Und Action! So nutzt du Vine- und Instagram-Videos als Marketinginstrument
Das Internet ist bereits überladen von Videos aller Art. Mit YouTube hat sich zudem eine Videoplattform etabliert, die alle anderen Video-Sites in den Schatten stellt und den Markt im Netz dominiert. Und dennoch: Inwiefern können die Kurzfilm-App Vine und die Videofunktion von Instagram einen Mehrwert bieten und für Unternehmen in Sachen Marketing von Interesse sein?
Perfektes Format für die mobile Welt
Das Spannende an den Filmchen ist vor allem, dass sie so simpel und kurz sind. Der Grundsatz der Vine-Entwickler ist radikale Vereinfachung: Statt erst Handyvideos zu drehen und die einzelnen Videosequenzen dann umständlich mit einer Bearbeitungs-App zusammenzuschneiden, vereint Vine die Arbeitsschritte und setzt den Filmen außerdem ein Zeitlimit von sechs Sekunden. Das Ergebnis sind revolutionär kleine Datenmengen und eine kaum noch zu vereinfachende Produktionstechnik. So entstehen in kürzester Zeit leicht und jederzeit konsumierbare Mini-Clips – das perfekte Format für den mobilen Zeitgeist. Kein Wunder, dass Twitter noch vor dem Release der Vine-App das Startup kaufte. Wegen des durchschlagenden Erfolgs in den USA ergänzte schließlich auch Instagram seine Bilder-App um eine 15-Sekunden-Videofunktion.
Vine vs. Instagram
Sowohl mit Vine als auch mit Instagram gestaltet sich die Filmproduktion sehr einfach. App herunterladen, öffnen, Kamerasymbol wählen, losfilmen. Ein Balken zeigt dabei an, wie viel der zur Verfügung stehenden Zeit schon verbraucht ist. Lässt der Filmer den Aufnahme-Button los und schwenkt dann zu einem anderen Motiv um, baut die App automatisch einen Schnitt ein. Ist der Kurzfilm fertig, können die Laien-Regisseure Text und Hashtags hinzufügen. Anschließend ist die Verbreitung über das Vine- oder Instagram-Netzwerk und weitere soziale Netzwerke möglich. Der größte Unterschied zwischen den beiden Apps liegt, neben der
unterschiedlichen Filmlänge, im Abspielmodus. Während der Film bei Instagram nach spätestens 15 Sekunden stoppt, läuft der Sechssekünder von Vine im Loop.
Video-Funktionen
Beide Apps liefern über die reine Aufnahme hinaus Funktionen, die die Produktion erleichtern oder das Endergebnis verbessern. So punktet Vine mit einem Aufnahmeraster. Der filmende Nutzer kann das Smartphone dadurch besser ausrichten. Mit Aktivierung der „Ghost“-Funktion wird das letzte Bild der vorherigen Aufnahme schemenhaft in die nächste Sequenz eingeblendet. Wenn die sechs Sekunden erreicht sind, lassen sich über die Bearbeitungsfunktion noch einzelne Sequenzen verschieben oder löschen. Besonders beliebt bei Vine ist die Stopmotion-Funktion. Das Video wird dabei nicht durchgehend aufgenommen, sondern in ganz kurzen Sequenzen. Hintereinander abgespielt wirken die ultrakurzen Schnipsel wie ein Daumenkino und lassen, bei richtiger Handhabung, tolle Effekte entstehen.
Instagram dagegen setzt verstärkt auf die Nachbearbeitung. Zur Nachbesserung der Videos bietet die App einen Bildstabilisator und diverse Filter. Von Vorteil ist auch, dass die App Zugriff auf die Bilder- und Videogalerie des Smartphones bietet. Findige Filmer können bereits aufgenommene Medien so einfach in die App integrieren.
Community und Plattform
Hinsichtlich der Webpräsenzen stellt Vine seinen Nutzern einige Funktionen mehr zur Verfügung. Während Instagram einen minimalistischen Feed bietet, der abonnierte Bilder und Videos anderer User zeigt, hat Vine hier etwas mehr in petto. Neben der Profilseite können Besucher angesagte Videos entdecken – sei es über die Playlist, die beliebtesten Hashtags oder die verschiedenen Kanäle.
Unterschiede gibt es auch bei der Community selbt. Instagram hat zwar eine riesige Nutzerbasis, die sich allerdings zum Großteil auf Bilder und nicht auf Videos konzentriert. Vine hingegen ist eine reine Kurzfilm-App, hier dreht sich alles um das ultrakurze Bewegtbild. Bei den Nutzerzahlen kann Vine (40 Millionen) gegenüber Instagram (200 Millionen) nicht mithalten. Einen Favoriten in Sachen Funktionsumfang und in Bezug auf die Plattform zu küren, ist kaum möglich.
Für Unternehmen, die bereits Instagram für ihre Bilderwelt einsetzen, ist es naheliegend, die Plattform auch für Kurzvideos zu nutzen. So entfällt der mühsame Aufbau eines neuen Kanals mit neuen Followern. Andererseits überzeugt Vine mit seinem unverwechselbaren Format aus extremer Kürze und Loop-Effekt.
Profitipps für den Dreh
Anders als bei Fernsehproduktionen, reicht beim Kurzfilm ein Smartphone. Mit einigen Tricks und kleineren Investitionen lässt sich aber die Qualität der Videos schnell verbessern. So ist für das Filmen mit dem Smartphone ein Stativ von Vorteil. Mit einem Universaladapter für das Smartphone lassen sich handelsübliche Stative leicht zu Smartphone-Stativen machen.
Beim Dreh des Videos mit dem Smartphone wird der Ton parallel mit aufgenommen. Daher hat sich ein externes Mikrophon bewährt. Die Helligkeit spielt ebenfalls eine große Rolle. Externe Lichtquellen, manchmal tut es auch eine einfache Schreibtischlampe, können hier Wunder wirken. Für besondere Effekte gibt es externe Linsen wie Makro-, Weitwinkel oder Teleobjektive, die direkt vor die Kamera des Smartphones gesetzt werden. Anspruchsvollere Kurzvideoproduktionen zehren darüber hinaus an der Akkuleistung. Ein bis zwei zusätzliche Akkus sollten bei einer Produktion immer mit dabei sein.
Ist der Film fertig, geht es an die Verbreitung im Netz. Dabei gilt für Vine als auch für Instagram, was für alle anderen Social-Media-Netzwerke genauso gilt: das Video wird nur durch eine aussagekräftige Beschreibung und mehrere sinnvolle Hashtags gefunden. Auf diese Weise erreicht das Kurzvideo viel mehr Publikum als nur die eigenen Follower. Bei Vine lohnt es, den Post einem der Kanäle wie beispielsweise Tiere, Kunst, Comedy, Familie, Do-it-Yourself oder Essen zuzuweisen, um die Sichtbarkeit nochmals zu erhöhen.
Jeder veröffentlichte Kurzfilm bei Vine und Instagram hat eine eindeutige URL, die über alle zur Verfügung stehenden Kanäle weiter verbreitet werden kann. Zudem bieten beide Plattformen die Möglichkeit, den Film in eine Website oder einen Blog einzubetten. Auch offline können die Kurzfilme echte Hingucker sein, zum Beispiel auf Bildschirmen im Foyer oder auf Messen.
Trotz Kürze professionell drehen
Prinzipiell kann jeder Laie mit ein bisschen wischen und tippen auf dem Smartphone sehr schnell ein Kurzvideo erstellen, hochladen und im Social Web verbreiten. Diese einfache Handhabung macht Vine und Instagram für User so attraktiv. So wundert es nicht, dass nach und nach auch Marketingabteilungen – vornehmlich in den USA – Interesse an den Kurzvideos zeigen.
Wenn allerdings Kurzvideos für Marketingzwecke gedreht werden sollen, ist es dann doch nicht mehr ganz so einfach. Denn dann müssen Online-Marketer, trotz der Kürze der Clips, auf einen professionellen Dreh achten, bei dem alle Möglichkeiten des Storytelling sowie der App Beachtung finden. Was in sechs Sekunden Vine-Video möglich ist, zeigt etwa das schöne Beispielvideo des Autoherstellers Ford mit mehr als 7.000 Likes und vielen „Revines“.
Während Kurzvideos in den USA im Marketing bereits zum Einsatz kommen, steht die Entwicklung hierzulande allerdings am Anfang. Für deutsche Unternehmen, die mit ihrem Marketing aus der Masse herausstechen möchten, kann das ein Vorteil sein.
Teil der Marketingstrategie
Klar ist, dass Kurzvideos allein keine umfassende Marketinglösung sein können. Ohne die Einbettung in ein Gesamtkonzept, das alle Instrumente miteinander verknüpft, gehen selbst die hochwertigsten Sechs- und 15-Sekünder im Hintergrundrauschen des Netzes unter. Ganz am Anfang steht deshalb immer die Frage, wer mit einer Marketingmaßnahme erreicht werden soll und welche Mittel zum Einsatz kommen. Wenn junge, kreative Menschen auf der ganzen Welt das Ziel sind, dann liegen Vine und Instagram als Marketinginstrument voll im Trend. Die Kurzfilme eignen sich etwa perfekt, um sie in das Marketingkonzept großer Musikfestivals zu integrieren.
Denkbar wäre aber auch die Verwendung von Kurzvideos im Rahmen cooler Kulturevents. Auch ein lokaler Immobilienmakler könnte auf die Clips zurückgreifen: Anstelle von Fotos wecken auf der Website und im Social Web dann kleine Vine- oder Instagram-Filme das Interesse der Kunden. Auch hier gilt, dass die erhoffte Wirkung mit amateurhaft gedrehtem Material schnell verloren gehen oder gar ins Gegenteil umschlagen kann.
Storytelling in 6 bis 15 Sekunden
Menschen lieben Geschichten. Je mehr die Inhalte emotional berühren, desto eher werden sie wahrgenommen und später erinnert. Die Herausforderung bei Kurzfilmen liegt darin, dass es nicht nur darum geht, eine gute Geschichte zu spinnen, sondern die Message auch noch in wenigen Sekunden verständlich zu transportieren.
Erfahrungsgemäß müssen drei bis maximal vier verschiedene Einstellungen für die Produktion eines sechssekündigen Vine-Videos ausreichen, etwas mehr Spielraum bietet Instagram mit 15 Sekunden. Der Bauklötzehersteller Lego macht das in seinen beliebten Instagram-Videos vor, in denen das Produkt in Form der abenteuerlustigen Legofigur Flain im Fokus steht.
Beim Kölner Lederwareneinzelhändler Offermann dagegen spielt man mit den Emotionen, die das Produkt bei den Käuferinnen hervorrufen soll. Tenor: Die Liebe geht durch die Tasche statt durch den Magen. Auch der amerikanische Online-Shop Urban Outfitters setzt auf Emotionen. Mit den Kurzfilmen trifft das Marketing das Lebensgefühl und damit die Aufmerksamkeit der jungen Zielgruppe. Dabei kommt Urban Outfitters oft komplett ohne Produktpräsentation aus. „Silent Discos are possibly the best thing ever“ betitelt Urban Outfitters zum Beispiel das Vine-Video, in dem junge Leute sich mit Kopfhörern auf der Tanzfläche im Takt gemeinsam hin und her wiegen. Ein Lebensgefühl, das gefällt.
Autohersteller Ford ging auf Vine einmal ganz neue Wege und versuchte es mit Humor. Um den neue Ford Fiesta zu promoten, engagierte man Rudy Mancuso, Comedian und Vine-Nutzer mit fast fünf Millionen Followern. Inhalt der sechs Sekunden: ein missglückter Zaubertrick. Der Getränkehersteller Red Bull setzt dagegen wie immer auf Action. Mit spektakulären, professionell gedrehten Kurzfilmen von Sport-Events treffen die Österreicher regelmäßig den Nerv ihrer Fangemeinde. Versehen mit spezifischen Hashtags, finden Zielgruppe und Filme in den sozialen Netzwerken sofort zueinander.
Fazit
Grundlage für den Erfolg der Kurzfilme ist ein durchdachtes und zielgerichtetes Storytelling. Während es berühmten „Vinern“ und „Instagramern“ oft reicht, Schnipsel ihrer Privatsphäre zu filmen, müssen Unternehmen sich etwas einfallen lassen. Um viral erfolgreich zu sein, sind kreative und professionell erzeugte Inhalte gefragt, die gekonnt mit den Chancen des Kurzfilmformats spielen. Da bisher nicht abzusehen ist, wie sich die Plattformen in Deutschland entwickeln werden, ist es durchaus empfehlenswert, auf beiden vertreten zu sein.