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Analyse

Wie Apple mit seinen perfekt inszenierten Produkt-Shows brilliert

Welche Neuerungen beim Apple-Event unter dem Titel „California Streaming“ angekündigt wurden, konntet ihr im Liveticker verfolgen. Doch wie gelingt eine solche erfolgreiche Apple-Präsentation?

Von Ole Tillmann
5 Min.
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Tim Cook auf der Bühne eines Apple Events 2019. (Foto: Apple)

Schon während der Zeit von CEO Steve Jobs waren die Präsentationen von Apple weltweit stilprägend. „Das machen wir so wie Apple“ war wohl die am meisten genutzte Floskel, wenn es darum ging, den Anspruch an die eigene Präsentation zu umschreiben. Seit die Pandemie im Jahr 2020 Live-Events mit Zuschauer:innen verhindert hat, produziert der Tech-Champion aus Cupertino seine Präsentationen als Livestream in Hollywood-Qualität: Musik, Kamerafahrten, Lichteinsatz, Drohnen-Shots, Motion-Design und die Auswahl der Sprecher:innen – nichts wird dem Zufall überlassen. Kein Wort, keine Bewegung ist zu viel. Das, was Apple liefert, ist Storytelling und Design-Thinking in der Endausbaustufe.

Aber schauen wir doch mal im Detail hin, was die Apple-Shows so besonders macht. In der Analyse der Apple-Präsentation beachte ich zwei Ebenen: Die Designstrategie und das darauf aufbauende audiovisuelle Storytelling.

Apples Design-Strategie

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Über die Jahre hinweg hat Apple ein sehr genaues Bild davon entwickelt, wen die Botschaften erreichen sollen. Das Unternehmen kennt die Menschen, die seinen Präsentationen folgen – ob Konsument:innen, Journalist:innen oder Investor:innen – äußerst präzise. Nur so kann Apple ein Event gestalten, das die Zuschauer:innen auf eine klar definierte, emotionale und gedankliche Reise schickt.

Apple folgt, ähnlich wie bei seinen Hardware- und Software-Produkten, vordefinierten Design-Prinzipien, zum Beispiel Einfachheit, Sichtbarkeit oder der sogenannten Human-Centricity. Die Präsentationen orientieren sich an drei Fragen: Wer sind die Menschen, die uns zuhören und für die wir unsere Präsentation gestalten? Was soll unser Publikum denken, fühlen? Und wie soll es danach handeln?

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Auch für andere Unternehmen gilt es bei einer professionellen Präsentation einige strategisch wichtige Fragen zu beantworten – wie es auch Apple getan hat:

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  • Was sind die Werte, für die dein Unternehmen steht?
  • Warum präsentierst du und warum sollte dir jemand zuhören? Was ist das größtmögliche Bild, das du für deine Marke zeichnen kannst? Wie verortest du deine Zuhörer:innen in diesem Bild?
  • Wer sind deine Zuhörer:innen überhaupt und welches Wissen haben sie? Was sind ihre Bedürfnisse, Träume, Wünsche, Hoffnungen? Was würde sie davon abhalten, dir zu glauben?
  • In welcher Umgebung befinden sich die Zuhörerschaft vor und während sie deine Keynote anschaut? Was fühlt, denkt und tut sie aktuell?
  • Was willst du, dass die Zuhörerschaft während und nach der Keynote empfindet, denkt und wie sollen sie danach handeln?

Aus den explizit formulierten Antworten leiten sich Kommunikationsziele und Botschaften ab. Für die Apple-Präsentation könnten diese beispielsweise lauten: „Wir wollen, dass die Zuschauer:innen sich energetisiert fühlen. Wir wollen unsere Verbundenheit mit dem Planeten demonstrieren – ohne dabei esoterisch oder spirituell zu erscheinen. Wir wollen in unseren Zuschauer:innen den Wunsch auslösen, sich tiefstmöglich mit der Marke Apple zu verbinden. Sie sollen beim Produktkauf keine Reue empfinden, sondern das Gefühl haben, zu besseren Menschen zu werden.“

Apple ist dafür bekannt, bei allem, was designt wird, menschenzentriert zu denken. Das ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Gestaltung und Umsetzung einer audiovisuellen Präsentation.

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Apples Storytelling: Ein emotionales und durchdachtes Feuerwerk

Die Zielsetzung, das Publikum möglichst stark emotional zu involvieren, wurde direkt zu Anfang des Events deutlich: Apple eröffnet seine Keynote mit einer energetischen Pop-Hymne auf Kalifornien, unterlegt Bilder aus der Natur und der Stadt San Francisco. Die Aussage: Apple ist sich seiner Werte, seiner Wurzeln und seiner Umweltverantwortung bewusst. Ein globaler Konzern mit Wurzeln in Kalifornien, der das Leben feiert. Der Storytelling-Trick, den Apple hier verwendet: Je mehr wir über die Selbstwahrnehmung, Motivation und Beweggründe eines Unternehmens (oder einer Person) wissen, desto persönlicher und nahbarer erscheint es uns. So setzt Apple direkt zu Anfang das Setting und den Ton seiner 75-minütigen Show.

Visuell stehen die hellen Farben des Musikvideos im direkten Kontrast zum dunklen Kinosaal, in dem uns Apple-CEO Tim Cook im Anschluss begrüßt und aus dem er im Verlauf der Show immer wieder an seine Kolleg:innen überleitet. Die Reden wurden an verschiedenen Orten aufgezeichnet. Damit gleicht die gesamte Präsentation einer Hommage an die Heimat.

Die Präsentation: Starke Optik, klare Struktur

Wie für Apple üblich, wird mit starken Videos und Bildern gearbeitet, die ständig in Bewegung sind und der Präsentation damit eine abwechslungsreiche Dynamik verleihen. Die Designer bei Apple wissen wohl, dass über 70 Prozent der elektrischen Aktivität des Gehirns dem Verarbeiten von visuellen Informationen gewidmet sind. Daher ist das gesamte Event ein visuelles Feuerwerk.

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Die Sprache von allen Sprecher:innen ist einfach, wie üblich mit Superlativen gespickt und auf den Punkt geschärft – das sind wir von Apple ja gewohnt. Gleiches gilt für die visuellen Medien. Es wird immer nur eine Idee, ein Konzept oder eine Zahl pro Slide (die erste Zahl sehen wir nach knapp sechs Minuten) kommuniziert. Das Prinzip dahinter ist die Reduktion der kognitiven Belastung. Als Menschen haben wir nur einen begrenzten „Arbeitsspeicher“, um Bilder, Töne oder Texte im Kurzzeitgedächtnis zu speichern. Prasseln zu viele Informationen gleichzeitig auf uns ein, fühlen wir uns überfordert. Wenn die Informationsmenge jedoch optimal der Kapazität des menschlichen Gehirns angepasst wird, empfinden wir das als angenehme Erfahrung. Unterstützt wird dies durch Musik, die die Inhalte weiter emotional auflädt und für Abwechslung sorgt. Ohnehin ist die gesamte Präsentation sehr abwechslungsreich gestaltet, was die Verweildauer von Zuschauer:innen erhöht.

Apple erzählt Mini-Geschichten zu einzelnen Produkten

Tim Cook führt als Conferencier durch die gesamte Präsentation, die in einen kurzen Anfangsteil, einen ausgedehnten Mittelteil und einen prägnanten Schlussteil gegliedert ist. Er leitet die jeweilige Produktkategorie ein und teilt allgemeine Fakten zu den Geräten. Die Übergänge zu den Sprecher:innen sind schnell geschnittene Videos, Motion-Graphics mit wilden Drohnenflügen quer durch San Francisco und Umgebung kombiniert. Dadurch erhalten wir als Zuschauer:innen ein Gefühl von Räumlichkeit, obwohl alles auf dem Screen vor uns passiert.

Die Produktpräsentationen sind ebenfalls wie Mini-Geschichten mit Anfang, Mitte und Ende aufgebaut: Alle Kernfakten werden auf einer Folie übersichtlich zusammengefasst. Die Renderings der Apple-Produkte und Visuals stehen dabei klar im Mittelpunkt, während die Sprecher:innen durch die Inhalte führen. Die Informationen erscheinen im Rhythmus mit dem gesprochenen Wort. Dieses Designprinzip der Synchronizität erhöht die Verständlichkeit der Inhalte. Die Anwendungsfälle der Geräte durch Beispiel-Apple-Nutzer:innen lässt die Präsentation lebendig erscheinen.

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Humor und Selbstironie vermitteln Souveränität

In den schnell geschnittenen Produktvideos nimmt sich Apple mit Humor und Selbstironie zwischendurch selber auf den Arm. Das vermittelt Souveränität, Leichtigkeit und wirkt einfach grandios lässig. Wie die Marke Apple eben.

„State of the Art“ – so lässt sich die Qualität dieses Apple-Events wohl am besten beschreiben. Verglichen mit den letzten Produktpräsentationen war das Event am Dienstag kein Quantensprung: Ähnlich wie bei seinen Produkten bleibt die Verbesserung eher inkrementell als disruptiv. Dennoch war es eine Präsentation in höchstmöglicher Qualität – einzigartig und stilprägend. Der Aufwand und die Kosten für die Produktion müssen gewaltig gewesen sein.

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