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Analyse

Cognitive Computing: Wenn Watson allein nicht weiterhilft

Unternehmen wollen mit künstlicher Intelligenz Prozesse automatisieren. Cognitive Computing kann hierbei sozusagen der Sherlock Holmes der Automatisierung sein. Klassische Robotic-Process-Automation hingegen reicht bestenfalls zum Gehilfen à la Watson.

Von Stefan Welcker
3 Min.
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(Foto: Shutterstock)

Sherlock Holmes und Watson waren ein Dreamteam. Holmes als brillanter Kopf und Watson würde man heute „Sidekick“ nennen. Aber: Niemals im Leben wäre Sherlock Holmes, der brillante Beobachter und Meister der forensischen Wissenschaft und logischen Argumentation, die an das Fantastische grenzt, auf die Idee gekommen, Watson als Pendant von sich zu respektieren. Dr. Watson war ein kluger Kopf, keine Frage. Mitunter mangelte es dem Assistenten aber an Objektivität und Exaktheit, glitt er zu sehr ins Sensationsheischende und gar Romantisierende ab – und exakt genauso verhält es sich ein Jahrhundert später mit Cognitive Computing und künstlicher Intelligenz (KI) im Vergleich zu reinem Machine Learning: Wer von künstlicher Intelligenz und ihren für Unternehmen wichtigen Befähigungen spricht, muss immer auch Cognitive Computing im Blick haben. Nur diese Technologie macht den ökonomischen Sherlock Holmes aus.

Unternehmen wollen automatisieren

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Worum geht es dabei grundsätzlich: Ein Megatrend beherrscht die technologischen Diskussionen in Unternehmen momentan branchenübergreifend, derjenige der Automatisierung. Denn durch den Fachkräftemangel lassen sich schon mittelfristig grundsätzlich nicht mehr alle Arbeiten durch Menschen erledigen. Hier müssen Maschinen einfach mehr und mehr einspringen. Darüber hinaus sorgen Digitalisierung und Globalisierung dafür, dass sowohl Industrie als auch Dienstleister massiv an der Kostenschraube drehen müssen. Dabei leisten die Kollegen Maschinen und Roboter ebenfalls einen wertvollen Beitrag. Sie kennen keinen Betriebsrat, keinen Urlaub, arbeiten klaglos an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr und legen nur mal für ein Update ein Nickerchen ein. Die Unternehmensberater von PWC gehen davon aus, dass auf diese Art und Weise bis zum Jahr 2030 sage und schreibe 19 Prozent aller Arbeitsplätze ersetzt werden könnten.

Robotic-Process-Automation als erster Schritt

Die Essenz dieser Zahl ist jedoch entscheidend. Denn mit handelsüblicher 08/15-Automatisierung kommen Unternehmen niemals auf diese 19 Prozent. Dazu hilft ein Blick in die Details.
So setzen viele Betriebe bereits auf Robotic-Process-Automation, kurz RPA. Was in der Regel bedeutet, dass Softwareroboter eine menschliche Interaktion mit Benutzerschnittstellen von Softwaresystemen nachahmen. Eine aktuelle ISG-Studie berichtet, dass Unternehmen durch die Anwendung von RPA ihre Geschäftsprozesse fünf bis zehn Mal schneller als zuvor tätigen können und dabei durchschnittlich 37 Prozent weniger Ressourcen benötigen. Die ISG-Daten zeigen, dass die durchschnittliche Verringerung des „Full Time Equivalent“ (FTE) bei 43 Prozent in Bestellprozessen (Rechnungslegung, Zahlungszuordnung, Gutschriften, Geldeinzug, Preisermittlung) und bei 32 Prozent in Personalprozessen (Lohn und andere Bezüge, Recruiting- und Talentmanagement, Systeme des Lieferantenmanagements) liegt.

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RPA hat klare Grenzen

Allerdings setzt RPA bei profanen Tätigkeiten an. Es kommt etwa zum Einsatz, wenn aus einem Finanzsystem bestimmte Datensätze in eine CRM-Software geschaufelt werden müssen. Das System erkennt einen Feldwert, beispielsweise, dass ein Name oder eine Summe enthalten sind und löst daraufhin eine Aktion aus. Das ist nicht viel mehr, als wenn ein braver Hund den Unterschied zwischen „Sitz!“ und „Platz!“ erkennt. Das sind regelbasierte Wege, bei denen es sich nicht wirklich von Entscheidungen sprechen lässt und die auf strukturierten Formaten basieren, heißt: einmal eine Summe in Feldwert X, immer eine Summe.

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In der Digitalisierung reichen diese Fähigkeiten indes nicht mehr aus, hier braucht es mehr. Der Grund: In den meisten Unternehmensprozessen kommt es nämlich erstens zu einer massiven Steigerung der zu verarbeitenden Datenmenge. Big Data läuft ein, muss strukturiert, analysiert, gewichtet und anschließend distribuiert werden – und das schnell und zuverlässig. Regelbasiertes Machine Learning stößt hier an seine Grenzen.

Cognitive Computing ist entscheidend

Entscheidender ist jedoch zweitens die qualitative Komponente, etwa im Kundenservice. Viel wird dieser Tage beispielsweise über Bots gesprochen. Die sollen schon bald mit komplexen Anfragen der Kunden umgehen und sie zufriedenstellend beantworten. Wenn Interessenten sich etwa über ein neues Produkt informieren wollen, ganz individuelle Fragen dazu haben und auch noch Subkontext mit ins Gespräch bringen, reicht Machine Learning (Watson) nicht mehr aus. Stattdessen muss hier eine Kombination aus Cognitive Computing und künstlicher Intelligenz eingesetzt werden. Erst diese beiden Technologien sind lernfähig und alles andere als regelbasiert. Sie können Daten analysieren und Zusammenhänge erkennen. Darüber hinaus können sie die Daten mit Informationen anreichern und entsprechende Aktionen autonom auslösen.

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Anderes Beispiel: Im Unternehmen läuft die E-Mail – kein Formular! – eines Kunden ein, der seine Stammdaten ändern will. Das erkennt Cognitive Computing mit KI-Unterstützung. Ein solches System begreift aus dem Kontext auch, dass dieser Kunde eine schriftliche Bestätigung der Adressänderung will und dass es um einen wichtigen Versicherungsvertrag geht, dass der Vorgang also rechtsverbindlich ist. Ergo informiert das System selbstständig einen zuständigen Sachbearbeiter.

Fazit: Nichts gegen Dr. Watson, er ist ein guter Assistent, aber wenn’s ans Eingemachte geht, muss doch der Meister Sherlock Holmes selbst ran.

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