Anzeige
Anzeige
Interview
Artikel merken

Mehr Spaß bei der Arbeit: Ein Gamifikation-Experte verrät, worauf es ankommt

Badges, Levelsysteme, Simulationen: Der Gamification-Experte Roman Rackwitz hat schon viele Spielversuche in Unternehmen scheitern sehen. Wie sich die Mechaniken sinnvoll in die Arbeit integrieren lassen, verrät er im Interview.

Von Miriam Binner
4 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

Der Gamification-Experte Roman Rackwitz hat schon viele Spielversuche in Unternehmen scheitern sehen. (Foto: Julian Jankowski)

Gerade in der Weiterbildung wird Gamification zunehmend zum Trend – dabei geht es aber auch darum, alltägliche Aufgaben attraktiver zu gestalten. Unternehmen erhoffen sich dadurch motiviertere und zufriedenere Mitarbeiter, und am Ende sogar höhere Produktivität, Innovationskraft und schließlich eine engere Kundenbindung. Seit zwölf Jahren berät Roman Rackwitz Unternehmen dabei, Gamification klug einzusetzen.

Anzeige
Anzeige

t3n: Herr Rackwitz, haben Sie schon mal ­versucht, Ihre eigenen Aufgaben in ein Spiel zu verwandeln?

Roman Rackwitz: Bei mir selbst hat das noch nicht geklappt. Die Schwierigkeit ist ja: Wenn ich das Spiel selbst entwickle, weiß ich, was dabei passiert und wie es ausgeht. Das Spiel lebt aber genau wie der Sport oder ein Hobby von der Neugier: Wie weit komme ich, wenn ich mich verbessere?

Anzeige
Anzeige

t3n: Wie können Unternehmen diesen Anreiz sinnvoll nutzen?

Anzeige
Anzeige

Es geht nicht darum, Spiele zu bauen, um von eintönigen Aufgaben abzulenken oder extrinsische Motivation zu erzeugen, indem man etwa Badges oder Belohnungen verteilt für Mitarbeiter, die besonders gut performen. All das wird aber häufig als Gamification missverstanden. Es geht vielmehr darum, sich Spielmechaniken abzuschauen und sie auf das Arbeitsumfeld zu übertragen: Also zum Beispiel zu lernen, wie Spiele bestimmte Ziele kommunizieren, und wie sich das nutzen lässt, damit sich die Leute aus eigenem Antrieb im Job verbessern wollen.

t3n: Wie gut beherrschen das Unternehmen in Deutschland?

Anzeige
Anzeige

Nachfrage gibt es vor allem von Personal­abteilungen für die ­Weiterbildung, verbunden mit der Frage: Wie bringe ich die Leute dazu, sich mit bestimmten Inhalten auseinanderzusetzen? In den USA, zum Vergleich, wird Gamification stärker für die Kunden- und Nutzerbindung eingesetzt. Mehr Interesse kommt inzwischen auch aus der Software- und Produktentwicklung. Insgesamt aber haben wir in Deutschland eine Kultur, in der sich Unternehmen noch schwertun mit dem Thema.

„Menschen, die spielen, suchen ständig nach Lösungen und ver­bessern sich.“

t3n: Woran liegt das?

Was Gamification erreichen will, ist eine Verhaltensänderung. Das ist gerade im deutschsprachigen Raum recht negativ belegt und wird häufig manipulativ verstanden. Außerdem ist man bei Wörtern wie Gaming oder Spielen gedanklich schnell bei Zeitverschwendung. Dabei hat das Thema einen starken evolutionären Bezug. Menschen, die spielen, setzen sich immer mit Problemen auseinander, suchen nach Lösungen und verbessern sich.

Anzeige
Anzeige

t3n: Warum gibt es trotzdem bislang nur wenige positive Beispiele?

Schmerzhafte Erfahrungen haben in der Vergangenheit die Unternehmen gemacht, die auf einen schnellen Aha-Effekt gesetzt haben: Die etwa für ein paar Millionen aufwendige Simulationen gebaut haben, in denen sich Vertriebsmitarbeiter über verschiedene Gesprächsszenarien auf höhere Entscheiderebenen vorarbeiten konnten. Aber nur, weil Mitarbeiter herausfinden, was sie im Spiel verändern würden, können sie das längst noch nicht in die Realität transferieren. Der psychologische Effekt ist nicht zu unterschätzen: Im Spiel sind Personen oft viel offener und riskieren mehr. Dabei will ich ja, dass sie das ­Gelernte tatsächlich anwenden und die Veränderung nicht nur spielen.

t3n: Wie kann das genau funktionieren?

Anzeige
Anzeige

Richtig aufgesetzt kann Gamification dazu beitragen, dass sich Menschen gerne auf neue Tools einstellen und Veränderungen sogar herbeisehnen. Der Schlüssel ist, dass sie das Gefühl haben, dass das Tool eine Verbesserung verspricht. Insofern können sich Unternehmen von Spielen vor allem eines abschauen: wie sie die Notwendigkeit des Wandels kommunizieren.

t3n: Wie vermitteln das die Spiele?

In Spielen wird nicht, wie viele Führungskräfte es tun, vom Ende her argumentiert und nicht über eine Androhung – etwa: Du musst dich verändern, weil sonst dein Arbeitsplatz in Gefahr ist. Ein Spiel geht von den Ressourcen aus und erklärt dadurch das Potenzial, sich zu verbessern. Konkret: Wenn ich im Spiel unterwegs bin, kenne ich die Regeln und habe ein paar Werkzeuge zur Verfügung. Es herrscht Informations­transparenz. Ich weiß: Alles, was ich brauche, um voranzukommen, liegt vor mir. Im Umkehrschluss heißt das, wenn es nicht klappt, liegt es an mir, mich zu verbessern.

Anzeige
Anzeige

t3n: Wie bekommen das etwa Führungskräfte in den Alltag übertragen?

Der wichtigste Faktor ist, einen Trigger zu setzen. Ein Beispiel: Es gibt in der Firma eine neue Software. Dann würde ich dafür sorgen, dass eine Person, die mit der Software arbeiten soll, erst mal scheitert – dabei aber erkennt, dass sie das Problem aber genau mit dieser Software lösen kann. Auch im Spiel ist das Scheitern ein starker Trigger. Denn die Spieler erkennen bei Gameover immer: Wenn ich etwas Bestimmtes gekonnt hätte, hätte es funktioniert. Wenn das Potenzial klar ist, sind Menschen auch bereit, 100 langweilige PDFs durchzulesen, um zu verstehen, wie das neue System funktioniert.

t3n: Welche ungewöhnlichen Spaßmaßnahmen sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?

Anzeige
Anzeige

Spannend finde ich das Kundenbindungsprogramm des Hotels Prinz-Luitpold-Bad im Allgäu. Stammgäste müssen sich Vorteile dort erst mal erspielen, indem sie gute Taten leisten – angelehnt an die Ritter der Tafelrunde. Überraschend viele Gäste haben sich dem Hotelier zufolge mit Spendennachweisen oder Fotos und Berichten zu Ehrenämtern gemeldet.

t3n: Und was ging gehörig daneben?

In einem Fall hat ein Unternehmen in einer internen Lern-App ­Wettbewerbe ausgerufen. Das allein kann man schon als Unwissenheit in Bezug auf das Lernen interpretieren. Was das Ganze aber wirklich zum Scheitern gebracht hat, war der mögliche Gewinn: ein Essen mit dem Vorstand. Kaum jemand wollte mitmachen.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige