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Augmented Reality im Marketing: Eine zähe Entwicklung

Seit es das Smartphone gibt, gibt es die Idee von Augmented Reality. In Unterhaltung, Spielen oder Tourismus hat sich das Format etabliert. Im Marketing nicht. Eine Bestandsaufnahme.

Von Frank Puscher
4 Min.
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(Bild: Shutterstock)

Die Marktforscher von Data Bridge erwarten, dass der globale Markt für Augmented-Reality-Anwendungen in den nächsten fünf Jahren auf knapp 100 Milliarden US-Dollar wächst. Das Wachstum wird vor allem getrieben von der Gesundheitsbranche und der Industrie, dazu kommen in Richtung Endkunden Sport und Unterhaltung. Aber wo bleibt eigentlich das Marketing?

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Rückblende. Der „Erfinder“ von Augmented Reality war ein Deutscher. 2009 entwarf Julian Koschwitz das erste Papiermagazin mit digitaler Direktverlängerung. Im Hause des Modefabrikanten Benetton arbeitete Koschwitz als Interaction-Designer bei Fabrica, einem digitalen Thinktank. Und das Heft war eine Ausgabe des provokanten Jugendmagazins Colors. Auf 15 Seiten des Magazins prangte ein Marker, den der Browser als Link interpretierte und Videos, Bilder oder Textschnippel über der Magazinseite schweben ließ.

Vor zehn Jahren testete Julian Koschwitz, wie man Print mithilfe von AR anreichern kann. (Foto: Fabrica.it)

Koschwitz war natürlich nicht der Erfinder der Technologie. Aber die Colors-Umsetzung galt als Meilenstein in der Entwicklung, weil es erstmals gelungen war, ohne den vorherigen Download riesiger Apps Augmented Reality zu realisieren. Koschwitz setzte auf eine zwar proprietäre, aber dennoch verbreitete Technologie namens Flash – die älteren Leser mögen sich erinnern. Und das Colors-Beispiel zeigt erstmals, dass AR sogar Mehrwert stiften kann.

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Für kurze Zeit entfaltete sich ein kleiner Hype um die Technologie und auch das Marketing war mit von der Partie. 2012 publizierte Ikea seinen ersten Katalog mit Augmented Reality und erntete dafür nicht nur Lob. Man konnte Regalschubladen virtuell öffnen und sehen, dass sie tatsächlich leer waren.

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Platzhirsch der Szene war die Münchner Softwareschmiede Metaio, die kurzzeitig sogar einen eigenen AR-Webbrowser ins Rennen warf. Doch außer Einzelprojekten kam der Markt nicht richtig in Fahrt. 2015 verkaufte man an Apple. Zeitgleich machte Steve Jobs sich auf den Kreuzzug gegen Flash und die Entwicklungspower floss in andere Richtungen.

Augmented Reality 2019

Aktuell erlebt die Technik ein großartiges Comeback. Microsoft wird für seine Hololens bewundert. Die digitale Brille wird als Entwicklerwerkzeug und für den stationären Einsatz bei Events oder in Museen vermarktet. Sony stellte vor wenigen Tagen sein eigenes AR-Headset für die Playstation vor. Ein mysteriöser Hype entstand um Magic Leap aus Kalifornien. Das Unternehmen wurde zum Unicorn hochfinanziert.

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Apple, Samsung und Huawei haben AR-Funktionen in die Bordkameras der Smartphones beziehungsweise deren Software eingebaut. Und Google hat seinen Allesscanner Lens inzwischen fest in Android integriert. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es ein Auktionssystem für Werbeplatzierungen bei Scans geben könnte: „Die Informationen über das Brandenburger Tor werden Ihnen präsentiert von Berliner Kindl“.

Nur das Marketing zögert, dem Hype erneut schnell zu folgen. Das ist falsch, hat aber eine Reihe nachvollziehbarer Gründe:

  1. Selten liegen in Marketingabteilungen gute 3D-Daten vor, mit denen sich die Systeme bestücken ließen. Standbilder und Texte genügen weder den ästhetischen Ansprüchen der Marketer noch denen der User. Bliebe noch Video. Technisch wäre das Problemlos machbar, inhaltlich nicht immer einfach, denn wann kann AR tatsächlich mehr als ein Link zu Youtube?
  2. Es fehlt an Bandbreite. Traurig, aber war: In Deutschland funktioniert AR nur flüssig in Metropolregionen, da die zu ladenden 3D-Objekte und Animationen einiges an Bandbreite benötigen.
  3. Den Kreativen fehlt es an Erfahrungen mit dem Format. Das zumindest ist das Ergebnis einer Studie von Unity3D.
  4. Die Advertising-Infrastruktur steht nur in wenigen Teilbereichen zur Verfügung. Ein paar aber gibt es: Oath hat ein AR-Format und Teads kann Augmented Reality sogar in reguläre Platzierungen im Fließtext integrieren. Das Teads-Format ist aktuell aber nicht mehr auf der Angebotsseite zu finden. Vermutlich fehlte es an Nachfrage.

Eine große Ausnahme bildet das Marketing für Spiele und Spielzeug. Hier zeigt bald jede zweite Packung etwas, das man scannen kann und das sich dann bewegt. Auch einige witzige analoge Spieleformate nutzen AR zur inhaltlichen Anreicherung des Spieleerlebnisses. Parker führt beispielsweise einen Teddybär, der per App „geröntgt“ werden kann. Playmobil nutzt sehr clever eine kleine Holografie-Technik mithilfe eines Prismas aus Plexiglas, um die ganz reale Playmobil-Zauberin in die Lage zu versetzen, weiße Kaninchen in der Luft schweben zu lassen.

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Die Zurückhaltung der Marketingverantwortlichen ist verständlich, sollte dieser Tage aber revidiert werden. Die Unternehmen mit jüngeren Zielgruppen haben längst gemerkt, dass alle großen Plattformen aufrüsten. Und darauf sollte man sich, seine Daten und sein Kreativpersonal vorbereiten.

Instagram hat vor wenigen Wochen kundgetan, dass Spark AR demnächst allen Nutzern zur Verfügung stehen wird. Bislang durften die Tools für AR-Overlays nur von ausgewählten Kreativen benutzt werden. Google testet aktuell in einer Alphaphase, wie AR auf Youtube funktioniert. So kann zum Beispiel eine Nutzerin in einem Splitscreen oben ein Schminktutorial sehen und unten an ihrem digitalen Spiegelbild den beworben Lippenstift in unterschiedlichen Farben gleich ausprobieren. Ein zweites 3D-Experiment heißt Swirl. Hier kann der User einzelne Gegenstände im Video drehen und bewegen. Facebook hatte seine AR-Ads bereits letztes Jahr angekündigt. Passiert ist aber nichts. Nun soll das Format in Kürze in eine offene Betaphase treten. Das Format kombiniert die bekannten Filter aus dem Spark Studio mit der potentiellen Reichweite des Werbenetzwerks.

Der aktuelle Highflyer ist aber zweifellos Snapchat. Denn schon Ende 2017 hat man sich dafür entschieden, solche Formate den Werbungtreibenden zum Spielen anzubieten. Das kann man sich auch erlauben, weil Snapchat-User selbst entscheiden, ob sie einen Filter nutzen. Und Marken, die hier nicht überzeugen können, haben halt Pech.

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BMW freute sich über einen guten Erstlingserfolg mit dem X2 auf Snapchat. (Foto: Snapchat)

Anfang 2018 präsentierte BMW eine erste Kampagne für den damals neuen X2. Die Aktivierung der Lens erfolgte über eine Story-Ad. Der User konnte die Lens durch Hochwischen aktivieren. 54 Sekunden verweilten die User durchschnittlich. Jeder Vierte machte einen Screenshot oder teilte diesen. Und laut BMW wurden insgesamt 40 Millionen Sichtkontakte generiert. Und das ist fast zwei Jahre her.

Es wird höchste Zeit für Augmented Reality Marketing. Das Thema kommt massiv in den nächsten zwölf Monaten.

 

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