Die ReDI-School zeigt, wie erfolgreiche Integration geht

(Foto: dpa)
Arbeit. Nichts erhofften sich die Menschen, mit denen Anne Kjær Riechert im Herbst 2015 in Flüchtlingsunterkünften sprach, sehnlicher für ihr Leben in Deutschland. Kjær Riechert dachte an die zahlreichen unbesetzten Stellen im IT-Sektor und beschloss: diese Kombination hat Potenzial.
Zweieinhalb Jahre später büffeln 300 Studierende an der ReDI School of Digital Integration in Berlin und München Python, Java, CSS und Design. Geflüchtete, Menschen mit anderen Migrationshintergründen und bedürftige Deutsche drücken zusammen die Schulbank: „Das haben sich die Teilnehmer selbst gewünscht. Und nur so funktioniert interkulturelles Lernen“, sagt Kjær Riechert. Ein weiterer Erfolgsfaktor: Das Engagement von Universitäten und Unternehmen wie Facebook, Klöckner & Co. oder Cisco, die Räumlichkeiten, Geld und Sachspenden zur Verfügung stellen. Von der lebendigen ReDI-School-Community profitieren deren Schüler langfristig: Mehr als 18 Prozent der Ehemaligen hatten bei einer Erhebung im Januar einen Job in der IT-Branche, fast 28 Prozent ein Studium aufgenommen. Weitere 40 Prozent absolvierten ein Praktikum, arbeiteten branchenfremd oder hatten selbst gegründet.
Trotz deutscher Bürokratie: Gründung einer gemeinnützigen GmbH
Dass Anne Kjær Riechert 2015 so schnell auf die Krise reagieren konnte, war kein Zufall: Seit 2013 schon brachte sie Menschen aus dem NGO- und IT-Sektor über das Berliner „Peace Innovation Lab“ für gemeinsame Projekte zusammen. Ein idealer Nährboden für die ReDI School. Trotzdem gab es Anlaufschwierigkeiten: Die Gründung einer gemeinnützigen GmbH etwa gelang nur dank kostenloser Rechtsberatung und privater finanzieller Hilfen. Und: „Das Verfahren hat drei Monate gedauert – für uns als Startup eine Ewigkeit!“
Die deutsche Bürokratie hat die Gründerin immer wieder zum Kopfschütteln gebracht. Etwa, als sie vier geflüchtete Frauen in der ReDI School anstellen wollte: „Die Energie und Zeit, die es uns gekostet hat, alle vier Anträge durchzubringen – ein Wahnsinn“, sagt Kjær Riechert. „Wenn schon wir, die wir mit den Abläufen vertraut sind, solche Probleme haben – wie schwierig wird es dann für andere Unternehmen, Flüchtlingen einen Job zu geben?“ Oder die Anerkennung als Weiterbildungsinstitution, mit der die ReDI School endlich offiziell Diplome ausstellen könnte: ein monatelanger Aufwand für das Team. Ende: nicht absehbar. Kostenpunkt: mehr als 30.000 Euro.
Kjær Riecherts Standortbeurteilung fällt trotzdem mehr als positiv aus: „Die überwältigende Anzahl an Menschen, denen ich in den letzten Jahren begegnet bin, war hilfsbereit, kompetent und motiviert – in Unternehmen, Behörden und privat.“ Im Silicon Valley werde vieles bewusst positiv gezeichnet, in Deutschland sei man eben vorsichtiger. Nicht der schlechteste Ansatz, findet Kjær Riechert. Von der gründlichen Prüfung ihres Vorhabens, eine gemeinnützige GmbH zu gründen, habe die ReDI School letzten Endes klar profitiert.
Mitmachen
Weitermachen
Auch codedoor.org, das in mehreren deutschen Städten einen ähnlichen Ansatz verfolgt, sucht Tutoren.
Das Netzwerk wir-zusammen.de informiert und hilft Unternehmen dabei, Jobs für Geflüchtete zu schaffen.
Who to follow
Anne Kjær Riechert ist Mitgründerin und CEO der ReDI School.
@anneriechert
Anke Domscheit-Berg ist Publizistin und Netzaktivistin und initiierte den ersten Refugee-Hackathon.
@anked