Die Zukunft des Payments: PayPal-CTO James Barrese im Interview: „Wir werden Payment im Weltraum ermöglichen”
t3n Magazin: Haben Sie heute schon PayPal benutzt?
James Barrese: Na klar. PayPal ist vollständig in mein Leben integriert. Ich benutze es, um Kaffee oder Essen zu kaufen, online oder im Kaufhaus etwas zu bestellen. Ich bezahle alles mit PayPal, sogar den Hundetrainer. Unser Service hilft dabei, lange Warteschlangen zu vermeiden und Zeit zu sparen. Das Portemonnaie kann dabei zu Hause bleiben. Eine globale Studie, die wir im Mai veröffentlicht haben, hat übrigens ergeben, dass 83 Prozent der Befragten lieber keine Geldbörse mit sich herumtragen. Jeder dritte US-Amerikaner würde eher mit dem Smartphone das Haus verlassen als das Portemonnaie einzustecken. Von den fünf Ländern, die in der Umfrage einbezogen waren – USA, Großbritannien, Kanada, Deutschland und Australien – waren übrigens die Deutschen jene, die am ehesten Bargeld und Wechselgeld eingesteckt haben.
t3n Magazin: Bei der MobileBeat-Konferenz Anfang Juli sagten Sie, dass Sie mit PayPal die Branche in den nächsten Jahren revolutionieren wollen. Wie wollen Sie das anstellen?
James Barrese: Der Großteil der Industrie konzentriert sich derzeit stark auf die schrittweise Aufwertung der Wallet- und Kassen-Technologie. Bei PayPal blicken wir viel weiter nach vorne. Wir wollen ein elegantes, nahtloses Shopping-Erlebnis für Konsumenten schaffen, das die physischen Geldtaschen und Registrierkassen eliminieren wird.Wir arbeiten an Projekten, mit denen Passwörter abgeschafft und Händler davon überzeugt werden sollen, alte Kassen zu deinstallieren und Kunden über PayPal von überall aus bezahlen zu lassen – mittels Smartphone, Karten, Telefonnummern oder PINs. Bei all diesen Payment-Methoden das enstpechende Maß an Sicherheit zu gewährleisten, ist uns besonders wichtig. Neben der Bereitstellung neuer Bezahlmethoden vereinfachen wir mit Services wie „Order Ahead“ und „Check-In“ aber auch den Einkauf.
t3n Magazin: Wie funktionieren denn „Check In” und „Order Ahead” genau?
James Barrese: Dies sind zwei neue Features, die wir kürzlich vorgestellt haben. Mit „Check in” können Konsumenten mit einem Fingerabdruck in der PayPal-App zahlen, der Händler verifiziert die Identität anhand eines Fotos des Kunden. Die Option „Order Ahead” erlaubt dem User, Produkte über die mobile App zu bestellen und zu bezahlen, sodass er seine Bestellung im Laden schnell abholen kann und nicht in einer Schlange warten muss.Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass mit Technologie die Kaufabwicklung rationalisiert wird. Kunden fühlen sich näher an den Händlern, und Händler können mit den Extras mehr Kundschaft anziehen und an sich binden.
t3n Magazin: Mit PayPal Here haben Sie einen Square-ähnlichen Kreditkarten-Scanner für lokale Händler auf den Markt gebracht. Wo ist dieser Service bereits im Einsatz? Und was unterscheidet ihn von der Konkurrenz?
James Barrese: PayPal Here ist derzeit in den Vereinigten Staaten, Japan, Hong Kong, Australien und Großbritannien verfügbar. Wann es nach Deutschland kommt, können wir noch nicht sagen. Mit PayPal Here wollen wir die Geschäftsabwicklung für Händler und ihre Kunden vereinfachen. Händler können mit der Anwendung jederzeit Kreditkarten, Debitkarten und Schecks annehmen. Sie können damit außerdem Bargeld-Zahlungen entgegennehmen und Rechnungen ausstellen. Der Kunde hat mit PayPal Here den Vorteil, alle Zahlungsmethoden über sein PayPal-Konto zu nutzen, ob mit Cash oder Karte.
t3n Magazin: Sie vertreten die These, dass NFC nie den Durchbruch schaffen werde. Auf welche Technologien sollten Anbieter digitaler Zahlungsmethoden in Zukunft denn setzen?
James Barrese: Handel und Shopping-Erlebnisse sind von der Konsumenten- und Händler-Nachfrage getrieben – und nicht von neuen Technologien. Frühere NFC-Entwickler haben den Fehler gemacht, dass sie die NFC-Technologie als beste Art des Zahlens positioniert haben. Dabei wurde von den Nutzern verlangt, diese Technologie anzunehmen, weil sie neu ist – und nicht deshalb, weil sie besser ist. Wir überlassen es den Endnutzern, wie und wo sie zahlen.
t3n Magazin: Einer Ihrer Mitbewerber ist Google mit Google Wallet. Wie halten Sie den Konzern davon ab, Ihre Marktstellung zu übernehmen?
James Barrese: Viele Konkurrenten fokussieren sich auf neue Bezahlmethoden und kopieren nur, was PayPal schon vor Jahren als Pionier eingesetzt hat. Wir haben Online-Payment vor 15 Jahren erfunden. Wir holen also nicht auf, sondern blicken stets nach vorne und verändern so die Branche. Dieser Look-Forward-Ansatz führt dazu, dass wir unserer Konkurrenz immer einen Schritt voraus sind.
t3n Magazin: Sind Sie daran interessiert, mit anderen Playern in der Payment-Branche zusammenzuarbeiten?
James Barrese: Absolut. Wir glauben daran, dass Veränderungen im Handel Hand-in-Hand mit den Dienstleistern passieren und Konsumenten und Händler nicht gezwungen werden sollten, Technologien anzunehmen, nur weil sie neu sind. Deshalb arbeiten wir mit Entwicklern dieser Dienstleister zusammen. Innerhalb von drei Monaten haben mehr als 50.000 Programmierer das neue PayPal-SDK heruntergeladen. Bei unserem ersten globalen Battlehack in Berlin bastelten 20 Teams aus Entwicklern und Unternehmern daran, PayPal-gestützte Applikation zu präsentieren.Gewonnen haben übrigens die Entwickler der App „Clean Berlin”. Die Anwendung integriert das PayPal-SDK, um Hausreinigungs-Dienstleister über das iPhone zu buchen und zu bezahlen. Mit dieser Art von Partnerschaften und Kooperationen mit Infrastruktur-Anbietern wollen wir die nächste Generation von Apps pushen.
t3n Magazin: Wenn Sie den gesamten Payment-Bereich ins Visier nehmen: wie wird sich der Sektor in den nächsten Jahren verändern?
James Barrese: Mobile Bezahlmethoden werden explodieren. PayPal wickelte im vergangenen Jahr Zahlungen in Höhe von insgesamt 14 Milliarden US-Dollar ab – was einen Anstieg von 250 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Und das ist nur die Höhe unserer Zahlungsabwicklungen. Die Zukunft der Payment-Branche beinhaltet jedoch viel mehr Aspekte als nur eine neue Art des Zahlens. Die Branche wird das gesamte Einkaufsverhalten transformieren. Zahlungen werden nicht nur simpel, sicher und nahtlos, sondern ermöglichen neue und angenehme Erfahrungen, die unser alltägliches Leben generell vereinfachen – dies wird uns stark beeinflussen, da wir ja täglich mit Transaktionen zu tun haben.
t3n Magazin: Sie haben kürzlich die PayPal Galactic Initiative gestartet. Das Projekt erforscht Bezahloptionen im Weltall. Sollten Sie sich nicht zuerst auf den Payment-Sektor auf der Erde konzentrieren?
James Barrese: Wir empfinden den Weltraum als Grenzraum, der sich so schnell verändert, dass er es wert ist, ihn zu erforschen. In wenigen Jahren werden kommerzielle Flüge ins All Realität sein, und der Handel wird folgen. Weil es keine Beschränkungen wie Währungen oder Regierungen gibt, können wir mitgestalten, wie Zahlungen in der Umlaufbahn funktionieren werden. An PayPal Galactic sind führende Institutionen der Wissenschaft beteiligt, darunter das Search for Extraterrestrial Intelligence Institute (SETI) in Mountain View und die Space Tourism Society. Die Fragen, die wir uns stellen, sind unter anderem: Wie wird eine Standardwährung in einer bargeldfreien Umgebung funktionieren, wie muss sich das Bankensystem daran anpassen und wie wird das Risk- und Fraud-Management aussehen? Für das Forschungsprojekt werden wir eine Crowdfunding-Kampagne aufsetzen. Die Space Tourism Society schätzt, dass die ersten „Space Hotels” in fünf bis zehn Jahren eröffnen. Und die Gäste bezahlen dann hoffentlich mit PayPal.