„Seien Sie Ihr eigener Chef und arbeiten Sie nach Ihrem Zeitplan, um mehr Zeit zu haben, Ihre Ziele und Träume zu verwirklichen“ – damit und mit einem Stundenlohn von 25 Euro wirbt Amazon um Mitarbeiter für seinen Lieferdienst Flex. Die sogenannten Lieferpartner sind dabei allerdings nicht angestellt und müssen die Pakete auf eigene Rechnung zu den Amazon-Kunden transportieren. Dennoch ist die Nachfrage offenbar riesig, wie CNBC berichtet. Um Aufträge wird in den USA auch mit unlauteren Mitteln – etwa Bots und nicht erlaubter Zusatzhardware – gerungen.
Amazon Flex: Bots helfen nach
Bei dem seit 2015 in den USA und seit Ende 2017 auch in Deutschland verfügbaren Lieferdienst Amazon Flex werden die Lieferaufträge über eine App verteilt. Zumindest in den USA ist die Nachfrage in einigen Regionen offenbar so hoch, dass interessierte Lieferanten nur mit technischer Unterstützung überhaupt an einen Auftrag kommen. Eigens erstellte Bot-Programme, aber auch – sogar bei Amazon erhältliche – Hardware kommt dabei zum Einsatz. Dabei droht denjenigen, die auf solche Mittel setzen, der Rausschmiss. Amazon erklärte gegenüber CNBC, dass solche Manipulation grundsätzlich verboten sei.
In Gegenden mit großer Konkurrenz müssen Flex-Mitarbeiter eigenen Angaben nach regelmäßig die App aktualisieren und im Moment, in dem neue zu vergebende Aufträge erscheinen, zuschlagen. Wer das händisch mache, habe dabei aber oft das Nachsehen, berichteten Insider, die nicht namentlich genannt werden wollen, gegenüber CNBC. Dabei geht es um Programme wie Zero Flex. Das nutzt ein Script, das den Traffic zwischen Flex-App und Amazon-Servern analysiert. Sollte ein neuer Auftrag, ein sogenannter Lieferblock, auftauchen, dann schlägt dieses Programm zu, bevor andere ihn überhaupt sehen.
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Zusatzhardware wischt und klickt
Andere Programme analysieren bei Erscheinen neuer Aufträge deren Parameter und treffen innerhalb von Millisekunden eine Vorauswahl anhand von Angaben der Nutzer. Die müssen dann einfach nur auf den Button klicken, während die Konkurrenten noch ihre Auswahl treffen. Zudem steht auch Hardware zur Verfügung, die Nutzern das Wischen und Klicken abnehmen soll. Solche Produkte gibt es übrigens sogar bei Amazon selbst.
Der Nutzen der Hardwarelösungen ist allerdings umstritten. Darüber hinaus vermuten einige Flex-Mitarbeiter, dass Amazon das Problem schon längst erkannt und auf seine Weise „behandelt“ hat. Demnach soll bei jenen, die auf schnelles Klicken setzen, die Zahl der Auftragsangebote abgenommen haben. Ohnehin hat sich in den USA die Nachfrage längst in Richtung der Lieferung für Whole Foods oder Amazon Fresh verlagert. Denn dort können die Fahrer und Lieferanten im besten Fall ein zusätzliches Trinkgeld erwarten.
Test von Amazon Flex in Deutschland
Wie das Geschäft mit Amazon Flex in Deutschland läuft, dazu hat etwa Youtuber Teebro erst im November einen Test gemacht. Demnach gestaltet sich das Ausliefern am Anfang sehr schwierig. Für eine Drei-Stunden-Schicht, die allerdings in einem Verteilzentrum von Amazon beginnt, erhielt Teebro rund 50 Pakete. Die theoretisch erreichbaren 25 Euro pro Stunde verfehlte der Lieferant deutlich. Er brauchte fünf Stunden für die Auslieferung und musste sich mit Staus, der Parkplatzsuche und muffeligen Nachbarn auseinandersetzen.
Schon Ende 2017 hatte Rechtsanwalt Christiann Solmecke den Amazon-Flex-Dienst auf mögliche rechtliche Probleme abgeklopft. Wichtig sei, so Solmecke, dass Flex-Mitarbeiter als selbstständige Gewerbetreibende tätig sind. Das bedeutet, dass sie einen Gewerbeschein benötigen und Steuern und Abgaben zahlen müssen. Außerdem schreibt Amazon eine teurere Kfz-Versicherung vor.
Eigenen Angabe zufolge stellt Amazon den Flex-Fahrern zudem eine Versicherung der Ware zur Verfügung, sofern diese bereits eine Berufshaftpflichtversicherung besitzen. Die gewerbliche Versicherung ist Voraussetzung, um an dem Amazon-Flex-Programm teilzunehmen, wie der Konzern t3n sagte. Für die Ware haftet demnach Amazon.