Der Arbeitsplatz der Zukunft: Passt das Großraumbüro noch zur Startup-Kultur? [Kommentar]
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(Foto: Shutterstock / Monkey Business Images)
Der Sound des Grauens
„Klack, rötötöt, klack, rötötötötöt, klack, rötötötötö, klack“, ertönt es von links, wo der Kollege die Leer- und Enter-Taste immer mit ein bisschen zu viel Schmackes bearbeitet. Von gegenüber schnieft es in rhythmischen Abständen. Zwei Plätze weiter wird angeregt über ein Projektdetail beratschlagt und noch zwei Plätze weiter lacht sich eine Kollegin über eine lustige E-Mail-Signatur schlapp, während aus ihren Kopfhörern deutlich hörbar ein satter Bass tönt. Dazu kommt ein Grundrauschen aus Fußgewippe, Tastaturklappern und Löffeln in Kaffetassen. Der Sound des Großraumbüros. Der Sound des Grauens.
Das Großraumbüro wurde in der Geschichte des Büroarbeitsplatzes gleich zweimal als Innovation gefeiert. Einmal bei seiner Einführung in den 50er-Jahren, vor allem, weil es einen guten Überblick über die Geschäftigkeit der Mitarbeiter gibt. Und dann später noch mal durch junge Unternehmen und Startups seit den 90er-Jahren, die Abteilungen auch räumlich verschmelzen lassen und auf die Stärkung des Teamgeistes schwören. Aber es ist doch auch eine Plage, dieser große, offene Raum.
Das Großraumbüro – Segen und Fluch

Das Großraumbüro: Traum vieler Startups. (Foto: Shutterstock / Monkey Business Images)
Das Dilemma ist, dass es zum einen auch einer räumlichen Nähe bedarf, um Abteilungen näher zusammen zu bringen und einen kollektiven Teamgeist auszubilden. An jeder Ecke gibt es etwas aufzuschnappen. Eigentlich toll. Im Vordergrund sollte jedoch immer stehen: Wie und unter welchen Bedingungen sind die Mitarbeiter am leistungsfähigsten und fühlen sich am wohlsten? Viele Mitarbeiter können anspruchsvolle und kreative Arbeit nicht ordentlich leisten, wenn sie sich nicht darauf konzentrieren können. Lärm im Büro bereitet dem Menschen Stress, sowohl körperlich als auch geistig. Zudem senkt Lärm die Leistungsfähigkeit – und zwar wesentlich.
Sogar die meisten Co-Working-Spaces schwören auf ein Großraumbüro. Dort besteht noch die zusätzliche Schwierigkeit, dass nicht nur Leute mit völlig unterschiedlichen Arbeitsgebieten und Rhythmen zusammentreffen, sondern auch, dass es viel schwieriger wird, auf Verhaltensregeln aufmerksam zu machen. Eine PDF-Datei im Netz oder ein Aushang an der Wand haben ja in der Regel ziemlich wenig Erfolg. Einen direkten Kollegen mag man vielleicht noch darauf hinweisen, aber bei einem mehr oder weniger Fremden unterlässt man es dann doch.„Es ist doch gerade die Startup-Szene, die die Bedürfnisse und das Wohlergehen der Mitarbeiter im letzten Jahrzehnt für so wichtig erklärt hat. Wie passt das zusammen?“
Die Sache mit den Regeln
Nun ist das Großraumbüro gerade in der Gründungsphase oft unumgänglich, wo zum einen nicht sehr viel Platz zur Verfügung steht und zum anderen die Zuständigkeitsbereiche der Mitarbeiter fließend sind. Aber was kann man tun? Am naheliegendsten und unumgänglich sind natürlich klare Regeln, um die Lärmbelastung und Ablenkung auf ein Minimum zu reduzieren. Aber mal ehrlich: Gerade in Startups, die sich den Schuh der Spießigkeit nicht anziehen wollen, klappt das doch oft gar nicht. Wer will schon der Spielverderber sein, der den Kollegen zurechtweist: „Kannst du mal bitte die Musik ein bisschen leiser machen, nicht so lange telefonieren, deinen Vibrationsalarm abschalten UND ZUR HÖLLE NOCHMAL DEINEN MUND ZUMACHEN BEIM KAUGUMMIKAUEN?!“ Antwort: niemand!

Ob diese „Bureau Ordnung“ authentisch ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Sicher ist, Büroordnungen sind so alt wie das Büro selbst. (Bild: storyfilter.com)
Aber selbst, wenn alle Regeln in einem Büro penibel eingehalten werden, sind da immer noch die unzähligen verschiedenen Empfindungen und Bedürfnisse. Der eine reißt gern ein Mal pro Stunde das Fenster auf, der andere hat es konstant auf Kipp. Wieder ein anderer friert permanent und braucht eine Raumtemperatur von genau 22 Grad. All diese Dinge lassen sich viel besser koordinieren, wenn man sich nur mit zwei oder drei Leuten absprechen muss. In einem Großraumbüro: unmöglich. Und dabei ist es doch gerade die Startup-Szene, die die Bedürfnisse und das Wohlergehen der Mitarbeiter im letzten Jahrzehnt für so wichtig erklärt hat. Wie passt das zusammen?
Gerade im Großraumbüro: Zufluchtsorte schützen vor Synapsenkoller
Es mag Kollegen geben, die ein enormes Talent haben, sich einzutunneln und von all dem nichts mitbekommen, unbeirrt und kopfhörertragend ihre Arbeit erledigen. Aber stellt sich doch die Frage, wie viel Sinn es ergibt, wenn die Mitarbeiter die mit dem Großraumbüro am besten klarkommen, die sind, die am wenigsten von den anderen mitbekommen. Oder nehmen wir einmal ihr Gegenstück, nämlich den Mitarbeiter dem das Großraumbüro nichts ausmacht, weil er viel lieber der Ablenkung frönt als der Arbeit. Das Großraumbüro fördert genau die Mitarbeiter, die nicht unbedingt den ursprünglichen Sinn des Großraumbüros fördern. Nämlich den, der nicht davon profitiert und den, der regelrecht davon reingerissen wird.

Arbeitgeber müssen Mitarbeitern Rückzugsmöglichkeiten geben, um sie vor dem „Synapsenkoller“ zu schützen. (Bild: Shutterstock)
Muss es unbedingt ein Großraumbüro sein, so sollten diesem auch entsprechende „Zufluchtsorte“ gegenüberstehen. Arbeitgeber müssen Räume schaffen, in denen Mitarbeiter mal für eine Zeit alleine oder in kleinen Gruppen arbeiten können. Nur dann kann das Potential des offenen Arbeitsplatzes noch ausgeschöpft werden, nur dann führt es nicht zum Gegenteil in Form von Frust und dem Wunsch nach Abgrenzung.
Rückzugsmöglichkeiten erhalten letztlich nicht nur die Leistungsfähigkeit aufrecht, sondern fördern auch einen Faktor, der ursprünglich mit dem Großraumbüro erreicht werden sollte: das Miteinander. Es soll sich nämlich unwahrscheinlich positiv auf den Teamgeist auswirken, wenn man sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen möchte.
Auf http://www.moboxo.eu/de/flexible-arbeitsplatzgestaltung-im-buero.html gibt es dazu einen recht aktuellen und informativen Artikel zum Büro der Zukunft/ modernen Gegenwart.