TYPO3: Zwischen den Welten – Über die Strategie für die zukünftigen Versionen von TYPO3
Auf der T3CON09, die Mitte April in Dallas stattfand, führte Robert Lemke ein inspirierendes Gespräch mit Ron Hall über die Zukunft der beiden TYPO3-Zweige 4.x und 5.x sowie der
Migrationsstrategie, die das Core-Team auf den TYPO3 Transition Days [1] entwickelt hatte. Ron Hall betreibt in Dallas eine kleine TYPO3-Agentur [2] und hat ein ziemlich komplexes und zugleich benutzerfreundliches Template-Konzept für TemplaVoilà entwickelt [3].
Ron Hall machte deutlich, dass die Entscheidung, mit TYPO3 5.0 einen Neuanfang zu wagen und gleichzeitig die Entwicklung des 4er-Zweigs voranzutreiben, eine mutige und vor allem wichtige war, die sich kaum ein Unternehmen oder eine Organisation leistet. Nur wenige Communitys bringen die Energie und Leidenschaft auf, sich weiterzuentwickeln und schließlich sogar neu zu erfinden.
In Dallas unterstützte auch TYPO3-Erfinder Kasper Skårhøj diesen Gedanken in seiner Keynote: „Wenn ich noch aktiv TYPO3 entwickeln würde, täte ich genau dasselbe – ich würde noch einmal ganz von vorne anfangen“. Doch natürlich fährt es sich nicht gerade komfortabel in kabbeligem Wasser. In Zeiten des Wechsels fragen sich viele: Wie sieht der Plan eigentlich aus? Soll ich auf TYPO3 5.0 warten? Wird TYPO3 4.x weiterentwickelt? Wenn ich jetzt eine Extension für TYPO3 4.x entwickle, werde ich sie dann später in Version 5 noch nutzen können?
Die Migrationsstrategie
Bis TYPO3 5.0 (Codename „Phoenix“) in regulären Projekten nutzbar ist, wird noch einige Zeit vergehen. FLOW3, das die Grundlage für TYPO3 5.0 bildet und auch für eigenständige Applikationen verwendet werden kann, wird schon deutlich früher produktionsreif sein – aber auch hier ist das Release-Datum der finalen Version 1.0 noch eine Weile hin.
Um die technologische Lücke zwischen 5.0 und 4.x zu schließen, werden nach und nach Konzepte und konkret auch Code aus FLOW3 in den 4er-Zweig einfließen. In der neuen Version 4.3 findet sich bereits eine Reihe von wichtigen Funktionen, die aus dem Projekt Phoenix zurückportiert wurden: das neue Framework zur MVC-basierten Extension-Entwicklung Extbase (siehe Seite 126), das neue Templating-System Fluid (siehe Seite 124) sowie eine neue Caching Engine, die verschiedene Backends wie etwa APC oder Memcache unterstützt. Für die kommenden 4er-Versionen sind weitere Rückportierungen aus Version 5 geplant, unter anderem soll das objektorientierte TypoScript 2 für die Entwicklung von Templates bereits in den 4er-Versionen zur Verfügung stehen.
Das wichtigste Ziel bei der Portierung: die spätere Migration so einfach wie möglich zu gestalten. Die Kernentwickler achten daher zum Beispiel darauf, dieselben Methodennamen und Mechanismen wie in TYPO3 5.0 zu verwenden. Erweiterungen, die auf der neuen Bibliothek Extbase basieren, können so mit wenigen Anpassungen auch mit Phoenix verwendet werden. Sobald neue Templates auf Basis von Fluid und TypoScript 2 erstellt werden können, werden diese weitgehend auch in TYPO3 5.0 laufen.
Google investiert 20.000 Dollar in TYPO3
Vier Slots [4] in der diesjährigen Auflage des Google Summer of Code bringen dem
TYPO3-Projekt neben Aufmerksamkeit vor allem auch neue Funktionen und neue
Entwickler.
In Richtung Extbase geht das Kickstarter-Projekt von Ingmar
Schlecht, das später auch in FLOW3 einfließen könnte: Ein um das Domain-Modeling zentrierter Ansatz unterscheidet den
Kickstarter deutlich vom bisherigen und ermöglicht einen
einfachen Einstieg in die neuen Paradigmen. Andreas Förthner wird
sich den Sommer über erneut dem Thema Security mit FLOW3 widmen und das bestehende System für den Produktiveinsatz
abrunden.
Tom Ilsinszki kämpft sich durch die Tiefen der JSR-283-Spezifikation
und wird das Thema Versionierung für das TYPO3-Content-Repository
angehen. Damit wird ein wichtiger Grundstein für TYPO3 5.0 gelegt, denn
hier muss diese Funktionalität von Anfang an mitbedacht werden. Das letzte Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung eines
kollaborativen Übersetzungsservers zur Lokalisierung von Software. Auch hier hoffen die Kernentwickler auf positive Ergebnisse im Hinblick auf Version 5.
Das Ziel für TYPO3 5.0
Aktuell dient der 5er-Zweig auch als Forschungslabor für Funktionen, die in aktuelle TYPO3-Versionen einfließen. Auch wenn einige Programmteile, etwa Fluid, fast automatisch zurückportiert werden können, kosten diese Arbeiten zusätzliche Zeit und Energie. Nichtsdestotrotz ist diese Anstrengung notwendig, denn sie verschafft der TYPO3-Community die nötige Zeit, die neuen Konzepte zu lernen und ihre Entwicklung auf die neuen Methoden auszurichten.
Das grundlegende Ziel für TYPO3 5.0 ist nach wie vor eine saubere Code-Basis, deren Architektur genügend Flexibilität für die nächsten zehn Jahre bietet. Insofern wird die Einführung der neuen Konzepte in 4.x einen späteren Umstieg auf 5.0 nicht ersetzen können. Wichtig ist jedoch, dass die TYPO3-Anwender den Zeitpunkt des Umstiegs selbst wählen können: Überwiegen für ein Projekt die Vorteile von TYPO3 5.0, ist es Zeit, zu wechseln.
Wer sich schon heute in die neuen Konzepte einarbeiten will, die FLOW3 und TYPO3 5.0 bringen werden, braucht nicht mehr zu warten: Extbase und Fluid werden Bestandteile von TYPO3 4.3, auch der aktuelle Stand von FLOW3 [5] lädt zum Ausprobieren ein. Und während man den frischen Code herunterlädt, könnte der Podcast „4.0 meets 5.0“ [6] für Abwechslung sorgen – denn ein Video sagt doch mehr als die 882 Worte dieses Artikels.