Teil 2: Lebenszyklen, Marktsegmente und neue Wettbewerbsstrategien: Open-Source-Geschäftsmodelle im Wandel
Die Definition des Begriffs „Aufschwung“ ist relativ. Das aktuelle, lediglich zyklisch bedingte Hoch der deutschen und europäischen Wachstumsraten kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die mittel- und langfristigen Perspektiven weniger rosig sind. DB Research, ein Think Tank der Deutschen Bank, geht beispielsweise von nur 1,5 Prozent durchschnittlichem Wachstum für Deutschland bis zum Jahr 2020 aus [1].
Doch wie sieht es in der IT-Branche aus, die seit 25 Jahren immer wieder zur Wunderbranche deklariert wird? Eine Studie der EITO (European Information Technology Observatory) geht derzeit von nur 2,9 Prozent Wachstum in Europa aus [2], womit das Branchenwachstum kaum über dem der Gesamtwirtschaft liegt und die Renditen nachlassen. Viele Software-Unternehmer reagieren mit Sparmaßnahmen und denken über die Einführung von standardisierten und automatisierten Entwicklungsprozessen, den Aufbau und Einsatz von Bibliotheken und ähnliche Mittel mit entlastendem Charakter nach. Ebenso wie Outsourcing haben auch diese Maßnahmen ihre Berechtigung. Sie verschaffen Freiräume und verbessern die Produktivität. Sie stellen jedoch noch längst keine wirkliche Strategie dar, auf die sich ein Open-Source-Dienstleister in Zukunft stützen kann.
Markteinsichten
Auf den ersten Blick erscheint es verwunderlich, dass die IT-Branche nicht boomt – stößt doch der IT-Vertriebler immer wieder auf mittelständische Kunden, die mit erstaunlich veraltetem IT-Equipment arbeiten und vom technologisch-organisatorischen „State-of-the-Art“ weit entfernt sind. Ein gigantischer Investionsrückstau könnte also durch fulminante Auftragsfluten aufgelöst werden – zumindest theoretisch. Trotzdem bleibt das Geschäft zäh und der Großteil der potenziellen Kunden zurückhaltend. Überlegungen zur Zukunftssicherung in einem lahmenden Markt – durch Anpassung des Geschäftsmodells – sind also durchaus angebracht. Ein wenig Hintergrundanalyse fördert interessante Erkenntnisse zutage.
Reihenfolge | engl. Bezeichnung | dt. Bezeichnung | Anteil |
1 | Innovators | Innovatoren | 2,5% |
2 | Early adopters | Frühe Übernehmer | 13,5% |
3 | Early majority | Frühe Mehrheit | 34,0% |
4 | Late majority | Späte Mehrheit | 34,0% |
5 | Laggards | Nachzügler | 16,0% |
Untersuchungen zu den Diffusionsprozessen von Technologien und Innovationen zeigen meist eine klassische Häufigkeitsverteilung der Innovationsneigung von Käufern, die in der Tabelle exemplarisch dargestellt ist. Typischerweise entstehen fünf Gruppierungen, wobei „Innovators“ die begeisterungsfähigsten Kunden sind, während die „Laggards“ die letzten Nachzügler darstellen. Aus dieser Normalverteilung der Übernahme von Innovationen ergibt sich, dass Diffusionen meist einem non-linearen, S-förmigen Verlauf folgen, den man als Lebenszykluskurve bezeichnet: Anfänglich schwaches Wachstum geht nach einem Durchbruch in eine Phase schnellen Wachstums über. Darauf folgt eine Beruhigung und schließlich die Degeneration. Im Fall von TYPO3 entspricht die dargestellte S-Kurve der Anzahl an bestehenden Installationen.
Nach der großen Welle
Einer der wesentlichen Faktoren für die in der Abbildung dargestellten abflachenden Wachstumsraten ist neben den strukturellen Veränderungen unter den Anbietern eines Marktes vor allem die Tatsache, dass es in späteren Phasen des Zyklus schwieriger wird, die „Late majority“ und die „Laggards“ zu überzeugen. War die Wachstumsphase noch von wenigen etablierten Anbietern bei starker Nachfrage und attraktiven Preisen gekennzeichnet, so folgt bald darauf Ernüchterung, weil das Tempo nicht beibehalten werden kann. Darüber hinaus werden durch gute Renditeaussichten neue Anbieter angelockt, die den Wettbewerb durch aggressive Preise „verderben“.
TYPO3 ist technisch nicht leicht zu beherrschen, insofern gibt es Eintrittsbarrieren in diesen Markt. Allerdings kann mittels Aldi-PC, „schlauem Buch“ und ein bisschen Webspace im Handumdrehen eine neue Agentur geboren werden. Die Käuferseite erkennt zunächst einmal lediglich, dass aggressive Preise angeboten werden, was unabhängig von der tatsächlichen Leistungsfähigkeit ausreicht, um das Wettbewerbsgefüge zu verändern.
Weitere Faktoren: Vor wenigen Jahren konnte man die Anzahl der Content Management Systeme noch an einer Hand abzählen. Jüngste Zahlen gehen heute von rund 700 Systemen im Wettbewerb aus. Der Wettbewerb wird dabei nicht nur innerhalb der Community schärfer, sondern auch zwischen den Systemen. Dazu kommt, dass Content Management Systeme heute sehr viel selbstverständlicher sind – sie sind zu sogenannten „commodity“-Gütern geworden. Das alles lässt Verteilungskämpfe entstehen. Die Ursache des Problems ist dabei eine plötzlich sehr weitgehende Vergleichbarkeit aller Softwaresysteme und aller Dienstleistungsanbieter. Hinzu kommt in der TYPO3 Community noch der anstehende Wechsel von Version 4 auf Version 5.
Trendbruch
An die im TYPO3-Umfeld derzeit eingetretene dritte Phase des Lebenszyklus schließt sich die Degenerationsphase an, die zahlreiche Zukunftsfragen aufwirft. Die Zeit von TYPO3 Version 4.x nähert sich dem Ende und mit Erscheinen der Version 5 vermutlich auch die eines Großteils der TYPO3-Extensions.
Trendbruchartige, diskontinuierliche Veränderungen sind gerade in technikintensiven Branchen häufig. Mit der Arbeit an TYPO3 Version 5.0 scheint sich ein solcher Trendbruch anzubahnen. Sieht man sich die aktuell publizierten Konzepte und die Roadmap von „Phönix“ an, so wird klar, dass vieles bei der Entwicklung über Bord gehen wird, um die Bahn für wichtige neue Elemente und Funktionen frei zu machen. Version 5 scheint geeignet zu sein, einen zweiten Lebenszyklus einzuleiten, der ebenfalls wieder in den klassischen Lebenszyklus-Phasen verlaufen dürfte. Das bedeutet: Eine Zeit lang werden Version 4 und Version 5 parallel zum Einsatz kommen. Eine kritische Diagnose könnte dabei lauten: Community und TYPO3-Markt sitzen zur Zeit „zwischen zwei Stühlen“ – nämlich zwischen Version 4 und Version 5. Zudem werden sich beide Versionen gleichzeitig in Phasen schwachen Wachstums befinden.
Während die Verbreitung von Version 4 in die Degenerationsphase tritt, läuft bei Version 5 die erste Phase des neuen Zyklus an. Aufgrund der vermutlich bei vielen Extensions fehlenden Kompatibilität wird es viele Migrationsprobleme geben. Umstellungen von Websites auf Version 5 werden vorgenommen, sobald die wichtigsten Extensions für TYPO3 5.0 verfügbar sind. Dabei werden die „Innovators“ erneut diejenigen sein, die zuerst umstellen. Nach einer Anfangsphase, also nachdem sich Know-how verbreitet hat und immer mehr Extensions für Version 5 verfügbar sind, wird sich der neue Zyklus in eine Wachstumsphase begeben, in der auch „Early Adopters“ die neue Leistungsfähigkeit von der Version 5 in Anspruch nehmen wollen.
Die neuen Funktionen von TYPO3 5.0, beispielsweise die bessere Integrierbarkeit durch SOAP, WebDAV und das Content Repository, eröffnen dabei neue Chancen. Version 5 dürfte zweifelsohne erste wichtige Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich TYPO3 in der abzusehenden neuen Welt stärkerer Integration einen guten Platz sichert.
Business, quo vadis?
Angesichts des abzusehenden Wandels stellt sich nun die Frage nach den Strategie-Optionen für Webagenturen und Entwickler. Weder der alte V4-Zyklus noch der neue V5-Zyklus versprechen kurzfristig attraktives Wachstum. Version 4 tritt bald in die vierte Phase (Degeneration) ein. V4-Installationen werden noch lange weiter bestehen, denn viele Anwender aus der Gruppe „Late Majority“ und zu viele „Laggards“ werden die Umstellung sehr lange hinausschieben wollen – schließlich läuft die Website ja weiterhin. Nichtsdestotrotz werden Agenturen und Entwickler, zusätzlich zu ihrem Tagesgeschäft, vorübergehend doppelten Aufwand für beide Versionen treiben müssen – doppelter Aufwand trotz schwachen Geschäfts. Vermutlich werden nicht alle Unternehmen die Umstellungsphase bestens überstehen. Zu knapp sind vielfach die Kalkulationen, zu niedrig die derzeitigen Einheits-Marktpreise, zu sehr werden die Zeitbudgets für die doppelte Einarbeitung und Fortbildung gesprengt, speziell bei sehr kleinen Teams. Daher ist durchaus mit einer gewissen Marktbereinigung zu rechnen.
Trotz gefallener Preise und verbesserter Leistungen: Das CMS-Umfeld ist für die Anwender beileibe kein Paradies. Laufend liest der typische Anwender von sensationellen Errungenschaften: von den sagenhaften Möglichkeiten des Bloggings im Marketing, von der Power des Permission-Marketing, von den Wachstumschancen von Onlineshops, von den Verheißungen des „User Generated Content“ für die Kundenbindung. Wie in der gesamten IT-Landschaft hagelt es Buzzwords und Verlockungen auf ihn nieder. Doch wenn er dann etwas Konkretes „haben will“, sieht es oft bescheiden aus: Die Masse der Dienstleister kann „alles einigermaßen“. Weite Teile der Branche bieten einen Einheitsbrei an Profillosigkeit. Kaum ein Anbieter ist zu einem angefragten Schwerpunktthema wirklich kompetent und bietet dort umfassende Problemlösungen zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen, die sich für den Anwender auch rechnen. Der mit Abstand größte Teil der Anbieter verzettelt sich auf zu vielen Baustellen. Infolgedessen gleichen sich die Leistungsprofile an, die Leistungsspektren und Anbieter werden weitgehend austauschbar – auch deswegen sind Preise und Renditen im Keller. Die Ansatzpunkte für neue, ertragsstärkere Strategien liegen daher genau in diesem Bereich.
Neue Strategien
Wettbewerbsstrategien sind nachhaltig und langfristig wirksame Konzepte für Geschäftsmodelle, die speziell im Hinblick auf verschärften, intensiveren Wettbewerb unter den Anbietern geeignet sind, sich gegen Wettbewerber durchzusetzen. Wettbewerbsstrategien fußen auf dem Gedanken, dass das handelnde Unternehmen sich einen Wettbewerbsvorteil von solcher Klarheit und von so ausreichender Höhe verschafft, dass die Vergleichbarkeit mit möglichst vielen Wettbewerbern stark eingeschränkt wird. Denn gerade die Vergleichbarkeit der Leistungsangebote auf dem Markt führt in den unrentablen (und manchmal auch ruinösen) Preiswettbewerb. Was eine Wettbewerbsstrategie also im Kern leistet, ist ein Unternehmen aus dem Intensiv-Wettbewerb herauszuführen. Der Wettbewerb soll quasi ausgehebelt werden.
Vielversprechend sind dabei Differenzierungsstrategien. Die Differenzierung, also das Erreichen einer überaus klaren Unterscheidbarkeit von Wettbewerbern und die Nutzung dieser Differenzierung als Wettbewerbsvorteil, wird durch akzentuiertes Setzen von Schwerpunkten im eigenen Leistungsprofil erreicht. Dadurch muss dem potenziellen Kunden ein Vorteil entstehen, der für ihn so attraktiv ist, dass seine Preisbereitschaft zunimmt. Zur Klarstellung: Hier ist nicht die Rede von einer lediglich via Werbung behaupteten besonderen Leistungsfähigkeit. Echte und wahrhaftige Differenzierung von Wettbewerbern funktioniert nur dann, wenn die Differenzierung substanziell ist. Sie muss deswegen meist auch tief und umfassend in ein Geschäftsmodell eingreifen. Die Dienstleistungen für Kunden sollten sich dabei gerade nicht (wie in der Praxis weit verbreitet) auf Entwicklung und Implementierung beschränken. Sie sollen noch weit darüber hinaus ausgebaut werden. Was der Kunde will, ist nicht die Bohrmaschine – was er will, ist ein Loch. Konkret: Ein Blog zu implementieren, ist zu wenig. Die anschließende professionelle, tatkräftige und ergebnisorientierte Unterstützung beim Online-PR bietet zusätzliches Differenzierungspotenzial und erhöht den Wettbewerbsvorteil, weil erfolgreiches Bloggen für den Kunden noch wirtschaftlicher wird.
Denkraster für Differenzierungsoptionen
Wettbewerbsdifferenzierungen lassen sich auf vielfältige Weise generieren. Sie können auf technologischen Fähigkeiten oder auf der Spezialisierung auf Marktsegmente beruhen (oder auf einer Kombinationen aus beidem). Sie können aus eigenen Kräften geschaffen und durch strategische Allianzen verstärkt werden. Einige Beispiele sollen hierfür als Anregung dienen.
Marktschwerpunkte
Nicht zuletzt durch das LiMUX-Großprojekt der Stadt München, bei dem 14.000 Desktop-PCs auf Linux migriert werden, ist die Nachfrage öffentlicher Einrichtungen nach Open-Source-Lösungen hoch [3]. Die Ersparnis bei Lizenzgebühren ist einer der Gründe dafür. Die für Spezialanwendungen der Behörden notwendige Flexibilität und Unabhängigkeit durch offene Quellen ist ein weiterer gewichtiger Grund. Eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) geht von einem Nachfragewachstum der „Öffentlichen“ von rund 25 Prozent jährlich aus [4] – viele Städte und andere Behörden wollen dem Münchner Pionierprojekt folgen. Insofern eröffnet sich hier also ein attraktives Marktsegment.
Auch TYPO3 könnte durchaus eine wichtige Rolle beim E-Government spielen. Die Akquisition bei Behörden verlangt allerdings besondere Kenntnisse und Erfahrung, nicht nur im speziellen Auftragsvergabeverfahren, sondern auch bei spezifischen Anforderungen und Standards in der öffentlichen IT. Hier besteht eine gewissen Hürde, quasi eine Markteintrittsbarriere für das spezifische Segment. Sicherlich ist nicht ausgeschlossen, dass ein Unternehmen sich hier einarbeiten und die Barriere überwinden kann. Der Abschluss einer langfristig angelegten strategischen Allianz, entweder auf vertraglicher oder gesellschaftsrechtlicher Ebene (Joint Venture, Merger), mit einem im Behördenvertrieb erfahrenen Partner, kann allerdings als alternativer Weg sinnvoll sein. Komplementäre Kompetenzprofile verbessern das gemeinsame Leistungsspektrum, erhöhen den gemeinsamen Differenzierungsvorteil und arrangieren beide Partner „auf Augenhöhe“. Gelingt der Eintritt in dieses Segment, so kann das Unternehmen sowohl von starker Nachfrage ausgehen als auch – aufgrund der Eintrittsbarriere – von eher niedriger Wettbewerbsintensität.
Funktionale Schwerpunkte
Für die Entwickler oder Betreuer wichtiger TYPO3-Extensions ergibt sich häufig ganz automatisch, dass sie ihren geschäftlichen Schwerpunkt auf die Funktion ihrer Extension legen. Rupert Germann beispielsweise ist innerhalb der Community bestens bekannt als „Mr. tt_news“. Es wäre kaum überraschend, wenn ein Großteil seiner geschäftlichen Aktivitäten ebenfalls im Bereich Darstellung flexibler Datensätze läge. Vermutlich wird niemandem eine höhere Kompetenz in diesem Bereich zugetraut als ihm. Gleichermaßen bauen andere Entwickler Differenzierungen auf, beispielsweise im Bereich Shop-Lösungen, Blogging, Web 2.0/Ajax, Tracking und Logging, multilinguale Websites mit komplexen Zeichensätzen oder Permission-Marketing. Für alle technischen Funktionen gilt, dass ein durchaus erheblicher Aufwand betrieben werden muss (Markteintrittsbarriere des Segmentes), um State-of-the-Art-Lösungen zu entwickeln. Sehr häufig allerdings fällt auf, dass Kompetenzen nur im technischen Bereich aufgebaut und kommuniziert werden. Dem Kunden fehlt dann trotz guter Technikkompetenz noch etwas. Was nützt einem Anwender eine brillante technische Lösung, wenn die Mailing-Aktion anschließend nicht zum gewünschten Erfolg führt?
Im Bereich des Permission-Marketings, also dem Werbe- oder Informationsversand mit ausdrücklicher Erlaubnis (Permission) des Kunden, sind spezialisierte Provider mit eigenen Mailingservern entstanden, weil mit den Standard-Hausmitteln auf den meisten Websites Permission-Marketing nicht richtig funktioniert. Diese Tatsache deutet darauf hin, dass hier Bedarf herrscht, der nicht ausreichend gedeckt ist. Schließlich wäre es für jeden Anwender wünschenswert, sein Permission-Marketing von der eigenen Website aus und mit integrierten Datenbeständen zu betreiben, anstatt den Versand und seine Adresslisten von einem externen Dienstleister bearbeiten zu lassen.
Permission-Marketing mit TYPO3 ist ein reiches Betätigungsfeld: Notwendig ist dabei nicht nur, „direct_mail“ oder andere Extensions rein technisch in den Griff zu bekommen. Dem Kunden die auf Marketingebene nötigen Services und Beratungsleistungen anzubieten, trägt entscheidend dazu bei, die Differenzierung aufzubauen und den Unterschied noch deutlicher zu machen. Auch hier sind ergänzende strategische Komplementär-Allianzen sinnvoll, denn sie erhöhen abermals die Lösungskompetenz im fokussierten Bereich.
Permission-Marketing-Spezialisten des technischen Bereichs können beispielsweise mit dem Adresshandel, mit Offline-Direktmarketing-Experten oder mit SEO-Spezialisten kooperieren. News- und Blogging-Experten kooperieren sinnvollerweise mit PR-Experten, Spezialisten für multilinguale Websites mit internationalen Offline-Agenturen und Übersetzungsbüros sowie Shop-Experten mit Logistik- und ERP-Spezialisten. Zur Verdeutlichung: Es wird nicht ausreichend sein, nur einige Installationen vorgenommen zu haben. Sofern wirkliche Differenzierung aufgebaut werden soll, muss die Lösungskompetenz im gewählten Fokus umfassend und erschöpfend sein. Alles andere „verwässert“ das Profil, die Differenzierungsstrategie funktioniert nicht und verbesserte Preise lassen sich nicht erzielen.
Integrationsschwerpunkte
Im Bereich der Integration und Konnektivität mit weiteren IT-Systemen findet sich ein weiteres großes und rasch wachsendes Betätigungsfeld. Unternehmen benötigen möglichst umfassende und nahtlose Integrationen,
um zu eleganten, produktiven und ganzheitlichen Lösungen zu gelangen. Das gilt unabhängig davon, ob die Integration zu einem CRM-, einem Groupware- oder ERP-System hergestellt werden soll und auch unabhängig davon, ob das Fremdsystem Open Source oder proprietär ist. Spezialisierungen sind hier über die Auswahl einzelner Fremdsysteme (z. B. vtiger, SugarCRM, eGroupWare, Exchange) oder über die generelle Orientierung (z. B. Workflow-Systeme oder Marketing- und Vertriebs-Support) möglich. Strategische Komplementär-Allianzen sind auch hier wieder ein interessantes Mittel, um die Differenzierung zu verstärken: Wer sich auf Groupware- und Workflow-Systeme spezialisiert, kann sinnvoll mit Organisationsberatern kooperieren. Ein CRM-Fokus passt gut zu Vertriebsberatern und -trainern oder auch zu Marketing-Spezialisten.
Die vorgenannten Beispiele zeigen, dass eine Differenzierungsstrategie nicht im Handumdrehen realisiert werden kann. Keinesfalls reicht es aus, sich beispielsweise als Experte für Tourismus-Websites auszugeben und dadurch auf Erfolg zu hoffen. Das Kommunizieren einer realen Differenzierung ist nur der finale Baustein. Wirkliche Differenzierung lässt sich nur herstellen, wenn sie sich in allen Wertschöpfungsaktivitäten widerspiegelt und ganzheitlich gelebt wird: In der Personalpolitik wie der Marketingkommunikation, im Vertrieb wie in der Technik, in der Produkt- und Servicepolitik wie in Finanzierung, in Kalkulation und PR. Die genannten Beispiele zeigen, dass es gerade die Mühen des Aufbaus einer Differenzierung sind, die Wettbewerber tendenziell davon abhalten, die Strategie zu imitieren. Strategisches Denken und Handeln erfordern Konzentration und Ausdauer.
Fazit
Auf Webdienstleister, gerade auch im TYPO3-Bereich, kommen schwierige Zeiten zu. Anpassungen der Strategie sind daher angebracht. Überlegungen zu funktionierenden Strategien müssen dabei schon per Definition tief
in Unternehmensstrukturen eingreifen. Sie berühren die „DNA“
eines Unternehmens, die grundlegende Zellstruktur. Und Stoffwechsel ist
auch in diesem Fall eine gesunde Sache. Die wesentlichen Denkraster und Kategorien sind dabei prinzipiell vom Fallbeispiel TYPO3 auch auf andere Märkte und Communitys übertragbar.
Teil 3 der Artikelserie „Open-Source-Geschäftsmodelle im Wandel“ erscheint in T3N Nr. 10 und befasst sich mit den Instrumenten und Methoden zur Bildung strategischer Allianzen als schnelles Mittel für die erweiterte und moderne Anpassung von Geschäftsmodellen. Denn Mergers, Acquisitions, Joint Ventures und reine Vertragspartnerschaften mit nationalen oder internationalen Partnern sind längst nicht mehr nur für große Unternehmen ein probates Mittel, den Wandel rascher zu gestalten.