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Coronavirus: Die rechtlichen Folgen bei Absage von Messen und Konferenzen

Wird eine Konferenz oder Messe wegen des Coronavirus abgesagt, sorgt das für reichlich juristischen Ärger. Doch wer haftet eigentlich für die entstandenen Kosten?

6 Min.
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Die Dmexco im September kann hoffentlich stattfinden. (Bild: Dmexco / Köln Messe)

Reihenweise werden dieser Tage Veranstaltungen abgesagt oder um einige Monate in den Sommer verlegt – von bestenfalls deutschlandweit relevanten Messen wie der Internet World oder der Twenty2X bis hin zu weltweit relevanten Veranstaltungen wie der SXSW in Austin oder dem MWC in Barcelona. Doch was ist dann eigentlich zu tun und welche Rechte haben Aussteller und Besucher? Am Beispiel des Mobile World Congress hatten wir das rechtliche Thema ja bereits kurz angeschnitten. Allerdings waren damals die Rahmenbedingungen noch völlig andere, weswegen wir angesichts der aktuellen Situation das Thema noch einmal allgemeiner aufgreifen.

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Abgesagte Events – noch dazu, wenn sie so kurzfristig abgesagt werden wie beispielsweise die SXSW – sind ein echtes Ärgernis für Besucher, die teilweise bereits Hotel- und Flugbuchungen durchgeführt haben. „Wer das Hotel in Kombination mit der Veranstaltung zusammen gebucht hat, der bekommt bei einer Absage beides zurückerstattet, denn schließlich entfällt mit Absage der Veranstaltung auch die Rechtsgrundlage für die Übernachtung im Hotel“, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke. Er schränkt allerdings auch ein, dass Hotels, die extra gebucht wurden und nicht etwa in einer behördlich abgesperrten Zone liegen, durchaus ihre Leistung in Form der Übernachtung anbieten.

Rechtlich ähnlich: Messe abgesagt oder verlegt

Umgekehrt haben die Besucher einer Veranstaltung – das gilt gleichermaßen für Messen wie für Fußballspiele, Konzerte oder andere Events – ein Recht auf Erstattung des Ticketpreises, wenn die Veranstaltung abgesagt wird. Spannend auch hier eine Aussage von Christian Solmecke: „Sollte der Veranstalter die Rückerstattung unter Hinweis auf ‚höhere Gewalt‘ verweigern, weil er die Haftung für Fälle der höheren Gewalt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen hat, können sich Verbraucher auf die Unwirksamkeit solcher Klauseln berufen. Denn ein Haftungsausschluss stellt hier eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher gemäß § 307 Abs. 1 BGB dar.“ Für die Verbraucher sei es folglich egal, ob der Veranstalter wegen höherer Gewalt absagt oder nicht.

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Viele Messeveranstalter vertrösten die Teilnehmer derzeit auch auf spätere Termine, etwa im Frühsommer. Doch nicht immer hat der Teilnehmer dann Zeit. Hier sagt der Gesetzgeber, dass das Ganze quasi als neues Angebot gewertet werden muss, weil eine Veranstaltung ja immer zu einem festgelegten Termin stattfindet. Ändert sich dieser, handelt es sich quasi um eine neue Veranstaltung und der Kunde dürfte in den meisten Fällen zumindest ein Recht auf Erstattung des Kaufpreises der Karte haben. So wird es in den meisten Fällen auch bei Musikveranstaltungen oder Theatervorführungen gehalten, die ja krankheitsbedingt häufiger mal verlegt werden müssen.

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Coronavirus als Grund reicht oft nicht aus

Bitter ist die Verschiebung oder Absage von Konferenzen und Messen für Unternehmen, die dort ausstellen wollten. Sie haben meist über Monate einen Messestand geplant und sind mit Dienstleistern in Vorleistung getreten. In diesem Fall können die Unternehmen die Investitionen in den Messestand als Schadens- oder Aufwendungsersatz gegenüber dem Veranstalter der Messe geltend machen. Ob das aber erfolgreich ist, hängt davon ab, ob der Veranstalter selbst den Ausfall der Messe zu verantworten hat oder nicht. Das ist wiederum die Geschichte mit der „höheren Gewalt“, auf die wir gleich zurückkommen. Klar ist, dass vor allem viele kleinere Messeveranstalter zögern, Messen abzusagen, während große Messegesellschaften zumindest in einem Punkt besser dastehen: Sie schulden gegebenenfalls nicht einer Messe gegenüber die Raummiete.

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Medienanwalt Christian Solmecke aus Köln. (Bild: Christian Solmecke)

Wurde eine Messe nämlich seitens der Gesundheitsbehörden abgesagt – das ist in Deutschland bisher noch nicht passiert –, dann ist der Fall relativ klar, dann müsste laut Solmecke auch die Pflicht entfallen, die Mietzahlung an den Ausrichter zu leisten. Hat aber der Organisator eine Messe abgesagt, dann muss er möglicherweise dennoch die Zahlung für die Messehallen leisten. Doch gerade hier wird man sich um die Frage nach der höheren Gewalt und ob diese gegeben war, streiten können.

Höhere Gewalt – was ist das überhaupt?

Doch was hat es eigentlich genau mit dieser höheren Gewalt auf sich? Hierunter versteht man unter anderem solche Fälle von Epidemien, wie sie bei Sars oder der Vogelgrippe zu finden waren. „Durch das Coronavirus liegt allerdings weiterhin noch nicht das Stadium einer Epidemie im Sinne der Formel des BGH vor“, weiß Solmecke. Denn in Deutschland sind zwar steigende Krankheitszahlen zu verzeichnen und in bestimmten Lebenssituationen besteht auch eine abstrakte Lebensgefahr. Allerdings werden die meisten Menschen wieder gesund und tragen keine bleibenden Schäden davon. „Das gesellschaftliche Leben und die Gesundheitsversorgung sind zudem weitestgehend intakt. Von einem extremen Ausnahmezustand kann derzeit noch keine Rede sein.“ Daher dürften viele Argumentationsketten, in denen der Begriff „höhere Gewalt“ vorkommt, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben sein.

Anders sieht der Fall übrigens bei der Internet World und den dazugehörigen Veranstaltungen wie der CMCX aus: Hier haben, so heißt es, behördliche Auflagen, die in der geforderten Form nicht umsetzbar seien, dazu geführt, dass der Messeveranstalter gar keine andere Wahl hatte, als die Veranstaltung abzusagen. Im Falle der Internet World etwa hätten sämtliche Mitarbeiter der Aussteller maximal zwei Tage alte Covid-19-Tests vorweisen und die Besucher schriftlich erklären müssen, dass sie in den letzten 14 Tagen nicht in einem der Risikogebiete waren. „In diesen Fällen hat der Veranstalter grundsätzlich die Auflagen zu befolgen. Es liegt aber auch in seiner Verantwortung, die Auflagen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Ist der Veranstalter mit den behördlichen Auflagen nicht einverstanden, kann er sich an die erlassende Behörde wenden und die Auflagen zum Beispiel mit dem Rechtsmittel des Widerspruchs angreifen“, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke die Rechtslage. Doch das ist beispielsweise im konkreten Fall aufgrund der knappen Zeit nicht realisierbar gewesen, heißt es. Hier könne der Besucher, der schon Karten erworben hat, diese wegen Nichterfüllung zurückgeben.

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Absagen von Messen – vieles für Aussteller verhandelbar

Kompliziert ist die Situation auch für Speaker oder Moderatoren, die auf einer Veranstaltung auftreten sollten, die dann gar nicht stattfindet. Handelt es sich um einen Firmenvertreter, ist das ja in der Regel weniger problematisch. Hat derjenige aber deswegen andere Angebote oder Projekte für diesen Zeitraum abgelehnt, kann ihm schon ein Schaden entstanden sein. Doch hier wird in aller Regel der Speakervertrag ein Dienstvertrag sein, der immer aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Ob hier Anspruch wegen Schadenersatz erwächst, kommt wiederum – wir ahnen es bereits – darauf an. „Ob Klauseln über ein eventuell vereinbartes Ausfallhonorar (zum Beispiel 100, 90 oder auch 50 Prozent des Honorars) greifen, hängt maßgeblich von der Frage des ‚Vertretenmüssens‘ ab, also ob der Veranstalter die Absage zu verschulden hat. Die Beantwortung dieser Frage ist entscheidend dafür, ob der Veranstalter für aus der Absage resultierende Schäden einstehen muss oder nicht“, erklärt Rechtsanwalt Solmecke.

Doch egal wie man es dreht und wendet: Wir werden in den nächsten Monaten wohl noch viele Messeabsagen und -verschiebungen erleben. Und die Messegesellschaften, das hört man von unterschiedlichen Seiten, sind hier oftmals kulant gegenüber den Ausstellern, zumindest was den Verzicht auf selbst verantwortbare Kostenblöcke betrifft. Schließlich will man die Messe auch noch im kommenden Jahr oder später in diesem Jahr abhalten – und da ist es nicht hilfreich, die Aussteller zu verstimmen, die ja derzeit genügend eigene Probleme im Geschäftsbetrieb haben. Ähnlich mit Vorsicht zu genießen ist indes auch die Situation zwischen den Speakern und anderen Dienstleistern gegenüber einem Messeveranstalter. Es wird in vielen Fällen allen Beteiligten finanziell weh tun, wenn eine Veranstaltung ausfällt.

Versicherungen werden hier übrigens in den meisten Fällen nicht leisten; Naturkatastrophen sind zwar versicherbar, aber eine Epidemie oder Seuche wie das Coronavirus fällt nicht hierunter. Mal abgesehen davon – wir sagten es bereits –, dass gar nicht klar ist, ob das Coronavirus in der aktuellen Situation überhaupt unter den Seuchenbegriff fällt.

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Welche Rechte und Pflichten du im beruflichen Umfeld im Kontext des Coronavirus hast, haben wir mit Rechtsanwalt Solmecke in diesem Artikel erörtert.

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Kommentare (3)

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Fritz

Die Kernfrage, nämlich ob ein Aussteller ein Anrecht auf Kostenerstattung für zB geleisteten Messebau und andere Planungen im Falle einer Absage durch a) den Veranstalter oder b) den Staat hat, wird soweit ich das sehen kann, leider nicht beantwortet.

Siegfried Putz

Wie sieht es mit Anzahlungen aus, die Teilnehmer an Messen bereits an den Veranstalter gezahlt haben? Muß der Veranstalter diese Anzahlungen zurückerstatten oder kann er wegen einer Verschiebung der Messe die Anzahlung zurückhalten?

Tobias Weidemann

Ehrliche und juristentyptische Antwort: Es kommt drauf an – nämlich darauf, ob eine Messe oder Konferenz als eine Veranstaltung zu einer bestimmten (!) Zeit verstanden wird. Das war im letzten Jahr noch bei viel mehr Messen ein Streitpunkt, während man jetzt zumindest eher terminliche Verlegungen als ein erwartbares Element innerhalb der Pandemie sehen kann. Umgekehrt war’s im vergangenen Jahr so, dass viele Veranstalter versucht haben, mit Web-Varianten eine adäquate Gegenleistung zu erbringen und so das Rückzahlen zu umgehen. Ich würde dazu tatsächlich einen Anwalt konsultieren, wenn es die Summe rechtfertigt. Zunächst würde ich aber mal beim Veranstalter anfragen und erklären, warum ein späterer Termin für mich nicht akzeptabel ist und die Anzahlung zurückfordern.

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