Kostenfreie Virtualisierung in professioneller Umgebung: VMware Server
Da die meisten Systeme mit aktueller Hardware bei weitem nicht ausgereizt werden, ist schnell ein passender Server gefunden, der zur Virtualisierung benutzt werden kann. Installiert man darauf ein kostenfreies Betriebssystem (z. B. CentOS [1], auf RedHat Enterprise Linux 4 basierend) als Basisbetriebssystem und VMware Server als Virtualisierungssoftware, entsteht eine nahezu kostenfreie Lösung für professionell betriebene virtuelle Maschinen. Allerdings dürfen die Lizenzkosten der Betriebssysteme und Applikationen in den virtuellen Maschinen nicht vergessen werden, die nach wie vor zu beschaffen sind. Migriert man bestehende Systeme, kann man deren Lizenzen jedoch meist problemlos weiter nutzen. Will man reale Serversysteme eins zu eins virtualisieren, existieren dafür im Internet Anleitungen oder man greift auf Produkte von Drittanbietern zurück. Immer mehr dieser Tools, auch P2V (physical-to-virtual) kommen ebenfalls kostenfrei von einzelnen Privatentwicklern auf den Markt. Übrigens: Falls die Unternehmensrichtlinien einen Herstellersupport zur Softwarenutzung voraussetzen, kann dieser gegen eine jährliche Gebühr bei VMware erworben werden.
Sobald alle Vorbereitungen getroffen sind, können Administratoren nach Herzenslust die Vorteile der Virtualisierung in der eigenen Infrastruktur prüfen. Es ist ein großer Vorteil von VMware Server, dass jeder ohne hohen Kostenaufwand in der Lage ist, eigene Erfahrungen in der eigenen Umgebung zu sammeln. Da VMware Server die Weiterentwicklung des VMware GSX Servers ist, handelt es sich um ein seit Jahren in Test-, Entwicklungs- und Produktivumgebungen erfolgreich eingesetztes Produkt ohne jegliche Funktionseinschränkungen. In einigen Fällen muss nicht einmal eine eigene virtuelle Maschine erstellt werden, da VMware eine Virtual Appliance Initiative ins Leben gerufen hat [2]. Dort finden sich hunderte fertiger virtueller Maschinen, die teilweise direkt oder mit geringen Anpassungen genutzt werden können. Die Anwendungen reichen von nicht kommerziellen Linuxinstallationen (z. B. Fedora oder Ubuntu) bis hin zu virtuellen Maschinen kommerzieller Anbieter wie IBM, Checkpoint oder Oracle.
Hardware mit nur einem Mausklick zuordnen
Technisch sind unter Windows bis zu zehn, unter Linux über 100 virtuelle Netzwerke möglich, die je nach Netzwerktreiberunterstützung des Wirtsbetriebssystems auch zur Aufteilung anhand VLANs genutzt werden können. Die von VMware-Produkten bekannten Netzwerk-Typen für virtuelle Maschinen „Host-Only“ (virtuelle Maschinen und Wirtssystem), „Guest-Only“ (nur virtuelle Maschinen), „Bridged“ (Zugang zum physikalischen Netzwerk) und „NAT“ (Zugang zum physikalischen Netzwerk über den NAT-Dienst des Wirtssystems) mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften sind dabei verfügbar. Zu den wichtigsten Neuerungen gegenüber VMware GSX zählen die 64-Bit Unterstützung, die Unterstützung der Prozessorvirtualisierungstechnologien (AMD Pacifica, Intel VT-x), die 2-Wege-Unterstützung (vSMP, Möglichkeit einem Gastsystem zwei virtuelle Prozessoren zuzuordnen) und eine deutlich erhöhte Festplattengröße bis zu 950 GB Festplatten, bisher waren es 128 (IDE) oder 256 (SCSI).
Die Anzahl unterstützter Gastsysteme wurde gegenüber dem Vorgänger nochmals erweitert, was den Anwender in die Lage versetzt, nahezu jedes x86-basierte Betriebssystem in der virtuellen Maschine zu betreiben. Dabei existieren keine Beschränkungen in Homogenität – es können beispielsweise Solaris, SuSE Linux und Windows 2000 gleichzeitig auf dem gleichen VMware Server (der unter Windows oder Linux laufen kann) betrieben werden. Darüber hinaus ist es wie bei vielen Virtualisierungsprodukten möglich, die Hardware der virtuellen Maschine in vielseitiger Weise anzupassen. Ob die VM mehr Hauptspeicher oder die 4. SCSI Festplatte benötigt, bedeutet meist nur einen Mausklick bei abgeschalteter virtueller Maschine. Dank dieser Flexibilität entfallen oft größere Wartungsarbeiten, was deutlich für den Einsatz von Virtualisierung spricht.
Kleine und große Virtualisierungen
Durch die Nutzung eines Basisbetriebssystems wird die Leistungsausnutzung gegenüber der maximal möglichen Leistung der Wirtshardware ein wenig ausgebremst. Laut Hersteller kann man von einem „Virtualization Overhead“ (Verlustleistung durch die Virtualisierung) zwischen zehn und 30 Prozent ausgehen. Diese Angabe ist jedoch nur ein Richtwert und hängt stark von der verwendeten Hardware und dem Leistungsbedarf der virtuellen Maschinen ab. Während Prozessor- und Hauptspeicherleistung nahezu komplett an die Virtualisierungsschicht durchgereicht werden können, sind eher die I/O-lastigen Geräte wie Festplatten und Netzwerkkarten von einer höheren Verlustleistung betroffen. Hier liegen Produkte wie Xen, Virtuozzo und VMware ESX besser, da aufgrund der unterschiedlicheren Architektur gegenüber dem VMware Server teilweise deutlich höhere Ausnutzungsgrade erreicht werden können. Um genaue Werte zu erhalten, nutzen Sie am besten die Möglichkeit, mit der Virtualisierung im Low-Cost-Bereich zu beginnen. Meist sind die vorhandenen Server unter fünf Prozent der Leistungsfähigkeit genutzt und können daher bedenkenlos auf leistungsfähige Hardware mit VMware Server betrieben werden. Sollte die Möglichkeit bestehen, mehrere VMware Server aufzustellen, können die virtuellen Maschinen entsprechend den Anforderungen verteilt werden, damit nicht alle prozessorlastigen Systeme auf dem einen und alle festplattenlastigen Systeme auf dem anderen VMware Server laufen.
Der Architekturvergleich zwischen VMware Server und VMware ESX zeigt die unterschiedlichen Ansätze der Produkte.
Sobald das Thema Virtualisierung ernster angegangen werden soll, ist es sinnvoll, moderne Mehrprozessorsysteme einzusetzen (DualCore sind als Wirtssystem ideal geeignet) und System und Virtualisierungspartitionen auf zwei oder mehrere Festplatten zu verteilen. Ist ein SAN-, ein schneller NAS- bzw. iSCSI-Speicher vorhanden, sind diese sehr gut für virtuelle Maschinen nutzbar. Bei iSCSI ist sogar eine Cluster-Installation zwischen virtuellen Maschinen über mehrere VMware Server hinweg möglich. Alle anderen Speichertechnologien ermöglichen lediglich Cluster-Installationen zwischen virtuellen Maschinen auf dem selben VMware Server. Ausfallsichere VMware-Server-Cluster existieren nicht. Allerdings kann man anhand der mitgelieferten Programmierschnittstellen einiges an Funktionalität anpassen und erweitern. Auf eben dieser Programmierschnittstelle setzen übrigens auch viele Drittanbieter auf, die Sicherungs-, Migrations- oder Hochverfügbarkeitslösungen anbieten.
Massenspeicher und Netzwerkkarten
Wie beim Massenspeicher gilt auch für Netzwerkkarten: besser zu viel als zu wenig. Ein Minimalsystem besteht aus zwei Netzwerkkarten (idealerweise Gigabit), wovon eine für die Administration und Sicherung genutzt wird und die andere für die virtuellen Maschinen. Baut man Servernetzwerkkarten ein, kann man auch mehrere Karten zusammen fassen, um eine Ausfallsicherheit herzustellen (eine Karte Administration, ein Team aus zwei oder mehr Netzwerkkarten für die virtuellen Netzwerke). Beim Hauptspeicher kann es sowieso nie genug sein, daher sollte bei der Planung 1 Gigabyte für das Wirtssystem (Betriebssystem, Virtualisierungsschwund) einbezogen werden und eine großzügige Menge für die virtuellen Maschinen. Unter Windows muss dabei die 4 Gigabyte Hauptspeichergrenze beachtet werden, wodurch ein PAE-fähiges Windows (z. B. Windows 2003 Enterprise) benutzt werden muss. Unter Linux wird PAE ab Kernel 2.6 unterstützt.
Die Grenzen von VMware Server
Für den ganz großen Griff nach den Sternen, sprich der groß angelegten Rechenzentrumsvirtualisierung inklusive hochverfügbarer Systeme, reicht das Produkt VMware Server jedoch nicht aus. In diesem Fall muss zum großen Bruder, dem VMware ESX Server gegriffen werden. Jedoch ist es nie nachteilig mit VMware Server zu beginnen, da die virtuellen Maschinen mit denen des VMware ESX Servers kompatibel sind. Genau aus dem Grund bietet sich VMware Server auch als Fallback-Lösung zu VMware ESX an, um im Notfall dessen VMs bei geringerer Leistung zu übernehmen – besser langsam als nicht lauffähig. Schaut man sich die Verwaltung von VMware Server an, so ist diese mittels Verwaltungsclient (Windows- und Linux-Version erhältlich) oder Webadministration über einen Browser möglich. Problematisch wird diese Form der Verwaltung erst mit der steigenden Anzahl von Wirtssystemen beziehungsweise virtuellen Maschinen. In solchen Umgebungen ist eine zentrale Verwaltung gefragt, die durch das kommerzielle VMware VirtualCenter abgedeckt wird. Die Nutzung des VirtualCenter kann sich je nach Anzahl der virtuellen Maschinen schon ab zwei VMware-Server-Systemen rechnen.
Fazit
Der Schritt, VMware GSX als VMware Server weiterzuentwickeln und jedem kostenfrei über das Internet zugänglich zu machen, kam nicht aus reiner Nächstenliebe zustande, sondern auch aufgrund externer Gegebenheiten (Xen, OpenVZ, Microsoft Virtual Server). Schließlich ist VMware ein kommerzielles Unternehmen. So aber hilft VMware der bestehenden Community und hinzukommenden Einsteigern, sich schnell und kostengünstig in das Thema einzuarbeiten beziehungsweise es weiter zu verfolgen. Gerade für kleinere Unternehmen ist VMware Server sehr interessant, da für sie bisher Virtualisierung – insbesondere auf Windows-Ebene – unerschwinglich war. Es bietet praktisch jedem eine Basis für ganz verschiedene Virtualisierungsszenarien, egal ob nicht-kommerziell oder kommerziell.