Menschen 2.0
Gunter Dueck sieht das Web als Betriebssystem
Man könnte ihn als Star der diesjährigen re:publica bezeichnen: Mit seinem Vortrag „Das Internet als Gesellschaftsbetriebssystem“ beeindruckte der Mathematiker und IBM-CTO Gunter Dueck die Massen. Die Mischung aus sympathischer Verpeiltheit und wirklich interessanten Thesen pushte ihn innerhalb weniger Stunden auf der Beliebt- und Bekanntheitsskala ganz nach oben. Zu sagen hatte er einiges – zum Beispiel, dass „das Internet noch gar nicht wirklich da“ ist. Und, der „traurige Teil“, dass die meisten Berufe durch das Internet verschwinden werden. Auch an das Bildungsministerium richtete er eine persönliche Botschaft: Der Mensch müsse dank Internet andere Dinge können als sich Wissen anzueignen. „Da greife ich das Schulsystem an, weil es dazu dient, die Festplatte zu füllen.“
Sascha Lobo mag Trolle
Gemäß seines Themas
„Trollforschung“, gehalten auf der re:publica 2011, pöbelte
Berufsprovokateur Sascha Lobo sein Publikum gleich mal an: „Ihr
seid zu doof und zu leise, um in der Gesellschaft irgendeine Rolle zu
spielen, jedenfalls medial“. Kein
Wunder, dass sein Vortrag mal wieder so umstritten war wie seine
ganze Person [1]. Der Inhalt selbst jedoch bewegt viele: Trolle, die provozierend durch Foren und Blogs streifen. Lobo lehrte
seine Zuhörerschaft, dass diese Spezies ein notwendiger und „im
Zweifel wahnsinnig lustiger“ Teil des Ökosystems ist, da sie eine Gegen-Identifikation ermögliche. Trotzdem gebe es gute Möglichkeiten, mit Trollen umzugehen: zum Beispiel unter ihrem Trollnamen zu
trollen, und zwar Dinge, „die der Troll hasst“.
Tom Hulme beschäftigt die Masse
Tom Hulme ist Unternehmer, Motivator,
Investor und Gründer der legendären Designagentur IDEO. Nebenbei macht er die Welt mit seinem Sozialen Netzwerk OpenIDEO besser: Die Community beackert gemeinsam sozial und politisch relevante „Challenges“, die von Einzelnen oder gemeinnützigen Organisationen eingereicht werden. Darunter so harmlose Problemstellungen wie „How can we improve sanitation and better manage human waste in low-income urban communities?“ Da die kreative Crowd in drei methodischen Schritten vorgeht, mündet das Brainstorming in konkreten Konzepten, von denen jeweils das beste ausgewählt wird. Aktuell macht Hulme noch mit einem weiteren
Crouwdsourcing-Projekt von sich reden: In einem offenen
Google-Dokument sammelt er Links von hilfreichen Tools für (Tech-) Startups. Schon viele haben profitiert und die Liste um weitere wertvolle Tipps ergänzt [2].
Peter Breuer, der Hähnchen-Pril-Typ
Der zuvor unbekannte Werbetexter Peter
Breuer führt derzeit zu entsetzten medialen Aufschreien à la
„Schmeckt Pril bald nach Hähnchen?“. Dabei hat Peter einfach nur am
ausgeschriebenen Crowd-Designwettbewerb für die Pril-Sonderedition
teilgenommen und die Community mit seinem Entwurf überzeugt. Darauf ist ein schlecht gezeichneter Broiler zu sehen samt der Unterschrift „Schmeckt lecker nach Hähnchen“. Diese Mitmach-Kampagne ist, zumindest aus Nestlé-Sicht, wohl ziemlich in die Hose gegangen. Aber der Konzern hat sich vorsorglich abgesichert: Die hauseigene Jury wird ihren
Favoriten unter den zehn bestplatzierten Plätzen selbst auswählen. Da die Top Ten vermutlich nicht nur aus Grillhähnchen-Entwürfen
bestehen, wird es wohl wieder auf ein Blümchen- oder Kringelchen-Motiv hinauslaufen [3].
Markus Beckedahl vereint digitale Gesellschaft
Webaffinen Leuten ist Markus Beckedahl
als Gründer des Politikblogs netzpolitik.org ein Begriff. Nun steckt
er seine Leidenschaft für Netzpolitik in seinen frisch gegründeten
Verein „Digitale Gesellschaft e. V.“, den er auf der re:publica
vorstellte. Die heutige Netzpolitik sei schlecht und orientiere sich
nicht an den Interessen der Nutzer. Deshalb informiert der Verein
über Themen wie Netzneutralität, Datenfreigabe und Urheberrechte –
und unterstützt Menschen, die für digitale Bürgerrechte eintreten,
mit „Instrumenten, Aktionen, Informationen sowie Lobby- und
Pressearbeit“. Auch klärt der Verein Nutzer über geplante
politische Vorhaben auf und beäugt dabei nicht nur streng die deutsche Gesetzgebung,
sondern auch die Gesetze der Europäischen Union.