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Reportage

Goldrausch im Keller: Krypto-Miner im Wettlauf gegen die Zeit

Hinter jedem Kryptocoin steht ein Miner, der ihn erzeugt. Der Sommer 2017 war für Ethereum-Miner ein wahrer ­Goldrausch, auch in Deutschland produzieren immer mehr Menschen ­virtuelle Währungen. Doch das Schürfen von ­Kryptocoins ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und irgendwann vielleicht komplett vorbei.

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(Foto: Jan Helge Petri)

Ein schmaler Gang in fahlem Licht, monotones Dröhnen übertönt die Gespräche, heiße Luft steht im Raum. An der Tür prangt der Bergmannsgruß „Glück auf“. Der Keller bei Oldenburg, in den sich gerade vier Männer drängen, hat durchaus Ähnlichkeit mit einem Bergwerk. Tatsächlich wird hier geschürft, nach Ethereum, Litecoin, Dash. Und doch ist der Vergleich schief: Nicht Bergleute hämmern hier Metalle aus Gestein, sondern Prozessoren rechnen. Sie suchen nach der Lösung einer Gleichung, rasend schnell gehen sie mögliche Werte durch, Abertausende pro Sekunde. Für das richtige Ergebnis der Rechenaufgabe gibt es eine Belohnung. Ist ein Kryptocoin also weniger wie ein Klumpen Erz, sondern eher wie ein Fleißpunkt im Matheunterricht?

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Im Grunde könnte es den drei Besitzern des düsteren Kellers egal sein. Die Hauptsache ist schließlich, dass etwas Wertvolles dabei herauskommt. Deshalb brummen hier rund um die Uhr Dutzende auf Holzgerüste geschraubte Grafikkarten und mehrere speziell zu diesem Zweck entwickelte Computer vor sich hin: um virtuelles Geld zu erzeugen. „Die kann man ja auch selbst her­stellen“ – diese Einsicht über Bitcoin und andere virtuelle Währungen war der Anfang der Unternehmung, erzählt Marcus. Seit diesem Frühjahr haben er und seine Freunde Jörg und Tobias gelesen, geschraubt und installiert, um sich Schritt für Schritt ihre eigene Kryptocoin-Mine im Keller aufzubauen. Für rund 20.000 Euro haben sie bisher Bauteile gekauft. Geht der Plan auf, kommt am Ende mehr Geld dabei heraus, als sie hineingesteckt haben.

Mit dieser Idee sind sie nicht allein: Auf der ganzen Welt laufen Prozessoren auf Hochtouren, um virtuelle Währungen zu erzeugen – jeden Tag kommen neue dazu. Youtube-Videos und Fernsehreportagen zeigen riesige Lagerhallen in China, Skandinavien oder Amerika, endlose Reihen dröhnender Rechner. Der Stromverbrauch aller Minen zusammengenommen ist mittlerweile beinahe so groß wie der von Irland, hat das Blog Digiconomist ausgerechnet.

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(Foto: Jan Helge Petri)

In den vergangenen Monaten erlebte vor allem die Währung Ether einen regelrechten Goldrausch. Die Rechenleistung, die in die dazugehörige Ethereum-Blockchain fließt, ist heute 20-mal so groß wie zu Beginn des Jahres. Die Nachfrage nach Grafikkarten, die sich für den Prozess besonders gut eignen, stieg so stark, dass sie zwischenzeitlich komplett ausverkauft waren. Im Juni begannen einige Händler, nur noch höchstens zwei Grafikkarten pro Kunde zu verkaufen. Weltweit schossen neue Minen aus dem Boden.

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Wie viele es genau sind, weiß niemand. Die Zahl der Minen wird nicht zentral erfasst, und auch die Betreiber lassen sich oft nicht gerne in die Karten schauen. Klar ist: Auch in Deutschland schürfen immer mehr Menschen. „Dieses Jahr sind enorm viele neue Miner dazugekommen“, sagt Chris Straube, der mit seinem Bruder das Blog Bitcoin-Live betreibt und sich seit Langem mit der deutschen Mining-Szene beschäftigt. „Die großen Farmen wachsen, aber auch die Kleinen werden immer mehr“, sagt er.

Der Grund für den Hype liegt vor allem im steigenden Kurs der Währungen: Je mehr der einzelne Coin wert ist, den man als Belohnung für die Lösung der Gleichungen bekommt, umso mehr lohnt es sich, mitzurechnen. Der Kurs von Ethereum lag am 1. ­Januar 2017 bei 7,75 Euro. Anfang März hatte er sich mehr als verdoppelt, vervielfachte sich beinahe täglich, im Juni stand er bei mehr als 340 Euro. Klar, dass es dadurch attraktiver wird, Ether zu produzieren.

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Und damit zurück zu den Fleißpunkten: Ein Ethereum-Miner produziert im Grunde nämlich keine Ether, sondern er bekommt sie als Lohn dafür, dass er der Blockchain einen neuen Block hinzufügt. In einem Block werden Transaktionen und Smart-Contract-Informationen zusammengefasst. Jedem Block zugeordnet ist eine Art Prüfsumme, der Hash. Er setzt sich zusammen aus Meta-Informationen des Blocks, etwa dem Zeitstempel, und ­einem zunächst unbekannten, zufälligen Wert. Erst dieser Wert, genannt Nonce, führt dazu, dass die Prüfsumme dem korrekten Wert, dem Target, entspricht. Den korrekten Nonce zu finden, ist die Aufgabe der Miner. Sie lösen also eine Gleichung, deren Anfangs- und Endwert bekannt ist, der Mittelteil aber nicht. Wer den korrekten Mittelteil als erstes gefunden hat, schickt die ­Lösung an alle anderen Teilnehmer, die das Ergebnis überprüfen, darf dann den dadurch validierten Block der Blockchain hinzufügen und bekommt als Belohnung drei neu geschaffene Ether.

Die Suche nach der richtigen Lösung ist pures Ausprobieren: Einen möglichen Nonce nach dem anderen, bis die Gleichung stimmt. Es gibt praktisch keine Möglichkeit, auf anderem Weg zum korrekten Ergebnis zu kommen. Den richtigen Nonce zu haben, beweist also, dass ein Miner die Ausprobier-Arbeit geleistet hat – deshalb heißt dieses Konzept Proof-of-Work. Dieses System nutzen die bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether, Litecoin als Verifizierungsmechanismus.

Rechenpower fürs Mining

Wer bei diesem fürstlich entlohnten Ratespiel mitmachen will, braucht vor allem: Rechenleistung. Deshalb rüsten Jörg, Marcus und Tobias kontinuierlich auf. „Wir haben hier 24 Grafikkarten, drei L3-Miner, bald kommen noch sechs neue D3 dazu“, sagt Marcus. Die sogenannten ASIC-Miner mit klangvollen Namen wie Antminer D3-X11 sind speziell für das Mining bestimmter Coins entwickelte Rechner. Sie sehen ein bisschen aus wie zu groß geratene Netzteile: silbernes Gehäuse, Kabel an beiden Enden, die komplette Front bedeckt von einem Lüfter. Wenn Marcus und Jörg über die Geräte sprechen, die bis zu mehrere tausend Euro kosten, können sie ihre Begeisterung nicht verbergen. Bisher ­haben sie noch nicht so viel schürfen können, wie sie ausgegeben haben. Aber die Mine im Keller ist für die drei nicht nur eine Möglichkeit, Geld zu verdienen, sondern auch ein neues Hobby. Beinahe jeden Tag kommen sie nach ihrer eigentlichen Arbeit hierher, zum ­Basteln, Besprechen und Lernen.

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Marcus ist Geschäftsführer einer Pflegeeinrichtung, Jörg ist selbstständiger Versicherungsfachmann, nur Tobias hat auch im Hauptberuf einen technischen Hintergrund, er ist IT-Kaufmann und entwickelt Websites. „Wir sind immer noch in der Test­phase, probieren viel aus“, sagt Jörg. „Wir wollen herausfinden, was am besten funktioniert, um dann zu wachsen.“ Auch wenn das Ganze eher mit einer fixen Idee angefangen hat – die Pläne sind groß. Für ihre Mine haben sie den Keller eines leerstehenden Einfamilienhauses gemietet. Nun überlegen sie, das ganze Haus für ihr Projekt zu nutzen: überall Rechner, dazu Büros, vielleicht sogar ein Schulungsraum für Mining-Seminare. Über Umwege haben sie einen Großhändler für Mining-Hardware in Asien aufgetan und dort erste Geräte zum Einkaufspreis bestellt. Tobias wird bald nach Hongkong fliegen, um über größere Bestellungen zu sprechen. Und sie wollen eine Firma gründen. Die Majoto GmbH soll andere deutsche Miner versorgen – mit Expertise und mit Hardware. „Wenn es einen Goldrausch gibt“, sagt Jörg, „dann lohnt es sich, Schaufeln zu verkaufen.“

Der Stromverbrauch ­aller Minen zusammengenommen ist mittlerweile ­beinahe so groß wie der von Irland.

Viele Miner sind auch oder vor allem aus Begeisterung dabei, beobachtet Blogger Chris Straube. „Man denkt, das müssten ­alles totale Nerds sein“, sagt er. „Aber die Leute kommen aus allen Teilen der Gesellschaft.“ Viele stoßen mehr oder weniger zufällig auf das Thema, dann lässt es sie nicht mehr los. Wer sich nicht auskennt, holt sich Expertise bei anderen. Die Szene ist gut vernetzt, Blogs wie Bitcoin-Live erklären das System minutiös, rechnen vor, was sich lohnt. „Einigen geht es natürlich vor allem darum, möglichst schnell ihr Investment wiederzubekommen“, sagt Straube. Sie tauschen ihre geschürften Coins oft sofort in Euro um. Es gibt aber auch solche, die das Mining eher als lang­fristige Investition sehen, ihre Coins halten und hoffen, dass der Kurs weiter steigt. „Darauf vertrauen relativ viele, mit denen ich spreche“, sagt Straube.

Wer nicht selbst im Keller basteln will oder kann, hat durchaus andere Möglichkeiten. Die einfachste ist das sogenannte Cloud-Mining. Kunden mieten dabei die Leistung von Rechnern, die in großen Farmen stehen, und bekommen den Ertrag ausbezahlt. Der bekannteste Anbieter dieser Dienstleistung heißt ­Genesis Mining. Für Beträge zwischen 30 und mehr als 4.000 Euro kann man per Mausklick Hashleistung buchen. Die Nachfrage scheint groß: Die Pakete für Bitcoin-, Dash- und Litecoin-­Mining sind ausverkauft, verfügbar sind derzeit nur Ethereum, Monero und ZCash. Genesis, 2013 gegründet, ist mittlerweile eines der größten Mining-Unternehmen weltweit und betreibt riesige Farmen in verschiedenen Ländern. Der Gründer, der deutsche Mathematiker Marco Streng, erzählte im Juli dem US-Magazin Quartz, er chartere Boeing-747-Jumbojets, um neue Hardware möglichst schnell zu seiner Mining-Farm nach Island zu schaffen.

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Tausende Euro kostet allein die Hardware einer Krypto-Mine. Die Betreiber hoffen, später durch den Erhalt von Kryptocoins Gewinn zu machen. (Foto: Jan Helge Petri)

Ob kleiner Keller oder große Halle: Die Miner sind gewissermaßen der Maschinenraum der Blockchain. Jede Bitcoin-Transaktion, jeder Smart Contract, jede Anwendung auf der Ethereum-­Blockchain muss irgendwo validiert werden. Ob es das System des UN-World-Food-Programs zur effizienteren Verteilung von Lebensmittelmarken an Geflüchtete in Jordanien ist, ein junges Unternehmen, das per ICO Geld einsammelt oder es darum geht, ein Fahrradschloss des Startups Slock aufzusperren: Damit Information in einem Block festgeschrieben ist, braucht das System Miner wie Marcus, Jörg und Tobias, und deshalb entlohnt es sie für ihren Beitrag – noch.

Denn Mining ist ein ständiges Wettrüsten, ein Wettlauf gegen die Zeit: Was heute noch profitabel ist, lohnt sich vielleicht schon morgen nicht mehr. Die Belohnung wird geringer. Bis vor Kurzem waren es noch fünf Ether pro Block, jetzt sind es nur noch drei. Auch die Rechenaufgaben, die es zu lösen gilt, werden immer schwieriger. Die Ethereum-Blockchain zum Beispiel ist so programmiert, dass etwa alle 15 bis 30 Sekunden ein neuer Block gefunden wird. Wenn mehr Rechenleistung in die Suche fließt, wird es anspruchsvoller, einen zu finden – die sogenannte Difficulty steigt. Ihm Jahr 2017 ist die Ethereum-Difficulty beinahe um das 40-fache gestiegen, sie liegt derzeit bei rund 3.000 Terrahash – das heißt, es sind im Durchschnitt drei Billiarden Versuche nötig, um die richtige Lösung zu finden. In Hash pro Sekunde wird auch die Leistungsfähigkeit eines Miners gemessen. Eine der Grafikkarten, die im Keller bei Oldenburg laufen, kommt zum Beispiel auf etwa 20 Megahash pro Sekunde.

Die Rechenleistung rund um die Uhr abzurufen, kostet Geld – schließlich müssen die Geräte mit Strom versorgt werden. ­Deshalb betreibt Genesis Mining-Farmen in Ländern wie Island, wo der Strom nachhaltig produziert wird und spottbillig ist. Bei ­Tobias, Jörg und Marcus kommt der Strom einfach von den Stadtwerken, für 29 Cent pro Kilowattstunde, überschlagen kommen sie auf mehrere hundert Euro Stromkosten pro Monat. Zur Zeit sind sie auf der Suche nach einem günstigeren Tarif. „Wir überlegen schon, irgendwann eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zu installieren“, sagt Marcus. Das würde günstigen Strom garantieren.

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Strom investieren, um Coins zu schürfen – daraus hat auch die Firma Skylink ein Geschäft gemacht. Im niederländischen Eygelshoven, direkt an der Grenze zu Deutschland, betreibt das deutsche Unternehmen ein Rechenzentrum und vermietet darin Stellplätze für Krypto-Mining, Internetanschluss, Klimatisierung und Kameraüberwachung inklusive. Der größte Vorteil gegenüber dem heimischen Keller aber ist der Strompreis. Ab 12,5 Cent ­netto pro Kilowattstunde gibt es dort Strom, abhängig von der Menge, die der Kunde abnimmt.

Möglich sei das durch die Besteuerung in den Niederlanden, sagt der Geschäftsführer von Skylink, Marcel Edler: Je mehr Strom man kauft, desto weniger Steuern fallen an. Rund 1.500 Miner stehen bei Skylink, etwa 80 Prozent der Kunden betreiben spezialisierte ASIC-Miner, der Rest sind Servergehäuse mit bis zu neun Grafikkarten. Hauptsächlich geschürft werden Bitcoin, ­Litecoin, Ethereum und Dash.

Maschinenraum der Blockchain: Die speziell für das Mining gedachten Computer sehen aus wie zu groß geratene Netzteile mit Riesenlüfter. (Foto: Jan Helge Petri)

Die Nachfrage nach den Stellplätzen ist hoch, seit Jahresbeginn sei sie noch einmal stark gestiegen. Mittlerweile gibt es eine Warteliste. „Wir werden zum Jahresende ein weiteres Rechenzentrum eröffnen“, so Edler. „Soweit wir wissen, sind wir zurzeit das einzige Rechenzentrum für Mining in Zentraleuropa.“ Auch Edler beobachtet, dass sich immer mehr Menschen für Kryptowährungen interessieren. „Vor zwei bis drei Jahren waren es vor allem professionelle Unternehmen, die Miner bei uns betrieben haben“, sagt er. „Heutzutage ist es beinahe ein Volkssport.“

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Ob es sich unter dem Strich lohnt, einen bestimmten Coin zu schürfen, hängt vom Preis der Hardware, deren Hashleistung, dem Kurs der Währung, der Difficulty und dem Strompreis ab. Eine Gleichung mit so vielen Unbekannten im Blick zu behalten, ist nicht einfach. Deshalb gibt es Websites wie whattomine.com, die dem Nutzer dabei helfen. Je nachdem, wie die verschiedenen Parameter sich verändern, lohnen sich unterschiedliche Coins –Miner können dann ihre Geräte entsprechend umstellen.

Das Ende des Minings?

Ein Miner, der seinen Namen lieber nicht nennen will, erzählt, dass er aus diesem Grund permanent nach neuen, unbekannten Coins Ausschau hält. Zum Teil müsse er zwar manuell ausrechnen, wie rentabel diese sind – aber dafür lohne sich das Schürfen noch richtig. Von verhältnismäßig bekannten Coins wie ZCash sei er schon vor Monaten abgekommen, sagt er, mittlerweile habe er mit seinen 36 Grafikkarten, die er nebenbei auf seinem Weingut in der Rheinpfalz betreibt, mehr als 40 verschiedene Coins gemint.

Wie er sind viele Miner auf der Suche nach neuen Möglich­keiten, die Hashpower ihrer Geräte sinnvoll einzusetzen. Denn die Difficulty der bekannten Coins steigt rapide an. Bitcoin-Mining etwa lohnt sich schon lange nur noch im großen Stil und dort, wo der Strom billig ist. Und mit Ethereum wird es bald wohl sowieso vorbei sein.

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Warum? Weil es die Entwickler des Systems so wollen. Schon seit einiger Zeit kündigen die Ethereum-Macher um den Erfinder Vitalik Buterin (siehe Portrait Seite 49) an, das Proof-of-Work-System und damit die Grundlage des Minings abschaffen zu ­wollen. An dessen Stelle soll das sogenannte Proof-of-Stake (POS) treten, dabei ginge es dann nicht mehr darum, eine Hashfunktion zu lösen. Wer den nächsten Block an die Blockchain anfügen darf, wird statt­dessen über das eigene Guthaben („stake“) bestimmt. Vereinfacht gesagt: Wer einen Block hinzufügen will, muss einen Teil seines Gut­habens als Sicherheit hinterlegen und bekommt darauf eine Rendite.

Eine Genesis-Farm: In Ländern wie Island oder China, wo der Strom noch vergleichsweise günstig ist, stehen Kryptominen im großen Stil. (Foto: Genesis Mining)

Die Einführung des POS sollte eigentlich schon Anfang 2017 passieren, verzögert sich aber. Möglicherweise, weil es so kompliziert ist – selbst der als Krypto-Genie geltende Buterin nannte das System in einem Artikel „non-trivial“. Zwischenzeitlich kündigten die Macher an, eine Mischform zwischen Proof-of-Work und Proof-of-Stake einführen zu wollen, Buterin twitterte aber: „POS ist nach wie vor das finale Ziel.“

Als Vorteil des neuen System gilt vor allem, dass es effi­zienter ist. Der enorme Stromverbrauch, der durch das Mining entsteht, soll mit der Umstellung sinken. „Das Proof-of-Work-System ­skaliert jetzt schon nicht mehr richtig“, sagt Joachim Lohkamp. „Dadurch, dass alle Miner am gleichen Problem ­he­rumknobeln und nur einer zum richtigen Ergebnis kommt, geht unglaublich viel Energie verloren.“ Lohkamp ist Gründer und CEO des ­Startups Jolocom, das einen sicheren Ort für Nutzerdaten mit Hilfe der Ethereum-Blockchain schaffen will, und Mitglied des Vorstands beim kürzlich gegründeten Blockchain-Verband ­Bundesblock. Auch er geht davon aus, dass viele Blockchains mittelfristig auf Proof-of-Stake umsteigen, weil das Mining für die Funktion der Blockchain letztlich nicht nötig sei. „Die Miner und Proof-of-Work sorgen zwar momentan dafür, dass das System gegen 51-­Prozent-Angriffe gesichert ist, weil die Kosten für einen Angriff durch Proof-of-Work so hoch sind, dass es sich wirtschaftlich nicht lohnt“, sagt Lohkamp. „Aber mit einem gut ­designten ­Proof-of-Stake-System ist das auch möglich und verbraucht deutlich weniger Energie.“

Für die Mining-Community ist das dennoch keine gute Nachricht, ist doch das Proof-of-Work-System die Grundlage ihrer ­Arbeit. „Dass Ethereum irgendwann wegfällt, ist den meisten klar“, sagt Blogger Straube. Ob auch andere Währungen auf POS umstellen wollen, ist nicht sicher. Dass es alle auf einmal tun ­werden, darf als ausgeschlossen gelten. Das macht die Miner ­optimistisch: „Mining und Proof-of-Work wird wahrscheinlich immer noch für einige große Kryptowährungen wie Bitcoin verwendet werden“, antwortete Marco Streng dem Magazin Forbes auf die Frage, wie sich die Bitcoin-Industrie in den kommenden fünf bis zehn Jahren entwickeln wird.

Und auch die kleinen Miner, die wie Marcus, Tobias und Jörg in ihrem Keller-Bergwerk nach Coins schürfen, werden sich ­davon so leicht nicht abbringen lassen. Das sieht auch Chris Straube so: „Die Leute sind mit so viel Herzblut dabei, die hören nicht einfach damit auf“, sagt er. „Die finden immer noch einen Coin, nach dem es sich zu minen lohnt.“

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