Moderne Mitarbeiterführung: Von oben herab geht gar nicht mehr [Interview]
Im t3n-Interview:
- René Maudrich, Geschäftsführer von Fastbill
- Constanze Buchheim, Geschäftsführerin von i-potentials (Seite 2)
- Jeff Diana, Personalchef bei Atlassian (Seite 3)
- Julia Hartz, Mitgründerin von Eventbrite (Seite 4)
- Sirka Laudon, Leiterin Personalentwicklung bei Axel Springer SE (Seite 5)
René Maudrich im t3n-Interview
t3n Magazin: Wie stellt ihr sicher, dass ihr eure Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten fördert und fordert?
René Maudrich: Die meisten unserer Mitarbeiter starten bei uns im Kunden-Support und haben so die Möglichkeit, sich intensiv mit unserem Produkt und den Wünschen oder Problemen unserer Kunden zu beschäftigen. Das bietet ihnen die Chance, herauszufinden, welche Aufgaben und Themen ihnen besonders liegen, in welche Arbeitsbereiche sie sich vertiefen und wofür sie Verantwortung übernehmen möchten. Das fördern wir und bieten entsprechende Freiheiten, sodass jeder das macht, was er am besten kann. Damit gehen dann natürlich auch Ziele einher, die jeder Mitarbeiter erreichen soll.
t3n Magazin: Wie motiviert ihr eure Mitarbeiter?
Maudrich: Jeder hat die Möglichkeit, sich in seinem Arbeitsbereich zu entfalten und zu bestimmen, wo es langgehen soll. Wir geben dabei wenig Regeln vor, solange die Ergebnisse stimmen. Das führt dazu, dass alle Mitarbeiter ihre Arbeit räumlich und zeitlich sehr flexibel gestalten und fast alle Ideen probieren können.
Es gibt wenige Vorteile, die nur den Chefs vorbehalten sind: Unsere Mitarbeiter sind genauso auf Netzwerk-Events unterwegs oder arbeiten auch gerne mal aus Bolivien oder Irland. Das Team-Klima ist uns sehr wichtig und wir versuchen, unseren Kollegen so wenig Wünsche wie möglich abzuschlagen. Dazu kommt, dass alle Teil der „FastBill-Vision“ sein und an der Gestaltung der eigenen Zukunft und der des Unternehmens teilhaben können. Das motiviert natürlich besonders.
t3n Magazin: Was tut ihr, um eure Mitarbeiter im transparenter werdenden Arbeitsmarkt zu halten?
Maudrich: Wir lassen jeden Mitarbeiter entscheiden, welches Arbeitsfeld sie oder er bearbeitet, sodass jeder auch Neues ausprobieren kann. Darüber hinaus achten wir darauf, dass das Privatleben nicht zu kurz kommt – ja, sich sogar ins Arbeitsleben integrieren lässt. Wir unternehmen viele Dinge zusammen und treffen uns auch nach der Arbeitszeit. So entstehen enge Bindungen zum Team und der Job ist mehr als die Zeit, in der man acht Stunden arbeitet, um Geld für das Wochenende zu verdienen. Wir glauben, wenn man viel Zeit seines Lebens in einem Unternehmen verbringt, muss es dort auch ein besonders gutes soziales Umfeld geben.
t3n Magazin: Welche Softskills muss jede Führungskraft heute mitbringen?
Maudrich: Führungskräfte müssen sich mit der Materie in ihrem Arbeitsbereich sehr gut auskennen und nicht nur als Manager auf dem Top Level agieren. Daneben müssen sie die Arbeit der Kollegen wertschätzen und sich auch deren Stil unterordnen können. Um die gewünschten Ziele zu erreichen, müssen sie Impulse setzten statt den Kollegen jede Denkarbeit abzunehmen. Die Steuerung der Mitarbeiter sollte idealerweise auf Basis fachlicher Kompetenz erfolgen, nicht auf Basis von Hierarchien und der Frage: Wer hat das Sagen?
t3n Magazin: Wie wichtig ist es euch, eure Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungsfindungsprozessen zu involvieren?
Maudrich: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Management das Fernziel kennen und wichtige Entscheidungen darum grundsätzlich selbst treffen muss. Allerdings benötigt man dafür immer so viele Daten und Inspirationsquellen wie möglich. Deshalb müssen Mitarbeiter ihre Meinungen, Erfahrungen und vor allem kreative Ideen einbringen. Es ist dabei oft schwierig, allen das Gesamtbild zu vermitteln. Daher sollte jeder vor allem in seinem Arbeitsbereich beurteilen, was die möglichen Optionen bieten können. Aber genau diese Einbeziehung in Kombination mit dem Mut, auch verrückte Ideen einfach mal auszuprobieren, bringen mehr Motivation und Engagement. Nicht zuletzt sind die Mitarbeiter die Experten in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens und können diese häufig am besten einschätzen.
Constanze Buchheim im t3n-Interview
t3n Magazin: Wie stellt ihr sicher, dass ihr eure Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten fördert und fordert?
Constanze Buchheim: Um die Fähigkeiten der Mitarbeiter gut einschätzen zu können, braucht es eine enge Führungsbeziehung, die durch regelmäßigen Austausch in Form von Gesprächen auf Augenhöhe entsteht. Nur wer regelmäßig mit den Team-Mitgliedern spricht und sie zu Wort kommen lässt, versteht ihre Bedürfnisse, Stärken und inneren Barrieren genau und kann im richtigen Moment treffsicher bewerten, ob ein Mitarbeiter einer Situation gewachsen ist oder sich entsprechend entwickeln kann.
t3n Magazin: Wie motiviert ihr eure Mitarbeiter?
Buchheim: Im Digitalen Zeitalter sind drei Dinge besonders wichtig für Mitarbeiter: Selbstbestimmt arbeiten zu können, dabei auf Augenhöhe behandelt zu werden und Lebenszeit sinnvoll – also entlang ihrer individuellen Wertvorstellungen – einzusetzen. Um dies sicherzustellen, achte ich bei Neueinstellungen und auch während der Probezeit stark auf die kulturelle Passung und Wertekongruenz. Wenn diese gegeben ist, verfolgt man ähnliche Ziele, vertraut einander und erfüllt so automatisch die anderen beiden Aspekte, da man den Mitarbeiter dann ergebnisorientiert und mit Freiräumen führen kann, ohne ihn kontrollieren zu müssen. Man kann ihn als Partner behandeln, dessen Meinung zählt und der zwar geführt, aber niemals bevormundet werden muss. Geld und Status sind jedenfalls schon längst keine Motivatoren mehr.
t3n Magazin: Was tut ihr, um eure Mitarbeiter im transparenter werdenden Arbeitsmarkt zu halten?
Buchheim: Wir haben einen eigenen ergebnisorientierten und wertebasierten Führungsstil entwickelt, den wir über ein bestimmtes Gesprächssystem implementieren. Dadurch finden regelmäßige Gespräche mit den Mitarbeitern statt, in denen wir beidseitig immer wieder die Erwartungen, Entwicklungen und Bedürfnisse abstimmen und gemeinsam Lösungen entwickeln. Durch diesen engen Austausch mit dem Mitarbeiter können wir – soweit es die Unternehmenssituation zulässt – stark auf ihn eingehen und ihn mit dem Unternehmen mitentwickeln. Erst wenn wir die Weiterentwicklung des Mitarbeiters nicht mehr gewährleisten können, wird ein Wechsel für beide Seiten sinnvoll.
Dem Manager kommt dabei eine sehr wichtige und schwierige Rolle zu. Wir achten daher sehr stark darauf, wem wir Führungsverantwortung übertragen. Und wir trainieren die Manager, bevor sie andere führen, auf Basis eines eigenen Management Guides. Durch ihn stellen wir sicher, dass unser Führungsstil gelebt und das Gesprächssystem richtig ausgeführt wird.
t3n Magazin: Welche Softskills muss jede Führungskraft heute mitbringen?
Buchheim: Die Rolle, die sich Mitarbeiter von Managern wünschen, hat sich im Digitalen Zeitalter stark vom autoritär handelnden Entscheider hin zum Befähiger und Coach auf Augenhöhe gewandelt. Der Manager formuliert klare Erwartungen, schafft Handlungsfreiräume, lässt den Mitarbeiter aber nicht allein und begleitet ihn über Gespräche auf Augenhöhe. Er befähigt ihn entlang seiner Motive, das gemeinsam gesetzte Ziel zu erreichen. Er setzt aber auch klare Grenzen, wenn Werte verletzt werden oder das Ziel aus den Augen gerät.
Manager müssen daher heute hochgradig empathisch, selbstreflektiert und wenig egogesteuert sein, um ein Gespür für das Gegenüber zu entwickeln und im richtigen Maß auf die Motive des Mitarbeiters eingehen zu können. Sie müssen aber auch klar Grenzen setzen können. Hierfür sind exzellente Kommunikationsfähigkeiten und Souveränität Voraussetzungen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Beziehungsverständnis und Menschenbild des Managers. Mitarbeiter folgen langfristig nur Managern, denen sie wichtig sind, die verantwortungsvoll mit ihrer Lebenszeit umgehen und sie nicht als Mittel zum Zweck behandeln.
t3n Magazin: Wie wichtig ist es euch, eure Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungsfindungsprozessen zu involvieren?
Buchheim: Grundsätzlich involvieren wir Mitarbeiter in Entscheidungsfindungsprozesse – wo es geht und sinnvoll ist. Denn Selbstbestimmung oder in diesem Fall Mitbestimmung bei Themen, die die Mitarbeiter betreffen, sind für sie im Digitalen Zeitalter von zentraler Bedeutung für ihre Zufriedenheit im Job. Natürlich ist es aber nicht immer möglich oder sinnvoll, stets basisdemokratische Entscheidungsfindungen zu praktizieren. Man kann aber fast immer Meinungen einholen und Wahlmöglichkeiten schaffen, da es meist mehr als eine Möglichkeit gibt. Wenn Entscheidungen schnell und ohne die Beteiligung von Mitarbeitern getroffen werden müssen, ist es wichtig, das Team schnell, authentisch und ehrlich über die getroffene Entscheidung zu informieren und die Hintergründe der Entscheidung zu erläutern. Alles andere stößt unserer Erfahrung nach auf starken Unmut, insbesondere in der Generation Y.
Jeff Diana im t3n-Interview
t3n Magazin: Wie stellt ihr sicher, dass ihr eure Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten fördert und fordert?
Jeff Diana: Atlassian bemüht sich darum, seinen Mitarbeitern die Möglichkeiten und Unterstützungen zu bieten, die sie brauchen, um bestmöglich zu arbeiten. In einer anonymen Umfrage, die „Great Places to Work“ kürzlich durchführte, haben 98 Prozent unserer Mitarbeiter Atlassian in der Kategorie „Great Challenges“ positiv bewertet – die Kategorie zeigt, ob eine Firma oft oder überhaupt jemals erforderliche Schulungen und faire Beförderungen ermöglicht. Unsere Manager werden dazu ermutigt, wöchentlich Vier-Augen-Gespräche mit ihren Team-Mitgliedern anzuberaumen, um herauszufinden, wie sie sich in ihrer Rolle entwickeln, und um die Unterstützung zu bieten, die jeder Mitarbeiter braucht, um sich zu steigern.
Offizielle Leistungsbewertungen werden zwei Mal im Jahr durchgeführt und finden in einer eher lockeren Unterhaltung statt. Unsere Mitarbeiter sollen so regelmäßig das ganze Jahre hindurch Feedback und Schulungen erhalten. Durch diese regelmäßigen, gegenseitigen Feedback-Durchgänge sollen sie ein besseres Verständnis davon erhalten, was sie verbessern müssen, um die nächste Karrierestufe zu erreichen. Manager verstehen dadurch besser, was der Mitarbeiter braucht, um sich gefordert zu fühlen. Beförderungen prüfen wir eher vierteljährlich statt jährlich, um es unseren Angestellten zu ermöglichen, aufzusteigen sobald sie soweit sind. Die Manager erstellen zusammen mit den Mitarbeitern einen Plan, der ihnen dabei hilft, in ihre Rolle hineinzuwachsen. Sie bieten Unterstützung in den Schlüsselbereichen, die sie brauchen, um sich beruflich weiterzuentwickeln. Sowohl der Input des Mitarbeiters als auch der des Managers sind der Schlüssel.
t3n Magazin: Wie motiviert ihr eure Mitarbeiter?
Diana: „Sei selbst der Wandel, den du suchst“ – ist einer unserer fünf Firmenleitwerte, durch die wir unsere Mitarbeiter dazu anregen, sich eigeninitiativ mit Herausforderungen zu befassen und die Veränderungen zu bewirken, die sie sich für unsere Firma wünschen. Wir geben Mitarbeitern eine Menge Eigenständigkeit, vertrauen darauf wie sie arbeiten, und bieten mehrere Programme, die das unterstützen.
Atlassians vierteljährliche Innovationsveranstaltung „ShipIt-Days“ animieren unsere Mitarbeiter beispielsweise dazu, aus ihren täglichen Denkprozessen auszubrechen, kreativ über etwas nachzudenken, was mit ihrem Aufgabengebiet zu tun hat, und innerhalb von 24 Stunden dafür eine Lösung zu entwickeln. Viele dieser Projekte wurden zu Funktionen, die schon in unsere Produkte mit eingeflossen sind. Ein anderes Beispiel sind die „20 Prozent Zeit“ für Lieblingsprojekte: Mitarbeiter können in diesem Zeitkontingent an persönlichen Projekten arbeiten, die mit ihrer Arbeit zu tun haben.
Wir verstehen uns als Open-Company, und das bedeutet, dass wir eine offene Kommunikation pflegen und so viel Transparenz zulassen wie möglich. Unser offener Bürogrundriss und der Verzicht auf abgeschlossene Räume spiegelt diese Kultur wider – mit mehr Raum für Gemeinschafts- und Meeting-Flächen als individuelle Arbeitszimmer.
Zusätzlich haben wir eine Menge Wege, wie wir unsere Mitarbeiter für ihre harte Arbeit anerkennen und belohnen: Unser peer-to-peer Kudos-Mitarbeiterprogramm ermuntert die Belegschaft, sich gegenseitig Anerkennung und Dank für Leistungen mit Geschenken zu zollen, die die Firma stellt. Daneben organisiert das Experience-Team Events für die Mitarbeiter: Von wöchentlichen „Sillybrations“ und freitäglichen Bierwagen-Aktionen bis hin zu großen jährlichen Feiern, um Mitarbeitern Gelegenheit zu geben, in einer Nicht-Arbeitsatmosphäre Spaß miteinander zu haben.
All unsere Büros halten kostenloses Essen und Getränke bereit, Bier aus dem Zapfhahn, optional organisierte sportliche Aktivitäten, Pool- und Tischtennis-Tische. Wir veranstalten regelmäßig Benutzer- und Experten-Events für Java-Entwickler, Designer, technische Redakteure, Frauen in der IT (Girl Geek Events), Tech-Startup-Gemeinschaften und vieles mehr. In der bereits erwähnten Great-Places-to-Work-Studie sagen 93 Prozent der Atlassian-Mitarbeiter, dass ihre Arbeit hier mehr als nur ein Job ist und eine besondere Bedeutung hat.
t3n Magazin: Was tut ihr, um eure Mitarbeiter im transparenter werdenden Arbeitsmarkt zu halten?
Diana: Die oben genannten Aspekte kommen auch für die Mitarbeiterbindung zum Tragen. Wir bemühen uns, dass Atlassian ein Ort ist, zu dem die Mitarbeiter jeden Tag gerne gehen, an dem sie sich von ihren Aufgaben inspiriert fühlen und Spaß dabei haben. Unsere Kultur und unsere Leitwerte sind der Schlüssel, um diese Umgebung zu schaffen. Wir sind eine schnell wachsende und erfolgreiche, global agierende Firma, mit einer steigenden Zahl von neu zu besetzenden Stellen. Dies schafft interne Möglichkeiten für die Beförderung von Mitarbeitern, für neue Aufgabengebiete, den Wechsel des Einsatzortes oder das Lernen und Teilen von Wissen, lokal und weltweit, mit einer immer facettenreicheren Mannschaft und internen Teams.
t3n Magazin: Welche Softskills muss jede Führungskraft heute mitbringen?
Diana: Es gibt mehrere Fähigkeiten, die extrem wichtig für eine Führungskraft sind: Die Fähigkeit, Menschen durch einen Wandel zu führen, der in unserer Branche rasant und andauernd stattfindet, und selbst belastbar zu sein. Außerdem ist emotionale Intelligenz wichtig sowie die Fähigkeit, Menschen über die Grenzen von Teams und Kontinenten hinweg miteinander zu verbinden, mit klaren Zielen und einer gemeinsamen Kultur.
Eine Führungskraft braucht heute starke Coaching-Fähigkeiten – das gilt besonders für Manager, die für das Anwerben und Binden von Personal wichtig sind. Und schließlich brauchen sie Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit, schwierige Entscheidungen zu treffen. Selbstverständlich gibt es noch ein paar weitere Kompetenzen, die jede Führungskraft besitzen sollte, aber ich denke, dass diese fünf unverzichtbar sind.
t3n Magazin: Wie wichtig ist es euch, eure Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungsfindungsprozessen zu involvieren?
Diana: Unsere Firma legt sehr viel Wert auf Zusammenarbeit, was sich in unseren Leitlinien, in unseren Büroräumen und unseren internen Kommunikationsplattformen widerspiegelt. Das heißt nicht, dass wir vor jeder Entscheidung alle befragen. Aber wir pflegen einen offenen und transparenten Dialog über unsere Entscheidungen, Firmenaktivitäten und die strategische Richtung. Und wir ermutigen Mitarbeiter, ihre Meinung zu sagen.
Unsere CEOs und Manager verbreiten Firmenneuigkeiten (große und kleine) in Blogs, in denen jeder Firmenangehörige kommentieren oder Fragen stellen kann. Das hat zur Folge, dass das Management-Team und die CEOs direkt mit ihren Angestellten – unabhängig von Hierarchie oder Ort – jeden Tag über eine Vielzahl von Themen kommunizieren. Dass diese Konversationen für jedermann sichtbar sind, fördert das Gemeinschaftsgefühl und macht es für die Mitarbeiter leicht, sich zu wichtigen Entscheidungen zu äußern. 95 Prozent der befragten Mitarbeiter sagen, dass sie eine Menge Verantwortung in der Organisation tragen, und genau so viele Mitarbeiter erklären, dass die Manager ihnen diese Verantwortung übertragen, ohne sich in Details einzumischen.
Julia Hartz im t3n-Interview
t3n Magazin: Wie stellt ihr sicher, dass ihr eure Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten fördert und fordert?
Julia Hartz: Unsere Mitarbeiter – wir nennen uns augenzwinkernd Britelinge – nehmen wir ernst. Wir pflegen unser Verhältnis im Rahmen einer transparenten Firmenkultur, die auf Teamwork und ständiges Lernen setzt. Jeder Briteling hat seine ganz eigene Vorstellung davon, was eine erfolgreiche Karriere ausmacht. Deswegen gehen wir einzeln auf jeden zu, um ihn oder sie dabei zu unterstützen, den jeweils passenden Weg zu wählen und zu gehen. Dass das funktioniert, zeigen die vielen Transfers zwischen unseren Abteilungen und die regelmäßigen Gespräche zwischen den Managern und ihren Teams.
Gleichzeitig versuchen wir über größtmögliche Transparenz sicherzustellen, dass alle verstehen, wohin die Reise des gesamten Unternehmens gehen soll – damit alle auf das gleiche Ziel hinarbeiten und wir so letztlich erfolgreich sind. Jeden Monat haben wir Team-Meetings mit dem gesamten Unternehmen – also mit circa 500 Mitarbeitern weltweit – in denen wichtige Neuigkeiten und Updates besprochen werden.
Darüber hinaus halten Kevin Hartz und ich wöchentliche offene Meetings ab, wir nennen sie „Hearts to Hartz“, in denen wir unseren Mitarbeitern die Möglichkeit geben und sie dazu ermutigen, uns Fragen zu allen möglichen Themen zu stellen, auch kontroverse, die wir dann ehrlich beantworten. „Hearts to Hartz“ streamen wir online, sodass auch die Leute, die in unseren internationalen Büros oder zu Hause arbeiten, daran teilnehmen können. Darüber hinaus haben wir zusätzliche Slots für die unterschiedlichen Zeitzonen eingerichtet, in denen wir präsent sind, also etwa in Australien oder Deutschland.
t3n Magazin: Wie motiviert ihr eure Mitarbeiter?
Hartz: Wir haben die typischen „Perks“, die die meisten Technologieunternehmen anbieten. Dazu gehört kostenloses Essen, Fitnesskurse, Zuschüsse für Fahrräder und Zubehör und vieles mehr. Die sind bei uns allerdings immer zweckgebunden und ergeben langfristig auch für das Unternehmen einen Sinn. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter nicht mit leerem Magen arbeiten und fit bleiben, dass sie zufrieden und ausgeglichen leben.
Außerdem haben wir zum Beispiel keine Zeiterfassung und vertrauen unseren Angestellten. Natürlich stellen wir dann auch Menschen ein, die es schätzen, dass wir Ihnen vertrauen, die gerne eigenverantwortlich arbeiten. Und das fördern wir, indem wir eine angenehme Arbeitsumgebung schaffen: Zum Beispiel mit Laufbandtischen, ruhigen Zimmern für Powernaps, einem Massage- und Akkupunkturservice und so weiter. Darüber hinaus können unsere Britelinge ihre Hunde mit zur Arbeit bringen – zumindest in den Ländern, die das erlauben – und so viel Urlaub nehmen, wie sie brauchen.
Natürlich ermutigen wir jeden Mitarbeiter dazu, auch mal zu einigen der Veranstaltungen zu gehen, die über uns abgewickelt werden. Wir glauben ja wirklich daran, dass es gut für jeden ist, oft aus dem Haus zu gehen und etwas Neues zu erleben, neue Menschen zu treffen und ständig zu lernen. Das klingt für deutsche Ohren jetzt sicher stark überhöht. Aber wir denken, dass Menschen erfüllter leben, wenn sie öfter ausgehen und mehr erleben.
t3n Magazin: Was tut ihr, um eure Mitarbeiter im transparenter werdenden Arbeitsmarkt zu halten?
Hartz: Wir zahlen gut und bieten nette Extras an. Das machen andere natürlich auch. Aber unsere Mitarbeiter bleiben, weil wir ihnen individuell zeigen können, was und wie sie zum Unternehmenserfolg beitragen können. Und wer erst mal das Gefühl bekommt, dass er oder sie eben nicht nur ein kleines Rädchen ist, sondern echten Einfluss auf das Unternehmensziel hat, der ist motivierter und engagierter. Und bleibt.
t3n Magazin: Welche Softskills muss jede Führungskraft heute mitbringen?
Hartz: Sie müssen gut zuhören und kommunizieren können. Ein guter Manager braucht nicht nur einen hohen Intelligenzquotienten. Er oder sie muss das mit hoher Empathie – sozusagen mit einem hohen Emotionsquotienten – untermauern. Ganz praktisch gesprochen heißt das, dass Topmanager Körpersprache lesen und andere nonverbale Signale verstehen können müssen, wenn die „normale“ Kommunikation versagt. Sie müssen in der Lage sein, ihre Teams mitzureißen. Das können sie aber nur als Folge von starken persönlichen Beziehungen. Die wiederum basieren auf Vertrauen und das will verdient werden.
t3n Magazin: Wie wichtig ist es euch, eure Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungsfindungsprozessen zu involvieren?
Hartz: Das hängt natürlich von der jeweiligen Entscheidung ab, aber generell geben wir unseren Mitarbeitern eine starke Stimme. Das bringt sie einerseits noch stärker ins Unternehmen ein und fördert ihre Motivation. Andererseits hilft uns das Feedback dabei, fundierte und besser informierte Entscheidungen zu fällen.
Das heißt natürlich nicht, dass wir auf hundertprozentigen Konsens setzen. Das würde das ganze Unternehmen zum Stillstand bringen und dafür wachsen wir zu schnell. Für alle Beteiligten ist von Anfang an klar, wer letzten Endes die Entscheidung fällt, aber in unserer kollaborativen Kultur steht es jedem frei, seine Meinung zur Geltung zu bringen und diese Entscheidung zu beeinflussen.
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Sirka Laudon im t3n-Interview
t3n Magazin: Wie stellt ihr sicher, dass ihr eure Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten fördert und fordert?
Sirka Laudon: Bei Axel Springer setzen wir auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter und räumen ihnen dafür Freiräume ein. In jährlichen Entwicklungsgesprächen besprechen Führungskraft und Mitarbeiter ausführlich die individuellen Entwicklungsziele und legen sie konkret fest. Um diese erreichen zu können, ist ein breites Qualifizierungsangebot wichtig – von multimedialem Storytelling für Redaktionen und Design Thinking für kreative Ideenfindung bis hin zu Mentoring-Programmen, in denen sich Mitarbeiter und Führungskräfte abteilungsübergreifend austauschen.
Zudem motivieren wir unsere Mitarbeiter in anderen Abteilungen des Hauses zu hospitieren, um andere Bereiche und deren Tools sowie Arbeitsweisen kennenzulernen und gegebenenfalls in den eigenen Bereich zu integrieren. So lernen wir gegenseitig voneinander. Die Mitarbeiter und damit auch das Unternehmen profitieren davon. Uns ist neben der fachlichen Qualifizierung auch die persönliche Entwicklung wichtig. Wer sich neugierig neuen Themen stellt, wird auch andere begeistern und mitreißen.
t3n Magazin: Wie motiviert ihr eure Mitarbeiter?
Laudon: Wenn man will, dass die Mitarbeiter stets auf dem neuesten Stand sind, muss man sie mit Arbeitsmitteln und -methoden arbeiten lassen, die „state of the art“ sind. Wir befinden uns in einem digitalen Transformationsprozess, indem wir ständig neue Dinge lernen, ausprobieren oder auch wieder verwerfen. Nicht nur das gehört zu dem Kulturwandel, den das Haus gerade durchläuft. Wir möchten Mitarbeitern Lust darauf machen, ihren Job mit Leben zu füllen, die Dinge in die Hand zu nehmen und über sich hinauszuwachsen. Wichtig ist, den Mitarbeitern auch zu vermitteln, dass Misserfolge dazugehören und die eventuellen Fehler später die richtigen Erkenntnisse liefern.
t3n Magazin: Was tut ihr, um eure Mitarbeiter im transparenter werdenden Arbeitsmarkt zu halten?
Laudon: Als Konzern, der sich zum Ziel gesetzt hat, der führende digitale Verlag zu werden, kämpfen wir im „war for talents“ mit den Startups um die besten IT-Talente. Alle Chancen eines Startups – das ist auch das Motto unserer aktuellen Arbeitgebermarkenkampagne. Als Arbeitgeber wollen wir dafür aber das Beste aus zwei Welten bieten: die Arbeitskultur und Dynamik der Gründerszene mit allen Vorteilen und die Vielfalt eines großen, internationalen Unternehmensverbunds, mit ansprechenden Arbeitskonditionen, einem systematischen Talent-Management und einer betriebseigenen Kita. Wer diese beiden Welten haben will, wird das bei uns vorfinden.
t3n Magazin: Welche Softskills muss jede Führungskraft heute mitbringen?
Laudon: Worauf es heute ankommt, haben 70 Führungskräfte sehr anschaulich auf dem Management Summit im März 2013 während einer Learning-Journey ins Silicon Valley erlebt: Agilität in den Prozessen und schnelle Umsetzung, Vertrauen in flache Hierarchien statt Kontrolle, Wissen teilen statt Hoheitswissen, ein Miteinander auf Augenhöhe, Vernetzungsfähigkeit und Technikkompetenz. Diese dialogorientierte Art der Führung findet sich auch maßgeblich in den drei grundsätzlichen Werten Kreativität, Unternehmertum und Integrität wieder, die bei Axel Springer gelebt werden.
t3n Magazin: Wie wichtig ist es euch, eure Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungsfindungsprozessen zu involvieren?
Laudon: Es ist enorm wichtig, die Mitarbeiter bei wichtigen Fragen und Zukunftsthemen mit ins Boot zu holen. Allerdings kann in einem so großen Unternehmen nicht alles gemeinsam entschieden werden. Im Januar 2014 starteten wir mit „move“, einer Initiative der Personalentwicklung, die für Aufbruch und Bewegung steht und den Transformationsprozess im Unternehmen vorantreiben soll. Zu „move“ gehört eine Vielzahl von Formaten, Maßnahmen und Angeboten, die sich mit Zukunftsthemen, Trends und der digitalen Welt beschäftigen. Mit der Initiative wollen wir allen Mitarbeitern des Hauses die digitalen Transformation näher bringen. „move“ ist für uns die Plattform, auf der Mitarbeiter Feedback geben und Ideen einbringen können. Unterschiedliche interne Netzwerkveranstaltungen und auch klassische Mitarbeiterbefragungen sind weitere Maßnahmen, mit denen wir mit möglichst vielen Mitarbeitern in den Dialog treten und ihre Meinungen einholen.
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