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Box-Gründer Aaron Levie im Interview: Der Mann, der Microsoft in die Knie zwingt

Mit 19 Jahren gründete Aaron Levie Box, einen Cloud-Service, der speziell auf die Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten ist. Heute, acht Jahre später, hat Box 180.000 Firmenkunden und verfügt über mehr als 300 Millionen US-Dollar an Venture Capital. Im Gespräch mit t3n erklärt er, warum für ihn der Cloud-Hype jetzt erst losgeht, wie Apple ihm in die Hände spielt und warum das Silicon Valley nicht Hollywood ist.

8 Min. Lesezeit
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(Foto: Dan Taylor)

Hinweis: Dieses Interview stammt aus dem t3n-Magazin Nummer 34. Wir veröffentlichen das Interview im Zuge des Börsengangs von „Box“.

t3n Magazin: In der IT-Branche geht es gefühlt bereits seit Jahrzehnten um die Cloud. Trotzdem beschwören Sie nach wie vor das enorme Potenzial der Technologie. Denken Sie wirklich, dass die Cloud noch nicht im Markt angekommen ist?

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Aaron Levie: Doch. Die Cloud ist definitiv längst im Markt angekommen. Aber das bezieht sich vor allem auf kleine und mittlere Unternehmen, die die Cloud-Technologien schon komplett adaptiert haben. Der große Wandel, der nun bevorsteht, findet in den großen Konzernen statt. Die beginnen gerade erst, die Cloud für sich zu entdecken. In den nächsten Jahren werden diese Konzerne massiv dazu übergehen, ihr Business in die Cloud auszulagern.

t3n Magazin: Warum arbeiten Sie dann überhaupt für kleine und mittlere Unternehmen?

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Aaron Levie: Ein breites Spektrum hat seine Vorteile. Je mehr Unternehmen deine Technologie nutzen können, desto eher schaffst du den Durchbruch. Und die Cloud ist für alle Unternehmen da, egal ob fünf oder 50.000 Mitarbeiter.

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t3n Magazin: Gerade im niedrigen Preissegment hat Box unglaublich starke Konkurrenz, allen voran von Google und Dropbox. Welche Strategie fahren Sie in diesem Segment?

Aaron Levie: In diesem Segment wird der Markt immer sehr fragmentiert und umkämpft sein. Daher geht es uns auch nicht um einen dominanten Marktanteil – niemand wird hier über zehn bis zwanzig Prozent hinauskommen. Wir versuchen, uns über eine optimale User-Experience und eine gute Preispolitik zu differenzieren. Aber unsere eigentlichen Ambitionen liegen bei den Konzernen.

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t3n Magazin: Wird Box das nächste Microsoft?

Aaron Levie: Es gäbe Schlimmeres, oder? Allerdings nur, was Größe und Bedeutung angeht. Ansonsten haben wir einen ganz anderen Ansatz.

t3n Magazin: Welchen denn?

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Aaron Levie: Im Bereich der Enterprise-Software wurden komplexe Probleme lange mit komplexen Lösungen beantwortet. Aber das funktioniert heute nicht mehr. Die Arbeitswelt verändert sich: Die Leute nutzen verschiedene Endgeräte, teilen, kollaborieren online. Daher muss die Inspiration von den Facebooks, YouTubes und Pinterests dieser Welt kommen, aus dem Consumer Web. Heutige Konzerne brauchen einfache, intuitive Lösungen für ihre komplexen Probleme.

t3n Magazin: Sie haben neulich in einem Kommentar bei TechCrunch die kommenden Herausforderungen für Microsoft skizziert. Manche Leute haben das als Bewerbung um Steve Ballmers Nachfolge interpretiert…

Aaron Levie: Das ist witzig! Ich fühle mich geehrt, dass man mir solche Ambitionen zutraut. Aber soweit ich weiß gibt es keinen formalen Bewerbungsprozess und ich bin auch nicht in der Auswahl.

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t3n Magazin: Aber haben Sie mal über einen Exit bei Box nachgedacht?

Aaron Levie: Momentan kommt das überhaupt nicht in Frage. Die Entwicklung, die ich skizziert habe, ist einfach zu spannend: All diese riesigen Unternehmen, die sich bisher SAP, IBM oder Oracle anvertraut haben, verlagern ihre Budgets zunehmend in die Hände der Cloud-Anbieter. Das Einnahmenverhältnis wird nicht mehr lange bei 20:1 zugunsten der etablierten Player liegen. Wir sind einfach super aufgeregt und wollen so viel wie möglich aus diesem Übergang machen. Und wir stehen erst am Anfang. Da ist für Exits kein Raum.

Aaron Levie von Box will in die Fußstapfen von Microsoft treten und Unternehmen einfache Lösungen für ihre komplexe Probleme bieten. Vorbilder in Sachen User-Experience sind Dienste wie Facebook oder YouTube. (Foto: t3n)

Aaron Levie von Box will in die Fußstapfen von Microsoft treten und Unternehmen einfache Lösungen für ihre komplexe Probleme bieten. Vorbilder in Sachen User-Experience sind Dienste wie Facebook oder YouTube. (Foto: Dan Taylor)

t3n Magazin: Sarah Lacy vom US-amerikanischen Tech-Blog PandoDaily hat hervorgehoben, wie wichtig Sie den Vertrieb nehmen. Es sei ein häufiger Fehler von Tech-Startups, zu glauben, gute Software werde sich schon von selbst verkaufen. Stimmen Sie zu?

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Aaron Levie: Ja, absolut. In unserer Branche gilt: Hervorragende Software ist notwendig, aber nicht ausreichend. Klar verbringen wir viel Zeit damit, unser Produkt zu optimieren. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch zusehen, dass es von den Unternehmen genutzt wird. Wenn ein großer Konzern seine IT-Strategie ändern will, kann er nicht einfach auf eine Website gehen und sich bei einem neuen Service einloggen. Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem die neue Technologie Schritt für Schritt in jeden Geschäftsbereich eingebettet werden muss. Der Beratungsbedarf ist hier wie zu erwarten enorm hoch. Und wir müssen ihn bedienen, alles andere wäre blauäugig.

t3n Magazin: Apple hat gerade angekündigt, Mavericks und iWorks kostenlos zur Verfügung zu stellen. Welche Auswirkungen hat das auf die Branche?

Aaron Levie: Zunächst betrifft dieser Schritt ja das Verhältnis von Apple und Microsoft. Apple torpediert sozusagen die beiden tragenden Säulen von Microsofts Geschäft: Betriebssystem und Productivity Tools. Gefährliche Zeiten für Microsoft. Bisher kann ich nicht erkennen, wie sie den möglichen Einbruch dieser Kernbereiche abfedern wollen. Insgesamt ein äußerst disruptiver Prozess, der die ganze Branche neu ordnen könnte.

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t3n Magazin: Wie verorten Sie Box in diesem Spannungsverhältnis?

Aaron Levie: Wir sehen die Entwicklung als Chance. Denn wenn der größte Player im Markt strauchelt, müssen wir nur in die Lücke vorstoßen, um uns als nächste große Plattform zu etablieren. Klar richtet sich die Preispolitik von Apple auch ein bisschen gegen uns. Aber hier gilt eher: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

t3n Magazin: Microsoft, Apple – Bei diesen großen Namen vergisst man schnell, dass Sie Box erst 2005 gegründet haben. Würden Sie sich als typischer Silicon-Valley-Gründer bezeichnen?

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Aaron Levie: Genau genommen haben wir Box in Los Angeles gegründet. Wir sind erst ins Valley gezogen, als das Unternehmen anfing, zu wachsen. Aber klar, ein bisschen typisch sind wir schon: Wir haben das College geschmissen, um Box zu gründen, unser erstes Investment hier erhalten und unser Unternehmen im Valley skaliert.

t3n Magazin: Erleben Sie es als Vor- oder Nachteil, in der „Seifenblase“ Silicon Valley zu leben?

Aaron Levie: Seifenblasen sind immer schlecht, wenn man sich nicht nach draußen wagt und die Perspektive geraderückt. Ein Beispiel: Wenn Sie heute in eine Kleinstadt gehen, laufen die Leute dort alle mit Google Glass herum? Nein, machen sie nicht. Also sollten Sie momentan noch nicht Ihr ganzes Geschäft auf diese Technologie verwetten. Trotzdem ist das Valley natürlich ein Indikator für das nächste große Ding. Beim iPad etwa wussten wir alle sofort, dass es die Art, wie wir Menschen arbeiten und kommunizieren, revolutionieren würde. Wenige Wochen nach der Markteinführung tauchte es sogar in den unwahrscheinlichsten, konservativsten Umfeldern auf – und tat genau das. Grundsätzlich rate ich zu Optimismus, was Neuheiten angeht, die hier ausgebrütet werden. Aber man sollte immer nach Beweisen in der „echten Welt“ Ausschau halten, ob die neuen Technologien auch wirklich adaptiert werden.

t3n Magazin: Würden Sie deutschen Startups raten, ins Silicon Valley zu ziehen?

Aaron Levie: Das kommt auf das Unternehmen an. Eine Standortentscheidung hängt von so vielen Faktoren ab: Märkte, Kunden, rechtliches Umfeld. Box hat unglaublich davon profitiert, ins Valley zu gehen. Aber das kann man sicher nicht pauschalisieren.

t3n Magazin: Dennoch ist das Silicon Valley ein unglaublicher Fixpunkt für die deutsche Gründerszene. Ein bisschen wie Hollywood.

Aaron Levie: Das kann man auf keinen Fall vergleichen. Hollywood ist so etwas wie die Fabrik der Stars. Wenn du vor Ort bist, die richtigen Leute kennst, dich gut präsentierst, schaffst du den Durchbruch schneller als an irgendeinem anderen Ort der Welt. In unserer Branche ist das was völlig anderes. Du stellst deine Technologie oder dein Produkt online, und jeder, der einen Internetanschluss hat, kann darauf zugreifen. In dieser Hinsicht ist das Internet viel demokratischer: Wenn du in dem gut bist, was du tust, kannst du von überall aus weltweiten Erfolg haben. Das Silicon Valley funktioniert eher wie ein Katalysator, der bestimmten Elementen des Geschäfts Auftrieb gibt, etwa Kapital, Netzwerk oder Nachschub an talentierten Mitarbeitern. Es macht Startups nicht automatisch erfolgreich.

Aaron Levie meint: „Das Silicon Valley funktioniert eher wie ein Katalysator. Es macht Startups nicht automatisch erfolgreich.“ (Foto: t3n)

Aaron Levie meint: „Das Silicon Valley funktioniert eher wie ein Katalysator. Es macht Startups nicht automatisch erfolgreich.“ (Foto: Dan Taylor)

>t3n Magazin: Die Summe der von Box eingenommenen Investments ist beeindruckend. Was macht Sie so überzeugend?

Aaron Levie: Der wahre Schlüssel zu so viel Venture Capital ist: sich von den vielen Absagen gerade zu Beginn nicht entmutigen zu lassen. Ernsthaft: Das sieht jetzt nach total viel Investment-Kapital aus, aber wenn Sie mich 2005 gefragt hätten, ich hätte Ihnen nur erzählt, wie frustrierend das alles ist. Wir sind bei den Investoren im Prinzip erst in den letzten Jahren wirklich erfolgreich gewesen, und das lag daran, dass Box selbst an Fahrt auf genommen hat. Investoren suchen nach schnell wachsenden Unternehmen, die große Märkte adressieren und disruptive Technologien einsetzen. Wenn dann noch ein solides Geschäftsmodell dahinter steht, das Team und die Vision überzeugen, dann wird es am ehesten was.

t3n Magazin: In Deutschland wird die Cloud, gerade im Zusammenhang mit dem Thema Datensicherheit, zum Teil noch vorsichtig beäugt. Inwiefern spüren Sie das?

Aaron Levie: Wir haben das natürlich bemerkt. Unser Einstieg in den deutschen Markt verläuft auch schleppender als beispielsweise in Großbritannien, wo wir zeitgleich gestartet sind. In Deutschland scheint die grundsätzliche Herangehensweise an IT konservativer zu sein. Man hält die Cloud noch nicht für reif genug, um wirklich in großen Konzernen zum Einsatz zu kommen. Und viele tun sich schwer mit dem Gedanken, dass ihre Daten Deutschland verlassen sollen.

t3n Magazin: Wie reagiert Box darauf?

Aaron Levie: Wir nehmen die deutschen Befindlichkeiten ernst. Kürzlich waren wir zum Beispiel im deutschen Parlament und haben dort über Datenschutz geredet. Das war angesichts der ganzen Enthüllungen in Sachen NSA vom Timing her etwas heikel. Letztlich muss man aber sagen: Die Unternehmen hier stehen vor genau denselben Herausforderungen wie in den USA. Ein deutscher Autobauer etwa hat Niederlassungen in den USA, vielleicht eine Werbeagentur in London, Zulieferer aus China, Kunden sowieso weltweit. Also braucht er eine IT-Infrastruktur, die ihm erlaubt über alle Barrieren hinweg effizient zu arbeiten. Das erlaubt in dieser Form nur die Cloud. Daher ist die eigentliche Frage nicht, ob ich die Cloud nutze, sondern welche Cloud ich nutze.

t3n Magazin: Was machen Sie, um bei Box Datensicherheit zu garantieren?

Aaron Levie: Wir schützen die bei uns gelagerten Daten mit den besten Verschlüsselungstechnologien am Markt. Zudem investieren wir in vor- oder nachgelagerte Sicherheitsservices. Wir betreiben Datenerfassung und Reporting, um den genauen Verwendungskontext der Daten innerhalb des Unternehmens zu analysieren. Wir erlauben den Widerruf von Freigaben, etwa wenn jemand sein Smartphone verliert. Und wir ermöglichen die Integration in bereits etablierte IT-Sicherheitssysteme. Hier machen wir wesentlich mehr als B2C-Anbieter.

t3n Magazin: Denken Sie, dass trotz NSA-Affäre schon bald sämtliche Geschäftsprozesse von Unternehmen in der Cloud ablaufen?

Aaron Levie: Nicht ganz. In zehn Jahren werden Unternehmen ungefähr 80 bis 90 Prozent ihres Geschäfts in der Cloud abwickeln. Aber es wird immer bestimmte Daten geben, die den Firmenstandort nicht verlassen dürfen. Daten zur Finanzierung zum Beispiel. Daten, die absolute Kernbereiche eines Unternehmens betreffen und die auch intern nicht geteilt werden. Aber alles andere – CRM, Kommunikation, Archivierung – wird von großen Cloud-Anbietern übernommen. Das ist einfach wesentlich effizienter.

t3n Magazin: Sie werden gerne als Jungstar der Cloud-Industrie beschrieben: ein bisschen verrückt, altklug, der nächste Larry Ellison der IT. Lachen Sie darüber oder nutzen Sie diese Rolle, um Box zu vermarkten?

Aaron Levie: Ach, ich bin einfach wie ich bin, egal wie andere das beschreiben. Wobei ich diese Attribute gar nicht so schlecht finde. Besser als „Nervensäge“ – so wurde ich in der High-School bezeichnet. Und es gibt auch ein paar Parallelen zu Box. Wir sind alle ziemlich ehrgeizig, energiegeladen, bewegen uns schnell. Genauso läuft bei uns auch das Geschäft.

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