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Personas für das UX-Design: Wer seine Nutzer kennt, erstellt bessere Websites

Personas helfen UX-Designern und Entwicklern dabei, bessere Entscheidungen zu treffen und effektiver zu kommunizieren. Wie man sie erstellt und anwendet? Eine Anleitung.

8 Min. Lesezeit
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(Grafik: Shutterstock/ Anatolir)


„Der Nutzer steht an erster Stelle, alles Weitere folgt von selbst“, lautet Googles berühmter erster Leitsatz. Inzwischen erkennen immer mehr Unternehmen, dass da was dran ist: Die Nutzerfreundlichkeit eines Produktes, einer Website oder einer App entscheidet über ihren Erfolg. Doch wer sind die Nutzer und was wollen sie? Gerade in der Konzeptions- und ­Entwicklungsphase ist das nicht immer leicht zu beantworten, weil Entwickler, UX-Designer und Product Owner den Nutzer überhaupt erst ­einmal kennenlernen und seine Ziele verstehen müssen. Sogenannte „Personas“ versprechen Hilfe bei der Gestaltung bedürfnis- und anforderungsgerechter Produkte. Sie sind eine gute Entscheidungshilfe, wenn UX-Designer das Für und Wider verschiedener Konzepte abwägen oder Product-Owner-Prioritäten setzen müssen.

Der archetypische Nutzer

Doch was ist eine Persona überhaupt? Schon 1999 schrieb Alan Cooper über die Idee in seinem Buch „The Inmates are running the Asylum: Why High-Tech-Products drive us crazy and how to restore the Sanity“. Seitdem haben sich die Entwicklungsmethoden verändert, viele Unternehmen entwickeln agil, nutzen User-­Stories oder Jobs-to-be-done. Und auch die Persona-Methode hat sich über die Jahre weiterentwickelt. Doch die Grundidee ist die gleiche geblieben: Cooper wollte ein Produkt nicht für eine vage Masse an Nutzern gestalten, sondern für einen ganz bestimmten Anwender – die sogenannte Persona. Einen fiktiven, archetypischen Nutzer mit repräsentativen Eigenschaften und Merkmalen. Eine Persona ist also keine echte Person, sie könnte aber existieren, weil sie auf den Erkenntnissen der Nutzerforschung basiert.

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Verschiedene Personas grenzen sich eindeutig durch unterschiedliche Ziele voneinander ab. Eine Persona vermittelt also ganz konkrete Anforderungen, Bedürfnisse und Ziele. Sich auf diese Weise auf eine – oder mehrere – Personas zu konzentrieren, erleichtert den Perspektivwechsel zur Nutzersicht und weg von subjektiven Sichtweisen und Argumenten aus dem Bauch heraus. Uneinigkeiten darüber, welche Funktionen „die Nutzer“ vermeintlich unbedingt wünschen, lassen sich so leichter auflösen. Denn dann gibt es wirklich eine ganz bestimmte Person, die sich ein konkretes Feature wünscht. Das Team spricht dann nicht mehr von „dem Nutzer“, sondern zum Beispiel von Anna oder Paul, die jeweils andere Ziele haben. Das Argument lautet dann nicht mehr „Die Nutzer wollen dieses Feature aber unbedingt“, sondern „Für Paul wäre das eine Arbeitserleichterung“ oder „Anna würde diese Funktion nicht nutzen“. Der Vorteil von Personas ist, dass sie die wichtigsten Ergebnisse der Nutzerforschung schnell und einfach bündeln sowie über Fotos und persönliche Eigenschaften Empathie erzeugen. So stehen sie im Laufe der Entwicklung bei wichtigen Entscheidungen immer im Fokus und ermöglichen sachliche Entscheidungen.

UX-Designer können mit Hilfe von Personas deshalb einfacher für viele Nutzer das Richtige entwickeln. Das hört sich zunächst vielleicht unlogisch an. Doch wenn diese eine Persona ihre Ziele erreichen kann und sie stellvertretend für die wichtigste Nutzergruppe steht, dann enthält das Produkt auch die wichtigsten Anforderungen. Allerdings müssen UX-Designer verschiedene Personas unterscheiden. Zum Beispiel entwickelt das Marketing ebenfalls Personas, um die von ihnen präferierten Zielgruppen voneinander abzugrenzen und neue zu erschließen. Diese Personas sind aus Marketing- oder Absatzanforderungen heraus erarbeitet. Sie haben daher einen inhaltlich anderen ­Fokus und eignen sich nicht für die Konzeption und Entwicklung. Bei Design-Personas lassen sich zudem User-Personas und Proto-­Personas (auch Adhoc-Personas) unterscheiden. User-Personas sind datenbasierte Personas, die auf Nutzer-Analysen beruhen. Proto-Personas sind die vereinfachte Variante: Sie basieren auf bereits vorhandenen Daten und Erkenntnissen zu den Nutzern (aber nicht auf reinen Vermutungen) und vermitteln ein erstes Verständnis von der Zielgruppe. Das ist zwar schnell und günstig, beschränkt aber die Tiefe und Lebhaftigkeit. Man kann mit Proto-­Personas starten, sie sind aber weniger belastbar und sollten daher nicht als Grundlage für strategische Entscheidungen dienen. Sonst entwickelt ein Unternehmen am Ende am wirklichen Bedarf vorbei.

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Personas erstellen

Personas sind also auf keinen Fall ausgedachte Nutzer, die in einer Brainstormingsession entstanden sind. Dann besteht die Gefahr, dass sich ein Team seine Wunschwelt ausmalt und am tatsächlichen Bedarf vorbei arbeitet. Doch wie gelangen Unternehmen an gute, belastbare Fakten für ihre Personas? Der erste naheliegende Schritt sind natürlich bereits vorhandene Daten aus unterschiedlichen Quellen. Web-Analytics-Daten können beispielsweise Aufschluss über den Prozentsatz der mobilen Nutzer oder über die Nutzungsdauer einer App geben. Aus den am häufigsten aufgerufenen Seiten können sie erste Erkenntnisse über die Bedürfnisse der Nutzer ableiten. Auch typische ­Verlaufspfade lassen Rückschlüsse zu. Anhand der Daten können UX-Teams Nutzersegmente bilden, die sich unterschiedlich verhalten und verschiedene Ziele verfolgen.

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Support-Anfragen können hingegen Hinweise zu möglichen Problemstellen geben. Allerdings bleiben dabei die Nutzer außen vor, die keine Probleme oder Fragen haben. Über allgemein zugängliche Statistiken und Marktanalysen können Unternehmen außerdem ableiten, welche Dienste die Menschen allgemein nutzen oder wie sie bestimmte Marken wahrnehmen. Zielgruppensegmente geben schließlich Anhaltspunkte für die demografische Zusammensetzung der Nutzer. Weiß ein Unternehmen bisher wenig über seine Nutzer, können Onsite-Umfragen weiterhelfen. Anhand konkreter Fragen – etwa nach Anliegen und Problemen der Nutzer – können sie herausfinden, was ihre Nutzer bewegt. Statt einer groß angelegten Umfrage bieten sich dabei mehrere kleine Umfragen an – denn je geringer die Hürde zur Teilnahme ist, desto mehr Antworten erhält das Unternehmen.

Alle diese quantitativen Daten haben jedoch einen Nachteil: Sie zeigen zwar was Nutzer tun, aber nicht warum. Daher sollten Personas nicht nur auf quantitativen Daten basieren, eine qualitative Nutzerforschung ist unerlässlich. Dabei gibt es verschiedene Methoden. Für die Entwicklung einer firmeninternen Software bieten sich beispielsweise kontextuelle Interviews an, bei der verschiedene Anwender (etwa die Hotline, die Vertriebsmitarbeiter oder der IT-Support) in ihrer täglichen Arbeits­situation beobachtet und interviewt werden. Dadurch erfährt das UX-Team nicht nur, in welchen Situationen und warum die Mitarbeiter ein bestimmtes Ziel erreichen wollen. Es erkennt auch, welche Arbeitsschritte die Software schon gut unterstützt und welche besonders proble­matisch sind. Dabei sollten Unternehmen alle Nutzer­gruppen einbeziehen, da sie unter Umständen unterschiedliche Anforderungen an das System haben. Ein ­Support-Mitarbeiter braucht wahrscheinlich einen guten ­Überblick über die Kundendaten, ein Vertriebsmitarbeiter wünscht sich hingegen eher Unterstützung bei der Produktberatung, etwa in Form automatisierter Vorschläge. Diese Unterschiede müssen Unternehmen identifizieren und in ihren Personas wiedergeben.

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Die qualitativen Erkenntnisse können Unternehmen durch quantitative Daten untermauern und verifizieren, die sie zum ­Beispiel durch eine Online-Umfrage erhalten. Auch Informationen zur Zielgruppe können eventuell in die Persona einfließen. In diesem Prozess entstehen in der Regel erst einmal zu viele Personas. Eine genauere Analyse zeigt, dass sich viele von ihnen miteinander verschmelzen lassen, da sie die gleichen Ziele und ähnliche Vorgehensweisen haben. Der Grund dafür ist, dass ­Personas eben keine Nutzergruppen zusammenfassen. Verschiedene Nutzergruppen können auf der einen Seite ähnliche Anforderungen an das System haben. Auf der anderen Seite kann es innerhalb einer Nutzergruppe unterschiedliche Anforderungen an das System geben. In jedem Fall sind trennscharfe Personas das gewünschte Ergebnis.

So knapp wie möglich, so ausführlich wie nötig

Personas können wie ein Steckbrief oder Profil aussehen, mit einem Namen und einem Foto, bestimmten Ziele, Einstellungen und Vorlieben sowie soziodemographischen Merkmalen, etwa Alter und Geschlecht – meist nur implizit über das Foto und den Namen. Optional sind Attribute wie Beruf, Hobbys, Zitate, die bevorzugte Markenwelt oder ein Haustier. Welche Attribute eine Persona haben sollte, ist von Fall zu Fall verschieden. Oft nutzen Unternehmen auch Skalen, um bestimmte Kriterien verschiedener Personas visuell darzustellen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal von Personas eines Produktes sind jedoch ihre Ziele, da sie den größten Nutzen für die Konzeption und Entwicklung haben. Personas enthalten jedoch keine konkrete Lösung für ein Problem. Der Fokus einer Persona liegt immer auf ihren Zielen und Verhaltensweisen. Aus ihnen können sich dann Lösungen für verschiedene Fragestellungen ergeben. Grundsätzlich sollten Personas so knapp wie möglich und so ausführlich wie nötig gehalten sein. Kurz: Sie müssen so einprägsam sein, dass Designer, Entwickler oder Product-Owner sie im Tagesgeschäft einfach und schnell einsetzen können. Niemand merkt sich endlosen Text oder aussagelose Beschreibungen.

Wie viele Personas sinnvoll sind, hängt vom Produkt ab. In den seltensten Fällen reicht eine Persona aus. Das würde bedeuten, dass es nur eine einzige, völlig homogene Nutzergruppe gibt. Auf der anderen Seite ist es nicht hilfreich, zwanzig Personas zu entwickeln, weil sich die niemand merken kann. In der Praxis hat sich eine Mindestzahl von drei Personas und ein Maximum von zwölf als hilfreich erwiesen, wie auch Alan Cooper anmerkt. In jedem Fall müssen sich die Personas klar voneinander abgrenzen. So verlangt ein Projekt vielleicht drei klar definierte Personas, ein anderes jedoch zehn Personas, weil sich hier die Ziele der Nutzer stärker unterscheiden. Das Beispiel eines Immobilienportals kann das veranschaulichen: Das Projekt beginnt beispielsweise mit drei Personas, jeweils eine für Immobilien-Käufer, Mieter und Immobilien-Makler. Später zeigt die Nutzerforschung, dass die Nutzergruppe der Immobilien-Käufer und -Makler in sich sehr heterogen sind, sodass pro Gruppe mehrere Personas entstehen, die jeweils unterschiedliche Ziele und Anforderungen haben. Dieses Beispiel zeigt auch den Unterschied zwischen Nutzergruppe und Persona. Zu Beginn sollten immer die primären Personas entstehen. Sie entsprechen den Hauptzielen, die das System erfüllen muss. Teilweise decken die primären Personas auch die Ziele der sekundären Personas mit ab. So entsteht eine Priorisierung der Ziele, die das Team noch nicht berücksichtigt hat.

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Personas richtig anwenden

Die perfekteste Hochglanzgestaltung einer Persona nützt jedoch nichts, wenn diese sofort in einer Schublade verschwindet. Denn nur wenn UX-Designer, Projektleiter und Entwickler die Personas akzeptieren, wird ihr Einsatz an den richtigen Stellen die richtigen konzeptionellen Entscheidung bewirken.

Um Akzeptanz bei allen Stakeholdern des Projektes zu wecken, kann es beispielsweise helfen, diese in den Research-­Prozess einzubeziehen. Denn auf diese Weise erhalten Entwickler, ­Designer, Manager und Marketing neue Perspektiven: Wer sieht, dass tatsächlich Nutzer hinter den Personas stehen und miterlebt, wie sie wirklich vorgehen, bewertet vieles im Nachhinein anders. Auch wie das Research-Team die Personas im ­Unternehmen einführt, ist ein sehr wichtiger Punkt. Ein Workshop, in dem alle Beteiligten die Personas ausführlich kennenlernen und erfahren, wie und aufgrund welcher Nutzerforschungsmethoden die Personas entstanden sind, ist das Mindeste. In diesem Workshop sollte das Team auch lernen, wie es in Zukunft mit den Personas arbeitet. Zum Beispiel, dass alle eine Aussage wie „Die Nutzer könnten dieses Feature gut gebrauchen“ ersetzen durch Formulierungen wie „Anna muss an dieser Stelle dieses und jenes tun können“. Dabei hilft es, in diesem Rahmen gemeinsam beispielhafte Diskussionen über Funktionen durchzuspielen.

Schließlich müssen Personas jedem Mitarbeiter digital zur Verfügung stehen. Außerdem sollte ein Ausdruck in jedem ­Meeting hängen, in dem das Team über Nutzeranforderungen oder Priorisierungen zur Umsetzung entscheidet. Viele Unternehmen hängen Poster von Personas an die Wand, damit sie allgegenwärtig sind. Weitere Ideen – vom Pappaufsteller bis zum Kaffeebecher mit dem Persona-Portrait – können helfen, die ­Personas in den Köpfen aller zu verankern. Hier kann jeder ­kreativ werden.

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Fazit

Personas führen nicht nur zu besseren Design-Entscheidungen, sondern auch zu einer effektiveren Kommunikation. Der Grund: Sie schaffen ein einheitliches Bild bei allen Beteiligten und
erzeugen Empathie für die Bedürfnisse der Nutzer. Damit es zu keinen Wunschwelten und Fehlentscheidungen kommt, müssen Personas jedoch auf validen Ergebnissen der quantitativen und qualitativen Nutzerforschung beruhen. Wenn dann auch noch ihre Einführung im Team gut gemacht ist, sind sie für jedes
Unternehmen ein echter Gewinn.

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