Advertising-IDs: Was du zur Alternative zu Third-Party-Cookies wissen musst - t3n

Auf lange Sicht ist klar: Den Third-Party-Cookies gehört nicht die Zukunft. Advertising-IDs sind eine Alternative, um das Verhalten von Website-Besucher:innen zu analysieren. Doch der Markt ist fragmentiert. In den Entwicklungsabteilungen der Werbetechnologie-Anbieter tüftelt man seit Jahren an Alternativen zum Cookie, der bisher für die gezielte Werbeansprache im Internet so wichtig war. Einige Tech-Firmen entwickelten daraufhin Identifier, die ohne den Einsatz von Cookies funktionieren. Dabei werden keine technischen Merkmale wie Gerät oder Betriebssystem als Grundlage herangezogen, sondern eine E-Mail-Adresse oder eine Telefonnummer. Sofern sich eine Person registriert oder eingeloggt und ihr Einverständnis für Werbezwecke erteilt hat, kann ein Identifier generiert und für zielgerichtete Werbung verwendet werden. Stark vereinfacht könnte der Ablauf so aussehen: Ein Nutzer meldet sich auf einer Website mit seiner E-Mail-Adresse an und willigt in die Werbung ein. Die Mailadresse wird gehasht und zum beteiligten ID-Lösungs-Anbieter geschickt, der eine ID zurückspielt. Wenn der Anbieter im Zuge dessen die verschiedenen IDs dieses Nutzers miteinander abgleicht, ist ein websiteübergreifendes Tracking und Targeting möglich. Aufgrund dieses Prinzips können Werbe-IDs für das Online-Adverting ähnlich genutzt werden wie Drittanbieter-Cookies. Die ID-Lösungen haben einen großen Vorteil: Sie funktionieren – im Gegensatz zu den Third-Party-Cookies – auch im Firefox- und im Safari-Browser. Kein Standard für Werbe-IDs in Sicht Während das Third-Party-Cookie überall im Web einheitlich ist, gibt es für IDs keinen Standard; der Markt ist fragmentiert. Viele Tech-Anbieter haben in eigene Lösungen investiert. Bisher konnte sich weder die Angebotsseite noch die Nachfrageseite auf einen ID-Standard einigen. [crosslinks ids="1637170,1644146"] Ein Standard könnte sich auch nur dann herauskristallisieren, wenn eine ID-Lösung deutlich besser wäre als alle anderen und eine deutlich höhere Akzeptanz hätte. Eine solche Marktkonsolidierung ist momentan nicht in Sicht. Wollen Agenturen ID-basierte Kampagnen fahren, müssen sie daher sicherstellen, dass alle an der Auslieferung beteiligten Technologie-Partner mit der gewünschten ID arbeiten können. Entsprechend wird im Markt noch viel getestet. Häufig wird eine ID-Lösung dafür eingesetzt, Nutzer:innen auch in den Cookie-freien-Browsern Firefox und Safari zielgerichtet genau jene Werbeanzeigen einzublenden, die zu den Interessen passen, die mit der jeweiligen Werbe-ID verknüpft sind. Auf diese Weise lässt sich eine größere Reichweite erzielen als bei einem rein auf Third-Party-Cookies basierenden Vorgehen. Nationale und internationale ID-Anbieter vertreten Eine der bekanntesten Lösungen hierzulande ist netID. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Single-Sign-on-Lösung, die es Nutzer:innen ermöglicht, auf alle Online-Angebote der netID-Partner mit denselben Login-Daten zuzugreifen. Zur Lösung gehört auch ein Privacy-Center, das über die netID Account-Anbietern zur Verfügung gestellt wird und in dem User:innen ihre Einwilligungen zur Nutzung ihrer personenbezogenen Daten organisieren können. Hinter der ID-Lösung steht die European NetID Foundation. Die Stiftung wurde 2018 von der Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat.1 und United Internet (UIM) gegründet. Da zum Vermarkter UIM auch die E-Mail-Marken GMX und web.de gehören, ist die Reichweite hoch. NetID zählt eigenen Angaben zufolge rund 15 Millionen aktive Nutzer:innen. Zu den Partnern gehören Medienhäuser wie Axel Springer, RTL, Pro7/Sat.1 und Burda Forward. US-Anbieter mischen mit Daneben sind internationale ID-Anbieter in Deutschland sehr aktiv, insbesondere ID5 aus London sowie Liveramp und The Trade Desk aus den USA. Aus Übersee stammt auch die Unified ID 2.0. Sie wurde in einem Open-Source-Projekt entwickelt, das von The Trade Desk initiiert wurde. Der US-amerikanische Adtech-Anbieter arbeitet in diesem Bereich mit großen Partnern im gesamten Advertising-Ökosystem zusammen – von Publishern und Costumer-Data-Plattformen über Supply-Side- und Demand-Side-Plattformen bis hin zu Datenanbietern. In den USA ist Unified ID gut etabliert. Die ID-Lösung wird von Unternehmen wie Disney, Unilever, Washington Post und vielen anderen eingesetzt. Um die Reichweite zusätzlich zu vergrößern, kooperiert der ID-Anbieter mit LiveRamp. EUID – eine ID speziell für den europäischen Markt Unter der Federführung von The Trade Desk haben die beiden Tech-Anbieter aus Kalifornien eine neue ID auf den Weg gebracht, die speziell für den europäischen Markt und seine strengen Datenschutzvorschriften gedacht ist, die sogenannte European Unified ID (EUID). Diese ID lässt sich nicht nur dort einsetzen, wo bisher Cookies die Werbeansprache sicherstellten. Vielmehr funktioniert die Technologie auch in weiteren digitalen Umfeldern wie Connected TV, Digital Audio und in Apps. Die Einführung ist in vollem Gange. Zu den ersten Marken und Verlagen, die EUID nutzen, gehören Bacardi, Kimberly-Clark, der italienische Onlineverlag Italiaonline und viele weitere. In Deutschland sind bereits Vermarkter wie Funke, IQ Digital und Gutefrage.net an Bord. Auch Werbeplattformen wie Criteo Commerce Grid, Equativ, FreeWheel, Google Ad Manager, Hubvisor, Improve Digital, Index Exchange, Magnite, Microsoft Monetize, PubMatic, Stroer, TripleLift und Yieldlab integrieren die neue EUID. Telko-Unternehmen forcieren weitere ID-Lösung Mit Utiq hat sich ein weiterer wichtiger Marktteilnehmer etabliert. Das europäische Adtech-Unternehmen wurde 2023 gegründet und wird von den Telko-Anbietern Deutsche Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone unterstützt. Der Identifier des Unternehmens ermöglicht eine geräteübergreifende Adressierbarkeit von Nutzer:innen für Display- und Video-Formate auf Mobilgeräten, Desktop- und Big-Screen-Umgebungen. Um den telekommunikationsbasierten First-Party-Identifier datenschutzkonform nutzen zu können, bietet Utiq mit seinem „Authentic Consent Service“ eine passende Einwilligungslösung für dieses Tracking an. Es ist momentan Bewegung im Markt – und das, obwohl die Drittanbieter-Cookies noch immer verfügbar sind. Erfolgsstrategie: Mehrere Targeting-Optionen kombinieren Welches Potenzial in den ID-Lösungen steckt, konnte kürzlich die Agentur Mediaplus beweisen. Für eine Video-Kampagne des ADAC kombinierte die Agenturgruppe in einem Testlauf ihre hauseigene kontextuelle Targeting-Lösung mit den ID-Lösungen von netID und Utiq. Diese Strategie war den Beteiligten zufolge sehr erfolgreich: Die Klickrate stieg um 13 Prozent gegenüber den vorherigen Kampagnen, die Durchsichtrate um 25 Prozent. Außerdem wurden 30 Prozent mehr Reichweite erzielt, da unter anderem Zielgruppen in Browsern ohne Cookies angesprochen werden konnten. Die guten Ergebnisse der Testkampagne zeigen, dass ein fragmentierter ID-Markt zwar Herausforderungen mit sich bringt, diese aber gelöst werden können. IDs allein werden das Drittanbieter-Cookie aber nicht vollständig ersetzen können. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es immer ein Mix aus verschiedenen Signalen sein wird – von First-Party-Daten über kontextuelle Signale und IDs bis hin zu Geolocation und Device-Typ –, der künftig Werbekampagnen im Internet zum Erfolg führt.