Technologie und Marktüberblick: E-Commerce-Hosting
Der E-Commerce-Umsatz in Deutschland wächst kontinuierlich. Für 2015 prognostiziert der Handelsverband Deutschland einen Umsatz von 42,6 Milliarden Euro alleine im B2C-Bereich. Darüber hinaus scheint auch der B2B-Bereich immer mehr Fahrt aufzunehmen. Kein Wunder, dass sich viele Unternehmen einen Teil des Kuchens sichern wollen. Wer den Einstieg ins E-Commerce oder die Ablösung eines bestehenden Shops plant, stellt sich recht bald die Frage nach der richtigen Shopsoftware und deren Betrieb. Als Antwort darauf halten viele Hoster und ISPs auf E-Commerce spezialisierte Angebote parat.
Die Software
Der Ausgangspunkt für jedes Shophosting ist die eingesetzte Shopsoftware. Hier bietet der Markt ausgesprochen unterschiedlich komplexe Produkte. Zum einen sind da die Einsteiger-Lösungen der Hoster zu nennen, allen voran das Urgestein Strato Webshop. Den Hauptteil der Angebote machen die verschiedenen Open-Source-basierten Online-Shops aus. Hier gibt es ebenfalls eine breite Spanne an Systemen mit der Gemeinsamkeit, dass alle auf die Technologiekombination PHP/MySQL setzen.
Viele der heute verfügbaren Lösungen basieren auf osCommerce, der ersten bekannteren Open-Source-Shopsoftware. Dazu zählen Gambio, modified eCommerce, xt:commerce und seine verschiedenen Derivate. Eigenständige Produkte sind der aus Frankreich stammende Prestashop und das einfach gehaltene OpenCart. Die Entwickler hinter den Shopsoftwares sind teilweise recht unterschiedlich professionell und kommerziell orientiert. Bei Gambio oder auch xt:commerce verdienen sie ihr Geld über Support, Services und Erweiterungen. Shopware, Magento und Oxid werden von größeren Firmen vorangetrieben, neben der Community-Version gibt es jeweils kommerzielle Editionen mit mehr Funktionen. Magento und Oxid genügen dabei auch in der Open-Source-Variante bereits Enterprise-Ansprüchen und werden entsprechend auch in großen bis sehr großen Shopprojekten eingesetzt.
Wer bei den größeren Shopsystemen wie Oxid oder Magento eine kommerzielle Variante einsetzen möchte, ist meist auf eine individuelle Absprache mit seinem Hostingpartner angewiesen. Die vorinstallierten Pakete und 1-Klick-Installationen werden mit den Community-Versionen der entsprechenden Software angeboten.
Viele Shopsoftwareanbieter bieten selbst Hosting/SaaS an oder vermarkten sie durch offiziell zugelassene Partner. Oxid arbeitet mit unterschiedlich großen Hostern von Mittwald bis Arvato [1] zusammen. Gambio [2] kommt auf Estugo.net und shop-hosting.info zum Einsatz. Magento hat trotz hoher Verbreitung mit maxcluster nur einen einzigen offiziellen deutschen Partner.
Nicht vergessen sollte man das Umfeld der kommerziellen Enterprise-Lösungen. Der alte Platzhirsch ist hier Intershop [3], international sind zum Beispiel Demandware [4] und IBM WebSphere Commerce zu nennen [5]. Demandware setzt beim Hosting auf die Cloud, Intershop und IBM WebSphere sind in verschiedenen Varianten verfügbar. Im Enterprise-Bereich ist Hosting allerdings oft nur ein kleiner Teil der Leistungen und Betriebskosten, denn oft wird es mit anderen Fullfillment-Services wie etwa Lagerhaltung verbunden. Unsere Vergleichstabelle konzentriert sich deshalb auf die Einstiegs- und Open-Source-basierten Produkte.
Auch Serviceprovider und Hoster mit E-Commerce-Lösungen, die keine bestimmten Systeme unterstützen, sondern generell hochverfügbare Architekturen anbieten, bleiben hier außen vor. Als Beispiel sei der aus dem Cloud-Bereich bekannte Anbieter Claranet genannt [6].
Verschiedene Lösungen
Beim Shophosting gibt es verschiedene Ansätze: Der erste ist das Shophosting-Paket, bei dem der Shop bereits vorinstalliert ist und oft auch vom Hoster aktualisiert wird. Normalerweise wird es in dieser Konstellation nicht für andere Zwecke genutzt. Das Shophosting-Paket gibt es in zwei Varianten: als Software as a Service (SaaS) mit einer Shopsoftware, die komplett im Verantwortungsbereich des Hosters liegt, oder mit einem der bekannten Open-Source-Systeme wie Oxid, Magento oder PrestaShop. Zu den SaaS-Lösungen zählen beispielsweise der Strato Webshop, Host Europe mit seinem Onlineshop oder auch Verio mit einer eigenen Shopsoftware. Hinter allen dreien steckt das System von ePages [7]. Deutlich in der Überzahl sind Pakete mit bekannten Open-Source-Shopsystemen. Manche Anbieter verfügen hier über eine sehr große Bandbreite (z. B. shop-hosting.info), andere konzentrieren sich auf eines oder wenige Produkte.
Der zweite Ansatz ist die vereinfachte Installation, oftmals als 1-Klick-Installation bezeichnet. Hierbei lässt sich die Shopsoftware mit einem Klick über die Verwaltungsoberfläche des Hosters installieren. Dabei gibt es Unterschiede in der Servicequalität – beispielsweise bietet Mittwald für Magento die deutsche Version mit vorkonfigurierten Einstellungen zu Steuern und anderen länderspezifischen Details. Im Unterschied zum reinen Shophosting ist ein 1-Klick-Paket ein normales Hostingpaket. Oft lassen sich beliebige andere Anwendungen wie WordPress oder TYPO3 ebenfalls per 1-Klick installieren. Insofern verschwimmen hier die Grenzen zum speziellem Shophosting, denn das Hosting-Paket mit 1-Klick-Installation kann genauso optimal konfiguriert sein wie das Shophosting-Paket. Am Ende ist die Differenzierung dann nur noch Marketing.
Skalierung
Große Unterschiede gibt es bei der Dimension des darunter liegenden Hostings. Die Spanne reicht vom einfachen Webspace über den Managed Server bis hin zur beliebig skalierbaren Cloud-Lösung. Bei den meisten Paketen erfolgt die Abrechnung auf monatlicher Basis, abhängig von Kriterien wie Webspace-Größe, Transfervolumen, Zahl der Datenbanken und Verfügbarkeit. Kosten für Installation und Shopkonfiguration sind in der Regel enthalten. Hier lohnt ein Vergleich mit „normalen“ Hostingpaketen: Eine reine Optimierung auf den Shop heißt in der Praxis oft nur, dass einige PHP-Einstellungen wie das Memory-Limit angepasst werden. Das rechtfertigt aber keinen doppelt so hohen Preis.
Shop-spezifische Beschränkungen finden sich bei den SaaS-Shoplösungen von Strato, Host Europe und Verio. Dort ist die Zahl der Produkte und Kategorien relevant. Im kleinsten Paket erlaubt Strato beispielsweise 100 Produkte für knapp 5 Euro pro Monat, im größten 30.000 für dann knapp 29 Euro. Host Europe verlangt knapp 10 Euro für 100 Produkte und 55 Euro für 20.000 Produkte. Verio staffelt von 200 Produkten für knapp 16 Euro bis 10.000 für knapp 56 Euro pro Monat. Bei diesen Angeboten sollten Sie vor allem auf die verfügbaren Templates und die spätere Ausbaubarkeit achten. Im Vergleich zu den bekannten Open-Source-Lösungen sind in Sachen Flexibilität und Anpassbarkeit teils deutliche Einschränkungen vorhanden.
Wenn beispielsweise die Kommunikation mit einer eigenen Warenwirtschaft oder neudeutsch ERP (Enterprise Ressource Planning) notwendig ist, stellt das für die individuellen Shopsoftwares der Hoster eine Herausforderung dar. Host Europe bietet zum Beispiel eine ERP-Lösung erst mit den größeren ShopServer-Tarifen. Strato erlaubt das Exportieren von Bestelldaten, aber die weitere Automatisierung ist hier eine Herausforderung.
Feine Unterschiede: Installation, Updates und Performance
Da sich die meisten Open-Source-Shopsysteme technisch stark ähneln und alle auf einer ähnlichen Architektur basieren – nämlich PHP und MySQL – stellt sich die Frage, wie hoch die Vorteile durch ein vorgefertigtes Paket wirklich sind. Bei allen Ansätzen ist die offensichtlichste Vereinfachung die Installation. Viele Hoster bieten auch einen Umzugsservice für bestehende Shops an – bei Estugo ist dieser Service für das Gambio-Hosting schon im kleinsten Paket enthalten.
Der zweite wichtige Aspekt sind Updates für den Shop im laufenden Betrieb. Bei vielen Hostern übernimmt das Update der 1-Klick-Installer. Dies funktioniert allerdings nur, wenn man nicht zu viele individuelle Anpassungen am Shop vornimmt. Manche Hoster bieten auch einen eigenen Update-Service – die meisten allerdings erst auf Anfrage. 1&1 hat hier ein interessantes Konzept mit einer Auswahl zwischen zwei Modi: Safe Mode und Free Mode. Wer sich bei ersterem an ältere PHP-Versionen erinnert fühlt, liegt zwar faktisch falsch, inhaltlich gibt es aber Ähnlichkeiten. Im Safe Mode führt die Shopsoftware (oder auch anderen Anwendungen, bei 1&1 „Apps“ genannt) Updates automatisch durch, auch Erweiterungen und Templates werden aktualisiert. Eigene Erweiterungen oder Themes lassen sich allerdings nur im Free-Mode hinzufügen. Dort wird nur die Basissoftware installiert, um Extensions und Themes können und müssen Sie sich selbst kümmern. Egal, ob Sie die Updates per Oberfläche manuell installieren können oder der Hoster das übernimmt – Online-Händler müssen auf jeden Fall dafür Sorge tragen, dass klar ist, wer am Ende des Tages für die Aktualisierung der Shopsoftware zuständig ist.
Der dritte und vielleicht wichtigste Aspekt für ein spezielles Shoppaket gegenüber einem normalen Hosting ist die Performance. Hier gibt es besonders für Magento viele Angebote. Böse Zungen sagen nicht zu Unrecht, dass Magento in diesem Punkt auch dringend Unterstützung braucht. Sicherlich liegen die Ursachen aber ebenfalls darin, dass es als größere und professionellere Shoplösung wesentlich häufiger für Shops mit hohem Besuchsvolumen eingesetzt wird als beispielsweise Gambio oder andere osCommerce-Derivate.
Performance-Booster
Bei Magento bestimmen mehrere Aspekte die Performance: Der erste Teil steckt in der PHP-Konfiguration. Ausreichend Arbeitsspeicher, korrekte Einstellungen in der PHP-Konfigurationsdatei php.ini und idealerweise ein Byte-Code-Cache wie Advanced PHP Cache bilden hier die Basis. Varnish als Fullpage-Cache übernimmt das Caching der ausgelieferten Seiten etwa mit Produktdetails – damit ist meist schon viel gewonnen. Mittwald bietet ein E-Commerce-Bundle bestehend aus einer Varnish-Lösung und einem Managed Server. Shop-hosting.info integriert eine Varnish-Lösung auch schon in relativ günstige Pakete.
Eine häufig eingesetzte Datenbank im Arbeitsspeicher ist Redis. Sie wird in diesem Zusammenhang für die Speicherung beispielsweise von Sessiondaten verwendet – wie bei maxcluster und Timme Hosting verwendet. Dazu kommt Memcache für das Speichern von Objekten im Arbeitsspeicher.
Neben den rein technischen Lösungen reagieren manche Hoster auch mit Zusatzleistungen auf die Performance-Anforderungen. Rackspeed bietet zum Beispiel einen so genannten Saison-Turbo. Dabei wird bei einem normalen Hosting-Paket die Leistung des Pakets für einen Monat verdoppelt – praktisch für das Weihnachtsgeschäft und andere saisonale Spitzen. Und profihost erlaubt mit zusätzlichen Lasttests die nachvollziehbare Prüfung der Performance.
Der vierte Aspekt, in dem sich die Angebote unterscheiden, ist die Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit. In einem Shop kommen stündlich, minütlich oder sekündlich neue Daten hinzu: die Bestelldaten der Käufer. Der Verlust von jeder einzelnen Bestellung kostet bares Geld und erzeugt einen verärgerten Kunden. Insofern sollte man sich überlegen, ob die täglichen Backups eines Standard-Hostingpakets wirklich ausreichen, oder ob man wie etwa bei Rackspeed auf stündliche Backups setzt. Die Leistungsbandbreite reicht hier bis hin zu redundant ausgelegten Systemen, bei denen das Notfallsystem beim Ausfall des Hauptsystems innerhalb von einer Minute übernimmt. Im heißen Weihnachtsgeschäft kann das ein unbezahlbarer Vorteil sein.
Sonstige Leistungen: SSL, Beratung und mehr
Die meisten Hoster verkaufen neben den Shoppaketen auch die üblichen Zusatzleistungen. Dazu zählen verschiedenste Domains und teilweise auch Wahlmöglichkeiten wie beispielsweise schnellere SSD-Platten. Eines der wichtigsten Themen ist die Absicherung des Shops per SSL. Das entsprechende Zertifikat sollte auf keinen Fall fehlen, muss aber meist separat bezahlt werden. Eine erfreuliche Ausnahme ist Web-Shop-Hosting, das Hosting-Pakete mit SSL im Angebot hat – allerdings interessanterweise mit teilweise anderen Leistungswerten als die normalen Pakete. Insgesamt wäre hier SSL als Standard vermutlich die sinnvollere Variante.
Einige Hoster stellen auch fortgeschrittene Funktionen bereit – maxcluster und Mittwald die Suche mit Apache Solr, profihost in Zusammenarbeit mit Newsletter2Go ein Newslettersystem mit entsprechender Schnittstelle.
Außerdem bieten viele Hoster auch Beratungshilfen von Experten. Maxcluster packt diese für Magento gleich in Pakete mit verschiedenen Größenordnungen, profihost sammelt Beratung unter dem Stichwort „E-Commerce Pro“, bei Mittwald stehen eigene Experten für entsprechende Magento-Schulungen zur Verfügung. Estugo hat umfangreiche Hilfetexte mit einer entsprechenden Checkliste entwickelt. Hier werden auch Schritte wie die Shopvermarktung erwähnt.
Shop-spezifische Zusatzleistungen wie die Vergabe von Shopsiegeln, juristische Prüfung des Shops oder auch die Integration mit anderen Plattformen wie Ebay, Amazon oder Ciao spielen bei den Individualshops von Hostern durchaus eine Rolle. Bei den wichtigen Systemen wie Gambio, Magento und Oxid sind solche Zusatzleistungen nicht üblich, da die Software jeweils sehr individuell eingesetzt werden kann und es für viele Zwecke entsprechende Erweiterungen gibt.
Fazit: Was für wen?
Bevor sie sich für eine Hosting-Lösung entscheiden, sollten sich Online-Händler zuerst Gedanken machen, welche Anforderungen ihr Shop erfüllen soll: Gibt es Schnittstellen nach außen, wie weit müssen Templates und Abläufe individualisierbar sein, wie viele Besucher werden erwartet?
Der Einstieg gelingt über eine SaaS-Lösung von Strato, Host Europe oder Verio sehr schnell. Diese Lösung ist ideal für einen Shop mit wenig Individualisierungswünschen. Wer an eigene Templates und den Einsatz von Erweiterungen denkt, findet bei den gängigeren Open-Source-basierten Shopsystemen eine flexiblere Lösung. Der günstige Einstieg sind hier die kleineren Webspace-Pakete – egal ob mit 1-Klick oder als vorgefertigte Shophosting-Pakete. Diese sind in der Preisklasse von wenigen Euros bis circa 50 Euro anzusiedeln und bei allen Anbietern aus unserer Tabelle verfügbar.
Höhere Performance findet man in den optimierten Paketen mit Managed vServer oder Managed Server, beispielsweise von Mittwald. Für maximale Flexibilität, gerade in den Shop-spezifisch häufig auftretenden Stoßzeiten, lohnt ein Blick auf die Angebote mit Cloud- oder Clusterlösung beispielsweise von maxcluster oder rackSpeed. In unserer Vergleichstabelle finden Sie einen Überblick, wer welche Lösungen im Angebot hat.
Die Tabelle zum Artikel |
In der Regel ist auf einem Hostingpaket mit PHP und MySQL jedes der Open-Source-Shopsysteme installierbar. Dementsprechend beziehen sich die Angaben zu unterstützten Shopsystemen in der Tabelle auf per 1-Klick (1-K) installierbare Anwendungen oder als Shophosting-Pakete angebotene Lösungen (H). Grundlage der Angaben sind dabei die Angaben der Hoster-Websites oder Aussagen des Hoster-Service. Gesondert gekennzeichnet sind die Mietlösungen auf Basis von ePages (SaaS). Bei den Hosting-Arten bieten viele Hoster mehr Angebote, als sie auf der Website kommunizieren, speziell im Bereich Managed Server und Cloud/Cluster. Unsere Tabelle beschränkt sich hier allerdings auf die auch für Kunden direkt einsehbaren Möglichkeiten. |