„Höchste Innovationsstufe”: OP-Exoskelett sorgt für Begeisterung in der „Höhle der Löwen“
Lange Zeit gebückt stehen, schwere Bauteile heben oder mit wuchtigem Werkzeug über Kopf hantieren: Bei körperlich anspruchsvollen Arbeiten können Exoskelette, eine Art „Roboter zum Umschnallen“, für Entlastung sorgen. Wie sich das anfühlt, haben die Kollegen von MIT Technology Review vor Kurzem auf der Hannover Messe getestet.
Während die Exoskelette zum Beispiel in der Montage schon länger ein Thema sind, hat das Startup Hellstern Medical mit „Noac“ das weltweit erste Exoskelett für Ärzt:innen im OP entwickelt. In der Höhle der Löwen zeigen Sabrina Hellstern und Claudia Sodha, wie ihre Erfindung funktioniert.
„Die höchste Innovationsstufe, die je in der Höhle der Löwen war“
Weil Operateur:innen in ihrem Berufsalltag oft stundenlang stehen, leiden viele von ihnen unter Schmerzen, teilweise führt die Belastung zu Muskel- und Skeletterkrankungen. Im Austausch mit Ärzt:innen hatte Sabrina Hellstern deswegen die Idee für ein Exoskelett, das am OP-Tisch für Entlastung sorgt.
2019 entwickelte das sechsköpfige Gründungsteam, zu dem neben Hellstern und Sodha noch zwei Ärzte und zwei Ingenieure zählen, den ersten Prototyp. Mittlerweile ist Noac (Abkürzung für „no ache“, zu Deutsch „kein Schmerz“) patentiert und als Medizinprodukt zertifiziert. Langfristig erhofft sich das Team, dass Firmen und Kliniken den Robo-Assistenten als Arbeitsschutzmaßnahme für ihre Beschäftigten anbieten.
Bei ihrem Auftritt werden Hellstern und Sodha von Bernhard Krämer begleitet. Er ist stellvertretender ärztlicher Direktor der Frauenklinik Tübingen, die den Noac als erste Klinik überhaupt in Betrieb genommen hat. Krämer führt im TV-Studio vor, wie die Arbeit mit dem Assistenten abläuft.
Gesteuert wird das Exoskelett über Fußpedale und Sensoren, beim Anlegen der Rückengurte brauchen die Operateur:innen allerdings noch Hilfe von einer weiteren Person. Wer mit Noac operiert, kann quasi im Stehen sitzen, der Oberkörper und die Arme werden durch das Exoskelett entlastet
Die DHDL-Investor:innen sind beeindruckt. Dagmar Wöhrl testet den Assistenten direkt am eigenen Leib, für Carsten Maschmeyer ist Noac die „höchste Innovationsstufe, die je in der Höhle der Löwen war“.
OP-Saal der Zukunft: Sorgt das Exoskelett bei DHDL für einen Deal?
Die viel bewunderte Innovation hat ihren Preis: Die Fertigung eines Assistenten kostet 30.000 Euro, verkauft werden die Exoskelette für 88.000 Euro. Im Vergleich zum OP-System DaVinci sei das aber noch immer ein Schnäppchen und gleichzeitig ein Allrounder, argumentierten die Gründerinnen 2023 in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. Da Vinci koste „gut eine Million Euro und kommt nur bei fünf Prozent aller Operationen zum Einsatz“, Noac eigne sich dagegen für „95 Prozent der Eingriffe“.
In der Höhle der Löwen bieten Hellstern und Sodha fünf Prozent ihrer Firmenanteile für eine Million Euro an. Wer investiert, würde allerdings nicht alleine mit den beiden verhandeln: Die sechs Gründer:innen halten insgesamt 75 Prozent der Firmenanteile, dazu kommen 13 Business-Angels.
Die breit aufgestellte Investor:innenrunde und die hohe Unternehmensbewertung verpassen der Begeisterung der noch verbliebenen „Löwen“, – Ralf Dümmel hatte sich schon früh zurückgezogen, weil Noac nicht zu seinem Produktportfolio passte –, einen Dämpfer. Letztendlich gibt es für die Gründerinnen von Hellstern Medical viel Lob für ihren Pitch, den persönlichen Einsatz im Unternehmen und für Noac, – einen Deal können sie aus der Höhle der Löwen allerdings nicht mitnehmen.