Smartlane: Dieses Münchner Startup soll die Logistikwirtschaft digitalisieren
„Ich ärgere mich selbst, dass ich das ganze Logistik-Thema erst so spät auf dem Schirm hatte.“ Wie Frank Thelen am Rande der „Bits & Pretzels“-Konferenz von Smartlane spricht, zeigt, dass das Logistik-Startup für ihn mehr ist als nur ein Unternehmen unter vielen. Ziel des Münchner Startups ist es, so erklärt Gründer Matthias Baur, der mit zwei weiteren Gründern ein Büro im Münchner Werk1 hat, Logistikprozesse und die Auslieferung von Waren effizienter zu gestalten.
„Mit der als Cloud-Service verfügbaren Plattform können Lieferdienste und Dienstleister mit Flotte ihr Geschäft durch innovatives Auftragsmanagement und agile Flottendisposition komplett nachfrageorientiert gestalten – globale Touren-Optimierung und intelligente Berechnung von Ankunftszeiten inklusive“, fasst Baur das Kerngeschäft von Smartlane zusammen. Sowohl Kostenfaktoren wie Fahrzeuge, Benzinkosten und Fahrerleistung als auch Faktoren wie CO2-Verbrauch oder Regeln, welcher Kunde wie bedient oder von wem werden soll, lassen sich hier hinterlegen und berücksichtigen.
Logistik-Prozesse: Oftmals noch mit Excel geplant
Man mag sich wundern, dass insbesondere größere Logistikunternehmen derartige Digitalisierungsthemen nicht schon seit Jahren angehen, doch gerade im Mittelstand habe man sich mangels Zeit für solche Veränderungen oft noch nicht intensiv genug mit einer Veränderung der Workflows beschäftigt. „Die Logistikbranche ist in vielerlei Hinsicht sehr traditionsbewusst, plant Prozesse oftmals noch mit einer Mischung aus Excel-Sheet und Bauchgefühl.“ Doch viele der alten Mitarbeiter gehen in den nächsten Jahren in Rente – eine gute Gelegenheit, die Prozesse zu digitalisieren.
Frank Thelen ergänzt: „Es hat mich schockiert, dass selbst größere Player in der Logistikwelt noch vergleichsweise einfache Prozesse und wenig intelligente Software am Start haben. Das Gründerteam in Kombination mit dem Potenzial im Markt hat mich überzeugt.“ Eine wichtige Rolle spiele dabei auch der Druck durch Amazon im Markt, die in vielerlei Hinsicht für Veränderungen gesorgt hätten. Die Logistiker seien in vielerlei Hinsicht angesichts der Nachfrage und des laufenden Geschäfts bequem gewesen, erklärt Baur. „Gerade die individuellen Zeitfenster, die heute immer häufiger gewünscht und verlangt werden, sind etwas, womit viele Logistiker bis heute nicht angemessen umgehen können.“
Smartlane soll Servicequalität verbessern
Neben der Planung der Prozesse und Touren geht es dabei aber auch um das Thema Monitoring – beispielsweise immer zu wissen, wo sich eine Fuhre gerade befindet, wie bei Abweichungen vom Plan vorgegangen werden muss, um Verzögerungen für andere Kunden auszuschließen und um Transparenz für den Unternehmer zu schaffen. „Wir haben bei einigen Kunden Einsparungen von bis zu 30 Prozent geschafft, aber selbst zwei oder fünf Prozent sind bei großen Companys schon ein Effizienzgewinn, der einiges ausmacht“, berichtet Baur. Einen sehr großen Sprung bringe hier bereits die Automatisierung der Workflows, doch insbesondere durch die korrekte Abbildung der Prozesse könne die künstliche Intelligenz ihr zusätzliches Potenzial ausspielen. „Reine Automatisierung reicht nicht aus, um das Know-how des Disponenten zu ersetzen, dazu braucht es ein vollumfängliches Verständnis, das nur mithilfe von KI möglich ist.“
Neben der Automatisierung, die mit Hilfe von Smartlane möglich wird – man kann noch bis zuletzt Routen ändern und Fuhren anpassen – spiele bei dem Startup auch die Machine-Learning-Komponente eine wichtige Rolle. Wenn es beispielsweise bei einem Kunden aufgrund bestimmter Prozesse oder Fuhren oftmals länger dauere, könne das System dies ebenso berücksichtigen wie wenn ein Kunde aufgrund seiner Lage beispielsweise im Berufsverkehr nur schwer zu erreichen sei. Doch diese Art der Transport-Intelligence setzt eine Vielzahl von Daten voraus, die nur teilweise vom Kunden selbst oder von der Spedition gewonnen werden können. Daher nutze man beispielsweise entsprechende Verkehrsdaten oder sonstige komplexe Algorithmen zur Streckenoptimierung.
„Wir sind bei Metro seit über einem Jahr weltweit im Einsatz, haben darüber hinaus Kunden wie die FMS-Spedition, die Expresssparte der GLS Germany, die Deutsche Bahn mit ihren Lastenfahrrädern – und sorgen dafür, dass Waren möglichst effizient ausgeliefert werden.“ Dabei handele es sich im Übrigen nicht erst um Testläufe, sondern um Produktiveinsatz, der teilweise seit mehr als einem Jahr bestehe, betont Baur.
Hinter Smartlane stehen neben dem studierten Informatiker Mathias Baur, der zu Verkehrsdatenanalyse geforscht hat, auch Florian Schimandl, von Hause aus Verkehrstechniker, sowie Monja Mühling, die Technology-Management an der TU München studiert hat und über intensive Kenntnisse der Logistikwirtschaft verfügt.
Logistikbranche 260 Milliarden Euro schwer
Wie viel Frank Thelen genau in Smartlane investiert hat, lässt der Investor offen, es sei aber ein entscheidender und substanzieller Anteil und Betrag. „Wir arbeiten wie immer eng mit dem Team zusammen, gestalten den Gesamtauftritt und das Branding neu, bauen derzeit ein Entwicklungsteam mit auf und sind natürlich bei der Kundenakquise mit unterwegs. Wir geben mit unserem Freigeist-Team echt Gas und schauen, dass wir in den nächsten zwei, drei Jahren an allen Stellen unterstützen“, erklärt Frank Thelen. Dass die Logistikbranche mit 260 Milliarden Euro Gesamtvolumen Potenzial hat, darin sind sich Thelen und die Smartlane-Gründer einig. So gibt es bereits einige ähnliche Startups, die sich aber nicht auf die Frachtorganisation spezialisiert haben, sondern auf das Finden und Organisieren eines Transports für Firmenkunden (etwa Freighthub oder Instafreight).
Auch personell hat das Unternehmen viel vor: Derzeit werden die drei Gründer von neun Mitarbeitern unterstützt, doch man wolle insbesondere im Development- und IT-Bereich so schnell wie möglich weiteres Know-how finden, sodass das Team im Laufe des Jahres auf 20 Mitarbeiter anwachsen soll.
Als Inhaber eines mittelständischen Logistik-Unternehmens kann ich nur bestätigen:
– ein Großteil der Wettbewerber im Bereich Logistik beschäftigen sich wenig oder gar nicht mit digitalisierung
– Excel ist die „modernste“ Lösung, welche von vielen Unternehmen verwendet wird