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Startups & Economy
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„Wir Banken müssen agiler werden“ – Die Zukunft der Finanzbranche aus Expertensicht

Die Digitalisierung unserer Welt macht auch vor der Bankenbranche nicht halt. Junge Fintech-Startups zeigen, wie man den Komfort für Kunden erhöhen und neue Marktbereiche erschließen kann. Wir haben fünf Köpfe aus der Branche zu den spannendsten Banking- und Payment-Trends befragt.

7 Min. Lesezeit
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t3n_Nr41_Interviews_Kroener

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t3n Magazin: Welche Leistungen muss eine Bank heute bieten, um für ihre jungen, zukünftigen Kunden attraktiv zu sein?

Matthias Kröner: Traditionelle Bankdienstleistungen wie Kontoführung oder Überweisungen werden zukünftig nur noch als Basis des Banking-Angebots akzeptiert. Die Vielzahl an neuen Playern und Diensten im Bankenumfeld zeigt ja bereits, wie vielfältig die Möglichkeiten für einen Ausbau des Angebots sind – angefangen beim Geldtransfer über virtuelle Währungen bis zu Crowdfinance-Produkten. Wichtig ist aber vor allem, dass das Produktangebot individuell und kundenzentriert funktioniert. Mit Standard-Lösungen und 08/15-Banking geben sich die Kunden von morgen nicht mehr zufrieden!

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t3n Magazin: Welche Rolle spielen Kryptowährungen wie Bitcoin – Chance oder Tod für die bestehenden Währungssysteme?

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Kröner: Wir sollten die klassischen Banken nicht zu früh ins Museum verabschieden, aber Fakt ist: Das traditionelle Zahlungssystem ist vor allem im internationalen Kontext veraltet, kostenintensiv und ineffizient.

Kryptowährungen, wie das von Ripple Labs entwickelte Ripple-Protokoll, stellen eine vielversprechende Alternative dar, da sie Überweisungen schneller und günstiger machen – auch währungsübergreifend. Wir befinden uns erst am Anfang einer spannenden Entwicklung, die wir aktiv mitgestalten wollen. Die Fidor Bank setzt als erste Bank weltweit auf das Ripple-Protokoll und kooperiert auch aktiv mit dem Bitcoin-Markplatz Bitcoin.de.

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t3n Magazin: Wie werden soziale Netzwerke und die Crowd die Bankenbranche verändern?

Kröner: Soziale Netzwerke und die Crowd verändern die Bankenbranche bereits! Wir haben mit unserer Finanz-Community und Aktionen wie dem Like-Zins schon bewiesen, dass Social Media mehr als nur ein Feedback-Kanal ist. Der Einsatz von Facebook, Twitter, YouTube und Co. wird zukünftig nicht nur zur unbedingten Voraussetzung, um einen bestimmten Kundentyp überhaupt zu erreichen, sondern er wird auch zur Erschließung vollkommen neuer Geschäftsmodelle führen.

t3n_Nr41_Interviews_Leogrande

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t3n Magazin: Welche großen Trends in der Payment-Branche kommen auf uns zu?

Jörn Leogrande: Einerseits sehen wir auf breiter Front den Durchmarsch von NFC. Von Lidl über Aldi bis hin zum Mediamarkt und Netto – die großen Einzelhändler integrieren in Serie den kontaktlosen Bezahlstandard. Das gilt für Deutschland – und es gilt auch für den Rest von Europa. Gleichzeitig haben auch Technologieunternehmen wie Apple die Relevanz des mobilen Bezahlens erkannt. Das gibt dem Gesamtmarkt einen gewaltigen Push.

Darüber hinaus werden wir jenseits von Zahlungen mit Visa und MasterCard aber auch verstärkt Versuche sehen, mit Closed-Loop-Systemen erfolgreich zu sein. Starbucks in den USA ist hier das Vorbild. Mit über sechs Millionen mobilen Transaktionen in der Woche setzt das Unternehmen in den USA Maßstäbe.

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Außerdem wird es im Bereich Mehrwertedienste eine Reihe von Innovationen geben. Es geht immer mehr um den Aufbau von kontextualen Services – also Angeboten, die sich aus der Location, den Interessen und der Kaufhistorie des Kunden ableiten. Auf diese Art und Weise werden Services etabliert, die genau auf die Bedürfnisse von Kunden abgestimmt sind. Im Mittelpunkt steht hier der Echtzeitbezug. Die heutigen Konsumenten erwarten personalisierte Services, die für sie eine Relevanz haben und hochreaktive Systeme, die in Sekundenbruchteilen funktionieren.

Das Shopping-Erlebnis findet künftig auf dem Smartphone statt. Mobile Couponing ist daher eines der Shopping-Trends. Gefragt sind Lösungen, die Zahlungs- und Kassensysteme verbinden oder Mehrwerte durch Couponing oder Loyalty schaffen. Von zentraler Relevanz sind hier zwei Aspekte: Die Abwicklung und das Fulfillment in Echtzeit und die nahtlose Integration. Verbraucher orientieren sich heute an Services wie Facebook oder WhatsApp – die gleiche Form von Geschwindigkeit und Klarheit erwarten Sie auch im Bereich der Mehrwerte.

Die Retailer erhalten durch die mobilen Kanäle auf der anderen Seite völlig neue Informationen über das Kaufverhalten ihrer Kunden und neue Wege der Kommunikation. Sie haben nun die Möglichkeit, Konsumenten direkt über ihr Smartphone mit relevanten Angeboten in Echtzeit anzusprechen. Das ist ein Paradigmenwechsel im stationären Handel.

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t3n_Nr41_Interviews_Pertlwieser

t3n Magazin: Vor welche Herausforderungen stellen Fintech-Startups die traditionellen Banken in den kommenden Jahren?

Dr. Markus Pertlwieser: Die Fintechs haben den Banken gezeigt, wie viel mehr Bequemlichkeit und Nutzerfreundlichkeit sie für ihre Kunden schaffen können. Zudem haben die Banken gelernt, welche Dienstleistungen sie jenseits des klassischen Bankgeschäfts für ihre Kunden entwickeln können. Insofern waren und sind Fintech-Startups auch Katalysatoren für das Bankgeschäft und das ist vor allem gut für die Kunden.

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Fintechs entwickeln ihre Ideen auf der einen Seite flexibler und schneller, da sie oft kürzere Entscheidungswege und weniger Prozesse haben. Auf der anderen Seite sind diese Wege und Prozesse auch ein Qualitätsfaktor des klassischen Bankings. Fintechs besitzen oft nicht die breite Erfahrung einer Bank, können sie aber gut ergänzen – wie unsere SmartÜberweisung zeigt. Bei dieser Entwicklung haben wir eng mit dem Fintech-Startup Gini zusammengearbeitet. Das ist auch unser Ansatz: Wir möchten kundenfreundliche Ideen einsetzen und sind für Kooperationen offen.

t3n Magazin: Welche Vorteile werft ihr den Startups gegenüber in die Wagschale?

Pertlwieser: Zunächst einmal haben wir als Deutsche Bank eine enorm breite Kundenbasis mit 13 Millionen Kunden in ganz Europa. Das bedeutet nicht zuletzt, dass wir jahrzehntelange Erfahrung im Bank- und Kundengeschäft haben. Das ist genau das, was den Startups fehlt.

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Darüber hinaus können wir alle Prozesse abdecken, die nötig sind, um eine Idee nachhaltig im Markt zu etablieren – von der Entwicklung über die Umsetzung und das Testing bis hin zur Vermarktung und Weiterentwicklung. Dabei greifen wir auf die Erfahrungen aus vergangenen Projekten zurück. Zusätzlich haben Datenschutz und Datenintegrität absolute Priorität.

t3n Magazin: Was müssen etablierte Bankhäuser wie die Deutsche Bank jetzt tun, um sich für die Zukunft aufzustellen?

Pertlwieser: Wir müssen uns zuerst einmal den Herausforderungen der Gegenwart stellen. Der Banking-Alltag der Menschen hat sich verändert, er ist nicht mehr an Öffnungszeiten oder Orte gebunden. Wenn es uns weiterhin gelingt, diesen Alltag durch zeitgemäße Ideen wie Banking mit der Apple Watch oder den FinanzPlaner zu erleichtern, dann gestalten wir die Zukunft aktiv mit. Dazu ist es gerade für etablierte Banken sicher ein Vorteil, wenn sie schneller, flexibler und agiler werden. Unsere Kernaufgabe als Bank ist und bleibt es, uns um die Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden zu kümmern.

t3n_Nr41_Interviews_Diemer

t3n Magazin: Welche Chancen bieten Social-Data-basierte Scoring-Verfahren?

Sebastian Diemer: Wir sprechen in der Regel von „Alternative Data“, denn bei uns spielen die Daten aus sozialen Netzwerken nur eine sehr kleine Rolle unter den insgesamt 20.000 Datenpunkten, die wir erheben. Generell sind die Chancen hierbei weitaus größer als die Risiken: Das Scoring ist schneller, kundenfreundlicher, kostengünstiger und viel verlässlicher, weil es auf Beobachtung basiert, nicht auf vorformulierten Hypothesen.

Es geht um „Predictive Analysis“ und damit darum, was unser Algorithmus anhand von Datenpunkten aus dem Web über das Verhalten dieser Person in der Zukunft vorhersagen kann. Historische Daten, etwa „Mobilfunkrechnung nicht gezahlt“, werden von den klassischen Scoring-Modellen häufig überbewertet und sind meist die einzige Informationsquelle – was zu einer schwachen Vorhersagekraft führt.

t3n Magazin: Welche Faktoren, die traditionelle Scoring-Verfahren nicht berücksichtigen, haben einen starken Einfluss auf das Kreditverhalten?

Diemer: Ein einzelner Punkt kann niemals die Gesamtentscheidung beeinflussen. Generell geht es immer darum, dass die analysierten Datenpunkte ein Muster ergeben, welches Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit zulässt.

t3n Magazin: Welche Bereiche werden für Scoring künftig relevant?

Diemer: Grundsätzlich probieren wir alle neuen Faktoren aus und schauen, ob sie wirklich einen Einfluss auf das Kreditverhalten eines Menschen haben. Die Semantik etwa ist ein komplexes Feld, an dem sich die besten Data Scientists dieser Welt üben. Allein schon dadurch, dass die gleiche Sprache häufig in anderen Ländern eine andere Bedeutung hat und es unzählige Dialekte gibt, ist das sehr komplex und schwierig. Bewegungsprofile und soziale Verflechtungen sind ebenfalls sehr aussagekräftig.

t3n Magazin: Warum sind die Vorbehalte gegenüber Social Scoring so hoch?

Diemer: Hierzulande hat sich historisch bedingt eine enorme Skepsis gegenüber datenbasierten Geschäftsmodellen aufgebaut. Durch schnellere und genauere Entscheidungen wird der Nutzer allerdings nicht „gläsern“. Im Gegenteil: Ein Algorithmus – kein Mensch – prüft eine logische Reihe an Faktoren. Ich persönlich finde einen Menschen, der meine persönlichen Dinge durchsucht und speichert, wesentlich bedenklicher.

t3n Magazin: Was fehlt dem Standort Deutschland, damit frische Unternehmen wie Kreditech richtig durchstarten können?

Diemer: Ein freier Markt, der sich entfalten kann – dazu gehört auch, dass Business Angels, die früh in innovative Technologien investieren, weiterhin nicht besteuert werden. Ein funktionierendes Ökosystem, das mehr Talente mit Kompetenzen in Marketing, Data Science oder Internationalisierung hervorbringt – diese Kompetenzen werden selten im Studium, sondern durch praktische Erfahrung erworben. Und Gesetze, die nicht den Status quo schützen, sondern den Nutzen des Kunden vertreten und junge Unternehmen unterstützen.

t3n_Nr41_Interviews_Bajorat

t3n Magazin: Welche maßgeblichen Veränderungen wird die Bankenbranche in den kommenden Jahren erleben?

Bajorat: Wohl eine der grundlegendsten, die sie je erlebt hat. Die fortschreitende Digitalisierung wird die Bankenlandschaft massiv verändern. Filialen werden verschwinden und heutige Bankmitarbeiter sind nicht die Mitarbeiter der Bank der Zukunft. Banken werden mehr und mehr in die Rolle des Abwicklers gedrängt und nur wenige werden es schaffen, das Customer-Frontend der Zukunft zu sein.

t3n Magazin: Welchem Projekt oder welchem Trend in der aktuellen Fintech-Startup-Welle räumst du das größte disruptive Potenzial ein?

Bajorat: Ich glaube in der Fintech-Welle, wie generell in der Tech-Welt, an mindestens zwei Grundwerte: erstens an Offenheit, also APIs, und zweitens an Aggregation. Sie werden die zukünftigen Services maßgeblich prägen.

t3n Magazin: Welcher Player wird den Payment-Sektor in fünf Jahren beherrschen – PayPal, Apple oder jemand ganz anderes?

Bajorat: Das mobile Endgerät wird Payment beherrschen! Meine Identität bei meinem Zahlungsdienstleister ist dann direkt im mobilen Betriebssystem hinterlegt. Welcher genau? Das ist völlig egal. Payment ist Infrastruktur und kein Markenprodukt.

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www.neuvolution.de

Ui, wirklich? Da nutzt man den Kunden Jahrzehntelang aus, berechnet für jeden Murks den man baut auch noch Gebühren, fährt Unternehmen durch Spekulationen komplett gegen die Wand und kassiert dafür völlig utopische Gehälter..und wundert sich dann wenn junge Startups nach dem Painspotting Prinzip vorgehen und diese Monopol Branche durchwirbeln wollen. Ein wenig mehr Kundennutzen, Kundenservice und Verantwortungsbewusstsein würde den Banken sicherlich gut stehen. Insbesondere im Umgang mit Kundengeldern, Zinsberechnungen und sozialer Fairness.

Antworten
cubot

Die Weltwirtschaft ist dazu verdammt sich wie eine Spirale abwärts zu drehen bis wir 2 Dinge unternehmen:

1. Verbot der staatlichen Kreditaufnahme.
2. Verbot der Kreditvergabe aufbauend auf einem Fraktionalen Reservesystem.

Die Banken sollten nur Geld leihen, was tatsächlich vorhanden ist und Nationen haben nicht einer „Staatsschuld“ nachzulaufen. Denke daran: Es ist nicht derjenige, der das Geld aufbewahrt, sondern der der die Geldmenge bestimmt.

Das Geheimnis von Oz – Doku – ( Deutsch )
Ein außerordentlich interessanter Dokumentarfilm von „Bill Still“, der sowohl auf historische Aspekte verschiedener Nationen zur Unabhängigkeit und dem Geldwesen eingeht. Außerdem wird darauf aufbauend die Symboliken aus dem Klassiker „Der Zauberer von Oz“ interpretiert.

Mit freundlichen Grüßen
Roland

Antworten

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