Neue Rubrik. Zum Start: Was ist eigentlich dieses Twitter? Wie erklär ich’s meiner Mutter?
Twitter? Was ist eigentlich dieses Twitter? Eine ganz harte Nuss. Denn seien wir mal ehrlich: Selbst unter den Internetfreaks verstehen viele nicht, wozu das gut sein soll.
Und was bekomme ich als Außenstehender mit? Da ist Twitter dann ein Dienst, auf dem Leute schreiben, was sie gerade tun. „Esse Frühstück. Der Kaffee ist alle. Doof.“ „Habe Rücken.“ „Bin aufgestanden.“ Oder aber Leute veröffentlichen Fotos von notgewasserten Flugzeugen [1]. Wenn man zufällig Iraner ist, organisiert man über Twitter eventuell den Widerstand gegen seine Regierung und berichtet da, wo klassiche Medien nicht mehr berichten dürfen [2].
Aber was, zum Teufel, ist denn nun dieses Twitter? Ursprünglich war es wirklich nur dazu gedacht, dass man jederzeit und überall mitteilen kann, was man gerade tut. Und man soll jederzeit und überall lesen können, was andere gerade tun. Die Zahl der Zeichen pro Mitteilung ist auf 140 begrenzt. Die Idee dahinter: Man soll es per SMS schreiben und empfangen können. Eine SMS hat maximal 160 Zeichen, 20 Zeichen sind für den Namen des Nutzers reserviert und voilá: 140 Zeichen verändern die Welt.
Inzwischen spielen SMS bei Twitter kaum noch eine Rolle. Alles läuft online ab. Bei den 140 Zeichen aber ist es geblieben.
Die Twitter-Gründer Evan Williams und Biz Stone wurden vom Erfolg ihres Dienstes selbst komplett überrascht. Deshalb war Twitter zu Anfang seiner steilen Karriere vor allem eins: ständig überlastet. Viel zu viele Leute wollten viel zu viel machen. Als Nutzer bekam man dann einen entsprechenden Hinweis plus eine Illustration zu sehen: Vögel tragen darauf einen Wal davon, bekannt als „Fail Whale“ („Fehlerwal“). Den hat übrigens sogar mal jemand nachgebaut [3]. Es gibt ihn aus Lego [4]. Und er hat einen Fanclub [5]. Ja, wir Internetleute sind schon so ein Völkchen…
Jedenfalls liegt der enorme Erfolg von Twitter auch an einer besonders schlauen Entscheidung der Gründer: Sie erlauben nicht nur jedem, Twitter zu nutzen, sie erlauben darüber hinaus, den Dienst um Funktionen zu erweitern. Jeder kann Websites und Programme entwickeln, die auf Twitter zurückgreifen.
Und das tun viele. Sehr viele [6]. Unglaublich, was die Leute aus diesem total simplen Ding gemacht haben.
So kann man indirekt Fotos auf Twitter veröffentlichen. Ebenso geht das mit Videos, mit der Musik, die man gerade hört oder mit interessanten Websites, die man gefunden hat. Man kann sich auf einem Globus anschauen, was gerade auf der Welt getwittert wird. Es gibt Kleinanzeigenmärkte, Sammlungen für die gute Sache oder Abstimmungen. Es gibt spezielle Dienste für Firmen oder Journalisten, um Twitter zu nutzen. Man kann… einfach unheimlich viele Sachen machen.
Dass Twitter gerade den Höhepunkt seiner Popularität überschreitet, merkt man vor allem an der steigenden Zahl der „Experten“. Das ist dann einer, „der wo sich auskennt“. Sagt er jedenfalls. Prüfen können seine Kunden das kaum, denn die haben ja noch weniger Ahnung. Witzig nur, wenn jemand Kurse anbietet, wie man auf Twitter erfolgreicher wird, selbst aber kaum „Follower“ hat.
Follower? Richtig, eine Sache hatte ich noch vergessen zu erklären: Es liest ja nicht jeder alles von jedem. Nein. Man sucht sich die Leute aus, denen man folgen möchte (Englisch: to follow). Und nur von denen sieht man dann automatisch, was die gerade so tun oder denken oder finden oder kochen, woran sie arbeiten, welche Musik sie hören und in den letzten Wochen und Monaten gelegentlich: welche Partei sie mögen oder nicht mögen. Denn natürlich wird auf 140 Zeichen Wahlkampf getrieben. Der Platz reicht dicke. Die Aussagen der Politiker, ihrer Plakate und Wahlwerbespots kann man locker auf 140 Zeichen eindampfen. Eigentlich sogar noch weiter. Bis auf null. Egal. Anderes Thema.
Das nun also ist Twitter, ganz grob umrissen: Ein Dienst, auf dem man sich austauscht, über den man mit Menschen in Kontakt bleibt oder überhaupt erst in Kontakt tritt. Es gibt viele interessante Leute hier zu entdecken, die sehr viel mehr zu erzählen haben als: „Meine Marmelade ist schimmelig. Igitt.“ Ehrlich. Ich schwör’s.