Mesh-WLAN kommt schrittweise in alte und neue Fritzboxen
AVM kümmert sich um seine Bestandskunden. Das zeigt der Softwarenachbau von Mesh-Funktionen, der im Vergleich zu den aktuellen Mesh-WLAN-Systemen viel Geld spart. Auf der Ifa 2017 sagte uns AVM, dass die Version 6.90 nur ein Anfang sei. Zunächst werden die DSL-Boxen versorgt, darunter auch die immerhin vier Jahre alte Fritzbox 7490.
Allgemein will AVM das Mesh-WLAN auf allen weitgehend aktuellen Fritzboxen ermöglichen. Der erste Schritt wurde mit dem kürzlich veröffentlichten FritzOS 6.90 gemacht. Die Fritzboxen 7580 und 7560 und die Repeater beziehungsweise Powerline-Adapter 1750E, 1160, 310, 450E und 1240E, 540E und 546E gehören zur ersten Mesh-WLAN-Welle. Die Boxen 7590 und 7490 sind voraussichtlich als nächstes dran.
Mesh-WLAN auch für Kabelboxen
Das gilt auch für die LTE- oder Kabelmodem-Modelle, die erst einmal nicht dabei sind. Bei der Verteilung soll es weitestgehend keine Probleme etwa mit Fritzboxen geben, die vom Provider gestellt worden sind. Die meisten sind frei aktualisierbar und bei den Versionen, die unter Provider-Kontrolle bleiben, empfiehlt AVM dem Provider, die Firmware ebenfalls freizugeben. Die Chancen stehen also gut. Bis alle Fritzboxen Mesh-WLAN können, kann es aber noch dauern. Die letzten Geräte sollen im ersten Quartal 2018 Mesh-WLAN beherrschen können. Die erste Welle wird hingegen in den nächsten Wochen mit einem FritzOS-Update versorgt.
AVM verspricht dabei auch, dass der technikversierte Nutzer Gefallen an der Lösung finden wird. Der Anwender soll sehen, an welchem Gerät sich welcher Client im Mesh befindet und die Verbindungsqualität zwischen den Nodes wird angezeigt. Vorbildlich erwähnt AVM sogar Details zu den Client-Roaming-Standards. 802.11k und v werden teils verwendet, um die Clients zu steuern. Auch 802.11r will sich das Unternehmen noch anschauen. AVM versucht – wie andere Mesh-WLAN-Hersteller –, die Clients zwischen den Access-Points zu bewegen und diese auf die idealen Bänder zu schieben. Über AP-Steering denkt man derzeit noch nach. Das ist eine Fähigkeit, die vor allem professionelle WLAN-Controller haben, aber durchaus auch einige Mesh-WLAN-Systeme. Vor allem in Unternehmen oder bei Veranstaltungen ist das äußerst praktisch. Das sind allerdings nicht unbedingt typische Einsatzgebiete von Fritzboxen.
Zudem soll auch die Verwendung mehrerer Fritzboxen möglich werden. AVM empfiehlt, nur die leistungsfähigere Fritzbox als Mesh-Master zu definieren, die dann ohnehin in der Regel den Internetzugang bietet. Zwingend ist das aber nicht. Für große Mesh-Netze praktisch ist zudem, dass AVM die Verbindungsqualität zwischen den einzelnen Nodes anzeigen will.
Einschränkungen gibt es
AVM hat auf der Ifa aber auch offen zugegeben, dass das System ein paar Schwächen hat. Aufgebaut wird das Mesh-WLAN nämlich als Stern, aber durchaus über mehrere Ebenen hinweg. Die Selbstheilungsfähigkeiten vieler Mesh-Systeme fehlen etwa. Zumindest funktionieren sie nicht sofort, sondern es gibt einen 20-Minuten-Timeout, bevor eine neue Verbindung steht. Zudem hat AVMs Lösung einen gewissen Bandbreitennachteil. Viele Mesh-WLAN-Systeme arbeiten mit drei Funkeinheiten. Eine wird für den Backhaul-Kanal verwendet. Das vergleichsweise alte AVM-Material bietet das natürlich noch nicht. Bis vor ein paar Jahren waren Tri-Radio-Access-Points professionellem Equipment vorbehalten. AVM guckt sich hingegen an, was der Client macht, und betreibt sogenanntes intelligentes Crossband-Repeating für die Verbindung zwischen den Nodes und steuert die Clients gegebenenfalls auf ein Band, das sich eignet.
Das Ganze hat eine gewisse Komplexität. Und laut AVM arbeiten moderne Clients besser damit zusammen, insbesondere wenn die Clients 802.11k/v bereits unterstützen. AVM gab aber auch zu, dass es für den Kunden schwer ist, herauszufinden, ob ein Smartphone oder Notebook die Standards unterstützt. Das betrifft aber auch andere Mesh-WLAN-Funktionen.
Da es einen Master gibt, ist AVMs Lösung auch nicht unbedingt vergleichbar mit Qualcomms verbreiteter Mesh-Plattform. Bei Qualcomm sind alle gleichberechtigt. AVM hingegen überlässt einem zentralen Gerät die Steuerung. Das entspricht eher dem WLAN-Controller-Konzept. AVM spielt beispielsweise auch die Softwareupdates der einzelnen Nodes über den Master aus, der dann tunlichst nicht ausfallen sollte. Die einzelnen Nodes selbst können nicht übernehmen, sind dafür aber günstig und eine Neuanschaffung braucht es auch nicht, weil AVM seine Altgeräte pflegt.
Autor des Artikels ist Andreas Sebayang.
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