Software eats Spaltmaße: Was Autokäufern wichtig ist – und warum Tesla liefert
Wortwitze lassen sie bei Tesla nicht liegen. Und so heißt die App, mit der die Nutzer seit Ende September Lieder im Auto mitschmettern können: „Car-aoke“. Sie ist Teil der Version 10.0, Teslas neuestem Software-Update in den USA. Endlich läuft auch Spotify, was Nutzer lange forderten, sowie das Actionspiel Cuphead und die Herbeiruffunktion, mit der sich das Auto per Smartphone aus der Parklücke herausrangieren lässt. Die Konzernlenker der deutschen Autobauer dürften über solche Spielereien wenig amüsiert sein. Und das nicht wegen der Features an sich. Sondern, weil niemand für die Software-Generalüberholung in die Werkstatt fahren muss. Eine Internetverbindung reicht. „Over the Air“-Update, wie sie bei Tesla sagen.
Was der US-amerikanische Hersteller von E-Autos da ermöglicht, klingt so revolutionär nicht. Software-Updates kennt jeder vom Smartphone oder Laptop. Die traditionellen Autobauer jedoch bekommen das meist immer noch nicht so recht hin. Hier offenbart sich die große Schwäche einer alten Branche: Ihre Autos sind als Meisterwerke des Maschinenbaus konzipiert und zu komplex, um nachträglich ein so simples Feature hinzuzufügen. Das hat sie angreifbar gemacht gegenüber neuen Playern wie Tesla und anderen Techfirmen aus den USA. Dort hat man längst verstanden, dass zukunftsfähige Mobilität Software in den Mittelpunkt stellen muss. Denn Mobilität wandelt sich, auch die individuelle und motorisierte. Die Trends sind vernetzte Dienste, Carsharing, Entertainment – und nicht zuletzt Elektromobilität und autonomes Fahren.
Zwischen 2020 bis 2030 wird der weltweite Markt von Software in der Automobilindustrie von 34 Milliarden auf 84 Milliarden US-Dollar wachsen, hat das Beratungsunternehmen McKinsey jüngst in einer Studie prognostiziert. Ondrej Burkacky, Mitautor der Studie und Partner in München, erklärt die steigende Bedeutung von Software: „Immer entscheidender wird beispielsweise die Connectivity, die Frage, wie sich das Smartphone mit dem User-Interface verbindet“, sagt er über das, was für Kunden heute beim Autokauf zählt. „Viel weniger relevant werden da Dinge wie die Spaltmaße der Türen.“
Das globale Rennen um die Mobilität in digitalen Zeiten läuft längst. Die deutschen Autobauer sind spät aus den Startlöchern gekommen. Jetzt suchen sie den Anschluss. Lange haben sie wie etwa Volkswagen lediglich hier und da an neuen digitalen Features gebastelt. Wenn überhaupt, dann wird mit deren Software-Kompetenz vor allem die skandalöse Manipulation von Abgasvorrichtungen in Verbindung gebracht. Das soll sich jetzt ändern. „Wir müssen auch zu einem Software-Unternehmen werden“, formuliert es etwa Herbert Diess, der Chef des Volkwagen-Konzerns. Auch bei BMW und Daimler werden nun Software-Sparten gefördert und Allianzen geschmiedet, um zu verhindern, dass datenhungrige Techfirmen weiter ihre Geschäftsmodelle ausbremsen.
Bis zu acht Betriebssysteme in einem Auto
Bei Volkswagen setzen sie auf den ID.3, einen putzigen Stromer, der ein wenig an den alten Beetle erinnert und für ganzheitliches digitales Denken stehen soll. Christian Senger, Software-Vorstand von VW, hat die Entwicklung vorangebracht. Der 45-Jährige ist gelernter Maschinenbauer, leitete aber bereits beim Automobilzulieferer Continental die Sparte „Automotive Systems & Technology“, bevor er 2016 zu VW ins Team „E-Mobility“ wechselte. Im Gegensatz zum E-Golf wurde nicht nur ein bestehendes Modell umgerüstet, sondern erstmalig im Konzern ein E-Fahrzeug am Zeichenbrett neu entworfen. „In der E-Mobilität gibt es eine klare Logik dafür, das Fahrzeug mit der digitalen Infrastruktur in Symbiose zu bringen“, sagt er. Software navigiert die Fahrer zur nächsten Ladestation, die Pausen werden für Entertainment genutzt und im Vergleich zum Verbrenner lassen sich auch im Ruhezustand Daten für Updates übermitteln.
Der VW-Manager ist sich sicher, wohin die Reise gehen muss: „Das Fahrzeug wird zu einem Smartphone auf Rädern. Je länger man es nutzt, desto individueller wird es und stellt sich auf die jeweiligen Bedürfnisse ein“, sagt er. Im März 2019 holte ihn der VW-Chef als Vorstand für das Ressort „Digital Car & Services“, um die sogenannte „Car.Software Unit“ aufzubauen. Dafür sind etwa sieben Milliarden Euro bis 2025 vorgesehen, heißt es in Unternehmenskreisen. Ziel sei es, eine markenübergreifende Einheit mit bis zu 10.000 Fachkräften aufzubauen, die unter anderem ein eigenes Betriebssystem für alle Fahrzeuge des Konzerns entwickelt. „Wir gehen als erstes Unternehmen in der Automobilwelt den Schritt, Hardware und Software organisatorisch in eigene Hände zu legen“, sagt Senger.
Auf die alten Schwergewichte der Branche wie VW mag die Aussage zutreffen. In Wahrheit ist jedoch Tesla, mit gerade einmal 48.800 Mitarbeitern, viel innovativer aufgestellt, sagt Stefan Bratzel, Professor an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach und Leiter des „Centers of Automotive Management“: „Aus meiner Sicht hat Tesla einen enormen Vorsprung, weil da das Fahrzeug auf Basis der Software konzipiert wurde.“ Dahin will auch VW mit seinen 655.722 Beschäftigten. Die Transformation muss nun ausgerechnet in einer Phase gelingen, in der die Branche mit Handelskriegen, dem Brexit und dem Umstieg auf E-Mobilität bereits mit genügend Hindernissen zu kämpfen hat. „Da hat es ein neuer Player natürlich leichter, der nicht mit einem Rucksack von bisheriger Produktion und Kompetenzen antritt.“, sagt der Professor.
Im VW-Konzern ist das markenübergreifende Vorhaben ein Novum. Für die Software-Einheit stellen Audi, Volkswagen und Porsche Führungsposten für Themen wie Connected Car und autonomes Fahren. Das löst eine über Jahrzehnte geförderte Kultur der Konkurrenz zwischen den Marken ab. „Wir können nicht länger schauen, ob sich die beste Lösung im konzerninternen Wettbewerb durchsetzt“, sagt Senger.
Auch das Verhältnis zu den Zulieferern stellt Senger infrage. Firmen wie Bosch, Continental und Schaeffler haben hoch spezialisierte Bauteile im Bündel mit der passenden Software an die Autobauer verkauft. Je mehr Fahrzeuge mit Sensorik, Displays, Batteriemanagement und anderer Hightech ausgestattet wurden, desto unübersichtlicher wurde es jedoch.
Senger nennt das Beispiel eines typischen Premiumfahrzeugs. Darin stecken zehn Millionen Zeilen Code, verteilt auf 70 Steuerungsgeräte, auf denen acht verschiedene Betriebssysteme laufen. „Wenn man das zukünftig nicht auf einer Plattform umsetzt, wird man regelmäßige Updates eigentlich niemals gewährleisten“, sagt Senger über die „Over the Air“-Updates, die ihm Tesla voraushat. Deshalb entwickelt Sengers Team nun das „vw.os“, ein einheitliches Betriebssystem für alle neuen Fahrzeuge des Gesamtkonzerns, das nun erstmalig beim ID.3 zum Einsatz kommt – zumindest in Ansätzen. Zunächst wird es nur Sicherheits-Updates geben.
Und auch sonst verbirgt sich dahinter eine Portion Marketing. Senger räumt ein, dass es am Ende auf mehrere Betriebssysteme hinauslaufen wird. Denn: Als koordinierende Schnittstelle zwischen Software und Hardware müssen Betriebssysteme beispielsweise die Prozessorzeit zuweisen. Die sensible Sicherheitsinfrastruktur für Bremssysteme wird daher auch in Zukunft vom Infotainment getrennt bleiben.
Auch die McKinsey-Studie beschreibt die Entwicklung von Betriebssystemen fürs Auto als ein „besonders interessantes Schlachtfeld“. Denn dort greifen Technologie-Konzerne den traditionellen Automarkt an, die bereits mit Software für Smartphones, Desktop-PCs und anderen Konsumartikeln seit Jahren erfolgreich sind.
Angriff auf die Schaltzentrale
Eines der bekanntesten Betriebssysteme in Autos ist heute schon „QNX“, gekauft von Blackberry im Jahr 2010. Apples Carplay greift über eine Smartphone-App auf das Infotainment-System zu. Amazon will mit der Sprachassistentin Alexa nicht nur in Wohnhäuser vordringen, sondern auch in Autos. Auf dem US-amerikanischen Markt lässt sich das externe „Echo Auto“ mit dem Infotainment-System verbinden. Dank „Alexa Auto SDK“ müssen Fahrer die Hände nicht vom Steuer nehmen, um etwa das Navigationssystem zu bedienen, sich das Wetter vorhersagen zu lassen, To-do-Listen zu verwalten und von unterwegs Smarthome-Geräte zu steuern. Im Gegensatz zum Echo Auto ist es jedoch ins Fahrzeug integriert.
Ähnlich ist es auch bei Google. Die externe „Android Auto“-App ist längst nicht mehr genug, sagt Jens Bussmann, der von München aus die Google-Partnerschaften mit europäischen Autobauern verantwortet. „Eine Smartphone-App lässt sich nur eingeschränkt in das herstellereigene Fahrzeugbedienkonzept einbetten“, sagt er. „Das limitiert das Nutzererlebnis.“ Mit „Android Automotive“ will der kalifornische Techgigant sein erfolgreiches Betriebssystem auch in den zentralen IT-Infrastrukturen der großen Fahrzeughersteller verankern.
„Tesla hat einen enormen Vorsprung, weil das Fahrzeug auf Basis der Software konzipiert wurde.“
Mit dem Polestar 2 (2020) schickt Volvos Tochterfirma eines der modernsten E-Autos ins Rennen, einen geräumigen Fünftürer mit 500 Kilometer Reichweite, der sich mit dem Handy öffnen lässt und mit einem 11,5 Zoll großen Bildschirm ausgestattet ist. Über Googles Sprachsteuerung lässt sich der Kofferraum aufklappen, die Klimaanlage steuern, ein Werkstattbesuch buchen und der Weg über Google Maps anzeigen. Alles individualisiert über den persönlichen Google-Account.
Kunden wollten sich nicht ständig auf neue Systeme einlassen, erklärt der Leiter der Abteilung „Software Business and Strategy“ bei Volvo, Jonas Rönnkvist, die Kooperation mit Google. „Das basiert auf dem Weg, den die Konsumenten einschlagen. Welche Dienste nutzen sie?“, fragt er und schiebt die Antwort sogleich hinterher: Apps wie Spotify zum Beispiel und Facebook, die auch im Polestar über Googles Playstore heruntergeladen werden können. „Wir profitieren von einem viel größeren Ökosystem, als wir es jemals selbst hätten entwickeln können.“ Und: Je mehr Autofirmen bald Googles Open-Source-System aufspielen, desto attraktiver wird es für Android-Entwickler aus aller Welt, spezielle Anwendungen für Autos zu entwickeln.
Wer sich im Wettkampf um die smartesten Dienstleistungen behaupten will, der braucht zukünftig vor allem eins: Nutzerdaten. Auf die haben es die neuen Software-Mitstreiter abgesehen. Einmal im Fahrzeug integriert, können sie Informationen über die Konsumgewohnheiten des Fahrers einholen, über Routen und Fahrverhalten. Wertvolles Kapital, um wiederum neue Anwendungen zu entwickeln.
Bei Google schwärmen sie schon heute über das Potenzial von Mobilitätsdaten. „Für bestimmte Funktionen braucht es Daten“, sagt Bussmann, der Verantwortliche für die Google-Partnerschaften, und nennt die Navigation und das hochautomatisierte Fahren als Beispiele. „Damit Nutzer sich beispielsweise ins Büro navigieren lassen können, müssen Daten über die Adresse, das GPS und den Verkehr vorhanden sein.“
Noch gibt sich Google bescheiden und meint, sich aufs Infotainment in Autos zu konzentrieren. Und überhaupt: „Die Automobilhersteller haben die Hoheit darüber, was mit den Fahrzeugdaten passiert“, beteuert Bussmann.
Die Entwickler des Polestar 2 verteidigen die Kooperation. „Die Daten, die wir für unsere Zwecke brauchen, haben wir nach wie vor“, so Rönnkvist von Volvo. „Es ist eine Abwägung: Mit den Nachteilen können wir umgehen, die Vorteile sind viel größer.“
Autoexperte Bratzel sieht im Zugriff auf die Daten eine enorme Bedrohung für das Geschäftsmodell der deutschen Autobauer. „Der große Angriff kommt von Google, weil das Unternehmen ein kostenfreies Betriebssystem mit hoher Qualität anbietet“, sagt der Professor. Um dem etwas entgegenzusetzen, müssen Autofirmen enorm viel Geld in die Hand nehmen und Risiken eingehen. Den Job, den Senger nun bei VW angetreten hat, nennt Bratzel deshalb auch eine „Herkules-Herausforderung“. Aber womöglich muss er sich ihr stellen, wenn VW weiterhin der größte Autobauer der Welt bleiben will. „Es ist eine ganz wichtige Voraussetzung, die Software-Kompetenz zu haben, um Betriebssysteme im Auto zu kontrollieren“, sagt Bratzel.
Der Leiter von Volkswagens neuer Software-Einheit erteilt den Offerten mancher Techfirmen eine Absage. „Dadurch hätten wir Zugang zu einem riesigen Ökosystem. Aber aus unserer Sicht führen die Bedingungen nicht zu einem ausgeglichen Vorteilsmodell für uns. Sprich: Die IT-Konzerne hätten Zugang zu allen Daten des Fahrzeugs“, sagt Senger. Auch Tesla integriert – vom Kartendienst Google Maps abgesehen – weder Google noch Apple.
Immer wieder wiederholt der Manager, dass VW als größter Autobauer der Welt fast elf Millionen Fahrzeuge im Jahr herstelle. „Bei Software ist Scale alles“, sagt Senger. Im Vergleich zu Volvo ist der Größenvorteil von VW tatsächlich nicht von der Hand zu weisen: Im Jahr 2018 haben die Marken des schwedischen Autobauers weltweit gerade einmal 642.253 Fahrzeuge verkauft. Allerdings hat sich auch der US-amerikanische Automobilkonzern General Motors mit mehr als acht Millionen verkauften Fahrzeugen dazu entschieden, Google in seine Fahrzeuge einziehen zu lassen. So wie auch Renault und Nissan. Scale ist eben alles. Daran glauben sie auch bei Google und seinen Verbündeten.
Trotz expliziter Abgrenzungen auf der einen Seite gibt es deshalb auch bei VW Allianzen an anderen Stellen: „Auch wir werden am Ende nicht alles selbst machen können“, sagt Senger. Microsoft beispielsweise ist Partner zum Aufbau der „Automotive Cloud“, in der Mobilitätsdaten gespeichert und verwaltet werden. Der US-amerikanische Konzern sei verlässlicher, gehe auch mit Bankinformationen anderer Kunden sensibel um und könne die Daten nicht lesen. Eine „beherrschbare Schnittstelle“, wie Senger es formuliert. Zudem hat VW einen Deal mit dem US-amerikanischen Automobilhersteller Ford geschlossen, um gemeinsam am autonomen Fahren zu arbeiten.
Bei Daimler, wo unter die Marke „Mercedes-Benz“ fast jedes der 2,4 Millionen verkauften Autos fällt, haben die Manager schon früher als bei VW auf einheitliche Software gesetzt. „Es kann keine Lösung sein, sich auf Google Automotive Services einzulassen, indem wir die Daten unserer Kundenfahrzeuge abgeben“, so Matthias Schneider, Leiter „User Interaction & Software“ bei Mercedes Benz. Das Infotainment der neuen Modelle läuft über die eigens entwickelte Plattform „Mbux“. Für die gibt es auch Over-the-Air-Updates. „Wir öffnen unsere Plattform“, so Schneider. Auf der diesjährigen IAA hat Daimler neue Schnittstellen für Drittanbieter vorgestellt – und einen Hackathon organisiert.
Selbst mit dem einstigen Erzrivalen BMW kooperieren sie heute. Ihre Mobilitätsdienste wie das Carsharing Car2go und Drivenow legen sie zusammen. Ähnlich wie VW setzen Daimler und BMW beim autonomen Fahren auf Skaleneffekte und bauen ein konzernübergreifendes Team mit etwa 1.000 Fachleuten auf. Und auch Amazon nennt BMW als neuen Partner für die Integration von „Alexa Auto“.
Komplizierter Kulturwandel
Im Zentrum Berlins, nur ein paar Hundert Meter vom Alexanderplatz entfernt, ist VW als das zu erkennen, was Konzernchef Diess vorschwebt: ein Software-Unternehmen. Gleichzeitig zeigt sich hier jedoch auch, wie gewaltig der Kulturwandel auf dem Weg dorthin noch ist. Im Juli 2019 hat Software-Vorstand Senger den „We Campus“ eröffnet. Die Räume in dem neunstöckigen Gebäude sind weiterhin nach Computerspielen benannt, wie es sich der Vormieter Zalando ausgedacht hatte. In Startup-Atmosphäre lässt VW hier seine digitalen Dienstleistungen entwickeln: das Carsharing-Angebot Weshare etwa, die Park-App Wepark und die Anwendung Wecharge für die Zahlung an Ladestationen. Alles Konkurrenten zu den Diensten der BMW-Daimler-Allianz.
In einem schmucklosen Konferenzraum im obersten Stockwerk hat Andrea Morgan-Schönwetter bereits ein paar Telefonate hinter sich. Die 44-Jährige ist dreifache Mutter, trägt Turnschuhe zum Anzug und arbeitet mal von Berlin, mal von Wolfsburg aus, als müsse sie selbst das flexible Bild von Volkswagen verkörpern, das sie als Leiterin für „Recruiting und Talent-Marketing“ in die Welt tragen soll. Es gehört auch zu ihrer Verantwortung, die Tausend IT-Fachkräfte für Sengers Team zu engagieren. Teilweise sollen sie aus dem eigenen Haus kommen, manche durch Umschulungen. Auch das: eine herkulische Herausforderung.
„Es kann keine Lösung sein, sich auf Google Automotive Services einzulassen, indem wir die Daten unserer Kundenfahrzeuge abgeben.“
Morgan-Schönwetter spielt eine aktuelle Recruiting-Kampagne auf ihrem Laptop vor. Junge Menschen tragen VR-Brillen, das VW-Logo erscheint vor Regenbogenfarben. „Goodbye Valley, hello Wolfsburg“ wird eingeblendet und die Worte: „Hello Hot Shit“. „Da gab es durchaus Stimmen, die eine Verrohung der deutschen Sprache befürchteten“, erinnert sich Morgan-Schönwetter an Reaktionen im Konzern. Dabei ging es ihr darum, zu zeigen, dass „etwas total gut ist“, wie sie sagt.
Erst kürzlich haben Kollegen sie auf eine Bewertung auf der Onlineplattform Kununu aufmerksam gemacht, in der jemand VW als „Hierarchiemoloch“ beschrieb. Ob man das nicht löschen könne, hatte sie mal ein Vorstand nach ähnlicher Kritik gebeten. „Nein“, meinte Morgan-Schönwetter, VW müsse eben andere Seiten zeigen. „Ich glaube, wir müssen ansprechen, dass unsere Arbeitsplätze sicher sind, aber gleichzeitig auch sagen, hey, hier kannst du an richtig spannenden Themen arbeiten und wirst auch entsprechend bezahlt“, erklärt sie. In den Digital Labs könnten Entwickler zu zweit im Pair Programming arbeiten. Das sei wie bei hippen Startups. Allerdings ohne das Risiko, bei der nächsten gescheiterten Finanzierungsrunde vor die Tür gesetzt zu werden. Und: mit Feierabend um 17 Uhr.
Davon können Mitarbeiter bei Tesla nur träumen. Wenn es in den Produktionszeiten heiß läuft, schreitet Firmenchef Elon Musk höchst persönlich durch die Gänge und feuert seine Mitarbeiter zu Überstunden in der „Produktionshölle“ an, wie er sie nennt. Ironisch trällert er „Ring of Fire“. Sollte er mal eine Nacht nicht in der Fabrik schlafen, gäbe es da eine Vermutung, welchen Song er in der neuen Karaoke-App seines Teslas anschmeißt.
Nur drei der neun Produkte, die Tesla angekuendigt hat, existieren. VW sollte ebenfalls fuer jeden angekuendigten Wagen zwei durchgedrehte Plaene verkuenden. Journalisten lieben Tesla. Sie werden auch VW lieben, sobald VW beispielsweise, sagen wir mal, eine Untertunnelung des Atlantik ankuendigt.
Was man nicht vergessen darf: Tesla hat schon Daten aus aller Welt. Gesammelt mit ihrer konzipierten Sensorplattform. Ich bin gespannt, wie die alteingesessenen sowas aufholen wollen. Und dann kommt da noch Kina auf den Plan. Ein Underdog mit Möglichkeiten, die hier noch gar nicht ausgemalt wurden.
Das ist spannend. Tausende und abertausende Software Ingenieure.
Werden eingestellt. Was haben die bisher gemacht?
Was geschieht mit den Firmen die sie verlassen?
Die Heranreifung der traditionellen Mecha-Autoingenieure hat
Jahrzehnte gebraucht. Da ist es gut, das es Indien gibt.
Jetzt wird das vor vielen Jahren einmal halbherzig versuchte
Einfangen von Indern über den Slogan „Lieber Inder als Kinder“
des ehemaligen NRW Rüttgers die Wucht der
Bedeutung erreichen.
Ich bin schon mein ganzes langes Berufsleben in der Amerikanischen Softwareindustrie tätig und kenne das Potential und auch die Freiheitsgrade dort. Ich weiß nicht wie die deutsche Automobilindustrie das hinkriegen will?
Trotzdem halte ich den Weg auf eigenen Plattformen zu setzen für die deutschen Hersteller für richtig. Eine Allianz mit Google würde später noch mehr Probleme und Abhängigkeit schaffen. Der Fall mit Huawei zeigt deutlich wohin eine Abhängigkeit von Android führen kann.
Die deutschen Autohersteller sind groß genug um eigene „Autoplattformen“ zu entwickeln und diese mit verschiedenen Partners wie NVIDIA, Microsoft, Apple u.s.w. aufzumotzen und zu verbessern. Die Grundfunktionen und Plattform sollte aber in der Hand der Autohersteller bleiben. Sonst sind sie irgendwann nur noch Google OEM’s und beliebig austauschbar.