Social-Media-Influencer zum Markenbotschafter machen
Die Sozialen Medien haben eine neue Internet-Nutzerschaft zum Vorschein gebracht und bieten ihr eine Bühne, die vor fünf Jahren noch undenkbar war. Diese neuen Nutzer kennen sich mit den neuen Medien bestens aus, weil sie mit den Plattformen und den Social-Media-Tools völlig selbstverständlich aufwachsen. Sie sehen das Internet nicht lediglich als eine Art Infopoint wie etwa die ältere Generation, sondern als einen erweiterten Lebensraum.
Sie l(i)eben das Netz und konsumieren nicht nur Content, sondern erstellen täglich Massen neuer Inhalte. Manche von ihnen sind bereits so erfolgreich mit dem was sie tun, dass hinter ihnen eine Heerschar von Fans steht. Die Community macht sie zu Onlinestars, die im Begriff sind, auch die Offlinewelt zu erobern. Sie sind die Social Media Influencer und sie sind auch für viele Unternehmen interessant.
Soziodemographische Schublade
Social Media Influencer sind eine Mischung aus Digital Natives [1] (Kinder und Teenager unter 14 Jahren) und Millenials [2] (Jugendliche inklusive Twens, die in den 80ern geboren wurden). Diese jungen Netznutzer unterscheiden sich gravierend von der „Generation Golf“ [3]. Sie nutzen das Internet dezentral und surfen auf mehreren Webseiten „gleichzeitig“, wohingegen die Älteren häufig eine zentrale Seite als Ausgangspunkt nutzen (meist Google) und sich linear durch das WWW arbeiten.
Diese dynamische und flexible Arbeitsweise spiegelt sich auch im Kommunikationsverhalten wider. Das Festnetztelefon ist ein Relikt vergangener Tage, das Smartphone hingegen unersetzlich. Sie telefonieren, SMSen, fotografieren, uploaden, downloaden, liken, followen, kommentieren und bewerten – all das mit ihrem mobilen Begleiter. Sie nutzen zwar weiterhin E-Mails, verlagern die Konversation jedoch auch auf viele weitere Kanäle wie Social Communities, Blogportale, Microblogging-Plattformen, Video- und Foto-Uploads oder Livestream-Sendungen.
Das Image zählt
Früher reichte es, wenn schon nicht durch die inneren Qualitäten, dann zumindest mit Hilfe von coolen Klamotten und dem eigenen Look sein Image zu prägen. Heute steht das Online-Image zumindest bei den Social Media Influencern über dem Ruf im „real life“.
Entwicklungen, Entscheidungen und Aktivitäten im Netz prägen die Reputation und beeinflussen so maßgeblich auch das Offline-Image. Aus diesem Grund gilt es, das eigene Onlineprofil stets zu pimpen, zu pflegen und zu schützen. Je mehr Fans und Freunde sich um einen scharen, desto besser. Je mehr positive Kommentare auf Youtube, Twitter und Co., desto begehrter fühlen sie sich und desto relevanter werden sie für die Umwelt und letzten Endes für Unternehmen, die mit den Social Media Influencern kooperieren.
Influencer als Sprachrohr
Egal ob Einrichtungsgegenstände für die eigenen vier Wände, Kosmetik oder Tipps zur Kindererziehung: Social Media Influencer stellen eine große Spanne von Themen vor. Die eigene Begeisterung für ein bestimmtes Thema darf dann auch gerne etwas kosten. Wenn ein bestimmter Gegenstand für das kommende Video noch fehlt, dann kauft man diesen kurzerhand. Die Social
Media Influencer lassen sich immer wieder neue Aktionen einfallen, um das Ziel steigender
Abonnentenzahlen und mehr Likes zu erreichen, aufzufallen und von den Freunden weiter an deren Freundesfreunde verbreitet zu werden. Einige Unternehmen nutzen das bereits für ihre eigenen Zwecke und fragen bei den Social Media Influencern an, ob sie nicht vielleicht dieses oder jenes Produkt benötigen – häufig als Leihgabe oder aber auch zur Dauernutzung.
Social Media Influencer
Wohnprinz, Alter: 25
Bastian alias Wohnprinz [4] ist der Innenarchitekt, Dekorateur und Kreativling unter den Social Media Influencern. Der Youtuber aus Lübeck streicht, dekoriert, bezieht und vergleicht alles, was man stylisch in die eigenen vier Wände stellen, legen oder hängen kann. Ob es sich nun um Designlampen, Kaffeemaschinen, Kissenbezüge oder Wandfarbe handelt – jedes noch so erdenkliche Thema bereitet er akribisch vor. Da man auch in der weiträumigsten Wohnung irgendwann mal jeden Quadratzentimeter entweder besprochen oder zugestellt hat, verfügt der Wohnprinz über einen weiteren Kanal: „Zweiter Kanal – dein Kanal zum Thema Styling, Lifestyle, Technik“ [5], der sich mit Themenfeldern befasst, die gerne auch mal das Wohnzimmer verlassen dürfen.
Aktiv seit | Januar 2010 |
Schwerpunktthemen | Wohndesign, Einrichtung, Dekoration |
Abonnenten | 15.040 |
Kanalaufrufe | 273.383 |
Upload-Aufrufe insgesamt | 739.569 |
Facebook Fanpage | 794 |
1.726 |
HerrTutorial, Alter: 21
HerrTutorial [6] spricht gerne und viel vor der Kamera. Häufiges und immer wiederkehrendes Thema sind bei ihm (seine) Haare. So geht es darum, welches Produkt zu welcher Frisur passt. Dies beantwortet und zelebriert er in minutenlangen Ausführungen und Demonstrationen. Generell widmet sich Sami, wie er mit Vornamen heißt, auch anderen Themen, die den eigenen Look betreffen. Ob strahlende Zähne, porenfreie Haut oder Parfüm – die Spanne der zu behandelnden Produkte scheint unerschöpflich. Die Reichweiten, die HerrTutorial mit seinen Youtube-Folgen erreicht,
sind geradezu galaktisch. Zusätzliche Accounts sollen hier auch ein
wenig nachgeholfen haben. Das bleibt nicht ohne Kritik [7].
Aus dem Hause HerrTutorial entspringt übrigens auch TheDorient [8] – sie ist die Schwester von Sami und produziert ebenfalls immer wiederkehrende Videos.
Aktiv seit | März 2009 |
Schwerpunktthemen | Haarfrisuren, Kosmetik, Selbstdarsteller |
Abonnenten | 229.782 |
Kanalaufrufe | 9.741.256 |
Upload-Aufrufe insgesamt | 32.374.717 |
Facebook Fanpage | 55.256 |
Twitter Follower | 33.830 |
Ebru’s Beautylounge, Alter: 25
Nicht nur die Herren der Schöpfung setzen sich in regelmäßigen
Abständen vor die Kamera. Weibliche Social Media Influencer sind
mindestens so häufig im Netz anzutreffen wie die männlichen Artgenossen. Ebruza [9] hat eine Show auf Youtube, die sich mehr oder weniger ganz dem Thema Make-up-Produkte und Make-up-Tipps widmet.
Ob es sich nun um Mitesser, Lippenkorrektur, Wimpernzangen-Problematiken, Farblinsen oder Lidschattenfarbe handelt oder es einfach nur um die Wahl des richtigen Puderpinsels geht – nichts bleibt bei der Kosmetik- und Beautyexpertin unausgesprochen.
Aktiv seit | Juni 2008 |
Schwerpunktthemen | Schönheit, Beauty, Stil |
Abonnenten | 75.252 |
Kanalabrufe | 8.199.144 |
Uploadabrufe insgesamt | 22.306.813 |
Facebook Fanpage | 8.195 |
Twitter Follower | 10.168 |
DieAussenseiter, Alter: 23, 22
Dieses Duo schlägt sie alle: DieAussenseiter [10], bestehend aus dem russischen Duo Dimitri und Sascha, kann man ruhigen Gewissens als die Bad Boys unter den Onlinestars bezeichnen. Ihre Shows sind alles, nur nicht langweilig. Die Episoden der beiden Jungs sind oftmals so abgedreht, schräg, laut und schrill, dass man Mühe hat zu folgen. In der einen Folge gründen sie die „Mir-alles-egal-Partei“, in der ein rauchender Politiker (Sascha verkleidet) sich klar für die Atomkraft ausspricht – in der anderen stellen sie „Flaffi“ den Plüschhasen vor, der sich gerne auch mal ein Fläschchen Jägermeister reinpfeifft.
Die Spanne an Themen, die Dimitri und Sascha alias DieAussenseiter behandeln, ist deutlich größerer als bei allen anderen genannten Social Media Influencern. Das ermöglicht es den Aussenseitern, eine maximale Freiheit auszuleben, was dann oftmals zu einem Video-Chaos-Armageddon führt. Der Erfolg gibt dem Duo allerdings Recht. Die Views pro Episode erreichen oft 700.000, eine Million und gar mehr Views. Auf Facebook haben sie mittlerweile eine Fanbase erreicht, die manche Marken vor Neid erblassen lässt. Wo viele Fans sind, da wird auch über kurz oder lang die Merchandising-Maschine angeworfen: Das Logo von DieAussenseiter bieten sie als T-Shirt-Druck an.
Aktiv seit | Dezember 2008 |
Schwerpunktthemen | nicht klar definiert |
Abonnenten | 593.688 |
Kanalabrufe | 42.589.870 |
Uploadabrufe insgesamt | 192.575.870 |
Facebook Fanpage | 211.446 |
Twitter Follower | @Dima: 40.419 @Sascha: 22.382 |
Fazit
Das Internet, oder vielmehr die Bewohner dieses Lebensraums, haben sich ihre eigene Welt und ihre eigenen Leitbilder geschaffen. Durch das Liken, Sharen und Kommentieren machen User andere User zu Onlinestars, die exakt das widerspiegeln, was sie selbst sind oder gerne wären. Diese Onlinestars beurteilen ihre Umwelt und beeinflussen so maßgeblich das Handeln und Tun tausender anderer User. Sie haben ihre eigenen Shows auf Youtube, ihre Fanpages auf Facebook und ihre „Distributionsmaschine“ auf Twitter. Sie bewerten authentisch und in ihrer eigenen Tonalität Produkte und Marken.
Immer mehr Unternehmen und Agenturen erkennen das Potenzial dieser Social Media Influencer und treten in Kontakt zu ihnen. Wenn der Social Media Influencer interessiert ist, bekommt er meist ein Produkt und/oder ein Gerät der angefragten Marke zugeschickt. Danach herrscht künstlerische Freiheit. Das Unternehmen kann dem Youtuber natürlich eigene Ideen unterbreiten – die finale Ausführung bleibt jedoch dem digitalen Experten überlassen. Unternehmen, die damit ein Problem haben, lassen lieber die Finger davon.
Marken, die jedoch den Puls der Zeit erkannt haben und das Potenzial der viralen Power nutzen möchten, sollten sich nach einem Social Media Influencer mit einem passenden Thema umschauen und sie oder ihn einfach mal anschreiben. Mehr als nein sagen kann er nicht. Im schlimmsten Fall erweist sich das Produkt als so enttäuschend und mangelhaft, dass es „live“ Kritik hagelt. Es liegt eben im Ermessen jedes einzelnen Unternehmens, welches Produkt es ins Rennen schickt.