Video-Conferencing-Tools für Unternehmen

Conceptboard ermöglicht die Zusammenarbeit über ein virtuelles Whiteboard - auf Wunsch auch per Video-Stream. (Foto: Conceptboard)
Weil Mietpreise und Gehälter im Sillicon Valley sehr hoch sind, hat sich ein cleveres Startup aus Kalifornien etwas einfallen lassen: Besucher empfängt dort nicht mehr ein Rezeptionist vor Ort – sondern ein Mitarbeiter in Neu Delhi, der per Videokonferenz live zugeschaltet ist. Dank immer schnellerer Internet-Anschlüsse, leistungsfähiger Smartphones und Tablets, innovativer Videotechnik und – nicht zuletzt – immer robusterer Cloud-Computing-Infrastrukturen sowie entsprechender Videokonferenzdienste sind solche Szenarien keine Science Fiction mehr.
Und während sich Virtual Reality langsam zum Mainstream wandelt und Bewegtbilder die Messenger-Apps und sozialen Netzwerke überfluten, etabliert sich die Videokommunikation auch im Geschäftsumfeld als ein zentrales Kommunikationsinstrument. Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Branchenverbands Bitkom setzen bereits 40 Prozent der deutschen Unternehmen ab 20 Mitarbeitern Videokonferenzen und Online-Meetings ein, um sich mit Geschäftspartnern, Kunden und Mitarbeitern auszutauschen.
Die Angebotspalette ist dabei breit gefächert: Von kostenlosen Apps für Endverbraucher – wie FaceTime oder Google Hangouts – über populäre Projekt-Management-Systeme mit integrierten Video-Chats bis hin zu leistungsstarken Plattformen für Video- und Web-Konferenzen, die auch Webinare mit hunderten Teilnehmern realisieren können. Für jeden Anwendungsfall finden Unternehmen damit heute die passende Lösung – und zwar ohne in teure Hardware investieren zu müssen.

Die Lösung WebEx bietet umfangreiche Planungsfunktionen für Video-Konferenzen – etwa die Funktion „Call me“, mit der die Anwendung alle Teilnehmer zur vorgebenen Meeting-Zeit anruft. Per Touch oder Klick sind diese dann im virtuellen Konferenzraum. (Screenshot: WebEx)
Kostenlose Consumer-Apps
Für spontane Video-Meetings nutzen viele bei der Arbeit dieselben Apps, die sie auch privat einsetzen – zum Beispiel FaceTime, Line, WeChat, Facebook Messenger, Viber, Tango oder auch Google Hangouts und Skype. Eine im Vergleich zu diesen Lösungen weniger bekannte, aber dennoch nennenswerte Alternative ist Oovoo. Die in New York entwickelte Software verspricht Video-Konferenzen mit bis zu zwölf Personen gleichzeitig – und das kostenlos auf PC, Mac, iOS und Android. Gerade im Bereich Mobile spielen Bewegtbilder in letzter Zeit eine zunehmend wichtige Rolle. So hat Google mit Duo vor ein paar Monaten eine neue mobile App für iOS und Android lanciert, die Ein-zu-Eins-Video-Chats in HD-Qualität bietet und direkt mit FaceTime konkurriert. Whatsapp, die weltgrößte Messenger-App, hat erst vor wenigen Wochen Video-Chats für Android (noch im Beta-Stadium) eingeführt.
Solche Consumer-Apps sind zwar leicht zu bedienen und bieten professionelle Videoqualität zum Nulltarif. Doch damit stoßen Unternehmen schnell an Grenzen. Viele Firmen wünschen den Einsatz dieser Apps allein schon aus Sicherheitsgründen nicht – oder verbieten ihn sogar schlicht und einfach. Andere wollen ihre berufliche und private Kommunikation gerne trennen. Und der eine oder andere Chef findet die lustigen Stickers und Videomasken á la Snapchat von Tango, Viber und Co. auch gar nicht so witzig.
Mehr als nur Video-Chats
Entscheidend ist jedoch, dass Video-Konferenz-Systeme für Unternehmen viel mehr können als einfach nur Video-Anrufe. Sie sind vielmehr für die ortsunabhängige Zusammenarbeit ausgelegt und bieten nützliche Funktionen wie etwa Bildschirmübertragung, Dateifreigabe, virtuelle Whiteboards, Text-Chats, Notizen und Kommentare, User-Verwaltungswerkzeuge und vieles mehr. Hinzu kommen praktische Tools, mit denen man Video-Konferenzen professionell planen und verwalten kann. Das ist besonders dann nützlich, wenn man zum Beispiel Video-Präsentationen mit seinen Kunden, Produktdemos oder Online-Schulungen veranstalten möchte.
Den Markt für professionelle Web- und Video-Konferenz-Lösungen dominieren IT-Riesen wie Cisco (WebEx Meetings), Citrix (GoToMeeting), Adobe (Connect Meetings) und nicht zuletzt auch Microsoft. Mit Skype for Business bieten die Redmonder eine für kleine und mittelständische Unternehmen optimierte Version der beliebten Chat-App, die Video-Konferenzen mit bis zu zehn Teilnehmern ermöglicht. Teams mit bis zu 25 Anwendern können die Business-Version von Skype kostenlos nutzen.
WebEx Meetings
Diese umfangreiche Online-Video-Konferenz-Lösung des US-Herstellers Cisco erfüllt die Anforderungen anspruchsvoller Enterprise-Kunden was Sicherheit, Performance und Funktionalität angeht. Gleichzeitig können sich auch kleine und mittlere Unternehmen das Produkt leisten: Die Preise fangen bei 19 Euro im Monat an. Dafür kann man Video-Konferenzen mit bis zu acht Teilnehmern pro Meeting durchführen. Besonders macht die Cisco-Lösung eine Reihe praktischer Funktionen für die Zusammenarbeit, die gerade im Business-Bereich oft entscheidend sind. Hierzu zählen neben den üblichen Desktop- und File-Sharing-Funktionen auch professionelle Werkzeuge für das Zeichnen von Ideen, Whiteboards für gemeinsame Brainstormings oder virtuelle Meeting-Bereiche, die Remote-Teams als zentrale Informationsdrehscheibe dienen.

Die Enterprise-Lösung „GoToMeeting“ bietet mit seinem Control-Panel umfangreiche Einstellungen und Funktionen ? zum Beispiel welche, mit denen sich der Bildschirm teilen und sogar Maus und Tastatur übertragen lassen. Damit eignet sich die Anwendungen zum Beispiel auch für den Kunden-Support. (Screenshot: GoToMeeting)
GoToMeeting
In direkter Konkurrenz zu WebEx steht GoToMeeting, einer der Platzhirsche in diesem Bereich. Die praxiserprobte Kommunikationslösung von Citrix Systems bietet Videokonferenzen in HD-Qualität und umfangreiche Funktionen – sowohl für PC und Mac, als auch für iPhone, iPad und Android-Geräte. Web-Meetings lassen sich direkt aus Office- und E-Mail-Anwendungen planen oder starten. Zu den Hauptfunktionen für die Zusammenarbeit zählen Meeting-Aufzeichnung und -Wiedergabe, Freigabe von Anwendungen sowie Zeichenwerkzeuge für die kollaborative Bearbeitung von Dokumenten. Ebenfalls praktisch: Anwender können jedem Teilnehmer ihre Maus- und Tastatursteuerung übergeben, sodass sich GoToMeeting nicht nur für Remote-Teams eignet, sondern auch für den Kunden-Support oder Vertrieb.
Adobe Connect
Ein weiterer IT-Riese mit führender Video-Konferenz-Lösung ist Adobe: Mit Adobe Connect können Unternehmen Web-Konferenzen, Webinare und E-Learning umsetzen. Von spontanen Online-Meetings für kleine Teams bis hin zu Web-Events mit mehreren Tausend Teilnehmern bietet die modular aufgebaute Connect-Plattform die passenden Funktionen. Die Lösung Adobe Connect Meetings ist gerade unter digitalen Agenturen sehr beliebt. Sie können damit Konferenzen über eine personalisierbare, immer aktive URL abhalten und den virtuellen Meeting-Raum ihrem Branding entsprechend gestalten. In Sachen Zusammenarbeit lässt Adobe kaum Wünsche offen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Add-Ons und Funktionserweiterungen für Meeting-Räume, die nicht nur von Adobe, sondern auch von Drittanbietern stammen.

Adobe Connect Meetings ist besonders bei Digital-Agenturen beliebt: Sie können mit dem Toolüber eine personalisierbare URL virtuelle Meetings abhalten und den virtuellen Meeting-Raum auch branden. (Foto: Adobe)
iMeet
Neben diesen weitverbreiteten Produkten mit Millionen von Anwendern gibt es weitere, nennenswerte Alternativen, die den Vergleich mit den Marktführern nicht scheuen müssen – ganz im Gegenteil. Hierzu zählen zum Beispiel Zoho Meeting, Ready Talk, Join.me, Zoom, Fastviewer oder auch iMeet. Letztere stammt von dem internationalen Video-Konferenz-Anbieter PGI aus den USA und richtet sich an den Bedürfnissen von KMUs aus.
Das günstigste Paket – Kostenpunkt knapp 350 Euro pro Jahr – erlaubt Videokonferenzen mit bis zu 35 Teilnehmern und stellt fünf Gigabyte Speicherplatz pro virtuellem Konferenzraum für den Austausch von Dateien zur Verfügung. Der komplette Datenverkehr zwischen Endgeräten und Server ist laut PGI verschlüsselt. Zudem gibt es die auf Deutsch erhältliche Software für alle wichtigen Plattformen. Mit der Web-App können sich die Konferenzteilnehmer einfach per Klick auf einen Link im virtuellen Konferenzraum verbinden.

Bei der Video-Konferenz-Lösung iMeet können Unternehmen einen virtuellen Konferenzraum individuell gestalten.(Screenshot: iMeet)
HipChat oder Glip
Doch Profi-Video-Konferenz-Lösungen konkurrieren nicht nur miteinander, sondern zunehmend auch mit den Video-Chat-Funktionen für Gruppen von Enterprise-Chat-Diensten wie Hipchat oder Glip. Slack soll ebenfalls bald Video-Konferenzen unterstützen. Die Wachstumszahlen der Apps zeigen ihre zunehmende Beliebtheit in Unternehmen – schließlich bieten sie einen einfachen Weg, um Ideen und Dateien mit Kollegen in privaten oder öffentlichen Chat-Räumen sicher und einfach zu teilen.
Dabei speichern sie alle Chats und Dokumente zentral, eine
mächtige Suchfunktionen macht sie leicht zugänglich. Ein weiteres Merkmal der Chat-Dienste sind die vielen Integrationsmöglichkeiten mit anderen Online-Services rund um
Projekt- und Kunden-Management, Zusammenarbeit und Produktivität. Mit Hipchat können Teams spontane Videoanrufe direkt aus jedem Chat-Raum starten. Anders als bei Glip müssen sie dazu keine Software oder Browser-Erweiterung installieren.

Die Anbieter von Video-Konferenz-Lösungen konkurrieren nicht nur untereinander, sondern beispielsweise auch mit Chat-Anwendungen wie HipChat. Für die schnelle Video-Kommunikation mit dem Kollegen im Home-Office oder auf Geschäftsreise eine gute Lösung. (Screenshot: HipChat)
Conceptboard
Eine anspruchsvolle Productivity-Lösung mit Video-Konferenz-Funktionen ist auch Conceptboard. Die Plattform bietet Funktionen für eine visuelle Zusammenarbeit speziell für Marketing- und Remote-Teams. Ihr Kern sind die Online-Whiteboards: Visuelle Arbeitsflächen, auf denen Anwender Bilder und Dokumente (wie PDF, Excel oder Word) platzieren, per Drag-and-Drop bewegen, editieren und kommentieren können. Daneben bietet Conceptboard auch Text-, Audio- und Video-Chats in Profi-Qualität. Über jedes Whiteboard sind bis zu sechs Videostreams mit jeweils bis zu 50 Teilnehmern möglich.
Fazit: effizientere Zusammenarbeit und größere Kundennähe
Videos sind nicht nur in den sozialen Netzwerken und Messenger-Apps im Kommen. Die Video-Kommunikation gehört auch in vielen Unternehmen längst zum Alltag. Gerade Startups sowie KMUs entscheiden sich dabei oft für Lösungen, die mehr bieten als nur Videoanrufe. Bei der Auswahl sollten Unternehmen zunächst klären, in welchen Szenarien sie die Lösungen einsetzen wollen: Für spontane und möglichst unbürokratische sowie schnelle Videoanrufe – etwa, um mit Kollegen im Home-Office oder unterwegs zu kommunizieren? Dann eignen sich neben den Produkten für Endverbraucher auch Productivity-Apps wie Hipchat, Glip oder Conceptboard.
Wer Videokonferenzen mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern professionell planen, durchführen und aufzeichnen möchte – zu denen etwa auch externe Teilnehmer wie Kunden oder Partner gehören – greift dagegen lieber auf dedizierte Video-Konferenz-Lösungen wie GoToMeeting, WebEx oder Adobe Connect zurück. Egal welche Lösung nun zu einem Unternehmen und Anwendungsfall passt: Von den schnelleren Entscheidungswegen, der besseren Produktivität, der effizienteren Zusammenarbeit, der größeren Kundennähe und den Kostenersparnissen profitiert jedes Unternehmen.
Danke für die gute Übersicht. Was hier aber definitiv fehlt, ist http://www.zoom.us , eine in USA sehr verbreitete Software, die durch ihre hohe Qualität auch bei schlechten Leitungen besticht. Gegründet von einem ehemaligen WebEx Mitarbeiter und eine sehr sympatische Company. (BTW, bekomme hierfür nichts bezahlt, sondern bin seit 2 Jahren glücklicher User ;.)