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4 Gründe, warum Social-Media-Kommunikation einen Paradigmenwechsel braucht

Zitatkacheln mit Porträt- oder Stockfotos können doch nicht der Fortschritt sein, den uns die sozialen Medien versprochen haben. Es wird Zeit, dass wir Social-Media-Kommunikation auf das nächste Level heben!

Von Laura Orlik
4 Min. Lesezeit
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Social Networks haben in den letzten Jahren einen rasanten Identitätswandel hin zu Marketing-Networks hingelegt.(Foto: Vasin Lee / shutterstock)

Social Networks haben in den letzten Jahren einen rasanten Identitätswandel hin zu Marketing-Networks hingelegt. Vor dieser Entwicklung müssen wir Social-Media-Kommunikation neu bewerten. Dabei müssen vor allem folgende vier Aspekte neu gedacht werden, damit die sozialen Medien endlich ihr ganzes Potenzial aus Vielfalt, Fortschritt und Vernetzung entfalten.

1) Das erprobte System der Arbeitsteilung wird in der Social-Media-Kommunikation außer Kraft gesetzt:

Einer der Erfolgsfaktoren unserer Wirtschaft, die Arbeitsteilung, findet im Bereich der Social-Media-Kommunikation – außer bei den hochprofessionalisierten Kommunikatoren – kaum Anwendung. Kein Wunder, denn Social-Media-Teams bestehen meist aus unter drei Personen. In kleinen Redaktionen kümmern sich der Social-Media-Mitarbeiter also gleichzeitig um Community-Management, Konzeption, Planung, Redaktion, Produktion (Fotografieren, Mediengestaltung), Projektmanagement, Evaluation und Optimierung der Social-Media-Aktivität, um Marktbeobachtung, Social-Media-Marketing und die strategische Entwicklung der Social-Media-Aktivitäten. Eine krasse Anspruchshaltung an kleine Teams oder sogar eine einzelne Person.

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Die Branche muss klar machen, dass es nicht selbstverständlich ist, all diese Aufgabenbereiche gleichzeitig abzudecken. Wenn eine Person diese verschiedenen Tätigkeiten auf einem hohen Niveau ausübt und dazu nötige Soft Skills wie Humor und Kreativität mitbringt, sollte sich das im Gehalt widerspiegeln. Das Lohnniveau in der Branche jedoch verrät, dass Social-Media-Allrounder nicht entsprechend entlohnt werden. Daraus folgt, dass die meisten Social-Media-Mitarbeiter alles „ein bisschen“ können. Allein der Respekt vorm Rezipienten verlangt aber, dass sich Profis um das sozial-mediale Angebot kümmern.

Gebt den Content-Kreatoren endlich den Raum und die Ressourcen, die sie brauchen, um uns mit mega- statt mit mittelmäßigem Content zu versorgen!

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2) Social-Media-Präsenz wird zum institutionellen Mythos:

Beinahe jeder Akteur meint, eine Social-Media-Präsenz haben zu müssen – und haben zu können. Das bedingungslose Bekenntnis zur Social-Media-Aktivität klammert oft die Frage aus, ob der eigene Kommunikationszweck und -inhalt überhaupt zur Funktionsweise der Plattform-Algorithmen passt: Hätte man als Kommunikator vor dem Social-Media-Zeitalter alle zwei Stunden eine Pressemitteilung verschickt (aka Twitter)? Alle zwei Wochen landesweit Großflächenplakate aufgestellt (aka Facebook-Kampagne)? Eine permanente Fotoausstellung mit täglich wechselnden Exponaten eingerichtet (aka Instagram)? Algorithmen, die ständig gefüttert werden wollen, haben genau diese Anspruchshaltung kreiert.

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In der Praxis werden Social-Media-Präsenzen leider oft nicht rational, sondern mit dem längst überholten Argument begründet, dass man „eben dahin müsse, wo die Leute sind“. Muss man das wirklich? Auf Plattformen, die einen nennenswerten Suchtfaktor haben? Wo Propaganda, Desinformation und Hassrede Platz haben? Prüft Sinn und Zweck professioneller Social-Media-Präsenzen anhand rationaler Faktoren!

3) Das Diktat der Community:

Plattform-Algorithmen sind auf ein Ziel zugeschnitten: den Plattform-Profit durch Werbeeinnahmen zu mehren. Mehr Interaktionen der Nutzer mit Inhalten bedeutet mehr Sichtbarkeit und höhere Werbeeinnahmen. Das ist ein legitimes Interesse der Plattformen. Kommunikatoren sollten ihre Kommunikation in den Netzwerken vor diesem Hintergrund regelmäßig prüfen. Die Gleichung ist schlicht: Besonders plumpe Formen von Engagement-Bait „bestraft“ Facebook mittlerweile. Im Kern geht es aber noch immer um Interaction-Bait – jetzt unter dem Label „Meaningful Interaction“. Fragen wie „Wie seht ihr das?“ hinter Posts wollen längere, „meaningful“ Kommentare provozieren. Wollen wir aber wirklich immer wissen, was ein Bäckermeister zu Raketenwissenschaft zu sagen hat oder ein Raketenwissenschaftler zum Bäckereihandwerk? Ein guter Post muss doch auch für sich alleine stehen können und sollte nicht an Sichtbarkeit verlieren, wenn nicht extremst auf ihn reagiert wird.

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Die Netzwerke rücken die Community damit künstlich ins Zentrum von Social Media. Ist das die richtige Schwerpunktlegung, wo wir doch wissen, dass nur zehn Prozent der Nutzer auf Instagram und Facebook regelmäßig Kommentare schreiben? Der Austauschcharakter von Social Media ist begrenzt: Sie machen aus Partizipationsmuffeln keine Meaningful Interactors. Spätestens diese Zahlen sollten Kommunikatoren mehr über die Bedeutung von Meaningful Content nachdenken lassen, statt der Meaningful Interaction nachzuhetzen!

4) Social-Media-Überkommunikation ist im doppelten Sinne unnachhaltig:

Ständiges Posten verursacht Unmengen digitales Altpapier. Facebooks Rechenzentren werden überwiegend mit Ökostrom betrieben und man muss immer die Ökobilanz analoger Alternativen gegenhalten, fair enough. Was ist aber mit der Energie, die schon beim Erstellen der Social-Media-Inhalte verbraucht wird, oder die der Nutzer beim Scrollen verbraucht? Genau wie andere Wirtschaftsbereiche sollte auch Social-Media-Kommunikation nachhaltiger gedacht werden. Wer dem Posten die Reflexionsleistung, was dem Nutzer einen wirklichen Mehrwert bietet, voranstellt, verbessert nicht nur seine Ökobilanz, sondern auch die Qualität seiner Inhalte.

Die Überkommunikation auf Social Media ist nämlich noch in einem anderen Sinne nicht nachhaltig: Was bleibt beim Nutzer wirklich hängen? Im Netz erlebt man immer wieder Kommunikation um der Kommunikation willen. Aus Angst für Nicht-Kommunikation vom Algorithmus abgestraft zu werden, werfen Redaktion dann manchmal wenig sagende Posts auf die Plattformen. Auch Social-Media-Kommunikation sollte einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten!

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Fazit

Jeder Akteur postet so viel und was er will. Ich bin aber davon überzeugt, dass man erstens die nötigen Ressourcen haben muss, um Social-Media-Kommunikation mit Mehrwert zu gestalten. Zweitens muss man den Mut haben, gegebene Wahrheiten wie zum Beispiel die eigene Präsenz in den sozialen Medien zu hinterfragen. Drittens sollten wir uns nicht mit der Diskussionskultur, die uns die Netzwerke vorgeben, zufriedengeben, sondern gemeinsam an einer sinnvollen Diskussionskultur im Netz arbeiten. Das Hinterfragen dieser Aspekte kann letztlich zu einem Mehr an Nachhaltigkeit führen. Dass die Techriesen eine wertigere Kommunikationskultur ermöglichen können, zeigten jüngst Twitter, das mittlerweile manipulierte Inhalte kennzeichnet, und Facebook, das auf gesellschaftlichen Druck hin Maßnahmen gegen Hassrede und Desinformation verschärft. Wollen wir in Zukunft nicht mehr nur gelangweilt rumscrollen, müssen wir uns jetzt in die Kommunikationskodizes auf Social Media einmischen!

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