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Kommentar

Care-Arbeit: Deine Frau arbeitet mehr als du!

Wir sprechen täglich von Karriere, wirtschaftlichem Erfolg und Gründung. Was wir dabei gerne vergessen: Milliarden Stunden Arbeit in diesem Land bleiben unbezahlt. Zeit, Arbeit neu zu werten. Ein Kommentar.

Von Vicky Isabelle Bargel
3 Min.
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Die psychosozialen Anforderungen von Pflege werden leider allzu leicht vergessen. (Foto: Shutterstock)

Was wären die Männer dieser Welt, die Care-Arbeit nicht als Arbeit ansehen wollen, heute wohl ohne ihre Mütter? Eine Antwort auf diese Frage werden wir wohl nicht erhalten. Stattdessen können wir Männern dabei zusehen, wie sie ihren Müttern Tassen mit dem Aufdruck „Beste Mama der Welt“ zum Muttertag schenken – und sie im Alter dann Flaschen sammeln lassen. Denn so praktisch es natürlich auch ist, dass die Lohnarbeiter dieser Nation jeden Tag frische Wäsche im Schrank haben und hatten, „sich um die Familie kümmern, ist doch keine Arbeit“. Denkste!

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89 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit werden pro Jahr geleistet Dazu zählen vor allem Haus- und Gartenarbeit sowie Pflege und Betreuung von Angehörigen, aber auch das Ehrenamt. Damit arbeiten die Deutschen pro Jahr deutlich mehr unbezahlt als bezahlt. (Zum Vergleich: 66 Milliarden jährlich geleistete Arbeitsstunden werden vergütet.) Ein beachtlicher Anteil dieser unbezahlten Arbeitsstunden entfällt auf Hausarbeit. Aber auch auf Care-Arbeit. Care-Arbeit, oder auch Sorgearbeit, umfasst dabei sämtliche Fürsorgetätigkeiten; von Kinderbetreuung über Altenpflege bis hin zur Nahrungsmittelversorgung der Familie. Würde man allein diese Tätigkeiten mit Geld aufwiegen wollen, so müssten dafür ganze 70 Milliarden Euro aufgewendet werden. Oder anders: Das ist so viel wie der Umsatz des gesamten Onlinehandels im Jahr 2019.

Frauenarbeit ist uns nichts wert

Dass wir für das eine Geld bezahlen, für das andere aber nicht, hat einen Grund. Care-Arbeit gilt nach wie vor als etwas typisch Weibliches. So sehr mich die Tatsache anwidert: Historisch betrachtet galten von Frauen ausgeführte Tätigkeiten in dieser Gesellschaft seit jeher als weniger wertvoll als von Männern ausgeführte Arbeiten. Dass sich das bis heute nicht gewandelt hat, ist traurig. Und zeigt vor allem, wie viel Strecke auf dem steinigen Weg zur Gleichberechtigung noch vor uns liegt.

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Und noch während ich das schreibe, höre ich die aufgebrachten Männer schimpfen: „Aber, aber! Ich kenne nur Männer, die ihre Kinder auch in die Kita bringen.“ Oder: „Wenn der Mann nicht im Haushalt hilft, hat die Frau sich einen falschen Kerl ausgesucht. Gibt doch heute genug, die anders denken.“ Ja – denken! Ist ja schön und gut, wenn der Mann meiner Kollegin denkt, er unterstütze seine Partnerin hinreichend. Was faktisch davon übrig bleibt: Nach wie vor üben Frauen 1,6 Mal mehr Care-Tätigkeiten aus als ihre Männer. Und das bei gleicher Lohnarbeitszeit.

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„Aber ich helfe doch im Haushalt“ – Schon klar!

Dass Mann also wirklich mal zu Hause staubsaugt oder die Oma im Heim besucht, ist zwar schön und gut. Doch während der Mann nur einmal feudelt, hat die Frau schon die Wäsche der Kinder gemacht, das Essen für eine fünfköpfige Familie gekocht und den Schwiegervater gebadet. Und so sehr es mich schmerzt, so schnell wird sich vermutlich auch nichts daran ändern. Denn Männer glauben einfach zu gerne, wir hätten das Maximum an Gleichberechtigung schon längst erreicht. Gesetze und so. Es gerät eben viel zu schnell in Vergessenheit, dass nur zehn Prozent der Männer von sich behaupten können, sich gleich viel oder mehr um die eigenen Kinder zu kümmern als die Frau.

Doch dass der Löwenanteil der Care-Arbeit nach wie vor zumeist auf Frauen entfällt, wäre nur halb so dramatisch, wenn wir diese Care-Arbeit auch ausreichend honorieren würden. Die Folge von mangelnder Wertschätzung ist nämlich leider eines: (Alters-)Armut von Frauen. Wer kein Geld für seine Arbeit bekommt, kann weder gut leben, noch für das Alter vorsorgen. Das muss sich ändern! Unabhängig davon, ob die Frau nebenbei noch erwerbstätig ist oder nicht.

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Zeit für ein Umdenken, zu Hause und in der Politik

„Ja, aber wer soll denn das bezahlen?“ – na, wir alle! Durch unsere Lohnarbeit. Denn ohne die Sorgearbeit in unserer Gesellschaft wäre die gar nicht erst möglich. Ohne Mütter hätten wir keine innovativen Gründer, ohne Mütter hätten wir keine Konzernchefs, ohne Mütter hätten wir überhaupt keinen funktionierenden Wirtschaftsapparat. Zeit, dass wir in der Politik alternative Modelle diskutieren. Die 20-Stunden-Woche, das bedingungslose Grundeinkommen – Ansätze sind durchaus da. Zeit, sich dafür stark zu machen. Zeit, sich endlich darauf einzulassen, dass unbezahlte Arbeit eben auch sehr wichtige Arbeit ist.

Und wenn du jetzt noch immer damit haderst, deiner Frau als Alleinverdiener eine gerechte Alterssicherung zukommen zu lassen, dann stell dir nur mal vor, alle Frauen der Nation würden eine Woche lang streiken. Na, gute Nacht.

Apropos Arbeit: Dass erfolgreiches Gründertum nicht immer etwas mit harter Arbeit, sondern vor allem mit Privilegien zu tun hat, kannst du hier lesen.

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