Sieben Tage ohne Pause: Wie Nvidia-Chef Jensen Huang Work-Life-Balance ablehnt

Der Nvidia-Chef arbeitet rund um die Uhr. (Foto: picture alliance / NurPhoto | Artur Widak)
Jensen Huang, Gründer und Chef des Chip-Giganten Nvidia, hat eine klare Haltung zur Work-Life-Balance: Er hält nichts von ihr. In einem Interview mit dem Chef des Finanzdienstleisters Stripe, Patrick Collison formulierte er es schon 2024 unmissverständlich.
„Ich arbeite von dem Moment an, in dem ich aufwache, bis zu dem Moment, in dem ich schlafen gehe. Ich arbeite sieben Tage die Woche“, so Huang. Selbst in seiner Freizeit, etwa bei einem Kinobesuch, könne er nicht abschalten. Seine Gedanken würden stets um die Arbeit kreisen.
Der Preis für außergewöhnliche Dinge
Diese Haltung ist für Huang die Grundlage des Erfolgs, der Nvidia mit einer Bewertung von über vier Billionen US-Dollar zum wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht hat. In einem Interview im US-Format 60 Minutes gab er zu, kein einfacher Vorgesetzter zu sein. Seine Philosophie lautet: „Wenn man außergewöhnliche Dinge tun will, sollte es nicht einfach sein.”
Diese Erwartungshaltung überträgt sich offenbar auf die gesamte Unternehmenskultur. Wie das US-Wirtschaftsmagazin Bloomberg berichtete, sollen bei Nvidia extrem lange Arbeitszeiten die Norm sein. Berichte von ehemaligen Mitarbeiter:innen zeichnen das Bild eines hochintensiven Umfelds, in dem Meetings auch mal in Schreiduelle ausarten könnten.
Vision statt Verwaltung
Huangs Verständnis von Arbeit geht jedoch über das reine Abarbeiten von Aufgaben hinaus. Er beschreibt seine Tätigkeit als einen permanenten Zustand des kreativen Nachdenkens und Visionierens. „Manchmal stellt man sich die Zukunft vor. Und, Mensch, wenn wir dies und das tun würden. Das ist Arbeit, man fantasiert, man träumt“, erklärte er im Gespräch mit Collison.
Sein Führungsstil ist dabei ebenso unkonventionell wie seine Arbeitsmoral. Anstatt auf klassische Hierarchien und wenige direkte Untergebene zu setzen, hat Huang Berichten zufolge rund 60 Manager:innen, die direkt an ihn berichten. Ziel dieser flachen Struktur sei es, den Informationsfluss zu maximieren und ungefiltertes Feedback zu erhalten.
Goldene Handschellen im KI-Olymp
Gleichzeitig wird im Bloomberg-Beitrag deutlich, dass die Mitarbeiter:innen zwar viel Druck aushalten müssen, für ihren Einsatz aber auch fürstlich entlohnt werden. Durch großzügige Aktienpakete sind viele von ihnen zu Millionär:innen geworden.
Dieses Modell scheint trotz des hohen Drucks zu funktionieren. Die Fluktuationsrate bei dem Chiphersteller ist mit rund drei Prozent im Branchenvergleich bemerkenswert niedrig. Die hohen Gehälter und die Beteiligung am Unternehmenserfolg schaffen eine starke Bindung.
Dennoch bleibt die Frage, ob ein solches Modell als Blaupause für eine moderne Arbeitswelt dienen kann. Die von Huang propagierte völlige Hingabe an das Unternehmen steht im starken Kontrast zu den Debatten über Vier-Tage-Woche und mentale Gesundheit am Arbeitsplatz, die die Branche an anderer Stelle prägen. Huang selbst blickt derweil in eine Zukunft, in der ihm künstliche Intelligenz mehr Freiraum verschaffen könnte. Sein Traum, so sagte er es halb im Scherz, sei es, Nvidia in eine einzige große KI zu verwandeln: „Wie großartig wäre das? Und dann hätte ich eine Work-Life-Balance.”