekommen dann ein Angebot für das entsprechende oder ein ähnliches Turnschuhmodell angezeigt [4]. Bei diesem Szenario wird schnell das Potenzial des mobilen Commerce deutlich.
Native Applikationen klar im Vorteil
Die angesprochenen besonderen Anforderungen an mobile Shopping-Applikationen hinsichtlich Usability führen bislang noch dazu, dass das mobile Surfen hauptsächlich Kommunikations- und Informationszwecken dient. Sobald jedoch technische Schwierigkeiten gelöst sind und beispielsweise ein 1-Click-Shopping möglich ist, wird sich das schnell ändern. Native Applikationen der verschiedenen Hersteller, allen voran auch die der stark wachsenden Android-Entwickler-Community, werden das mobile Online-Shopping verbessern.
Eines der besten Beispiele für ein optimales Shopping-Erlebnis ist Apples Appstore. Dieser stellt selbst eine native Applikation auf dem iPhone dar, bei der neue Programme mit nur wenigen Klicks gekauft, heruntergeladen und anschließend automatisch installiert werden. Die Bezahlung läuft völlig unproblematisch im Hintergrund über die bereits registrierten Daten in iTunes ab. Zudem soll ein neues Feature der kommenden iPhone-Software-Version 3.0 beispielsweise die Integration von Shopping-Funktionalitäten in iPhone-Applikationen sein, sodass die Entwickler und Betreiber der Applikationen ihre Produkte direkt vertreiben können [5]. Diese neue Funktionalität könnte zukünftig auch für andere Portale und Online-Shops interessant werden. Zudem stellt sie eine besondere Chance für Shopsoftware-Hersteller dar, da diese mit der Entwicklung einer derartigen Applikation direkt eine Vielzahl an Online-Shops mit einer mobilen Version versorgen könnten.
Mobiles Shopping der Zukunft
Die Durchdringung des Mobile Commerce ist themen- beziehungsweise branchenabhängig. Besonders interessant scheinen derzeit die Programme für das mobile Ticketing zu sein [6]. So existieren für die Bestellung von Bahnfahrkarten und Flugtickets bereits zahlreiche mobile Prototypen, die gut funktionieren und angenommen werden. Ähnlich gut funktionieren würden sicher auch Hotelbuchungsdienste, die ortsabhängig Übernachtungsvorschläge liefern und eine direkte Reservierung ermöglichen.
Betrachtet man das Shopping-Erlebnis für alltägliche Güter, so gibt es auch hier einige bereits umgesetzte Konzepte. Einkaufslisten-Applikationen [7] sind zum Beispiel im Appstore zahlreich vertreten. Damit lassen sich Einkaufslisten erstellen, die einem den wöchentlichen Einkauf bezüglich Kosten und Wegstrecken optimieren sollen. Die Applikation speichert die letzten Einkaufslisten und gibt Empfehlungen, wo man diese oder ähnliche Produkte aktuell am günstigsten findet. Wie im gewöhnlichen browserbasierten Web funktioniert das von Amazon bekannte Produktempfehlungsprinzip auch im mobilen Bereich erstaunlich gut. Ein Einkauf könnte in Zukunft beispielsweise auch so aussehen:
Sie betreten den Klamottenladen. Das Smartphone erkennt dies und zeigt Ihnen die letzten Produkte an, die Sie dort gekauft haben. Nun können Sie wählen, ob Sie ähnliche Produkte oder Sonderangebote anschauen möchten. Diese werden Ihnen nur angezeigt, wenn sie auch wirklich noch in Ihrer Größe verfügbar sind (die noch vom letzten Einkauf gespeichert ist). Das Smartphone kann Sie so durch den Laden führen und permanent personalisierte Produktempfehlungen abgeben.
Ob nun per Barcode-Scanner, Produktbild-Uploader oder RFID-Connector – es wird zukünftig zahlreiche Möglichkeiten geben, wie Offline-Produkte in die Online-Welt übertragen werden können, um die dort vorhandene Funktionsvielfalt hinsichtlich eines optimalen Einkaufserlebnisses vollständig auszunutzen. Das beste bereits funktionierende Beispiel ist der mobile Preisvergleich.