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Coronavirus: Leitfaden zur Krisenkommunikation

Corona birgt auch für die Unternehmenskommunikation große Herausforderungen. Unser Gastautor hat wichtige Grundregeln für die Krise zusammengefasst.

Von Felix Sievers
5 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock)

Corona oder auch Covid-19 hat nun auch Deutschland vollständig erreicht. Die meisten Unternehmen und Konzerne haben längst Krisenstäbe gebildet, Veranstaltungen werden abgesagt, in Supermärkten werden Toilettenpapier, Desinfektionsmittel und Nudeln knapp. Fast in allen Bundesländern werden die Schulen geschlossen und die Belegschaften vieler Krankenhäuser arbeiten bereits über ihre Kapazitäts- und Leistungsgrenzen hinaus … selbst das Berghain macht vorsichtshalber dicht. Kein Wunder also, dass das Thema „Krise“ auch die Kommunikationsbranche erfasst. Weil professionelle Krisenkommunikation ein extrem wichtiger Bestandteil bei der Bewältigung der Krisen selbst ist, haben wir unsere Empfehlungen dazu in diesem Artikel zusammengefasst. Zu Beginn erst einmal: Keine Krise ist automatisch ein Weltuntergang und fast jede Krise kann bewältigt werden. Und, so platt es sich auch liest: Jede Krise ist eine Chance. Agiert ihr in einer Krise kompetent und mit vereinendem Charakter, kann es sogar möglich sein, gestärkt daraus hervorzugehen. Um genau das zu erreichen, gibt es einige wichtige Aspekte, die beachtet werden sollten. Wir gehen daher nachfolgend auf sinnvolle Vorbereitungsmaßnahmen, Grundregeln der Krisenkommunikation und die jeweilig zu bedienenden Charakteristika ein.

5 essenzielle Bausteine erfolgreicher Krisenkommunikation

1. Geschwindigkeit

Proaktive beziehungsweise zuvorkommende Kommunikation ist das „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ der Krisenkommunikation: Wer frühzeitig Wind aus den Segeln nimmt, erzeugt mehr Zeit und Ruhe, um auf neu aufkommende, zeitkritische Herausforderungen zu reagieren. Das sprachliche Framing sollte dabei der Aktivität der Kommunikation angepasst werden: „Wir entwickeln …“ und „Ich bitte Sie …“ statt „Wir lassen entwickeln …“ oder „Es wäre nett, wenn Sie …“.

2. Wahrhaftigkeit

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Wer Wert auf Sachlichkeit und belegbare Informationen legt, bietet weniger Angriffsfläche. Verlasst euch nur auf das, was ihr wisst und begründen könnt. Nehmt euch ein Beispiel an seriösen Medien in Bezug auf Terrorakte: „Was wir wissen: Fakt 1 … Fakt 2 … Fakt 3“. Sofern erforderlich, möglich und ohne emotionale Beteiligung sachlich zu kommunizieren, klärt die Schuldfrage und benennt Verantwortliche in Bezug auf zu ziehende Konsequenzen. Zeigt euch jedoch immer lösungsorientiert.

3. Verständlichkeit

Durch die Vereinfachung von Themen oder Aspekten gewinnt ihr breites Verständnis. Vereinfachung findet jedoch nicht über Reduzierung statt: Gestaltet daher generell alle Kommunikationsmomente entsprechend des niedrigsten Verständnishorizonts. Legt Wert auf einfache Sprache, vermeidet allzu komplexe Kausalzusammenhänge und komplizierte Begriffe. Stellt bei euren Aussagen Kontext her, begründet eure Punkte und bildet glaubwürdige Anknüpfungspunkte an die Alltagsrealität eurer Stakeholder. Arbeitet mit anschaulichen Vergleichen und Metaphern, ohne dabei unglaubwürdig oder kindlich zu wirken.

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4. Konsistenz

Wir empfehlen generell die Kernbotschaften für den jeweiligen Kommunikationszweck genau zu klären und gegebenenfalls mit unterstützenden und erklärenden, spezifischen Teilbotschaften anzureichern. So gelingt die Kommunikation auch durch verschiedene Absender einheitlich. Außerdem sollten möglichst kurze Abstimmungszyklen klar definiert werden: Wer kommuniziert mit wem? Warum wird kommuniziert und über was? Klare Koordination der Kommunikationsprozesse erleichtert die Prävention in Bezug auf die Verbreitung von Fehlinformationen. Kontinuität schafft Vertrauen durch Verlässlichkeit. Regelmäßige Updates sind wichtig – auch wenn es keine veränderten Informationen und keine veränderte Ausgangslage gibt. Sie signalisieren Auskunftsbereitschaft, Sorgfalt und Fürsorge und sichern die Klarheit der Informationslage.

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5. Transparenz

Reflexion: Wenn Fehler geschehen, steht proaktiv zu ihnen. So könnt ihr Schaden begrenzen und Wogen glätten, bevor sie entstehen. Reaktive Kommunikation ist weniger empfehlenswert, da sie umfassendere Vorbereitung verlangt. Glaubwürdigkeit: Wenn die eigene fachliche Expertise nicht ausreicht, ist es ratsam, Expert*innen zu gewinnen und im Rahmen der eigenen Kommunikation platzieren. Zum Beispiel: anerkannte Virolog*innen für sich sprechen lassen. Andernfalls könnt ihr auch aus frei zugänglichen Quellen (etwa Bundesämter) zitieren. Vermeiden der „Mauer-Taktik“: Taktiken sind immer kurzfristig und jede Mauer fällt früher oder später – durch externes oder auch internes Wirken. Proaktive Kommunikation auf Grundlage absolut belegbarer und erschöpfender Informationen ist inhärenter Bestandteil erfolgreicher Krisenkommunikation.

5 grundlegende Vorbereitungsmaßnahmen

1. Kontakte

Legt detaillierte Kontaktlisten mit E-Mail-Adressen, Handy- und Telefonnummern an und schützt diese Daten penibel vor Zugriffen von nichtberechtigten Personen.

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2. Informationen

Sammelt möglichst umfassende Informationen, fertigt detaillierte Analysen dieser Informationen an und bereitet die relevanten Aspekte übersichtlich, leicht verständlich und in gängigen Datenformaten auf.

3. Stakeholder

Identifiziert übergeordnete Stakeholder und deren Interessen. Je nach Krisensituation ist auch die Identifikation spezifischer Stakeholder und deren Interessen absolut unersetzlich.

4. Verantwortliche

Bestimmt intern verantwortliche Personen, ihre Rollen und jeweiligen Aufgaben und definiert kurze Abstimmungszyklen.

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5. Worst-Case-Szenarien

Durchdringt möglichst alle noch nicht eingetretenen Worst-Case-Szenarien, haltet kritische Fragen schriftlich fest und definiert eure Antworten entlang der Kernbotschaften. Legt daraufhin ein Q&A-Dokument zur internen Verwendung an.

7 Grundregeln professioneller Krisenkommunikation

1. Faktenbasierte Kommunikation

Kommuniziert ausschließlich faktenbasiert und somit belegbar. Beruft euch auf Informationen aus repräsentativen Erhebungen, Studien oder auf unwiderlegbare Beobachtungen, die keinen Interpretationsspielraum bieten. Wenn Informationen unterschiedlich interpretierbar sind, versucht diese zu vermeiden. Wenn ihr nicht umhinkommt, interpretierbare Informationen herauszugeben, beschreibt eure Sichtweise und begründet sie unter Berücksichtigung aller etwaigen Kritikpunkte. Reflektiert vorab andere Sichtweisen und bezieht diese ggf. in begrenztem Umfang in eure Argumentation ein. Durch die Bereitstellung erschöpfender Informationen verschafft ihr euch einen Aktionsvorsprung: Ihr gewinnt Abstand und Ressourcen, um euch auf etwaige neu aufkommende Herausforderungen vorzubereiten.

2. Positive Emotionen statt negativer Framings

Emotionen schaffen Angriffsfläche – und zugleich Menschlichkeit. Die Wahl emotionaler Sprache oder inhaltlicher Aspekte muss daher äußerst bewusst geschehen, kann aber auch zum wichtigen Element avancieren: Vermeidet negative Frames wie Verbitterung, Aussichtslosigkeit oder Schuldzuweisungen. Arbeitet stattdessen mit positiven Emotionen wie Hoffnung, Teamgeist, dem Anbieten von Hilfe und Erreichbarkeit, drückt Dank und Wertschätzung aus und spart nicht an Lob für gute Leistungen.

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3. One-Voice-Policy

Bildet Kernbotschaften für euren Kommunikationszweck: Was sind essenzielle Bestandteile eurer Informationsvermittlung? Hilfestellung kann hier das Golden-Circle-Modell und/oder die Klärung aller W-Fragen bieten. Informiert alle internen Stakeholder über den Inhalt der Kernbotschaften und sorgt dafür, beispielsweise durch die Verbreitung leicht verständlicher Share-Pics in internen Medien, dass diese verinnerlicht werden. Besonders sollte dies bei den Akteur*innen des Krisenstabs geschehen.

4. Begriffsdefinition und -aneignung

Wenn relativ komplexe Zusammenhänge erklärt werden müssen, schafft leicht verständliche, möglichst wertfreie Begriffe, die ihr im Rahmen eurer Kommunikation oft wiederholt. Zum Beispiel: Gebt eurem Krisenstab einen Namen wie etwa „Gesundheits-Taskforce“. Das macht die Verantwortlichen für die Stakeholder adressierbar, schafft Klarheit und sorgt obendrein noch für die Identifikation des Teams mit der Gruppe und ihren Aufgaben.

5. Strategische Selektion

„Some people just want to see the world burn“ – Butler Alfred zu Batman. Reagiert nicht auf alle Impulse, selektiert sie jedoch extrem gewissenhaft und reflektiert dabei fortwährend euren eigenen Standpunkt. Welche Interaktion soll gegebenenfalls nur Ärger provozieren und endet in einer nicht endenden Kritik-Spirale? Wo zeigt sich konstruktive Kritik oder reales Interesse? Durch strategische Einteilung der eigenen Ressourcen werden diese geschont.

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6. Interne Kommunikation vor externer

Wertschätzung fängt mit der angemessenen Kommunikationshierarchie an. Sichert euch die Wertschätzung der Stakeholder, indem ihr generell intern kommuniziert – bevor ihr extern kommuniziert. Prävention von Fehlinformationen/Gerüchten fängt ebenfalls mit der angemessenen Kommunikationshierarchie an. Beugt der Entstehung von Gerüchten und somit nach außen dringenden Fehlinformationen vor, indem ihr eure zeitliche Priorität auf die interne Kommunikation legt.

7. Vernetzung mit externen Kontaktpersonen

Wenn es sich um globale Krisen handelt, die sich nicht ausschließlich auf euer Unternehmen beziehen, hilft die Vernetzung mit vergleichbaren Funktionär*innen anderer Krisenstäben enorm: Stimmt euch mit ihnen ab, tauscht Informationen und Erfahrungen aus, bündelt eure Ressourcen (banales Beispiel: Erstellung von Info-Grafiken) und agiert gegebenenfalls sogar als Allianz, sofern die Situation es zulässt. So beugt ihr Abschottung vor, profitiert von den Ressourcen anderer und beweist Größe, da ihr die Bewältigung der Krise über das eigene (Unternehmens-)Wohl stellt. Vernetzt euch auch mit Expert*innen, die eure Positionen unterstützen und eure Aussagen belegen könnten.

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Dein t3n-Team

Arthur

Guter Leitfaden! Es ist wichtig in dieser Zeit richtig zu handeln.

Antworten
Anna

Gute Tipps! Man sollte sich auch überlegen, welcher Kanal für die Kommunikation im Notfall am besten geeignet ist. Kann man von Mitarbeitern, Kunden oder Bürgern erwarten, dass sie sich selbstständig in den Nachrichten oder über Social Media informieren? Oder macht es mehr Sinn sie über Email, Messenger oder SMS direkt anzusprechen? Und welcher Kanal ist am besten geeignet, wenn im Katastrophenfall das Internet ausfällt?

Antworten

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