Schlanke Display-Mirroring- und Streaming-Lösungen im Vergleich: TV in schlau
Der Wunsch, Inhalte vom Computer-Bildschirm auf den Fernseher zu übertragen, ist so alt wie der Computer selbst. Allerdings stand bis vor wenigen Jahren stets ein Problem im Weg: lästige Kabel. Eine kabellose Übertragung von Bildsignalen wurde erst in den letzten Jahren dank steigender Bandbreiten bei Funktechniken ermöglicht.
Es ist ein Irrglaube, dass Google mit dem Chromecast den Markt für kleine Streaming-Geräte erst erschaffen hat. Schon seit Jahren gibt es ähnliche Produkte. Allerdings sind diese entweder technisch unausgereift, die Macher verfügen nicht über genug Marketing-Budget, um im Massenmarkt anzukommen, oder die Geräte sind zu groß und zu kompliziert zu bedienen. Google ist nun dabei, in diesem Bereich etwas zu tun, was man so eigentlich eher von Apple kennt: eine bestehende Technik zu vereinfachen und für den Massenmarkt tauglich zu machen.
Google Chromecast
Eigentlich handelt es sich bei Googles Chromecast nicht um ein Streaming-Device im klassischen Sinne. Im Endeffekt sieht es für den Nutzer nur so aus, als ob beliebige Inhalte vom Smartphone, Tablet oder PC auf den Fernseher gestreamt werden könnten.
Technisch überträgt Chromecast nicht etwa einen vollwertigen Videostream, sondern nur Steuerungsdaten zwischen dem jeweiligen Client und dem Chromecast. Das beinhaltet die Adresse zur jeweiligen Internetquelle sowie die aktuelle Position beim Abspielen. Der Chromecast ruft die entsprechende Quelle dann selbstständig auf und spielt die Datei ab der gegebenen Position weiter ab. Das eigentliche Steuergerät beziehungsweise die vermeintliche Quelle (Smartphone, Tablet, Computer) kann dann auch abgeschaltet werden. Lediglich die im Beta-Stadium integrierte Funktion zum Übertragen von Browser-Tabs in Googles Chrome überträgt tatsächlich ein Bildsignal vom Client zum Fernseher – mit Umweg über die Google-Cloud.
Der Nachteil des besagten „Pseudo-Streamings“ ist offensichtlich: Die entsprechende App oder Quelle muss das Chromecast-Protokoll unterstützen. Ein einfaches Abspielen von Video-Dateien oder das Übertragen eines gesamten Bildschirminhalts (zum Beispiel eine Powerpoint-Präsentation oder ein Spiel) ist nicht ohne Weiteres möglich. Momentan gibt Google Entwicklern nur nach und nach Zugriff auf das Chromecast-SDK, sodass unterstützte Anwendungen noch sehr rar sind.
Echte Alternativen, die dieses Prinzip des Pseudo-Streamings ebenfalls verwenden, gibt es bisher nicht. Alle bekannten Produkte, die augenscheinlich den gleichen Zweck erfüllen, sind Streaming-Devices im eigentlichen Sinn. Das heißt, sie übertragen tatsächlich ein Video vom Client zum Fernseher. Das macht sie unabhängig von den jeweiligen Apps oder Anwendungen, hat aber meistens höhere Kosten und größere Endgeräte zur Folge, da echtes Streaming mehr Rechenleistung und Bandbreite benötigt.
AirPlay
Apple hat im Streaming-Bereich mit AirPlay schon seit vielen Jahren ein ausgereiftes Produkt im Portfolio. Immerhin war Apple eine der ersten Firmen in diesem Markt. Zunächst konnte das Protokoll nur Audio-Inhalte übertragen, aber seit 2012 kann auch der gesamte Bildschirm von Mac- und iOS-Geräten gespiegelt werden.
Wie so oft legt Apple dabei den Schwerpunkt vor allem auf eine simple Integration und Bedienung. Software muss nicht installiert werden. Befinden sich alle beteiligten Geräte in einem Netzwerk, genügt ein Klick auf die Taskleiste und schon können Audio- und Videosignale übertragen werden. Als kleinste Empfangseinheit für AirPlay-Videosignale dient der „Apple TV“. Der Mediaplayer für rund 100 Euro wird einfach per HDMI und WLAN mit Fernseher und Netzwerk verbunden und kann dann Streams von Mac, iPhone und iPad entgegennehmen.
Inzwischen können aber auch Dritthersteller AirPlay-Receiver-Funktionalität in ihre Produkte einbauen. Zudem können einige Anwendungen für Android und Windows als AirPlay-Sender arbeiten. Als prominentes Beispiel für einen AirPlay-Empfänger kann etwa die Mediacenter-Software XBMC herhalten. Da XBMC auf nahezu jeder Plattform lauffähig ist, lassen sich in Kombination mit einem Raspberry Pi oder Android-HDMI-Stick sehr günstige und einfache AirPlay-Receiver bauen.
Für einen derartigen Selbstbau braucht es nicht viel: Entweder man bedient sich einer fertigen Lösung in Form eines Android-HDMI-Sticks. Diese Geräte kosten zwischen 20 und 100 Euro und stammen meistens von unbekannten asiatischen Herstellern. Die Ausstattungen variieren stark und es ist schwer, pauschale Empfehlungen abzugeben. Auf einem derartigen Stick kann anschließend einfach über den App Store der Plex-Client installiert werden.
Wer lieber etwas mehr bastelt, ist mit einem AirPlay-Receiver auf Raspberry-Pi-Basis gut beraten. Den Mini-Computer gibt es für etwa 40 Euro überall zu kaufen. Mit einem Handy-Netzteil oder über den Fernseher wird der kleine PC mit Strom versorgt und kann anschließend mit einer von vielen Linux-Distributionen bespielt werden, die XBMC bereits enthalten und perfekt auf den Betrieb mit dem Raspberry Pi abgestimmt sind. Populäre Beispiele sind XBian [1], Raspbmc [2] oder OpenELEC [3].
Miracast
Seit September 2012 gibt es mit Miracast offiziell einen herstellerübergreifenden Standard für die kabellose Bildschirmübertragung zwischen verschiedenen Geräten. Viele große Hersteller wie etwa Intel, Broadcom, Nvidia und Realtek unterstützen den Standard, und inzwischen verfügen auch viele Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Fernseher über eine Miracast-Zertifizierung. Obwohl die – für Hersteller relativ teure – Miracast-Zertifizierung sicherstellen soll, dass alle Geräte untereinander kompatibel sind, sieht es in der Praxis anders aus. Im Alltagseinsatz verweigern viele Gerätekombination aus unerfindlichen Gründen den Dienst. Internetforen sind voll von verärgerten Kunden, deren Miracast-Produkte nicht miteinander kommunizieren wollen.
Auf Softwareseite bringen Android 4.2 und Windows 8.1 eigentlich alles mit, um ab Werk Miracast-kompatibel zu sein (die entsprechende Hardware vorausgesetzt). Prominente und aktuelle Geräte mit Miracast-Unterstützung sind zum Beispiel das Motorola Moto X, das Nexus 5, Samsungs Galaxy S4 oder das HTC One. In der Theorie sollte sich ein kompatibler Fernseher oder Receiver einfach in den System-Einstellungen der besagten Geräte als Monitor auswählen lassen und anschließend den Bildschirm des Smartphones duplizieren.
Ältere Fernsehgeräte ohne Miracast-Kompatibilität können mit externen Empfängern nachgerüstet werden (zum Beispiel Samsung EAD-T10E Link Cast Dongle oder Netgear PTV3000). Mit WiDi (Wireless Display) unterhält Intel außerdem einen weiteren proprietären Standard, der Miracast aus technischer Sicht sehr ähnlich ist. Aus diesem Grund sind die meisten WiDi-fähigen Endgeräte mit einem Treiber-Update auch mit Miracast kompatibel.
Airtame
Eine vielversprechende Alternative zum Angebot der großen Firmen befindet sich gerade in der Mache und hört auf den Namen Airtame. Das dänische Startup hat über eine Crowdfunding-Kampagne etwa 800.000 US-Dollar eingesammelt, um eine kombinierte Hardware- und Software-Lösung für das Streaming des Bildschirminhalts via WLAN zu entwickeln.
Der AirTame-HDMI-Stick soll am Ende einfach in das Zielgerät eingesteckt und via microUSB mit Strom versorgt werden. Anschließend kann jeder WLAN-fähige Rechner mit Windows, Linux oder Mac OS über die Airtame-Software den Bildschirminhalt via WLAN übertragen lassen.
Eine Unterstützung für mobile Geräte auf Android- und iOS-Basis soll folgen. Airtame ist für 85 Dollar erhältlich und soll ab Mai 2014 ausgeliefert werden.
Samsung MultiScreen
Samsung entschied sich 2013 dafür, neben Miracast noch einen weiteren, proprietären Standard zum Display-Mirroring zu unterstützen. Das Konzept von Samsungs MultiScreen-Apps ähnelt stark dem Google Chromecast, da die Unterstützung in die Apps integriert werden muss. Der größte Nachteil bei diesem Verfahren: auf der Empfänger-Seite muss stets ein Smart TV von Samsung stehen.
Fazit
Leider schafft es keine der hier vorgestellten Techniken, komplett zu überzeugen, denn jede hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Dem Google Chromecast steht eine große Zukunft bevor, wenn die unterstützten Apps in Zukunft mehr werden – und dafür wird Google zu sorgen wissen. Außerdem ist der Preis von 35 Euro (seit März offiziell in Deutschland erhältlich) ein absolutes Kaufargument. Auch Miracast könnte einen Siegeszug antreten, wenn die Hersteller ihre Produkte endlich untereinander kompatibel machen. Miracast wird hoffentlich auch zukünftig in immer mehr Geräte integriert und könnte somit oftmals die preisgünstigste Lösung sein, weil kein zusätzliches Gerät mehr angeschafft werden muss.
Apple-Fanatiker sollten natürlich im AirPlay-Universum bleiben, sind aber mindestens auf eine relativ große und teure Apple-TV-Box als Empfänger angewiesen. Wer großen Wert auf Kompatibilität zu verschiedenen Betriebssystemen und Geräten legt, könnte ab Mai mit einem Airtame-Stick sehr gut beraten sein. Bastler kommen hingegen mit einer Selbstbau-Lösung auf Android- oder Raspberry-Pi-Basis günstig davon, und können außerdem mit AirPlay und Miracast arbeiten.