TYPO3 im kommunalen Einsatz
Verwaltungsstrukturreform und
E-Government, die beiden Begriffe liegen gar nicht so weit
auseinander, wie man zunächst denken könnte. In Zeiten, in
denen nicht mehr in jedem Ort und in jeder Gemeinde alle kommunalen
Dienstleistungen physikalisch zur Verfügung stehen, müssen
andere Wege eingeschlagen werden. Schließlich besteht weiterhin
die Notwendigkeit, die Daseinsvorsorge der Bürger
aufrechtzuerhalten. Hier bietet sich geradezu die Installation von
Bürgerinformationsdiensten auf den kommunalen Webseiten an. Um
den Pflegeaufwand im erträglichen Rahmen zu halten, setzen
kommunale Webseitenbetreiber seit einigen Jahren vermehrt auf
Content-Management-Systeme.
TYPO3 eignet sich aus vielerlei
Gründen ganz besonders dazu, die diversen kommunalen Bedürfnisse
unter einen Hut zu bringen. Zum einen stehen heute nahezu alle
Kommunen finanziell mit dem Rücken zur Wand – hier kommt ihnen
das kostenfreie Lizenzmodell von TYPO3 entgegen, welches der GPL
unterliegt. Darüber hinaus bietet TYPO3 Unabhängigkeit wie
kaum ein anderes CMS, denn wer TYPO3 einsetzt, ist nicht von einem
speziellen Anbieter abhängig. Zum anderen bietet TYPO3 ein
großes Maß an Sicherheit und Stabilität. Nicht
zuletzt sorgt die beständige Weiterentwicklung dafür, dass
keine aktuelle Entwicklung im IT-Bereich verschlafen wird. Allerdings stellt sich die Frage, ob
TYPO3 wirklich alle kommunalen Bedürfnisse bedient. Werfen wir
einmal einen Blick auf die wichtigsten Kriterien, welche ein
kommunaler Webauftritt heute erfüllen muss.
Die Anforderungen
Aktualität ist sicherlich das
oberste Ziel einer kommunalen Webseite. Jedoch muss der kommunale
Betreiber, der E-Government-Dienste anbieten möchte, auch
sicherstellen, dass diese zu jeder Zeit verfügbar sind. Das ist
zwar in erster Linie die Aufgabe des Providers, der performante
Webserver einsetzen muss. Doch gerade bei umfangreichen kommunalen
Webseiten wird daraus schnell eine große Belastungsprobe für
das Content Management System, denn mitunter müssen viele
hundert Anfragen pro Tag bedient werden. Das System muss darüber
hinaus in der Lage sein, große Mengen an Text- und
Bildinformationen zu verwalten und gegebenenfalls eine Reihe an
Funktionalitäten zur Verfügung zu stellen. Zum Beispiel
können ein „elektronischer“ Veranstaltungskalender und ein
Bereich mit aktuellen Neuigkeiten die Bürger über das
Geschehen in ihrer Kommune informieren. Lebenslagen müssen
abgedeckt und Ansprechpartner gefunden werden können. Darüber
hinaus besteht vermehrt der Wunsch, Anträge und Formulare online
zu lesen und auszufüllen. Aufgrund
der föderalen Strukturen in Deutschland und der sich daraus
ergebenden regionalen Besonderheiten und Bedürfnisse ist dafür
nicht selten die Entwicklung von Speziallösungen gefragt.
Außerdem gibt es gesetzliche
Anforderungen, die zwingend erfüllt werden müssen. Viel zu
wenig bekannt ist in diesem Zusammenhang immer noch die Anforderung
an die Barrierefreiheit von Webauftritten der öffentlichen Hand.
Unter Webentwicklern gehört dieses Thema – zwar noch
zögerlich, aber immerhin – schon zum guten Ton, kommunale
Webseitenbetreiber hingegen
werden spätestens seit Anfang 2006
in die Pflicht genommen, ihre Inhalte barrierefrei anzubieten.
Zu guter Letzt soll der Aspekt der
unkomplizierten und einfachen Verwaltung und Pflege der Inhalte
angesprochen werden. Häufig handelt es sich dabei um Aufgaben,
die neben der normalen täglichen Arbeit in einer Kommune
erledigt werden müssen. Daher ist eine hohe
Benutzerfreundlichkeit im administrativen wie auch im redaktionellen
Bereich wünschenswert. Es stellt sich also die Frage, wie die
oben genannten Anforderungen mit TYPO3 umgesetzt werden können.
Die Praxis
Das als enterprisefähiges CMS
bekannte TYPO3 bietet spätestens seit der Version 3.5
Stabilität, Sicherheit und Performanz auch für sehr
umfangreiche Webauftritte. Die gut durchdachte Oberfläche des
Backends mit seinem logischen und assoziativen Aufbau (Seitenbaum,
Dateiliste, Navigation) stellt außerdem eine hohe
Benutzerfreundlichkeit her. Dies bezieht sich auf die Administration
der Webseite, aber ganz besonders auch auf redaktionelle Tätigkeiten.
Hierbei werden keine Programmier- oder tief greifenden
Computerkenntnisse beim Erstellen, Ändern, Löschen – also
beim Verwalten von Inhalten – vorausgesetzt. Die Administration
bietet darüber hinaus sehr vielfältige und flexible
Konfigurationsmöglichkeiten, die ebenfalls (zumindest bei
einfach gehaltenen Webauftritten) nur wenige Kenntnisse in TypoScript
voraussetzen. Zu erwähnen sei in diesem Zusammenhang auch die
kontextsensitive Hilfe, welche die Anforderung an eine hohe
Benutzerfreundlichkeit elegant abrundet.
Eine der größten Stärken
von TYPO3 ist das leichte Einbinden von Erweiterungen. Bereits über
1000 Entwicklungen für die verschiedensten Bedürfnisse
wurden mittlerweile freigegeben und sind über die Projektseite
www.TYPO3.org ebenfalls frei erhältlich.
Darunter finden sich viele Extensions,
welche die Benutzerfreundlichkeit der Backend-Bedienung noch weiter
verbessern, wie z. B. htmlArea, Save and new, BE Login und Date2cal.
Der RTE-Ersatz htmlArea soll an
dieser Stelle besonders hervorgehoben werden, denn er bietet eine an
bekannte Office-Programme angelehnte Oberfläche und ermöglicht
Redakteuren auf diese Weise eine schnelle Einarbeitung sowie
mannigfaltige und flexible Möglichkeiten in der Gestaltung von
Inhalten. Nicht ohne Grund hat sich dieser Editor zum Standard in der
aktuellen Version TYPO3 4.0 etabliert.
Gerade die funktionalen Anforderungen
an kommunale Webseiten lassen sich durch TYPO3-Erweiterungen sehr gut
abdecken: Aktuelle Nachrichten werden mit dem News-Modul angelegt und
verwaltet, während sich Veranstaltungskalender beispielsweise
mit mbl_newsevent oder mjseventpro realisieren lassen. Für
Gästebücher steht das bewährte ve_guestbook von
Stanislas Rolland, dem Programmierer von rtehtmlarea, zur Verfügung.
Auch ein kleines Forum lässt sich einfach umsetzen. Und
schließlich können komplette virtuelle Verwaltungen mit
der in dieser Zeitschrift schon vorgestellten Erweiterung
O.S.I.R.I.S. verwirklicht werden. Diese Extension eignet sich
besonders zur Abbildung von Lebenslagen, Zuständigkeiten und zum
Bereitstellen von Formularen.
Viele Anforderungen können
allerdings auch schon mit TYPO3-Boardmitteln realisiert werden, was
sich besonders eindrucksvoll an der Abbildung von Lebenslagen und
Zuständigkeiten demonstrieren lässt: Diese kann man nämlich
auch ohne spezielle Extensions, nur durch den Bau einer ABC-Liste und
die durchdachte Verlinkung der Contentelemente erstellen. Auch
Formulare sind mit Basiswerkzeugen herstellbar. Werden diese dann mit
einem von Kommunen häufig eingesetzten PDF-Server kombiniert,
entspricht der Webauftritt schnell den Zielen des E-Governments.
Oft allerdings sind Speziallösungen
gefordert, die sich nicht über Boardmittel oder eine der
zahlreichen Extensions abdecken lassen. In diesen Fällen müssen
dann neue Erweiterungen entwickelt werden. TYPO3 bietet hierfür
geeignete Schnittstellen und ein gut dokumentiertes Framework,
wodurch es Webentwicklern einfach gemacht wird, eigene Entwicklungen
in den Webauftritt einfließen zu lassen. Kommunen, die ihre
Haushaltsmittel oftmals an Ausschreibungen binden müssen, kommt
hierbei die große Anzahl von verfügbaren Entwicklern
zugute.
Auch in puncto Barrierefreiheit wird
TYPO3 weitgehend den Anforderungen gerecht. Die Grundlage hierfür
ist die flexible Möglichkeit, Design-Templates wie gewohnt mit
XHTML und CSS barrierefrei zu erstellen. Wirkliche Barrierefreiheit
erlangt der Webauftritt allerdings erst durch den Einsatz geeigneter
Erweiterungen. Auf diese Weise werden Inhalte mit Hilfe der
Extensions CSS_styled_content und cron_cssstyledimgtext ohne Tabellen
zur Anordnung von Texten und Bildern gerendert. Menüs werden
über die Erweiterung cron_accessiblemenus in nummerierter
Listenform dargestellt und mit Accesskeys ausgestattet. Die Ausgabe
von Formularen geschieht allerdings erst ab der Version 4.0 von TYPO3
barrierefrei. Vorausgesetzt, die kommunalen Redakteure werden
entsprechend geschult, so ist auch weiterhin die barrierefreie
Erstellung von Inhalten, z. B. durch das konsequente Ausfüllen
von Titeln, Summary und Alt-Tags sichergestellt.
Natürlich entstehen auch Probleme
beim Einsatz von TYPO3 in kommunalen Webauftritten. Zu nennen wäre
hier unter anderem der Import von Dokumenten aus Office-Programmen,
die nicht auf XML-Technologie aufsetzen: Die Texte müssen im
Editor oftmals qual- und mühevoll umformatiert werden. Ein Ende
des Problems ist jedoch durch den zunehmenden Einsatz von XML in
Officelösungen (z. B. OpenOffice, MS-Office 2003) in Sicht.
Fazit
Es gibt sicherlich noch viele
Anforderungen und Lösungen, die in diesem Artikel nicht genannt
oder nur angerissen wurden. Aber halten wir fest: Bezogen auf die
kommunalen Bedürfnisse positioniert sich TYPO3 an einer
führenden Stelle im Vergleich zu anderen
Content-Management-Lösungen, wenn es diesen nicht sogar um eine
Nasenlänge voraus ist.
In Zukunft
wird E-Government (man denke an das Schlagwort
Verwaltungsstrukturreform) eine bedeutendere Rolle spielen und
weitere Anforderungen an ein Content-Management-System stellen.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Erweiterung O.S.I.R.I.S. gewidmet
werden, denn sie bietet großes Potenzial. Werden hier Lösungen
für neue E-Government-Anforderungen wie beispielsweise die
verschlüsselte Datenübertragung implementiert, so wird
TYPO3 auch in der Zukunft eine große Rolle im kommunalen
Bereich spielen. Es ist also wichtig, dass die Entwicklung hier nicht
stehen bleibt. Wir schauen gespannt auf die Weiterentwicklung des CMS
unserer Wahl und blicken erwartungsvoll auf kommende Versionen.