Social Newsrooms als Anlaufstellen für Presse, Mitarbeiter und Interessenten: Die Zentralisierung des Social Web
YouTube, Flickr, Twitter, Facebook, Foursquare, Posterous, Delicous. Die Liste der sozialen Dienste, die man heute nutzen kann, würde die kommenden Seiten sprengen. Die Profile von Firmen und Selbstständigen im Internet sind so zerfasert wie selten zuvor – Social Media sorgt für Präsenz und Kommunikation an dutzenden Stellen im Netz. Die eigene Website profitiert jedoch selten von der Informationsverteilung. Allerdings nimmt vor allem die Sichtbarkeit des eigenen Unternehmens auf diese Art ebenso zu, wie die Bindung an Fans, Konsumenten und Mitarbeiter. All diese werden mit einer Firma oder deren Produkten dort konfrontiert, wo sie sich aufhalten – auf Facebook, Twitter und Co.
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Dezentralisierung: Fluch oder Segen?
Für Unternehmen hat diese Dezentralisierung jedoch auch Nachteile: Die eigene Website – bisher wichtigste und von den eigenen Vorstellungen kontrollierte Bastion – verliert zunehmend an Aufmerksamkeit. Teilweise in einem Maß, das manchen Experten bereits dazu verleitet, das Ende der traditionellen Unternehmenswebsite auszurufen. Ganz so schlimm ist es sicherlich noch nicht, doch selbst wenn sich Unternehmen mit der dezentralen Entwicklung der eigenen Präsentation anfreunden, bleibt sie gleichzeitig doch ein Problem: Informationen wie Bilder, Texte, Videos und FAQs lagern auf den unterschiedlichsten Plattformen.
Während es durchaus sinnvoll ist, Inhalte den Plattformen anzuvertrauen, die technologisch auf sie spezialisiert sind, stellt diese Verteilung Unternehmen auch vor ein Vermittlungsproblem, wenn es beispielsweise darum geht, Journalisten gezielt auf diese Inhalte aufmerksam zu machen. Das Zusenden langer Linklisten, über die sich der Betreffende selbst bedienen muss, ist im Sinne des Kundenservices eigentlich keine Lösung.
Abhilfe bei diesem Vermittlungsdilemma schaffen Social (Media) Newsrooms [1]. Sie vereinen traditionelle Presse- und Unternehmensmitteilungen mit den Profilen und Aktivitäten, die auf verschiedenen Plattformen gepflegt werden. Das mag auf den ersten Blick wie eine Rolle rückwärts erscheinen – erst soll man seine Inhalte möglichst weit streuen und dann soll man sie wieder zurückholen? Tatsächlich ist dieses Konzept aber durchaus sinnvoll. Denn ein Social Newsroom kann gesteuert zur Vernetzung beitragen und sich zu einer zentralen Anlaufstelle für die Informationsbeschaffung von Journalisten, Kunden und Influencern entwickeln. Zusätzlich wird der eigene Inhalt auch wieder unter dem eigenen Namen von Suchmaschinen indiziert, die bei so manchem Netzwerk wie Facebook aufgrund technischer (JavaScript)-Barrieren in großem Maße noch außen vor bleiben.
Verschmelzung von Presseraum und Social Media
Social Newsrooms sind die konsequente Weiterentwicklung herkömmlicher Unternehmens-Pressebereiche, erweitern sie diese doch um den sozialen Ansatz. Die Räume sind offen für jeden, halten alle wichtigen Informationen frei vor und werden mit den Inhalten der Profile im Social Web ergänzt. Dabei findet die Konversation über die Nachrichten weiterhin auf den Plattformen statt, die sie beherbergen – der Social Newsroom ist ein Aggregator der verschiedenen Social-Web-Plattformen, ohne diesen durch beispielsweise Kommentarangebote Konkurrenz zu machen (Ausnahmen hiervon existieren natürlich).
Der Social Newsroom löst unter Umständen den traditionellen Pressebereich ab, erspart allerdings nicht die traditionelle Pressearbeit. Durch die Einbindung aller sozialen Kanäle, der offenen Bereitstellung von Profil- und Kontaktdaten eines direkten Ansprechpartners und der Möglichkeit, Informationen über RSS-Feeds zu verteilen, ist er ein konsequenter Schritt in Richtung Öffentlichkeit. So haben zuletzt unter anderem Coca Cola oder die Messe Köln mit diversen Veranstaltungen ihre bisherigen Presseräume durch einen Social Newsroom abgelöst.
Doch auch für kleine und mittelständische Unternehmen bietet die neue Art der Präsentation einen Mehrwert – können sich Blogger, Kunden und Geschäftspartner doch gleichermaßen und ohne große Mühe aus dem reichen Fundus bedienen und das Material für eigene Zwecke nutzen.
Verschiedene technische Ansätze
Für einen Social Newsroom gibt es keine universelle Lösung. Neben gehosteten Diensten wie etwa newsroom.eu bietet beispielsweise das Content Management System NOEO 3.0 [2] der gleichnamigen Münchener Agentur die Möglichkeit, Inhalte von Flickr, YouTube und Co. nicht nur zu importieren, sondern sie auch gleichzeitig für das Veröffentlichen eigener neuer Pressemitteilungen zu nutzen. Viele Newsrooms, insbesondere die größerer Unternehmen, beschränken sich allerdings auf das Aggregieren der Daten, die sie an anderen Stellen vorhalten. Angereichert mit Pressemitteilungen hält sich der Aufwand für die Pflege eines derartigen Newsrooms somit in Grenzen. Zusätzlich werden die Mitteilungen noch mit Sharing-Funktionen ausgestattet. Die Nutzung dieser dürfte sich allerdings ebenfalls in Grenzen halten – Journalisten und Blogger nutzen Material eher, um eigene Inhalte zu erstellen und diese anschließend zu verlinken, statt direkte Pressemitteilungen der Unternehmen selbst auf deren Plattformen weiterzugeben.
Der eigene Newsroom – der für Freelancer ebenso interessant sein kann wie für kleinere Firmen – bedarf keines großen Aufwands. Der Griff zum populärsten Weblog-System reicht, um eine gute, technische Grundlage zu nutzen. Das als Weblog-Software geborene WordPress hat sich dank seiner großen Verbreitung und einer bereitwilligen Gemeinschaft an Programmierern für jede Menge Aufgaben im administrativen Weballtag qualifiziert und bietet einen perfekten Einstiegspunkt für den einfachen Newsroom. Das System kann nicht nur den bisherigen Pressebereich ersetzen, indem es zum Einstellen neuer Mitteilungen genutzt wird. Vielmehr kann WordPress via Plugin auch Inhalte aus (RSS-)Quellen importieren und somit zum Social Media Newsroom ausgebaut werden.
Vom Blog zum Social Newsroom
Ein neu installiertes WordPress wird zusammen mit wenigen Plugins und einigen Template-Anpassungen schnell zum Aggregator. Serverseitig muss man für die vorgestellten Plugins PHP 5.x installieren und die cURL-Bibliothek aktivieren. Ein beispielhafter Social Newsroom soll sich bei den beliebtesten Social-Media-Diensten bedienen und eigene Flickr-Bilder, YouTube-Videos und Twitter-Meldungen anzeigen. Dazu kommt der Import eines Blog-Feeds.
Den Import von RSS-Feeds kann man über das Plugin FeedWordPress [3] und einen serverseitigen Cronjob realisieren (der Aufruf zur Aggregation kann auch manuell erfolgen). Die so importierten Inhalte werden als Einträge in die WordPress-Datenbank abgelegt und als normale WordPress-Beiträge behandelt.
Die Einstellungsmöglichkeiten von FeedWordPress sind mannigfaltig. Jede Einstellung des Plugins wird ausführlich erklärt und ist mit ein wenig technischem Verständnis leicht nachvollziehbar. Das Plugin kann mit den meisten RSS- und Atom-Feeds umgehen und importiert diese ohne Fehler – allein bei Feeds, deren Adresse viele URL-Parameter enthält oder die über einen SSL-Proxy gehen, verweigert das Plugin ab und an seinen Dienst. Abhilfe kann der Umweg über Services wie Feedburner oder Yahoo Pipes schaffen.
Mit den Plugins „Flickr Thumbnail Photostream“ [4], „Latest YouTube Video“ [5] und „Twitter Widget Pro“ [6] kann man die letzten Aktivitäten auf den entsprechenden Plattformen anzeigen. Die Plugins stellen Widgets zur Verfügung, die über das WordPress-Backend einfach angepasst und positioniert werden können. Dabei importieren sie nicht wie FeedWordPress die Daten, sondern zeigen diese nur über die Plattformen selbst an.
Empfehlenswert: Im Theme Sidebars für die unterschiedlichen Spalten und den Fußbereich der Seite definieren, sodass die Plugins, Kontaktdaten und Links zu den sozialen Netzwerken leicht neu positioniert und erweitert werden können. Ein WordPress-Theme mit beispielhafter Ausgabe der über die Plugins generierten Inhalte und ausführlichen Erklärungen im Quelltext kann man frei unter newsroom.medienrauschen.com herunterladen.
Fazit
Sowohl Konzerne als auch mittelständische Unternehmen und sogar
Freelancer profitieren von einem Social Newsroom. Schließlich aggregiert
dieser nicht nur die Inhalte von unterschiedlichen Social-Media-Plattformen, sondern beherbergt auch die Features des
herkömmlichen Pressebereichs. Darüber hinaus erhält man dank eines
Social Newsrooms die Kontrolle über Links zu den eigenen Marken und
Produkten zurück und erleichtert gleichzeitig allen Interessierten die
Informationsbeschaffung. Einen Social Newsroom mit WordPress aufzusetzen, ist kein Hexenwerk. Sowohl der Erstaufwand als auch die spätere Pflege halten sich in Grenzen.