Die Welt hält den Atem an, Newsseiten überschlagen sich: Google hat was Neues angekündigt!
Als erstes berichtet US-Starblogger Robert Scoble über das neue Ding von Google. Er wisse da was, schreibt er auf seiner Seite Scobleizer, aber dazu könne er noch nichts sagen. Das werde ganz groß. Er habe bei der Präsentation geweint.
Am schnellsten reagiert darauf Michael Arrington von TechCrunch. Unter dem Titel „Scobleizer, schmobelizer“ erklärt er über fünf lange Absätze, wie egal es ihm inzwischen ist, was Robert Scoble schreibt, und dass der ihm mit seinen Andeutungs-Postings gestohlen bleiben könne. Fünf Minuten später gibt es ein Update des Artikels: „Google has informed me about a new project. It looks great. Stay tuned.“ Der Beitrag hat inzwischen 278 Kommentare.
Über Twitter verbreitet sich die News in rasender Geschwindigkeit. Google werde jetzt seine eigenen Laptops bauen, wird spekuliert. Andere meinen, Google steige ins Geschäft mit Elektroautos ein. Wiederum andere meinen, Google werde sein eigenes, satellitengestütztes Kommunikationssystem vorstellen. Twitter bricht unter der Last der Tweets mehrmals zusammen. Jemand gründet auf Facebook eine Gruppe zu dem Projekt.
Auf dem amerikanischen Newsaggregator Techmeme ist das Thema längst ganz oben gelandet. Immer mehr Blogs beziehen sich auf die Postings von Scoble und Arrington. Der Tenor ist eindeutig: Das, was da kommt, wird spitze – was auch immer es ist.
Unterdessen erklärt ein Pressesprecher von Microsoft, dass sein Unternehmen etwas ganz Ähnliches wie Google vorhabe und es bald vorstellen werde. Auf die Nachfrage eines Reporters, um was es sich denn genau handele, gibt es zunächst keine Antwort.
Die ersten deutschen Seiten entdecken das Thema. Auf Basic Thinking erscheint der Artikel: „Googles irres neues Ding“. Eine knappe Stunde später berichtet Spiegel Online. Unter der Überschrift „Blogger-Euphorie: Des Googles neue Kleider“ gibt es einen ausführlichen Artikel, der sich allerdings hauptsächlich darüber lustig macht, dass alle über das neue Produkt berichten, ohne es zu kennen. Zitat: „Wie eine jauchzende Meute beim mittelalterlichen Spektakel stürzen sich die selbsternannten Berichterstatter auf jeden Brocken, den Google ihnen hinwirft. Ist er klein oder gar nicht vorhanden? Den Selbstdarstellern mit ihren Blogs ist es egal. Hauptsache, die Überschrift bringt viele Klicks.“ Bald darauf ist der Artikel beim deutschen Newsaggregator Rivva auf Platz 1. Eine Welle der Empörung brandet durch die deutschen Blogs.
Die Deutsche Presse-Agentur lässt eine Eilmeldung heraus. Tenor: Google probt den Frontalangriff auf Microsoft und Apple. Wenige Minuten später erscheint die Meldung automatisiert auf mehreren hundert Websites von Tageszeitungen.
RTL berichtet in den Abendnachrichten. Ein Experte kommt zu Wort. Zwar wisse man noch nicht, worum es geht, erklärt er. „Aber eins ist klar: Die Krake Google hat uns noch mehr im Griff.“ RTL-Nachrichtenchef Peter Klöppel macht ein investigatives Gesicht, als er fragt: „Wie sehr müssen wir jetzt alle um unsere privaten Daten fürchten?“ Der Experte nickt und schaut zugleich ungeheuer betroffen. „Der Datenschutz wird in den USA ganz anders gesehen als bei uns. Die haben da eine andere Kultur. Das muss sich jeder genau überlegen.“ ProSieben schaltet später zu ihrem Korrespondenten nach Washington, der allerdings auch keinen Schimmer davon hat, was Google am anderen Ende der USA plant. Topthema in der Tagesschau an diesem Tag: die Debatte im Bundestag zur Gegenfinanzierung einer geplanten Reform des Erbrechts.
In einer gemeinsamen „Bad Gandersheimer Erklärung“ fordern unterdessen Vertreter der Musik- und Filmindustrie sowie von Buch-, Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen, dass Google „endlich Einhalt geboten“ werden müsse. Millionen Arbeitsplätze würden durch „die Jobkillermaschine Google“ vernichtet. Es könne nicht angehen, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei, heißt es.
Am nächsten Tag erscheint in der Süddeutschen Zeitung ein etwas verwirrender Artikel unter der Überschrift „Der Internetwahn frisst seine Kinder“, in dem der Autor offenbar Twitter und Google miteinander verwechselt und letztendlich vor allem meint, dass die „Kostenloskultur des Netzes“ nicht weiter geduldet werden könne.
Just an diesem Morgen lässt Robert Scoble die Bombe platzen. Googles geheimes neues Projekt ist enthüllt: noch mehr Farben für Etiketten in Google Mail. Sie sollen das Sortieren und Wiederfinden von E-Mails vereinfachen.
Seine News geht allerdings etwas unter, denn diesmal hat Michael Arrington den Knüller: Apple habe was Neues vor, schreibt er. Was genau, dürfe er noch nicht sagen. Aber es werde auf jeden Fall unvorstellbar fantastisch großartig.