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Kolumne

Volle Kraft voraus: Über die Grundkonstante technologischer Entwicklungen

Beschleunigung ist eine Grundkonstante in der Menschheitsgeschichte. ­­Und, so trivial die ­Erkenntnis auch ist: Es ist an uns, sie in die richtige Bahn zu lenken. Meint Felix Schwenzel in seiner Kolumne für Irrelevanz.

Von Felix Schwenzel
3 Min.
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(Shutterstock/ImagineStock)

Der Blick in die Zukunft fällt uns schwer, weil der Blick in ferne Zeiten immer ­Reflexionen der Gegenwart zeigt. Wir ­sehen beim Blick nach vorn immer auch uns selbst. Wenn wir die Augen zusammenkneifen, unseren Blick ein bisschen abstrahieren, schaffen wir es ­gelegentlich, einen flüchtigen, unverfälschten ­Eindruck von der Zukunft zu bekommen. Für so einen abstrakten Blick lassen sich beispielsweise Ereignisse oder Muster aus der Vergangenheit in die ­Zukunft projizieren.

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Wir wissen zum Beispiel, dass sich manche Dinge nie ändern werden (­Klagen über die Jugend, unsere Abhängigkeit von Technologie). Außerdem können wir rote Fäden im Gewebe der Menschheits­geschichte erkennen, die sich vom An­beginn der Zeit bis heute und weiter in die Zukunft ziehen werden. Einer dieser roten Fäden ist Beschleunigung, Delta v (∆v),
oder genauer, die Änderung von Geschwindigkeit. Durch Beschleunigung, durch die Fähigkeit, Handlungen ein bisschen schneller auszuführen als Kon­kurrenten, haben Menschen sich seit jeher evolutionäre und wirtschaftliche Vorteile verschafft. Die Fähigkeit, uns schneller von A nach B zu bewegen, hat uns zu Vorteilen gegenüber anderen Tierarten verholfen und war später die Grundlage von Imperien und politischer und wirtschaftlicher Vorherrschaft.

Die Spanier – später die Engländer – verdankten ihre Macht ihren Seeflotten, mit denen sie sich schneller (und freier) in der Welt bewegen konnten als ihre Nachbarn. Der Wohlstand der modernen westlichen Welt und vor allem auch Deutschlands basiert zum großen Teil auf Mobilitätstechnologien, die es jedem Einzelnen ermöglichen, sich immer schneller von A nach B zu bewegen.

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Diese einfache, vorhersehbare Be­schleu­nigungstendenz hat allerdings auch schwer vorhersehbare Folgen für die Welt. Die ­Spanier haben im 17. Jahrhundert halb Süd­europa entwaldet, um mit ihren Schiffen schneller um die Welt zu kommen. Wir haben große Teile des Bodens versiegelt und erwärmen das Klima massiv, um schneller anders­wohin zu kommen. Unsere Fähigkeit, einander immer schneller und einfacher zu töten, ist nicht nur eine Grundlage unseres Wohlstands, sondern zugleich auch ein Beispiel dafür, wie wir gesellschaftlich versuchen, die Folgen des Delta v, der ­rasenden Technologieentwicklung, abzufedern. Zumindest in den letzten 70 ­Jahren gab es ­große, teilweise erfolgreiche ­Bemühungen, den Frieden trotz wachsender Tötungs­arsenale durch ­Abkommen, Handel und Ächtung bewaffneter Konflikte zu sichern.

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Ein besonders krasses Delta v haben wir in den letzten 30 Jahren im Bereich der Digitalisierung erlebt. Auf Grundlage von immer schnellerer und effizienterer Kommunikationstechnologie sind neue Imperien entstanden und die Folgen dieser Umbrüche, die Zerstörungskraft der noch kürzlich gefeierten Disruption, werden uns langsam bewusst. An den Problemen, die der rasante Fortschritt der Digitalisierung und Vernetzung uns eingebrockt haben, verzweifeln vor allem Pioniere der Technologie. Wer hätte gedacht, dass Technologien, die Menschen näherbringen, vernetzen, ermächtigen sollten, zu so viel Hass, Spaltung, Konflikten und einem Wiederaufflammen des Faschismus führen würden?

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Das Muster, der rote Faden, ist immer gleich gestrickt: Wir schaffen und verbessern Technologien, mit denen wir unsere Lebensweise beschleunigen, bequemer und günstiger gestalten können. Machen sich negative Folgen dieser Beschleunigung bemerkbar, versuchen wir technologisch und gesellschaftlich gegenzusteuern – unter anderem mit mehr, mit schnellerer, mit besserer Technologie.

Es ist nicht davon auszugehen, dass sich das in naher oder ferner ­Zukunft ändern wird, auch weil wir Menschen ohne Technologie nur begrenzt überlebensfähig sind. Dieser abstrakte Blick in die Zukunft ist natürlich ziemlich unbefriedigend.

Es gibt aber eine bewährte Technik, um einen konkreten Blick in die ­nähere Zukunft zu erhaschen: indem wir sie ­gestalten, oder uns zumindest an ihrer Gestaltung beteiligen. Die Erkenntnis ist zwar trivial, aber wir denken viel zu selten daran. Wir können die Zukunft durch unser Handeln beeinflussen.

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Mit anderen Worten: Frag nicht, was die Zukunft bringt, sondern was du für die Zukunft tun kannst.

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